DER WEG IST DAS ZIEL

Auf der neuen Seidenstraße

2300 Jahre Kulturgeschichte hautnah erleben – als Kulturbotschafter der ZEIT auf Expedition im Bus von Hamburg nach Shanghai

Am 18. Mai 2018 startet unsere einmalige Kulturexpedition am Hamburger Pressehaus. Das Reiseziel nach über 14.200 Kilometern, 53 Tagen und 37 Etappen ist Shanghai, Chinas Weltmetropole, mit der Hamburg seit über 30 Jahren eine lebendige Städtepartnerschaft verbindet. Die Reisenden durchqueren Polen, Weißrussland, Kasachstan, Usbekistan, Krigistan und China auf ihrem Weg nach Shanghai, wo sie am 6. Juli zur Begrüßung am Oriental Pearl Tower erwartet werden.

In der Blütezeit der Seidenstraße vor über tausend Jahren wurden Seide, Porzellan und Gewürze global gehandelt. Nach Jahrhunderten der Vergessenheit wird die Seidenstraße von China wiederbelebt und steht erneut im Fokus globaler Aufmerksamkeit. Wo früher Kamelkarawanen jahrelange und beschwerliche Reisen zwischen Europa und Asien auf sich nahmen, entstehen heute neue Autobahnen, Pipelines und Eisenbahnnetze für die modernsten Hochgeschwindigkeitszüge der Welt. Sie werden Zeitzeuge auch dieser Entwicklung. Die Teilnehmer übernachten in ausgesuchten 4- bis 5-Sternehotels und werden auf der gesamten Strecke von einer Reiseleitung der ZEIT und unseres Partnerveranstalters China Tours begleitet. Langjährige Korrespondenten und Redakteure der ZEIT sowie weitere Experten vermitteln Ihnen in Vorträgen und Gesprächen auf wichtigen Teilstrecken ihr Wissen über Geschichte und aktuelle Entwicklungen. Vielerorts werden unserer Kulturexpedition unterwegs hochkarätige Empfänge durch unsere Gastgeber bereitet.

PS: Bereits am 8. Juli sind die ZEIT-Reisenden auf dem Rückweg von Shanghai nach Hamburg begeistert in ihr großes Abenteuer gestartet. Ihre Eindrücke und Erlebnisse halten Sie ebenfalls in ihrem Reiseblog fest. Lesen Sie hier mehr dazu!

DIE ROUTE IM ÜBERBLICK
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Tag 52

Shanghai

Letzter gemeinsamer Tag

Guten Morgen Shanghai! Es regnet in Strömen!
Beim Frühstück treffe ich als erstes Gudrun und Detlev, die beiden Frohnaturen aus dem Rheinland aus dem Bus Hamburg, mit denen ich in der letzten Nacht, die Bar abschloss. Wir waren die letzten, die sich von einer begeisterten Band verabschiedeten. Die Sängerinnen waren sehr verwundert, als mit einem Mal die Tanzfläche von Silver-Agern gerockt wurde, die zur engagierten Ausübung ihres Tanzes sogar die Schuhe auszogen… Wie schön, dieses Feierfinale über den Dächern von Shanghai!
Wie gewohnt starten wir fast pünktlich in der Lobby.

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Wir kommen hinaus ins dampfende Shanghai. Die Brillen beschlagen. Im Museum für Stadtentwicklung staunen wir über die Hoch-Geschwindigkeit dieser Massen-Entwicklung. Binnen weniger Jahre entsteht hier eine Stadt der Zukunft, die alle Herausforderungen, wie Ver- und Entsorgung, Mobilität, Sicherheit und Sauberkeit, Lärm und Nachhaltigkeit souverän zu meistern scheint! Welch Planungsleistung!

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Thematisch den Bogen zur Seidenstraße schließend besuchen wir eine Seidenspinnerei, die uns trotz aller gesammelter Kenntnisse darin überrascht, wie aus dem Doppelkokon zweier Raupen, die luftig-leichten Lagen von Bett-Inlays gezogen werden. Das überzeugt besonders die Herren, die sich ein »decken«. Zum besseren Transport der Einkäufe gibt es gleich noch einen neuen Koffer dazu.

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Mancher Mangel wird endlich kompensiert. Es gibt wieder Pfeifentabak!

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Mittagessen und weiter geht es hinein ins Getümmel. Menschenmassen schieben sich in der »Alt«-stadt über die Zickzackbrücke Richtung Yu-Garten.
Das Nebeneinander von Berg-Gestein, das beständige Tugend symbolisiert und Wasser, das für flexible Intelligenz steht, lässt die Paare um mich herum ihre Persönlichkeiten diskutieren. Das ist der ganz eigene Charme, in einer Gruppe zu reisen, Zeuge diskreter Feinheiten zu werden… und das am letzten gemeinsamen Tag… wie schön!
So entspannt und »angekommen«, können nur Zeit-Reisende aussehen, die ohne Jetlag über 50 Tage auf dem Landweg nach Shanghai gereist sind.

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Nun fahren wir zum Bund, dem anglo-indischen Wort für Kai. Welch beeindruckendes Ensemble aus Architektur, Menschen und Bewegung. Alles strömt!
Wir erleben ein Land, deren Menschen in ständiger Bewegung sind.

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Wir erleben ein Land, das sich und anderen Gerüste baut, um dauerhaft konstruktiv zu sein.

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Mich beschäftigt, wie kommt man als Fußgänger auf die andere Seite? Brücken sieht man nicht. Die Tunnel sind ausschließlich für den motorisierten Verkehr. Schwimmen? Symptomatisch für die immerwährende Frage, wie kommen wir hinter den Horizont? Bis jetzt sind wir geeint immer der gleichen Richtung gefolgt…

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Doch jetzt verschiebt sich mit dem Abschied der Rückreisenden, die wieder mit dem Bus zurück fahren, die Richtung unseres gemeinsamen Horizontes. Wir wünschen Annette und Wolfgang, Barbara und Walter und Helga und Waltraud eine wunderbare Weiterreise!
Stellvertretend für alle Weiterreisenden hier Walter und Wolfgang:

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Wir Fliegenden genießen einen letzten gemeinsamen Abend in einem sorgsam ausgewählten Lokal, das uns lukullisch verwöhnt und mit perfekt temperierten Weinen wohlig beschwingt.

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14.000km gemeinsame Kilometer liegen hinter uns. Wir alle haben ausnahmslos miteinander ein Ziel erreicht, das nicht viele Menschen auf dem Landweg erreichen. Mit den Bussen haben wir einen Pass von über 3.600m erklommen, um nach der raschelnde Nacht im Tussi-Zimmer am Fuße des Pamir-Gebirges zu erwachen.

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Meine schönsten Gruppenerlebnisse waren ein magisches Feuerwerk vor einer Sanddünen-Kulisse. DANKE Daniel!

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Die Zauberei von Daniel in der Wüste

Und Trautes 70. Geburtstag an der Chinesischen Mauer. DANKE Traute!

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Danke für die vielen schönen Momente mit EUCH… hier nur einige beispielhaft:

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Ernst und Angelika in der Schaukel

Danke an beide Teams:

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Danke an alle, die diese außergewöhnliche Reise ermöglicht haben! Danke an alle Wegbegleiter! Wir sind angekommen!

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~ Petra Kottenstedte, ZEIT-Reisende

Tag 50

Najing - Wuxi

Der vorletzte Reisetag! Noch kann man kein Resümee ziehen, aber es war eine tolle Zeit voller Erlebnisse; keine Langeweile, die Wartezeiten in Nanjing sind fast vergessen. Um 9 Uhr geht’s mit beiden Bussen los. Leider ein Tag der mit Regen beginnt der während der Fahrt immer stärker wird und die Landschaft um uns herum nur erahnen lässt.

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Langeweile kommt im Bus Hamburg nicht auf. Reiner ist heute bei uns und erzählt ausführlich über Chinas Regionen, die Sprache, die Wichtigkeit von Konfuzius Lehren und über Daoismus und Buddhismus. Die obligatorische Kaffeepause findet erstmal im Bus statt….es gießt! Bald sind wir im Rubin Hotel, eher ein Luxusresort mit herrlicher Gartenanlage an einem See gelegen. Nach dem Einchecken und Mittagessen wird beschlossen das Nachmittagsprogramm zu streichen, keine Besichtigung der Altstadt, keine Dschunkenfahrt, zu grau und zu nass ist es draußen. erst am späten Nachmittag hört der Regen auf. Es lohnen ein Spaziergang und eine Fahrt mit dem Riesenrad direkt neben dem Hotel.

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Sonst ein Nachmittag zum Entspannen. Der Abend wird
beendet mit einem reichhaltigen Buffet bei Rotwein und Bier. Mal sehen was der morgige Tag bringt …die Hoffnung stirbt zuletzt!!

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Schön wär’s gewesen…

~ Wolfgang Steinert, ZEIT-Reisender

 

Wir reisen ab im strömenden, subtropischen Regen bei morgendlich »frischen« 27 Grad Celsius, eben die typisch Jangtze Delta Waschküche.
Alle sind guter Dinge, denn niemand rechnet mit einem längeren Sommerregen und alle freuen sich auf die Dschunken Fahrt in Wuxi.

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Abfahrt in Nanjing

Ich besonders freue mich schon seit der Steppe von Kasachstan auf das Grün dieser für Ihre Grünplanung ausgezeichneten Stadt. Als Gartenfreundin »schleppe« ich immer meine kleinen, Stiefelchen mit, die als »Geheimzeichen« unter uns Grüner Daumen Menschen gilt.
Nun werde ich bald am grünen, grünen Ziel sein… hoffe ich.

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Grüner Talisman

Die Ausfahrt aus Nanjing führt unter dichten Platanenalleen hindurch. Die Bäume werden extra niedrig und breit gezüchtet, um besonders viel Schatten zu spenden. Keine leichte Aufgabe für unseren Neoplan sich einen Weg zu bahnen.
In China werden sie französische Platanen genannt und in Frankreich heißen sie chinesische Platanen. Das hat mit dem Hin und Her der Pflanzenfreunde zu tun, wer und wann diesen Baum von da nach dort gebracht hat.

Heute ist Wolfgang, der Reiseleiter vom Team Hamburg bei uns, jedenfalls bis zur vorgesehenen Kaffeepause. Er hält uns einen fabelhaften Vortrag über die Landschaft, die wir gerade im immer stärkeren Regen mit enormer Wasserverdrängung durchbrausen. Die Sicht ist leider auf nur wenige Meter beschränkt. Bei all dem Wasser sind Wolfgangs Ausführungen zum Reisanbau sehr anschaulich.
Der Reiseleiterrücktausch findet ohne Kaffeepause statt, denn niemand möchte in die Sintflut hinaus… armer Wolfgang, armer Rainer.

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Sintflut auf der Autobahn

Wir setzen die Fahrt fort und müssen jetzt leider neue Plänen für Wuxi machen.
So viel Wasser hält keine Dschunke aus!!

Unser heutiges Hotel ist flexibel, zaubert ein freundliches Mittagessen für unerwartet früh angereiste Gäste und stellt auch die Zimmer schon zur Verfügung. Plötzlich haben wir einmal unerwartet Muße und freie Zeit.

