Mailänder Scala

Mailänder Scala

Das Teatro alla Scala in Mailand ist einer der legendärsten Operntempel der Welt und in Italien eine Art Nationalheiligtum.

Das Opernhaus liegt an der Piazza della Scala, nach der sie benannt wurde, und verfügt über 2.200 Plätze. Dass die Scala etwas auf sich hält, zeigt sich jedoch nicht allein in hochkarätigen Sängerbesetzungen. 2007 erließ die Intendanz (Stéphane Lissner, inzwischen Intendant der Pariser Oper) eine heiß diskutierte »Kleiderordnung«. Der Dresscode: Männer hatten mindestens Jackett und Krawatte zu tragen, Frauen wurden zu einer Kleidung aufgefordert, die »im Einklang mit dem guten Ton des Theaters steht.« Diese »Anordnung« war selbst in Italiens Kulturszene umstritten: Dirigent Riccardo Chailly begrüßte den Schritt: Es gebe Länder, »da fehlt nicht viel und die Leute kommen in Unterhosen«.

Widerspruch meldete dagegen der inzwischen verstorbene Literatur-Nobelpreisträger Dario Fo an. Er schimpfte: »Das ist eine Form der Diskriminierung« und habe nichts mit dem eingeforderten Respekt vor Kunst und Traditionen zu tun. Damals ließ der Intendant die Kleiderordnung auf die Rückseite der Eintrittskarten drucken. Ob dies heute immer noch so ist – unter Alexander Pereira, seit Herbst 2014 Intendant, können Sie leicht selbst bei einem Opernbesuch überprüfen.

Was Sie schon immer über die Mailänder Scala wissen wollten

  • Nach nur 23 Monaten Bauzeit wurde der 1778 eröffnet.
  • 2 Eröffnungsfeiern nach kompletten Neubauten: 3. August 1778 – 11. Mai 1946
  • 1958 wurde Maria Callas, die Diva schlechthin, entlassen.
  • 2400 kostete diateuerste Karte zur Eröffnungsvorstellung im Jahr 2004.
  • Am 7. Dezember, am Namenstag des Heiligen Ambrosius, findet alljährlich die Inaugurazione, die Saisoneröffnung statt.

Neubauten in Rekordzeit

 

1776 war das Teatro Regio Ducale durch einen Brand komplett zerstört worden. Mitte der 1770er Jahre war Mailand Hauptstadt der damals österreichischen Lombardei und stand  unter der Hoheit von Maria Theresia. Um ein neues Theater zu erhalten, verfolgte sie ein ehrgeiziges Ziel und schreckte auch vor vehementen Eingriffen nicht zurück: Sie ließ kurzerhand die Kirche Santa Maria alla Scala aus dem Jahr 1381 abreißen und beauftragte den Architekten Giuseppe Piermarini mit einem Neubau. Unter dem als klassizistisch geltenden Architekten wurde der Neubau in nur 23 Monaten errichtet. Eröffnet wurde am 3. August 1778 selbstverständlich mit der Oper eines Österreichers und zwar mit Antonio Salieris L’Europe riconosciuta. Im Zweiten Weltkrieg, 1943, wurde das Opernhaus komplett zerstört und ebenfalls in Rekordzeit wiedererrichtet: Die Wiedereröffnung fand am 11. Mai 1946 statt, mit einem Konzert unter Arturo Toscanini.

7. Dezember 2004
Anfang des neuen Jahrtausends waren umfangreiche Renovierungsarbeiten nötig, um Akustik und Bühnentechnik auf einen modernen Stand zu bringen. Von 2001 bis Anfang Dezember 2004 war die Mailänder Scala deshalb geschlossen. Verantwortlich zeichnete der Schweizer Architekt Mario Botta. Beispielsweise erreicht der neu gebaute Bühnenturm eine Höhe von 38 Metern, auf drei Bühnen kann gleichzeitig geprobt werden. Was »originalgetreu« erhalten wurde, war dagegen der Stil der ursprünglichen Inneneinrichtung von 1778 in Foyer und Bühnenraum.