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Grünes Wuxi aus dem Hotelfenster
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Wuxi am Taihu See

Als der Regen am späten Nachmittag eine kurze Pause macht, nutzen mein Partner und ich die Möglichkeit nebenan mit einen riesen Riesenrad zu fahren… mit Seniorenermäßigung, zum halben Preis. So ist dieser Tag doch noch gerettet.

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Riesenrad in Wuxi

~ Monika Cura, ZEIT-Reisende

Tag 46

Luoyang - Shaolin - Kloster - Wuchang

Wir verlassen unser 5-Sterne Hotel Hyatt Place um 9 Uhr (moderate Zeit) und es geht durch die 2 Millionen Stadt Xuchang Richtung Osten. Marcus am Steuer, souverän wie immer, auf der Autobahn unserem nächsten Ziel entgegen. An Bord, Andreas Janz, unser heutiger Experte, der uns viel erzählt über seine 10-jährige Zeit in China und seinen Einstieg in das Unternehmen China Tours, heute der Marktführer für Reisen in China.

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Fahrt zum Shaolin-Kloster, Teilnehmer der Gruppe Bus HH

In Europa sind wir die Individualisten und gehen unseren eigenen Weg. In China definiert man sich in der Beziehung zu anderen Menschen und akzeptiert Hierachien. Dazu gehört der Respekt gegenüber Älteren und eine Portion Gehorsam. Wer Kritik äußert, muss erst etwas geleistet haben!

Zum Thema Menschenrechte sagte Ihm ein Freund: Solange Ihr Eure älteren Menschen in Heime steckt, erzählt uns bitte nichts über Menschenrechte!
Die Familie kümmert sich um die Älteren. Aber auch dies wird sich in diesem Land ändern, je westlicher und kommerzieller die Gesellschaft sich verändern wird.

Wir erreichen nach zwei Stunden das Song Shan Gebirge und das Kloster Shaolin. Große Parkplatzanlagen, um die zig-tausend Touristen aufzunehmen, die jeden Tag dieses Areal besuchen. Es sind etwa 10 Millionen Besucher, vor allem Chinesen, die diese Anlage besichtigen wollen. Wieder alles perfekt organisiert. Wir werden mit offenen Elektrofahrzeugen bis an das Kloster herangefahren. Diese Anlage, durch viele frühere Kungfu-Filme auch uns bekannt, wurde bereits im Jahr 495 errichtet und gilt als Ursprungsort des Chan-Buddhismus (schnelle Erleuchtung), der neben der Meditation auch die körperliche Ertüchtigung in sein Programm mit aufgenommen hat. Diese vorwiegend waffenlose Kampfkunst =Kungfu, primär als Verteidigung verstanden, wird heute in dieser Gegend in vielen Schulen gelehrt. Das Kloster, das wir heute besichtigen, wurde 1928 fast vollstandig zerstört und erst im Jahr 1988 wieder neu aufgebaut. Eine symmetrisch angelegte Anlage in Hanglage mit vielen Gebäuden in einer großzügigen Gartenanlage. Trotz der Besuchermassen ahnt man die angenehme Atmosphäre und Ausstrahlung dieses Klosters! Hier würde ich gerne allein über die Treppen gehen!

Anschließend weiter in den »Pagodenwald«, ein Friedhof für Mönche. Ein lichter Wald von Lebensbäumen = Tuja, dazwischen die unterschiedlich gestalteten Stupas = Grabsteine der Mönche, die es wert waren, hier beerdigt zu werden!

Dies alles bei 32° und hoher Luftfeuchtigkeit. Zurück zum Bus und es geht in ein naheliegendes Hotel zum Mittagessen. Leider eine Festhalle mit noch nicht abgeräumten Tischen und für uns ein kaltes Menü. Keine neue Variante der chinesischen Esskultur, sondern eine Nachlässigkeit des Restaurants. Auch dies wird überstanden und anschließend geht es in ein nahegelegenes Internat, in welchem die Schüler neben dem normalen Unterricht in Kungfu ausgebildet werden. Wir erleben in einem Vorführungssaal eine Show, die uns alle beeindruckt. Die Schüler zwischen
6 – 15 Jahren, die Einzeln oder in Gruppen, sehr dynamisch, konzentriert ihre Übungen demonstrieren, mit einer extremen Körperbeherrschung. Die entsprechenden DVDS werden gekauft!

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Vorführung in der Schule der Shaolin-Mönche

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Anschließend gehen wir durch die Anlage zurück zum Bus, vorbei an vielen Schulhöfen, wo tausende Schüler, aller Altersgruppen, vor dem Nachmittagsunterricht, in verschieden Übungen in Gruppen trainiert werden, unter den Kommandos Ihrer Lehrer. Wie sagte einer unser
Mitreisenden: Das hier ist keine Waldorfschule!

Weitere 2 Stunden Fahrt zu unserem Hotel Yanling Bloom Hot Spring, außerhalb der Stadt Xuchang. Sehr schön gelegen in einer großzügigen Gartenanlage. Wir genießen auf der Außenterasse, zusammen mit der Shanghai Gruppe, ein genussreiches Bufett in erträglicher tropischer Temperatur und werden begleitet durch die Musik der Zikaden! Ein ereignisreicher Tag geht in entspannter Atmosphäre zu Ende. GUTE NACHT!

~ Heinrich und Maren Bünemann, Zeit-Reisende

 

Virtueller Dialog mit Herrn Mao

Frau Touristin X aus Tirol nimmt virtuell Kontakt mit Herrn Mao auf.
Sie besuchen zusammen ein Shaolin Kloster und eine Kung Fu Vorführung in einer Kampfsportschule.
Sie tauschen sich über ihre Gedanken aus.

Frau X:
Herr Mao, als Tirolerin habe ich den Eindruck, mich an einem Wallfahrtsort zu befinden.
Eine Menge PilgerInnen drängen sich durch die Gänge zwischen den Pagoden und es riecht nach Räucherstäbchen, so wie bei uns nach Weihrauch.
Irgendwie herrscht ein Rummel wie bei einem Jahrmarkt.
Wie finden Sie diesen Ort?

Herr Mao:
Ich bin entsetzt Frau X.
Meine jahrelangen Bemühungen, meinem chinesischen Volk den Aberglauben auszutreiben, insbesondere auch den konterrevolutionären Buddhismus mit seinem volksverdummenden Überbau auszurotten, scheint mir von kapitalistischen Buddhismusmafiosi in ausbeuterischer Art hintertrieben zu werden.
Die Verblendungsproduktionsmittel Pagoden und Heiligenfiguren waren schon einmal vernichtet und sind jetzt wieder aufgebaut.
Welche Schmach für mein kommunistisches Land, ehemals voll aufrechter und atheistischer Rotgardisten.

Frau X:
Gemach, gemach Herr Mao. Eigentlich passiert hier nicht wirklich etwas, außer einem fröhlichen Herumflanieren vieler Chinesen in einer Art Vergnügungspark. Eine spirituelle Verblendung scheint mir hier nicht stattzufinden. Es wird ja nicht einmal gebetet, wie ich es von ähnlich religiösen Orten in Österreich kenne. Sie werden wahrscheinlich sagen, dass ein kapitalistischer Ausbeuter diese ganze Organisation betreibt und sich auf Kosten des Volkes bereichert.

Herr Mao:
Ganz genau Frau X. Ich weiß sogar, dass der kapitalistische Abt dieses Klosters noch andere schwer konterrevolutionäre Unternehmungen initiiert hat. Sehen wir uns doch einmal eine seiner so genannten Kung Fu Schulen an.

Frau X vor Ort in der Kung Fu Schule eine Vorführung mit Herrn Mao besuchend:
Herr Mao, jetzt bin ich entsetzt. Diese armen gedrillten Buben! Wie sie schreien und ein unglaublich aggressives Ballett von pseudomilitärischen Angriffstänzen vollführen. Bei uns wären solche Kinderdrillanstalten wegen Kindesmissbrauches verboten.

Herr Mao:
Gemach, gemach Frau X. Jetzt muss ich ihnen widersprechen. Jede Art von militärischer Grundausbildung ist zur Stärkung des wehrhaften Grundkörpers des chinesischen Volkes jedenfalls zu befürworten. Je mehr Drill desto besser. Ich gestehe ihnen sogar, dass mir die artistischen Einlagen nicht ohne Reiz erscheinen. Jedoch dies nur zu ihnen.
Ich werde mich jetzt wieder meiner andauernden Aufgabe, die Viererbande in Schach zu halten, widmen und sie verlassen.
Ich wünsche ihnen noch viele interessante Erfahrungen mit meinen Genossen, die mir selber schier unfassbar verändert erscheinen.

~ Waltraud Fuchs-Mair, Zeit-Reisende

Tag 44

Xi'an

Aufwachen heute nicht durch Vogelgezwitscher sondern Verkehrslärm. Wir sind in einer Riesengroßstadt, fast 9 Mio. Einwohner. Der Blick aus dem Fenster des Hotels: Wolkenkratzer bis zum Horizont.
Wenig erinnert noch an die beschauliche Stadt Xian von 1991, meinem ersten Besuch in China.

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Gruppenfoto
(Bus Hamburg) vor der Großen Wildganspagode in Xi’an

Nach dem Frühstück fährt uns Ruven zu einer Jadeschleiferei. Wir erfahren vieles über Jade. Z.B. dass sie in China als Schmuck für Männer sehr beliebt ist, denn sie schützt den Träger. Auch die Olympischen Medaillen von 2008 waren mit Jade belegt: Gold mit weißer, Silber mit grüner und Bronze mit schwarzer Jade. Nach einer Demonstration, wie man echte Jade von falscher erkennt: durch Gewicht, Klang und Geruch, geht’s passender weise durch den Verkaufsraum! So manches Stück Jade findet eine/n Liebhaber/in.

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Jade-Schleiferei in Xi’an
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Verschiedenfarbige Jade
(Rohsteine)

Weiter geht die Fahrt zu einem der Highlights, der Terrakottaarmee. 1974 fanden Bauern bei einer Brunnenbohrung Scherben. Bei den dann folgenden Ausgrabungen wurde die Armee zum großen Teil freigelegt. In den Hallen ist sehr anschaulich dargestellt, wie die Ausgrabungen vor sich gehen, was ausgegraben wurde, wie die Aufstellung gewesen ist. Auch wie man versucht, Farben zu rekonstruieren und die Teile zusammenzufügen. Das eigentliche Grab des Qin Shihuangdi wurde bis heute nicht geöffnet. Welche Schätze sind da wohl noch verborgen? Die Terrakottaarmee wird auch schon als das 8. Weltwunder bezeichnet.
Die Wellblechhalle von 1991 wurde fest gebaut und hat sich auf 4 Hallen vergrößert und zum Parkplatz kommt man nur durch eine lange Verkaufsstraße mit Restaurants! Leider mussten die kleinen Straßengarküchen mit den selbst gemachten Nudeln und Obsthändler weichen.

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Die Terrakotta-Armee

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Auf der Rückfahrt erläutert uns Chenyang noch die Historie zu diesem Grab. U.a., wenn der Herrscher jemandem einen Schal schenkte bedeutete das für den Empfänger: Selbstmord durch Erhängen. Hoffentlich weiß das zu Hause niemand, ich habe etliche Schals im Gepäck!

Nach diesen geballten Eindrücken verzichte ich auf die Besichtigung der Moschee und fahre mit dem Taxi ins Hotel zurück durch die breite Einkaufsstraße mit den elegantesten Geschäften wie Gucci, Prada usw. Die Stadt macht einen sehr sauberen Eindruck, viele gepflegte Grünanlagen mit farbenprächtigen Blumenrabatten zwischen den Hochhäusern. Aber dazwischen auch noch ziemlich marode Bauten aus vergangenen Zeiten.

Zum Abendessen gibt’s eine Xianer Spezialität. „Maultaschen“, „Maultäschle“ wäre passender. Dumplings mit 16 verschiedenen Füllungen in hauchdünnem Teig gedünstet und in Sauce gestippt. Sicher war für jeden Geschmack etwas dabei.

Die anschließende Show im Theater war gut präsentiert. Was man aus Trommeln, Becken und Trompeten alles für Töne hervorbringen kann! Eine gelungene, wohlklingende, schön anzusehende Vorführung.

Diesen randvollen Tag in Xian beschließe ich mit dem Satz, den Lilly, unsere örtliche Reiseleiterin in Lanzhou, mir ins Roadbook geschrieben hat: Ong ma ni bei mi hong (?).

~ Christa Blank, Zeit-Reisende

Tag 43

Baoji - Xi'an

»Deutsches Mittelgebirge« ist die Anmutung der parkartigen Umgebung unseres Hotels der vergangenen Nacht – ein Ort zum gern länger verweilen. Aber wir sind ja auf dem Weg.
Die Straße zur Autobahn schlängelt sich dann durch ein richtiges Gebirgstal mit hohen Felsen entlang dem steil bergab rauschenden Bach mit klarem -nicht gelbem! – Wasser. Auffallend sind die durchweg gepflegten, von viel Grün umgebenen Häuser entlang der Straße. Ihre »ziegelgedeckten« Satteldächer werden von einem schön gestalteten, traditionellen Dachfürst gekrönt. Es gibt hier nicht die sonst allenthalben zu sehenden blechernen Pultdächer.
Und auf der Autobahn : Fahrt durch dicht bewaldetes Mittelgebirge, eine Anmutung wie der Harz – welch ein Kontrast zu den vielen Kilometern durch Wüste und vegetationsarmes Hochgebirge.

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Dann der letzte Tunnel und wir sind auf dem überaus fruchtbaren und folglich auch intensivst genutzten Lössplateau mit seiner Lössschicht bis zu 100 m Dicke.
Das Ziel nach dem – vorzüglichen Mittagessen in der Altstadt von Xi’an war die große Wildganspagode. Im Jahr 652 errichtet und 65 m hoch ist sie auch in der fast 9 Millionen Einwohner zählenden ehemaligen Kaiserstadt mit jetzt unzähligen architektonisch extrem gestalteten Hochhäusern einen echten Hingucker. Für den nicht-buddhistischen Besucher erschließt sich ihre Bedeutung nur schwer, für den Buddhisten ist sie der Ursprung seines Glaubens in China.

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Eindrucksvoller Buddha in der Wildganspagode

Dem Blogger erscheint es als seine Chronistenpflicht, einmal zu benennen, was beim landesüblichen chinesischen Mittag-/ Abendessen so in den Schüsseln und Schalen auf die gläserne Drehscheibe in der Tischmitte gestellt wird. Trotz noch absoluter Sattheit nach dem erst kurz zurückliegenden und wegen seiner Vorzüglichkeit zu Völlerei verleiteten Mittagsmahl hier nun die Speisen des chinesischen heutigen Abendessens. Es gab – und musste natürlich auch gekostet werden:
– Kürbissuppe mit Fleisch-, Pilz- und Broccoli-Einlage – genannt: harmonische Familie
– Vogelnest: Kleine Stücke Schweinenacken paniert mit Sellerie
– Mütze mit Fleischfüllung
– Beef mit Zwiebeln auf Eisenplatte zubereitet
– vegetarisches Gericht mit kostbaren Pilzen
– Reis – natürlich auch
– Rindfleisch mit Kartoffeln
– Chinakohl mit grünen Bohnen
– einen ganzen gedünsteten Karpfen
– Rindfleisch mit Bambussprossen
– Pilze mit Zwiebeln auf dem Höllenschlund (Stövchen)
– Blumenkohl mit Zwiebeln ebenfalls auf dem Höllenschlund
Und das alles unterschiedlich gewürzt und gegart – ES WAR EINFACH KÖSTLICH.

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Bild mit nur 8 Gerichten, für die weiteren musste erst Platz geschaffen werden
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Lenin sagte: Kommunismus ist Sozialismus plus Elektrizität.

Wenn man dann noch sieht wie überall in der Landschaft in alle Richtungen die Überlandleitungen den Himmel durchschneiden, scheint die zweite Bedingung in China erfüllt. Wie man es mit dem Leninschen Kommunismus hält ist allerdings nicht erkennbar.

~ Helmut Reichert, Zeit-Reisender

Tag 42

Lanzhou - Baoji

Wir verlassen die Häuserschluchten von Lanzhou und fahren auf der Autobahn durch eine ausgesprochen interessante Landschaft, deren geologischen Aufbau uns Wolfgang ausführlich und detailliert wie bei einer Geologie Exkursion erklärt. Nach einem relativ guten Mittagessen kommen wir schließlich bei den Maijishan-Grotten an. Wieder stehen wir staunend vor buddhistischen Höhlen in steiler Felswand. Und wieder empfängt uns ein friedlicher Buddha, begleitet von seinen jungen und alten Schülern. Was heißt ein Buddha? Es sind viele in verschiedener Form. Alles wirkt friedlich und heiter. In einem stillen Moment – soweit es der Besucherstrom zulässt – gehen einem Gedanken durch den Kopf, wie unsere gotischen Kathedralen wohl auf buddhistische Besucher wirken: Ein gekreuzigter Gott, geköpfte, gehäutete, geräderte, ertränkte und sonst wie ums Leben gebrachte Märtyrer. Hier jedoch ein friedlicher, lächelnder, wohl genährter Buddha, bunte lebensfrohe Bilder und unzählige Statuen. Keine Spur von Hölle und Verdammnis, nur optimistische, freudige und friedliche Stimmung. Die christliche Religion und der bilderstürmende Islam könnten vom Buddhismus lernen!

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Dass der Tag mit einem gewaltigen, fast tropischen Regenguss endete, tat dem Wohlbefinden keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, es herrschte eine fast ausgelassene Stimmung: Hinterm Horizont geht es weiter…

~ Heinz Moser, Zeit-Reisender

Tag 41

Lanzhou

9:30 Uhr: Nach einer sehr erholsamen Nacht begrüßt uns Rainer im Bus wie immer mit »Einen wunderschönen guten Morgen«.
Wir fahren am Ufer des schnell dahinströmenden Gelben Flusses entlang zum »Weiße Pagode« – Park, dem Baita-Park.
Unterwegs ist der Verkehr sehr dicht, wir kommen langsam voran. Die umliegenden Berge sind nur schemenhaft zuerkennen wegen der Luftverschmutzung in der Stadt mit ihren im Moment 3,6 Mio. Einwohnern. Lanzhou war vor Jahren eher unattraktiv, hat sich aber sichtlich gemausert. Hier, wie auch in allen anderen Städten, wird großer Wert auf das Anlegen und Erhalten von Parks gelegt, die einen sozialen Treffpunkt darstellen, besonders für die Pensionäre.

Daniel, ein Kenner der Fußballszene, gibt uns im Bus, wie jeden Tag, die neuesten Infos zur Fußball-WM in Russland.
An Bord ist heute auch unser regionaler Guide William.

10:10 Uhr: Wir sind am Fuß des Berges angekommen. Gegenüber spannt sich die, von einer deutschen Firma gebaute, erste Eisenbrücke über den Gelben Fluss. Gemeinsam gehen wir hinauf. Der Anstieg ist schweißtreibend und erfordert gelegentliche Stopps. Jedes Mal, wenn wir uns dann umdrehen, werden wir mit einem schönen Ausblick belohnt.

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Alt und neu

Unterhalb der »Weißen Pagode« liegt auf der linken Seite noch ein taoistisches und auf der rechten ein buddhistisches Kloster. Von letzterem dringen Geräusche und Töne herüber. Aber zuerst arbeiten wir uns weiter nach oben, und eine »Lama-Weisheit« dringt an mein Ohr, deren Original-Quelle nicht zu belegen ist: »Eine hohe Treppe kann man nur Stufe für Stufe bewältigen«. Oben erweist sich die »Weiße Pagode« als eine »Gelbe«: Ein Erdbeben hat die ursprüngliche Marmorpagode, die für den Lama Baita an dessen Sterbeort errichtet worden war, zerstört. So wurde eine neue für den Unterhändler zwischen Tibetern und Mongolen errichtet.
Auf dem Rückweg werden wir unweigerlich von den Gesängen aus dem buddhistischen Nonnenkloster angezogen. Glöckchen und eine kleine Trommel begleiten den an- und abschwellenden, wenig variierenden und in schnellen Lautfolgen dargebotenen Gesang. Um die wenigen glatzköpfigen Nonnen sind eine größere Anzahl Besucher versammelt, alle tragen einen braunen, langen Umhang. Später erklärt uns Huang, dass in der Zeremonie eine »medizinische Gottheit« verehrt wird, die gegen Krankheiten helfen soll.

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Zeremonie im Frauenkloster

11:30 Uhr: Zurück im Bus empfängt uns Klaviermusik von Jaques Loussier, der Debussy spielt. Uns fehlt nur noch ein kühler Cocktail!
Jetzt machen wir uns auf die Fahrt zum Gansu Provinzmuseum. Der Verkehr läuft anfangs zügig, dann stockender, je näher wir dem Ziel kommen.

12:15 Uhr: Ruven darf den Bus direkt vor dem Museum parken.
Wir besuchen die Ausstellung über die Seidenstraße. Eine Übersichtskarte zeigt die verschiedenen Routen, die von China nach Europa führten und führen.

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Routen der Seidenstraße

Viele interessante Ausstellungsstücke und Schätze sind zu bewundern. Am meisten beeindruckt mich die bei einem Bunkerbau gefundene »Heeresformation« mit Vorhut, Streitwägen und nachfolgendem Ochsenkarren. Auch das dazugehörende (heutige) Symbol des Tourismus, das mit einem Fuß einen Spatz oder eine Schwalbe berührende Pferd, ist zu sehen.

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Symbol des chinesischen Tourismus

13:45 Uhr: Mittagessen! Für die geduldigen Vegetarier gibt es schließlich Linsen – Nudel – Suppe und Zucchinigemüse, durchaus lecker!

14:45 Uhr: Fahrt zum Fünf- Quellen- Park am Wuquan – Berg. Der Verkehr ist wieder dicht, aber er fließt. Jetzt läuft Ruvens Musikauswahl mit »Don`t worry, be happy«. Wir fahren durch das Viertel der Hui – Minderheit, die dem Islam anhängt. Sie sind voll integriert und eine Heirat mit Han-Chinesen ist völlig unproblematisch.