Die Wiedereröffnung am 7. Dezember 2004 fand mit derselben Oper statt wie die Ersteröffnung 1778. Dirigent war Riccardo Muti, die Hauptrolle sang die deutsche Sopranistin Diana Damrau. Unter den 2000 geladenen Gästen waren Sophia Loren und Giorgio Armani sowie Angehörige mehrerer europäischer Königshäuser. EAber nicht nur die Wiederöffnung nach der Renovierung war am 7. Dezember: Alljährlich beginnt die Saison an diesem Stichtag. Der Grund: der 7. Dezember ist der Namenstag des Heiligen Ambrosius (Sant‘Ambrogio), des Stadtpatrons von Mailand. Die »Inaugurazione« ist stets ein pompös inszeniertes, gesellschaftliches und mediales Großereignis.

Maria Callas und die Scala

 

Mitte der 1950er Jahre ist die Mailänder Scala der glanzvolle Mittelpunkt der Opernwelt und das ist hauptsächlich ihrer »Primadonna Assoluta« zu verdanken: Maria Callas, die hier als Medea, Norma oder Violetta bislang ungeahnte Maßstäbe als Sängerdarstellerin gesetzt hat. Sie ist das künstlerische Idol einer ganzen Generation, avanciert allerdings auch zum Liebling der Klatschpresse, der sie als kapriziöse Diva reichlich Schlagzeilen liefert.

Ihre Ausfälle gegen ihre Kollegin Renata Tebaldi, ihre astronomisch hohen Gagenforderungen, ihre Einflussnahme auf Spielpläne und Besetzungen, ihre Launen und Absagen bringen den Intendanten zur Verzweiflung. Am 4. Mai 1958 setzt Intendant Antonio Ghiringhelli einen Schlussstrich und seinen Star vor die Tür, ausgelöst durch einen Skandal von nahezu weltpolitischen Ausmaßen. Seiner Meinung nach »kommen und gehen Primadonnen, aber die Scala bleibt.«

Skandal mit weltpolitischen Ausmaßen

 

Der nächste Skandal geriet zum weltpolitischen Ereignis: Zu Ehren des italienischen Staatspräsidenten ist in Rom eine Callas-Gala mit ihrer Lieblingsoper Norma von Vincenzo Bellini angesetzt. Alle warten auf die berühmte Arie, die keine Sängerin vor und nach ihr annähernd vollendet gesungen hat wie sie. Aber diesmal misslingt Maria Callas die Arie »Casta Diva«. Nicht nur das, sie bricht auch noch die Vorstellung ab. Der italienische Staatspräsident muss mit seinen Ehrengästen wieder nach Hause gehen. »Einen Skandal dieser Größe hat die Opernwelt noch nie gesehen», so Autorin Möderler. Maria Callas schlug der blanke Hass der Opernfans entgegen. Nach ihrer nächsten Vorstellung an der Scala fand sie ihr Haus mit Kot beschmiert. Intendant und Kollegen – alle wandten sich von ihr ab.

Tod aus gebrochenem Herzen
Da half es auch nicht, dass sie eine umjubelte Konzertreise durch Deutschland und durch die USA unternahm. Konzert wohlgemerkt: Ihre größte Zeit auf der Opernbühne ist vorbei. Zeitgleich lernte sie den schwerreichen Reeder Aristoteles Onassis kennen und lieben. Sie tauschte das Theaterleben gegen das Leben des internationalen Jet-Set. Bühnenauftritte absolvierte sie kaum noch. 1965 schrieb Maria Callas in Paris in einer ihrer Bravourrollen als Tosca zum letzten Mal Operngeschichte. Als Onassis sie schließlich verließ, stürzte sie in eine Krise, von der sie sich nie mehr erholen sollte. 1977 starb sie, gerade 54 Jahre alt, an gebrochenem Herzen.