Nach zwei langen Tunneln kommen wir am Park an. Wieder steigen wir langsam bergan. Wir sind schon gespannt auf die fünf Quellen! Wir stellen uns wasserfallartige Gebilde und klare Bäche vor, die munter zu Tal eilen. Die Legende erzählt, dass chinesische Soldaten im Kampf mit den Hunnen unterlegen waren und sich nur auf den Berg retten konnten. Dort aber war kein Wasser zu finden. In seiner Verzweiflung schlug der General schließlich mit der Peitsche auf den Boden. In diesem Moment sprudelte eine Quelle aus der Erde. Er konnte das noch mehrmals wiederholen. Wie enttäuscht sind wir Besucher, als wir nur zwei Tümpel entdecken können.
Schließlich besichtigen wir auf dem Weg nach unten einen tibetanischen Manitempel mit Glocken – und Trommelturm und vor den Statuen die Butterlampen, die niemals verlöschen dürfen. Im Hof des Tempels steht ein fetter Audi, mit dem vorher die Mönche herangefahren waren: »Arbeitsgerät«, sagt Huang.

16:30 Uhr: Rückfahrt zum Hotel, kleine Ruhephase

18:30 Uhr: Gemeinsamer Gang zum Abendessen mit Speisen in Szezuan-Manier. Sehr schmackhaft, eher scharf und auch für Vegetarier gibt`s Einiges!
Auf dem Rückweg treffen wir auf eine Frauen-Tanzgruppe, die uns als Publikum mindestens 15 Minuten in ihren Bann zieht.

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Tanzende Frauen vor dem Hotel

20:15 Uhr: Gemeinsamer Gang zur Schifffahrt auf dem »Gelben Fluss«. Details dazu müssten anderweitig erfragt werden, da die Verfasserin nicht teilnimmt.

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Lanzhou by night …
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… and day

~ Angelika Krug, Zeit-Reisende

Tag 40

Zhangye - Lanzhou

Heute war ein sog. Fahrtag, an dem es galt die Strecke Zhangye – Lanzhou – über 500 km – zurückzulegen.

Der Tag begann für die meisten mit einem Blick aus dem Fenster auf den Platz vor dem Hotel, wo wechselnde Gruppen Gymnastik Übungen und Tai Chi absolvierten, teilweise mit Musik, teilweise mit anmutigen Fächern in den Händen. Ein weiterer Blick lenkten sicher einige noch auf den Tempel des liegenden Buddhas auf der anderen Strassenseite, den wir den Abend zuvor besichtigt hatten. Nach dem chinesischem Frühstück im Hotel und dem Kofferverladen fuhren wir aus dieser sehr angenehmen Stadt, die uns eine Mischung aus traditionellen Läden (insbesondere ein Laden mit Kalligraphie Zubehör und einige Antiquitäten Läden) und aus modernen Boutiquen, die den europäischer Großstädten in nichts nachstanden, geboten hatte.

Bei der Ausfahrt aus Zhangye, fuhren wir vorbei am Markt und an älteren traditionnellen einstöckigen Häusern, die bald den Baggern zum Opfer fallen würden und durch moderne Hochhäuser ersetzt werden würden.
Die Straße führte weiter ostwärts im Hexi Korridor zwischen den zwei Gebirgszügen der Weissen Berge gen Norden und den Schwarzen Bergen gen Süden. Leider hatten wir auch heute wenig von der Berglandschaft: wir bewegen uns weiter mit dem trübem Wetter nach Osten. Eine ganze Weile blieb die Landschaft noch grün. Wir fuhren an Kartoffelfeldern vorbei, später an Getreidefeldern. Ab und an säumten auch noch Reste der Großen Mauer die Straße auf ihrer nördlichen Seite. Danach schauten wir abwechselnd auf karge Steppe oder in Nähe von Ortschaften auf bewirtschaftete Felder.

Während der Fahrt versuchte Chenyang in längeren Ausführungen zwei Fragen zu beantworten: ob China noch ein sozialistisches Land sei und wie die Zeit Maos heute beurteilt wird. Zwei sehr heikle Fragen, die Chenyang jedoch gut beantworten konnte, in dem er uns sehr anschaulich die wirtschaftliche Entwicklung des Landes beschrieb und uns glaubhaft machte, dass die Bevölkerung zum größten Teil zufrieden sei. Er schilderte die Rolle Deng Ziao Pings in der Entwicklung eines »Sozialismus chinesischer Prägung«. Bei der Gelegenheit lernten wir auch die Sterne auf der chinesischen Flagge zu deuten: der größere Stern steht für den Kommunismus und die weiteren vier Sterne für die Zweige der Bevölkerung: Arbeiter, Bauer, Intellektuelle und schließlich die Kaufleute.

Die Mittagspause fand in der Nähe von an einer neuerbauten Autobahnraststätte statt, wo uns eine für die Gegend typische Nudelsuppe serviert wurde mit etwas Gemüse, hauptsächlich grüne Zwiebeln, und dünnen Rindfleischscheiben. Der ganze Bus scheint ohnehin an Nudelsuppen Gefallen zu finden.

Als wir uns Lanzhou näherten, änderte sich auch die Landschaft: der Lössboden hatte tiefe Einschnitte, es wurde grüner, die Bevölkerungsdichte nahm langsam zu und die Getreidefelder wurden grösser. Hauptsächlich wird Weizen angebaut, der auch zur Nudelherstellung gebraucht wird. In den meisten Fällen werden die Nudeln frisch »gezogen«.

Am späten Nachmittag erreichten wir Lanzhou und sahen zum ersten Mal den mythischen Gelben Fluss, auf den die Meisten von uns auch noch aus dem Hotelfenster schauen konnten. In unseren Augen war der sog. Gelbe Fluss eher braun durch den Löss, den die Gewässer mitführen. Wir freuten uns auf den nächsten Tag, den wir in dieser größeren Stadt verbringen würden.

~ Pascale Berteloot, ZEIT-Reisende

Tag 39

Zhangye - Jiayuguan

Bei wieder einmal bewölktem Himmel und 23 Grad fahren wir um 9.15 Uhr vom spärlich frequentierten Holiday Plaza Hotel in Jiayuguan ab.
Vorbei an einem Straßenmarkt mit Obst, Gemüse und sonstigen Dingen des täglichen Bedarfs geht es auf die Autobahn in südöstlicher Richtung. Wie schon in den vergangenen Tagen sind die Straßenverhältnisse ausgezeichnet und der Verkehr übersichtlich. Die chinesischen Anstrengungen zum Ausbau der Infrastruktur sind gewaltig, parallel laufen mehrgleisige Eisenbahnstrecken, Autobahn und weitere Straßen. Auch in den Städten sind viele Neubauten zu sehen, neben mehrstöckigen Wohnhäusern, meist mehrere gleichgestaltete zusammen von durchaus ansprechender Architektur, öffentliche Gebäude wie Theater und Sporthallen.

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Rainer erklärt, dass die Bauvorschriften immer den Anschluss an Kläranlagen, große Grünflächen und Funktionsbereiche wie Geschäfte oder Schulen zwingend vorschreiben. Tatsächlich fallen auch in Neubaugebieten höhere Bäume und wohlgestaltete Grünanlagen auf. Es gibt den Begriff »Wald über Nacht«, wenn in großen Baumschulen vorgezogene Bäume mit Lastwagen zu ihrem vorgesehenen Standort gebracht und dort binnen kurzer Zeit eingepflanzt werden.

Ein weiteres Referat Rainers bezieht sich auf die Arbeitswelt. Im Gegensatz zu Maos Zeiten sind Ausbildung und Beruf heutzutage frei wählbar, das Studium allerdings auch kostenpflichtig. Einer freien Wahl des Arbeitsplatzes steht allerdings der erforderliche Hukou entgegen, eine »Siedlungsgenehmigung«, die an den Herkunftsort gebunden ist und nur unter bestimmten Gegebenheiten für einen anderen Ort erteilt wird. Der Hukou ist auch Voraussetzung für den Kauf einer der vielen neugebauten Wohnungen, aber diese finden ja offensichtlich Abnehmer. Im Gegensatz zu den ländlichen Behausungen aus gestampftem Lehm, die immer wie halb verfallen wirken, sicherlich eine hoch geschätzte Verbesserung.

Unsere heutige Fahrstrecke führt durch den Hexi – Korridor zwischen dem Quilian Gebirge im Süden und den Heli Bergen im Norden. Von Natur eine flache, kiesige Wüste, sind durch jahrzehntelange Anstrengungen grüne, fruchtbare Flächen entstanden. Felix Lee hatte uns schon von der Grünen Mauer erzählt: Millionen von Bäumen, häufig Pappeln werden im Kampf gegen die Bodenerosion gepflanzt. Die mit unterschiedlichen Nutzpflanzen bestellten Felder sind klein, meist nur wenige hundert Quadratmeter groß und werden per Hand bearbeitet. Überhaupt können wir überall viel man (oder woman) power am Werk sehen, Straßen, selbst Autobahnrandstreifen werden von Hand gefegt, die zahlreichen öffentlichen Blumenrabatten gejätet.

Der heutige Höhepunkt soll jedoch der Besuch im Danxia Geopark werden, ein ca. 46 km2 großes Areal innerhalb des 322 km2 großen Zhangye National Geopark am Nordrand des Quiliangebirges. Zuvor nur einigen Schafhirten bekannt, ist die Landschaft erst seit wenigen Jahren im sehr großen Maßstab logistisch und touristisch erschlossen worden. Die einzigartige Danxia (chinesisch: Rote Wolke) Landschaft besteht aus Sandsteinformationen, die sich in der Kreidezeit vor 135 bis 65 Millionen Jahren unter Einlagerung verschiedener Mineralien wie Eisen, Schwefel, Kupfer oder Magnesium bildeten und vor 60 bis 30 Millionen Jahren durch tektonische Kräfte aufgefaltet wurden. Die verschiedenen Einlagerungen haben zu farbigen Bänderungen geführt. Dieser Geopark wurde 2011 von National Geographic als eines von 10 geologischen Weltwundern benannt.

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Der Eingangsbereich des Geoparks

Das Eingangsgebäude hat das Ausmaß eines Check in Bereiches im Flughafen, dann geht es mit Shuttlebussen zu verschiedenen Aussichtsplattformen, man könnte auf Bohlenwegen auch viele Kilometer zu Fuß durch diese grandiose Landschaft gehen. So bleibt uns jedoch genügend Zeit für die spektakulärsten Ausblicke auf das Farben- und Formenspiel, das sich durch die Sonnenstrahlen, die wechselnd durch die Wolkendecke brechen, immer wieder anders darbietet. Unterstrichen wird die Erhabenheit des Anblicks durch eine in Dauerschleife abgespielte dramatische Musik, die aus überall aufgestellten Lautsprechern tönt, die wie Gesteinsbrocken gestaltet sind.

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Bislang wird der Danxia Geopark nicht in den Reiseführern erwähnt, auch das vorgelagerte Feriendorf mit Restaurants, Hotels und Ferienwohnungen schlummert noch so vor sich dahin. Aber seit Zhang Yimou 2008/9 einen Film vor der Kulisse der Regenbogenberge gedreht hatte, steigt unter den angepeilten chinesischen Touristen das Interesse. Wir sind jedenfalls hellauf begeistert von den Eindrücken während unseres Besuches.

Danach ist der Weg zu unserem Hotel mitten in Zhangye nicht mehr weit. Wir kommen in eine quirlige Stadt und Petra lenkt unseren Bus souverän durch die recht engen Straßen voller Verkehr und parkt gekonnt direkt vor dem Hotel ein!
Vor dem Abendessen bleibt sogar noch Zeit für einen kurzen Bummel durch die Boutiquen in unmittelbarer Nähe. Jetzt ist Schluss mit Folklore vom Basar, wir sind im modernen China angekommen!

~ Hanne Skrodzki, ZEIT-Reisende

Tag 38

Dunhuang - Jiayuguan

Bereits am Morgen ist unser Bus eine Attraktion für die Einheimischen. Es vergeht übrigens so gut wie kein Tag, an dem wir nicht um Erläuterungen zu unserer Reise und gemeinsame Fotos gebeten werden.

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Der Bus als Attraktion
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Kunst auf dem beschmutzten Bus

Bei idealem Fahrwetter, bedeckt und trocken, eigentlich untypisch für diese Wüstenregion, brechen wir mit Ruven am Steuer auf in Richtung Großer Mauer.

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Die wolkenbedeckte Wüstenregion

Chenyang, unser chinesischer Begleiter erklärt uns die bewegte Geschichte dieses beeindruckenden Bauwerks, das in mehreren Schritten vor allem zum Schutz des chinesischen Kernlandes vor den Reitervölkern aus den nördlichen Steppengebieten errichtet wurde. Mit allen Verzweigungen war sie insgesamt 10000 km lang und hatte eine West-/Ostausdehnung von ca. 6500km (=10000 Li, chin. Längenmaß, »die 10000 Li lange Mauer« wird sie auf Chinesisch genannt). Letztendlich ließen sich aber beispielsweise die Mongolen von ihr nicht davon abhalten, das Land zu erobern. An ihrem Westende wurde sie verstärkt durch die Festung Jiayuguan, unserem ersten Ziel an diesem Tag. Sie stammt aus der Ming-Dynastie und sicherte den oft umkämpften Hexi-Korridor, dem Tor zu Zentralchina. Wir durchstreifen dieses Areal und begegnen einer Abordnung der jungen Wachgarde. Im Anschluss informieren wir uns zudem in dem nahegelegenen Museum der Großen Mauer.
Ein paar Kilometer weiter stehen wir am Spätnachmittag auf der letzten Herausforderung des heutigen Tages, der Großen Mauer bei Jiayuguan. Nachdem uns vorher bereits Chenyang die Bauweise erläutert hat (z.B. dass jeder der verwendeten Ziegel neben dem Kennzeichen des Herstellers auch eines des verantwortlichen Beamten trug), steht jetzt der Aufstieg bis zum nächsten Wachturm an (»Rolltreppe ist außer Betrieb«).

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Die junge Wachgarde
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Angekommen an der Großen Mauer
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Aufstieg zum Wachturm

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Nach vollbrachter sportlicher Betätigung treffen wir im Hotel ein, wo das Abendessen bereits wartet.
Ach ja, an »unsere Jungs« denken wir natürlich auch heute Nacht…

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»WM-Fieber«

~ Claus Kilpert, ZEIT-Reisender

 

Geburtstag

Anbei ein kleiner, aber für mich wichtiger Nachtrag zum 23. Juni.
Ich bin an diesem Tag 70 Jahre geworden (das Durchschnittsalter unserer Gruppe). Wir haben zusammen eine wunderschöne Stunde lang meinen Geburtstag an der »Hängenden Mauer« gefeiert.

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Geburtstagsfoto an der Hängenden Mauer

Während wir zunächst die Mauer bestiegen, haben Rainer und Petra unseren Kaffeetisch vorbereitet und mit Obst und Keksen festlich gedeckt, Huang hatte auf meinen Wunsch für Becher, Sekt und dessen Kaltstellung gesorgt. Kaum kamen wir verschwitzt an, ließ Rainer den Sektkorken weit in die Höhe springen und der dunkelrote chinesische Sekt (süß, aber lecker) ergoss sich in die Pappbecher.

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Die Sektflasche wird entkorkt

Aber vor dem Anstoßen gab es noch ein Überraschungsständchen: spontan sang unsere Gruppe in mehrstimmigem Kanon: »Viel Glück und viel Segen …«. Ich habe mich sehr gefreut! Dann gemeinsames Trinken, viele liebe Glückwünsche und noch ein Tänzchen, zu lauten ABBA – Songs aus dem Buslautsprecher! Super (!!) Und das alles bei Sonne an der »Hängenden Mauer« mitten in China! Das ist wirklich eine bleibende Erinnerung! Vielen lieben Dank an Rainer, Petra, Huang und unsere tolle Gruppe.

~ Traute Stahl, ZEIT-Reisende

Tag 37

Dunhuang

Heute ist Sandwüste mit hohen Dünen angesagt. Ein erster Blick aus dem Fenster »Wüstenwetter«: verhangener Himmel, etwas Niesel – aber was soll’s.
Zuerst mal Frühstück. Eine reichhaltige Auswahl, ein Fest für die Augen: Celery and carrots, White cucumber, Three hot und spicy Silk, Carrotminced meat, Hot Ring, Steam twistend roll, Sugar Triangel, Rice porridge preserved egg mustard shrimp und noch vieles mehr. Die vielen chinesischen Hotelgäste wirken ganz begeistert.

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Ein großartiges Programm erwartet uns heute.
Zuerst die Singenden Berge, die riesigen Sanddünen im Süden von Dunhuang. Nach kurzer Fahrt tauchen sie auf. Ein faszinierender Anblick, diese Anhäufung kleinster Sandkörner, geformt durch den Wind und ständig in Bewegung. Die natürliche Harmonie der Formen und die vielfältigen, durch das Licht hervorgerufenen Farbnuancen im Gelb des Wüstensandes, lassen den Blick nicht ruhen.
Und natürlich ziehen die Singenden Berge die Massen an und laden zu eigenem Tun ein, und wir machten begeistert mit: Erklimmen der Dünen und »Schnellabstieg« über den steilen Abhang, Kamelritt, Rundflug mit den motorisierten Drachen oder auch geruhsamer Spaziergang am Fuß der Dünen zum Mondsichelsee, eine weitere Überraschung der Natur. Mitten zwischen den lebensfeindlichen Sandbergen der Wüste ist eine grüne Oase mit wunderbar blauem Wasser und frischem Grün.

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Am Nachmittag dann ein weiterer Höhepunkt unserer Reise: die Magaogrotten, 25 km südöstlich der Mondsicheloase in der Wüste an in eine Sandsteinfelswand gehauen. Mehr als 1000 solcher Grotten wurden gezählt, 492 davon sind noch erhalten und zum Teil auch zu besichtigen.
Der Sage nach erreichte ein Buddhistischer Mönch auf seinem Pilgerweg zum Ursprungsland des Buddhismus Indien im 4. Jahrhundert n. Chr. den Mondsichelsee und beschloss seinen Weg zur Selbsterlösung hier zu vollenden. Für seine Meditation auf dem Weg zur Erkenntnis und die Erlösung im Nirvana erstellte er sich eine Grotte. Zu ihr gesellten sich bald weitere und die Magaogrotten bildeten bald ein Zentrum des Buddhismus im Land. Bis ins 12. Jahrhundert entstanden neue Grotten oder wurden von ihren ursprünglichen Besitzern nicht weiter genutzte von neuen Besitzern übernommen und der Zeit entsprechend neu gestaltet.
Mit zwei Filmvorführungen wird der Besucher auf sehr instruktive Weise in die Welt des Buddhismus eingeführt und auf die Grotten und Tempel eingestimmt.
Atemberaubend ist der Anblick der Buddhastatuen in Natura und der sie umgebenden weiteren Statuen und die Ausmalung der Grotten und Tempel. Die Ausmalungen geben ein anschauliches Bild vom religiösen Leben und Denken aber auch vom alltäglichen Leben der Menschen zur jeweiligen Zeit wider.
Unvergesslich aber bleibt die Ausstrahlung der Ruhe und der Innerlichkeit der zum Teil gigantischen Buddhas.

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Solch ein erlebnisreicher und mit vielfältigen Eindrücken angefüllter Tag verlangte dann auch nach einem entsprechenden Abschluss. Und der fand in einem rustikalen Lokal unter freiem – weiterhin bedecktem – Himmel unmittelbar am Fuß der Sanddünen seinen Höhepunkt. Allerdings noch gekrönt von einer meisterlichen Zelebration seiner Zauberkünste durch unseren »Danini« und ein Feuerwerk in der Wüste.

~ Helmut Reichert, ZEIT-Reisender

Tag 36

Hami - Dunhuang

Etwas mehr als 400 km liegen heute wieder vor uns. Weite, flache Ebenen mit spärlich bestückten Horstgräsern und hitzegestressten Polsterpflanzen begleiten uns so weit das Auge reicht. In weiter Ferne, gar nicht abschätzbar die Distanzen, berührt der blaue Himmel mit seinen wenigen Cumuluswolken den staubbraunen Wüstenboden.

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Weite Aufschüttungsflächen kennzeichnen die Landschaft zwischen Hami und Dunhuang

Wir durchfahren den südwestlichen Teil der Gobi. Dies ist der richtige Zeitpunkt mit dem so oft fälschlich benutzten Wortgebilde »Wüste Gobi« aufzuräumen. Einfach nur »Gobi«, das ist die korrekte Bezeichnung, denn »Gobi« heißt nichts anderes als »Wüste«. Alles andere wäre nur eine Dopplung desselben Begriffs, also ein klassischer Pleonasmus. Diese riesige Wüste erstreckt sich von der Republik Mongolei (aus chinesischer Sicht: die Äußere Mongolei) über die autonome chinesische Provinz Innere Mongolei hinweg bis in die nordöstlichen Teile der autonomen Provinz Xinjiang und den Norden der Provinz Gansu. Schutt, Geröll, Hochgebirge und vereinzelt auch Sanddünenfelder bestimmen diese Kältewüste. In dem Gobi-Abschnitt, in dem wir uns bewegen, dominieren die endlos weiten Schuttebenen.
»Hinterm Horizont geht’s weiter …« wird kräftig im Bus geschmettert. Wir machen uns damit ein wenig Mut, um diese etwas eintönige Region möglichst schnell zu passieren.

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Letzte Polizeikontrolle in der Provinz Xinjiang

Auch sind wir guter Hoffnung, dass bald die vielen Polizeikontrollen mit den Nerv tötenden Wartezeiten ein Ende haben werden. Bei Xingxingia erreichen wir die Provinzgrenze Xinjiang/Gansu. Die Kontrolle erfolgt erstaunlich schnell und fast unbürokratisch; gerade mal 30 Minuten für die Abfertigung des gesamten Busses inkl. aller Reiseteilnehmer. Sollen wir dies als Abschiedsgeschenk der örtlichen Polizei verstehen? Mit Sicherheit werden wir die vielen Schlagbäume, Absperrgitter, Stacheldrahtrollen, Nagelbarrieren, Überwachungskameras und die mit Schlagstock, Pistolen und Schutzschildern bewaffneten Polizisten nicht so schnell vergessen. Ich blättere in meinem Notizblock und addiere schnell mal die Wartezeiten, die wir bei den diversen Kontrollen in den letzten 10 Tagen auf der ZEIT-Reise durch Xinjiang im wahrsten Sinne des Wortes abgesessen oder ausgestanden haben. 22 Stunden kommen da zusammen! Fast ein ganzer Urlaubstag bzw. pro Tag durchschnittlich gute zwei Stunden. Können wir die Offiziellen der autonomen Provinz vor Ort dafür belangen und vielleicht eine Entschädigung im Sinne »entgangener Urlaubsfreuden« geltend mache? Nein, so sind wir doch nicht! Wir lassen uns das grandiose Erlebnis der Neuen Seidenstraße nicht trüben. »Gemeinsam sind wir stark … – alle Straßen endlos, Barrikaden gab’s für uns doch nicht …« singen oder summen wir täglich. Wir sind eine eingeschworene Busfahrgemeinschaft mit dem gemeinsamen Ziel Shanghai. Vielleicht sind es gerade diese Erlebnisse, über die wir dann zu Hause berichten; Zeiten, die wir durchgestanden und unbequeme Stunden, die wir zwar mit leichtem Grollen aber letztendlich bestens überwunden haben. Die positiven Eindrücke überwiegen doch eindeutig. Jetzt ist es noch zu früh, aber mit dem nötigen Zeitabstand, werden wir erkennen, dass es auch ein anderes China gibt. Keine oder moderate Polizeikontrollen auf den chinesischen Straßen außerhalb Xinjiangs.
Inzwischen queren wir die Ausläufer des rund 2000m hohen Bei Shan Gebirges, und hinter dem 1800m hohen Pass verlassen wir bei Liuyuanzhen die Autobahn G30 und fahren über die gut ausgebaute Bundesstraße 215 südwestwärts in Richtung Dunhuang.

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Der Sand nimmt zu; die Straße führt nach Dunhuang

Die Topographie wird zunehmend abwechslungsreicher. Immer wieder tauchen zwischen den Sandsteinschichtungen bereits kleinere Flächen mit Sand und niedrigen Sanddünen auf. Bewässerungskanäle durchziehen das Siedlungsgebiet rund um Dunhuang und die bewirtschafteten Felder erstrahlen in einem intensiven Grün. Als imposante Kulisse erstrecken sich am Stadtrand von Dunhuang die mächtigen Sanddünenfelder mit Höhen bis zu 250 Metern. Sie sind unser Ziel für den morgigen Tag, da wir wieder einmal vor Ort eine Doppelübernachtung einlegen.

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Erste Sanddünenfelder kündigen an, dass man bald in Dunhuang ist

~ Wolfgang Pohl

Tag 35

Turfan - Hami

Nach einem Frühstück mit Nudelsuppe oder auch Spiegelei auf Toast waren wir recht früh am Bus, denn heute war Umzugstag.
Das übliche Gewusel im Bus löste eine ziemliche Unruhe aus, bis jeder sich in seiner neuen Sitzgruppe eingerichtet hatte.
Nach der Verabschiedung von Felix Lee, er flog heute zurück nach Beijing, ging es um 9:00 Uhr in Richtung Hami. 404 km lagen vor uns.
Zunächst wollten wir aber noch die Ruinenstadt Jiaohe besuchen, die eingerahmt zwischen Flussläufen wie eine Insel im Yarnaz – Tal liegt. Die große Stadt war seit dem 2. Jahrhundert die Hauptstadt des unabhängigen Reiches Cheshire. Seine Blütezeit war im 9. Jahrhundert unter den Uiguren.

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Ein Gebäude der Ruinenstadt Jiaohe

Im 13. Jahrhundert wurde die Stadt durch das Heer Dschingis Khans zerstört und für immer verlassen. In brütender Hitze schauten wir uns die Ausgrabungen an und bekamen durch Huang entsprechende Erläuterungen dazu. Nach mehr als 1 Std. kamen wir total zerschmolzen wieder an unserem Bus an, den uns Ruven wohlgekühlt präpariert hatte. Um 11:30 Uhr ging es weiter bei 35 Grad. Schon nach einer Stunde kam die erste unvermeidliche Polizeikontrolle, aussteigen zu jeweils 5 mit Pass, das übliche Foto. Die Wartenden vertrieben sich die Zeit sehr unterschiedlich: Tagebuch schreiben, Solitaire spielen, Lesen und auch Schlafen bis zum Aufrufen. Auf dem Parkplatz neben dem Bus stand ein Wagen, auf dem zwei Trampeltiere liegend fixiert waren. Auch sie waren auf der Reise wie wir, nur dass sie keine Klimaanlage hatten.

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Kameltransport auf der Lastfläche eines Wagens

Um 13:35 Uhr ging es endlich weiter. Trockenheit zu beiden Seiten der Straße , ab und an Oasen mit Weinanbau und den dazugehörigen Trocknungshäusern, auch Bewässerung mit dem Karez – System, nickende Ölförderpumpen. Außerdem erzählte uns Huang, dass hier Granit und Glaubersalz abgebaut werden.
Um 14:30 Uhr legte Ruven einen Tankstop ein. Hier ebenfalls wieder die unvermeidliche bewachte Schranke und Stacheldraht. 395l Diesel gehen in den Tank. Damit könnte ich zu Hause mehr als 5000 km mit meinem Auto schaffen. Eine Mittagspause mit frisch gekochten Nudeln und Reis mit Gemüse schloss sich an. Zum Nachtisch gab es aus der Bordküche vom Bus Kaffee und Honigmelone.
16:00 Uhr ging es endlich weiter bei 38 Grad. Die Ausläufer des Tian Shan Gebirges begleiteten uns in ihrer Schroffheit und Farbigkeit aber auch mit sanften Hügeln.
Um 17:30 Uhr noch eine Polizeikontrolle. Der Bus von Team Hamburg war auch da. Wir müssen warten, warten, warten…
Um 19:10 Uhr sind alle durch und es ging weiter. Noch 140 km bis Hami.
Auf der letzten Etappe sah man auf den Gipfeln des Tian Shan schneebedeckte Bergkuppen. Ein Hauch von Frische!

Die schneebedeckten Bergkuppen des Tian Shan

Nach 21:00 Uhr erreichten wir nach einem langen Tag endlich unser Hotel.

~ Marlis Klein, ZEIT-Reisende

Tag 34

Turfan

Ein entspannter Tag liegt vor uns! Kein Kofferladen, keine langen Fahrstrecken und vor allem keine zeitraubenden Polizeikontrollen. Mehr als der halbe Tag stehen uns für die Besichtigung von kulturellen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten zur Verfügung. Leider ist der Himmel noch mit Wolken verhangen und es fängt sogar an ein wenig zu regnen. Wir sind zuversichtlich und hoffen auf eine deutliche Wetterverbesserung, denn was wäre der heißeste Ort in China, die Turpan-Senke, mit Tagestemperaturen unter 40 Grad und dazu noch ein wolkenverhangener, grauer Himmel. Die Flammenberge ohne Feuer sind doch so wie eine chinesische Suppe ohne Nudeln. Das geht doch ganz und gar nicht!
Das Navigationsgerät unseres chinesischen Reiseleiters He Chenyang führt uns zum ersten Ziel. Für PKWs ausgerichtet, jedoch kein spezielles Bus-Navigationsgerät, wird der Bus durch schmale Nebenstraßen navigiert. Glück gehabt. Wir kommen einigermaßen gut durch, vorbei an parkenden Autos, überhängenden Zweigen von Bäumen, mitten durch den lebhaften, morgendlichen Straßenverkehr, denn so ein moderner Reisebus wie der unsrige hat eine andere Durchfahrtshöhe und einen weiteren Radius, um die Kurven zu nehmen. Auf einer schmalen Landstraße bieten die Einheimischen ihre Melonen an. Man kann hier sicherlich schon von einem Melonenmarkt sprechen. Das müssen wir uns genauer betrachten und legen einen kurzen Zwischenstopp ein.

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Melonenverkäufer in der Turpan-Senke

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Direkt von den naheliegenden Feldern werden die frischen Früchte an den Straßenrand gebracht. Ein Gewusel von Verkäufern und beladenen Kleinlastwagen und Motorrädern mit Ladeflächen bestimmen das Bild. Wohin man auch sieht, überall werden die köstlichen Hami-Melonen, Netz- und Wassermelonen angeboten.
Bald darauf erreichen wir die weitläufige Ruinen-Anlage von Gaochang. Die Wolken haben sich verzogen, der blaue Himmel dominiert und die Temperaturen klettern beständig nach oben. Na also, es geht doch. Petrus muss doch die ZEIT gelesen und unseren Reiseverlauf im Blog mitverfolgt haben. Mit einem Elektromobil fahren wir durch die Ruinenfelder der über 2000 Jahre alten Garnisionsstadt. Eine mächtige Stadtmauer aus Lehmziegeln, die teilweise in ihrem eigenen Erosionsmaterial ertrinkt, umgibt die Anlage. Zwei Stopps laden ein, über gespurte Wege durch das Meer von Gebäudesruinen zu gehen. An der relativ gut erhaltenen Tempelanlage wird das längst überfällige Gruppenfoto gemacht.
Zwar fehlen in den Nischen des zentralen, kubischen Tempelkomplexes die Buddhafiguren aber wir sind doch ein ebenbürtiger Ersatz. Für uns alle reichen die Nischen nicht aus. Käme uns auch nicht in den Sinn den vorgegebenen Weg zu verlassen oder gar die Anlage zu schänden oder zu beschädigen. Die Treppenstufen bieten doch eine viel bessere Plattform für unser Fotoshooting.

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Gruppenfoto „Bus Hamburg“ in Goachang vor der Tempelruine
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Stadtmauer von Goachang

Nächstes Ziel: die Flammenberge. Sie machten ihren Namen alle Ehre. Im Sonnenlicht erstrahlten die roten Sandsteinformationen mit ihren mächtigen Schuttkegeln und Erosionsrinnen in voller Pracht.

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Fahrt zu den Flammenden Bergen
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Die flammenden Berge

Ich hatte schon Bedenken, dass ich am Abend eine Runde Salbe gegen Gelenkschmerzen und Zerrungen ausgeben müsste, da die Zeigefinger an den Auslöser der Kameras und Smartphones bei diesen Motiven überstrapaziert wurden.
Weiter ging es, Schlag auf Schlag – eine Grotte folgte der anderen. Wir besuchten die Tausend-Buddha-Grotten von Bezeklik.

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1000-Buddha-Grotten von Bezeklik

Innen mit einzigartigen Stuckmalereien ausgeschmückt, haben hier im 5.-9. Jahrhundert die Mönche in Askese meditiert, immer mit Blick auf die Welt des Buddhismus im Innern der Höhle und Blick durch die Öffnung der Grotte auf die grüne Flussoase des Mutou-Tals und die Flammenden Berge. Leider wurden fast alle Gesichter der zahlreichen Buddhadarstellungen und Bodhisattwas sowie Apsaras in früherer Zeit durch Muslime zerstört oder unkenntlich gemacht. Was verschont blieb, wurde dann Ende des 19. Jahrhunderts durch deutsche, japanische und russische Expeditionen entfernt und als Kunstschatz, besser gesagt als Raubgut, in die Heimatländer der Expeditionsleitungen gebracht.
Der späte Nachmittag stand dann zur Entspannung zur freien Verfügung. Einige von uns nutzten die Gelegenheit, das Historische Museum von Turpan zu besuchen. Die Exponate sehr gut präsentiert und ins Licht gerückt, immer dreisprachig in Mandarin, Arabisch und Englisch beschrieben, wurden durch informative Karten und Fotografien ergänzt.

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Exponate im Museum von Turpan

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Von riesigen Saurierskeletten aus dem Erdmittelalter über steinzeitliche Werkzeuge bis hin zu Mumien und Bestattungsritualen, Figuren aus Ton, Stein, Kupfer und Bronze, Töpferwaren sowie Schriftplatten aus den historischen Stätten der Turpan-Senke, war hier alles vertreten. Ein überaus sehenswertes, modernes und repräsentatives Museum, das darüber hinaus auch über die Wasserwirtschaft und die Siedlungsgeschichte dieser Region informiert. Lohnend und äußerst eindrucksvoll war auch ein Bummel durch die älteren Stadtteile von Turpan mit ihren schmalen Gassen, den Lehmhäusern und den Trockenhäusern für Rosinen.

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Alte Bebauung in Turpan mit Trockenhäuser für Rosinen

Im Sommer schlafen die Bewohner meist in ihrem Bett auf dem Dach des Hauses, da es hier durch den Wind etwas kühler ist.

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Die Bevölkerung von Turpan schläft nachts im Bett auf dem Dach – da es dort nicht so heiß ist

Spät am Abend referierte dann noch unser ZEIT-Experte, Journalist und Autor, Felix Lee über das politische System der Volksrepublik China und wie kommunistisch sich das heutige China zeigt. Unsere Reiseteilnehmer lauschten gespannt seinen Worten und die anschließende Diskussionsrunde wollte nahezu kein Ende nehmen. Es war ja schließlich nur noch an diesem Abend die Gelegenheit gegeben, sich direkt mit ihm über politische, wirtschaftliche und soziale Fragen auszutauschen, da er am nächsten Morgen wieder nach Beijing zurückreisen musste.

~ Wolfgang Pohl

Tag 33

Korla - Turfan

Wir fallen nicht in eine Depression, sondern wir fahren heute in eine Depression. Medizinisch absolut unbedenklich, denn wir fühlen uns auch nach rund 8.400 Fahrkilometer seelische und physisch bestens. Voller Erwartung gehen wir den neuen Tag an und freuen uns schon darauf, dass wir am späten Nachmittag die zweittiefste Stelle der Erde nach dem Toten Meer erreichen werden, zumal wir auch noch eine Doppelübernachtung vor Ort haben. Die Turfan-Senke mit 154 m unter NN ist unser Ziel.
Doch zuvor müssen wir auf unserem 400 km langen Streckenabschnitt noch einige Höhen und Tiefen überwinden, natürlich nur im topographischen Sinne. Wie schon die Tage zuvor, begleiten uns die markanten Sandsteinformationen der südlichen Ausläufer des Tienshan-Gebirges. Wir haben die weiten, kargen Schotterflächen und die breiten, flachen Schwemmkegel verlassen und queren nun die nahezu vegetationsfreien Gebirgsketten.

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Breite Wadis durchschneiden das Sandsteingebirge

Zwischen den rötlichen und ockerfarbenen Sandsteinen dringt hin und wieder dunkles, plutonisches Gestein, also Tiefengestein durch und durchstößt die jüngeren Sedimentdecken. Auf der Höhe des zweiten Passes bei rund 1.700 m legen wir einen Fotostopp ein. Uns präsentiert sich eine faszinierende und zugleich fremdartige Gebirgswelt. Zwischen zahlreichen Gipfeln, meist auf der windabgewandten Seite und in Mulden, sehen wir Sanddünen. Die riesigen Sandflächen mit ihren markanten Rippelmarken hüllen das Gebirge nahezu ein. Es scheint uns, als ob die steil aufgerichteten Standsteinbänke im Sand ertrinken. Der stumme Schrei der Felsen geht im lauten Getöse des heftigen Windes unter.

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Plutonite und Sandsteinformationen im Wechsel, teilweise von Sand überlagert
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Sanddünen in den Bergen
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Die Berge ertrinken förmlich im Sand

Nur eine Fahrstunde weiter und vor uns liegt ein weites, grünes Becken. Vorbei an zwei riesigen Windparks mit jeweils rund 700 Windrädern, erreichen wir schließlich die Turfan-Senke.

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Riesige Windparks in der Turpan-Senke
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Fahrt durch den oberen Teil der Turpan-Senke

Hier hat man breite Baumstreifen als Windbrecher gepflanzt. Überall begegnen uns weite Weinbauflächen und Felder mit Melonen. Bei diesem vielen Grün muss einfach bewässert werden. Das spärliche Niederschlagswasser kann nicht ausreichen. Des Rätsels Lösung: Das jahrhundertealte Karez-Bewässerungssystem verwandelt die sonst staubtrockene Depression – immerhin sind wir jetzt schon bei -48 m angelangt – in eine fruchtbare Oase.

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Karez-Bewässerungssystem

Diese unterirdischen Wasserkanäle müssen wir in einer touristisch vermarkten Anlage besuchen. Ähnlich wie das Wasser in den Kanälen werden wir durch ein ausgeklügeltes Wegenetz durch die Verkaufszeilen mit Ständerwerken und Auslagen von Seidentüchern, Pseudo-Jade-Artikeln und Massensouvenirs geleitet. Die einheimischen Verkäufer erhoffen sich, dass nicht nur das kostbare Nass sprudelt, sondern dass auch das Geld aus den Taschen der Besucher in ihre Kassen fließt. Wir ignorieren dies hartnäckig. Vorbei an üppig-grünen Weinstöcken, von denen lange, noch grüne Trauben hängen, unter einer weitläufigen Weinpergola hindurch, erreichen wir das Museum.

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Weinanbau in der Turpan-Senke – die Weintrauben werden in spez. Trockenhäusern zu Rosinen getrocknet

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Hier erfahren wir nahezu alles über das antike Bewässerungssystem. Alte und neue Fotos, Karten, anschauliche Modelle und Blockdiagramme klären uns auf, wie es der Mensch mit Fleiß und Ausdauer geschafft hat, sich das überlebenswichtige Wasser zu Eigen zu machen. Auf wasserundurchlässigen Ton- und Schieferschichten, die von mächtigen Schotterpaketen überdeckt sind, fließt das Schmelz- und Niederschlagswasser als Grundwasserstrom aus dem 70 km entfernten Tianshan-Gebirge zur tiefsten Stelle der Turfan-Senke. Senkrechte Schächte werden bis zum grundwasserführend Horizont in den Boden getrieben. Das Aushubmaterial wird rund um den Einstieg aufgeschüttet. In Abständen von 10-20 m wird ein neuer Schacht angelegt. Aus der Luft betrachtet, sieht dies aus wie Maulwurfshügel, die perlenschnurartig aneinander gereiht sind. Horizontal werden dann die Schächte auf dem Grundwasserniveau durch Stollen verbunden. Ein leichtes Gefälle garantiert den Wasserfluss. Unterirdisch verzweigt, kann dann das Wasser verteilt werden. Die Verdunstungsrate durch Sonneneinstrahlung ist hierbei gleich Null. Nur muss man aufpassen, dass nicht zu viel Wasser entnommen wird, ansonsten heißt es nachgraben bis letztendlich der unterirdische Wasserfluss versiegt. Wäre dies der Fall, würden die Behausung, sogar die gesamte Siedlung oder die ackerbaulich genutzten Flächen aufgegeben und es entstünde eine sog. Ortswüstung.
Die Stollen mannshoch angelegt, die Wände geglättet und mit lehmfarbigen Spritzbeton versehen, elektrische Beleuchtung und Richtungshinweise, so spiegelt die Schau-Anlage nur bedingt die räumliche Enge dieses unterirdischen Kanal- und Bewässerungssystems wider. In Natura sind die Stollen und Schächte enge, dunkle Kriechgänge. Der Ausbau und die Unterhaltung des Karez-Systems verlangen dem ortsansässigen Menschen alle Kräfte ab.

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Uigure aus Turpan
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Uigurische Frauen aus Turpan
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Han-Chinesin aus Turpan

Bei diesem intensiven Weinanbau in der Turfan-Senke liegt es doch nahe, dass wir am Abend in unserem Hotel ein oder mehrere Gläschen einheimischen Wein konsumieren. Weit gefehlt. Man erhält zwar Wein, der meiste wird jedoch aus weltweit bekannten Anbaugebieten in Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland, Australien und Chile importiert. Nur geringe Mengen werden vor Ort selbst gekeltert. Grund: Die hier ansässige uigurische Bevölkerung ist überwiegend muslimisch und trinkt kaum oder keinen Alkohol. Die Unmengen an Weintrauben werden hingegen in speziellen Trockenhäusern aus auf Lücke gesetzten Lehmziegeln zu Rosinen luftgetrocknet. Diese findet man in allen Größen und Farben in auf den lokalen Märkten.

~ Wolfgang Pohl

Tag 32

Kucha - Korla

Ein Bild des Grauens, des Morgengrauens. Ein Blick aus dem Hotelfenster zeigte draußen eine geschlossene Wolkendecke. Nachts zogen mehrere heftige Gewitter mit Starkregen über die Stadt Kucha. Wie ist denn so etwas möglich, wo wir uns doch in einer der trockensten Regionen Zentralasiens aufhalten .Wir lassen uns davon nicht unterkriegen. Wir freuen uns mit der einheimischen Bevölkerung, dass der Grundwasserpegel wieder ansteigt und die Menschen hier genügend Wasser für die Bewässerung zur Verfügung haben. – Dennoch: Die bevorstehende Besichtigung der Ruinenanlage von Subashi wirkt bei Sonnenlicht einfach einladender und kontrastreicher. Wir lassen einfach alles auf uns zukommen, ändern können wir ohnehin nichts. In der Stadt steht das Wasser stellenweise bis zu 20 cm hoch, teilweise die gesamte Straßenbreite einnehmend. Ein geregelter Abfluss über Gullis gibt es nicht, denn es sind keine vorhanden. In einem Trockengebiet wie dem hiesigen sind die sommerlichen Regenfälle eher die große Ausnahme. Einheimische Rollerfahrer, dreirädrige Motorräder mit ihrer Ladefläche, bepackt mit köstlichen Melonen, und PKWs durchfahren kleine Wellen bildend die »Wasserstraße«. Bestimmt 20 Polizisten, im Abstand von drei Metern in Reih und Glied angetreten, die Arme militärisch korrekt, eng am Körper anliegend, den Kopf gerade zur Straßenmitte ausgerichtet, machen durch ihre Präsenz auf dem Mittelstreifen auf die Gefahrenstelle aufmerksam. Wir fahren mit dem Bus langsam durch die Wassermassen an ihnen vorbei. Kein Spritzwasser benetzt die Ordnungshüter.
Bei den Klosterruinen von Subashi angekommen, setzt auch der Regen wieder ein. Mit aufgespanntem Regenschirm und Regenjacken spurten wir vom Bus in das kleine Museum. Hier ist es wenigsten trocken. Im Eingangsbereich zum Museum stehen neben einer Teekanne und anderem Hausrat eine kleine Schüssel mit Sumpfschildkröten und ein ausrangierter Reifen, der zu einem kleinen Aquarium umfunktioniert wurde. Einmal eine ganz andere Museumsidylle. An Fotos, Luftbildern und Lagekarten verschaffen wir uns einen Überblick über das Ausgrabungsgelände. Über Holzstege spazieren wir witterungsbedingt eher etwas schneller durch das Ruinenfeld. Es braucht schon eine gute Portion Vorstellungskraft sich die Gebäude aus Stampflehm vollständig vor das innere Auge zu führen. Ungeschützt vor Regen, Wind – und wenn sie dann mal wieder scheint, der Sonne, ist es nur eine Frage der Zeit bis diese sakralen Zeitzeugen ganz im Geröll des breiten Schwemmkegels untergegangen sind. Auch wenn heute die Anlage unter dem Schutz des UNESCO Kulturerbes steht.
So wie hier das trockene Flusstal, einem Wadi gleich, den mächtigen, flachen Schuttkegel zerschneidet und bei Schneeschmelze im Tianshan-Gebirge sowie bei heftigen Regenfällen das Wasser in das Tarim-Becken abführt, sieht man während der Fahrt über die G30 zahlreiche ähnliche, hydrogeologische Phänomene. Links in Fahrtrichtung die gestaffelten, nahezu vegetationsfreien Ketten des Tianshan. Daran anschließend die südwärts exponierten, durch Erosionprozesse geschaffenen, flach zur Senke abfallenden Schuttflächen auf denen die Eisenbahn- und Straßentrassen verlaufen, und rechts in Fahrtrichtung die Senke selbst, wo in weiten Abständen hier und da mal einige Häuser und bewässerte Kleinstackerflächen und Baumkulturen oder natürliche Rückhaltebecken für das Wasser liegen. Das Sprichwort „Steine gab’s und wenig Brot …“ trifft hier absolut zu. Bei den Steinen handelt es sich zumeist um die in unterschiedlichen Rottönen, gebänderten Sandsteinformationen. Und statt Brot gab es für uns an der Autobahnraststätte eine Nudelsuppe oder alternativ gebratenen Reis.
Knapp 300 km waren zurückzulegen. Wir rechneten inkl. der Pausen mit einer Fahrzeit von rund vier bis fünf Stunden bis zu unserem Übernachtungsziel in Korla. Doch wir hatten die Rechnung ohne die beiden Polizeikontrollen unterwegs gemacht. Lagen in den vergangenen Jahren die Kontrollen noch bei 10-15 Minuten pro Bus, so muss man heute mit einer deutlich längeren Wartezeit rechnen. Die Frage stellt sich nur: Handelt es sich hierbei um eine, zwei oder sogar – wie schon erlebt – drei Stunden?

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Zeitraubende Polizeikontrolle

Mit jeweils 1 ½ Stunden an jedem Kontrollposten hatten wir wahrscheinlich noch Glück! Vier bis acht Polizisten waren vor Ort tätig – oder sollte man besser sagen: untätig. Nur einer oder bestenfalls zwei nahmen sich unserer Gruppe an. Doch als geschlossene Gruppe von 27 Personen durften wir nicht gleichzeitig »antreten«. Zu zweit, später auch in jeweils 4er- und 5er-Gruppen verließen wir unseren Bus, gingen in das neue Stationsgebäude. Jeweils einzeln mussten wir unseren Reisepass vorzeigen, dieser wurde dann mit einem Handy fotografiert. Es folgten die manuellen Eingaben von Name und/oder Reisepass- und Visa-Nummer in das Diensthandy. Zuletzt noch ein Foto von uns. Je nach Lichtverhältnissen vor Ort, häufig im Halbdunkel, und dem Geschick des Polizisten beim ersten, zweiten oder gar dritten Anlauf ein verwendbares Foto zu machen, zudem die Problematik aus unserem Pass die Angaben zu lesen und zu verstehen und diese in chinesischen Schriftzeichen in sein Handy zu übertragen, dauerte pro Reisegast bis zu fünf Minuten. Geduld und Ruhe war angesagt. Über einen Sinn dieser Abläufe ist müßig nachzudenken, denn diese zeit- und nervenraubenden Prozeduren hatten wir bei unserer Reise durch die Provinz Xinjiang schon mehrfach durchlaufen. Eigentlich sind wir schon zig-fach registriert. Eine Vernetzung der Polizei gibt es wohl nicht, und jede Polizeikontrollstelle arbeitet für sich. Man muss es nicht verstehen. Wir alle waren froh, wenn es dann weiter ging und der Bus rollte. – Auch dies sind live erlebte Erfahrungen auf der neuen Seidenstraße.
»Hinterm Horizont geht’s weiter …« – Hinter dem Polizeiposten immer weiter … so könnte man unsere Bushymne ergänzen.
Bereits seit Mittag hatte der Regen aufgehört. Es ließ sich sogar ab und an mal ein Stück blauer Himmel erahnen. Die Temperaturen pegelten sich auf »kühle« 32 Grad ein. Grund genug für den einen oder anderen am Abend noch einen kleinen Spaziergang beim Hotel über die belebte Uferpromenade, entlang des kanalisierten Flusses Kaidu zu machen.

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Promenade in Korla
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Korla

~ Wolfgang Pohl

Tag 31

Aksu - Kucha

Wir fuhren morgens bei Regen los, es hatte auch nachts geregnet, und die ersten zwei Stunden Autobahnfahrt regnete es weiter.
Das war sicher mehr als es durchschnittlich regnet pro Jahr in der Taklamakan (ca. 30 mm/Jahr). Die Wüste war, jedenfalls parallel zur Autobahn, weitgehend grün. Es gibt riesige Aufforstungen durch Pappeln (“Neue grüne Mauer”) und dahinter werden, sobald die Pappeln als Windschutzscheibe und als Sandschutz groß genug sind, Obstplantagen etc. angelegt.

So haben wir die Wüste überwiegend grün gesehen. Auf der anderen Seite begleiteten uns die bizarren Felsformationen des Tien – Shan – Gebirges, die mich sehr beeindruckten.

Als dann gegen 11 Uhr der Regen endete, blieb es den Rest des Tages grau und diesig. Ich berichte von diesem Wetter, weil es hier die ganz große Ausnahme ist.

In Kizil kamen wir erst relativ spät an wegen der vielen Polizeikontrollen unterwegs, haben dann erst nach dem Mittagessen die Besichtigung der “Tausend Buddha Grotten” begonnen. Die

Zahl ist natürlich übertrieben, es gibt “nur” 236″ Grotten, wovon nur 6 bis 8 zugänglich sind.

Davon haben wir 4 Höhlen besichtigt. Zwei davon hatten noch einige schöne Originalfresken.

Die beiden anderen Höhlen zeigten nur Abbildungen, eine von den früheren Fresken, die andere von LeCoq, der Ende des 19. Jahrhunderts hier Ausgrabungen gemacht hat. Ich hatte eigentlich mehr zu sehen erwartet.

Die Weiterfahrt nach Kucha dauerte wieder lang wegen weiterer Polizeikontrollen, sodass die Besichtigung des Feuerturms und der Klosteranlage Subashi auf den nächsten Tag verschoben wurde.

~ Henning Stahl, ZEIT-Reisender

Tag 30

Kaschgar - Aksu

Es stehen ca.500 km Fahrstrecke am Rande der Taklamakan-Wüste auf dem Programm. Erst beim Start erfahren wir, wie knapp wir einem Desaster entkommen sind. Was wäre gewesen, wenn die Lizenzen für das Weiterfahren nicht lange nach Mitternacht im Hotel eingetroffen wären?
Heute endet der Monat Ramadan mit dem Fastenbrechen, dann drei Drachenfesttage, alles bei geschlossenen Behörden. Nur dem selbstlosen, geduldigen Handeln des Fahrerteams und der Begleiter ist es zu verdanken, dass trotz Inkompetenz und Ignoranz der Prüfer und Stromausfall bei der zuständigen Polizei alle Führerscheine rechtzeitig eintrafen. Ein Dankeschön dafür.

Heute fällt es mir schwer mit dem Herzen zu sehen. Überall Barrieren, Zäune, Uniformierte, Kontrollen auch Militär-Konvois. Wie ein grünes Band zieht sich die bestens ausgebaute Autobahn durch die Landschaft. Grün die Plastik-Lamellen des Mittelstreifens. Anfangs grün die bewässerten Zonen des Wüstenrandes. Grün die Kupfer und Chrom haltigen Schichten der begleitenden bunten Sandsteinformationen. Das Wasser der Berge wird geschickt abgeleitet, vorbeigeführt an den Dämmen von Straßen und Bahnlinie und dann gespeichert undverteilt, um fruchtbare Randzonen der Wüste zu schaffen. Neben modern hochwachsender Sattelitenstadt gibt es vereinzelt auch lehmgraue Flachbebauung. Zunehmend wird das Grün verdrängt von grauen Kies- und Geröllfeldern.

Tamarisken und Wüstenpappeln verschwinden, nur vereinzelte grüne Polster bestimmen das Bild. Neben der perfekt ausgebauten Straße zieht sich beiderseits ein endloser Schutzzaun. Ob die Wüste lebt, können wir nicht ergründen. Wie gefangen auf der neuen Seidenstraße komm ich mir vor.

Der bewölkte Himmel wirkt zunehmend düster. Statt „heißer Sand und die Erinnerung daran“: November-Blues und Regentropfen, obwohl diese hyperaride Region nur 30mm Jahresniederschlag erwarten darf. Die von unserem Zeitkorrespondenten Felix Lee zur aktuellen politischen Lage in Xinjiang gemachten Aussagen und die Sicherheitseinschätzung tragen das Übrige dazu bei.
Mittagspause im hochgesicherten Tankstellen-und Raststätten Bereich lässt auch keine Abweichung vom festgelegten Weg zu. Die Erhabenheit der gewaltigen Taklamakan-Wüste erschließt sich mir nicht.

Nach der Mittagspause: Mittagsschlaf!

Wolfgang Pohl bemüht sich, uns wach zu halten mit detailliertem Wissen um die Geheimnisse von Kometen, Meteoroiden, Meteoriten und deren Spuren auf der Erde, insbesondere in der Region der nördlichen Taklamakan. Den 26 kg Brocken eines Nickel-Eisen-Meteoriten hat er zu Hause gelassen, dafür macht aber ein 4,3 Milliarden altes Bruchstück die Runde. Bei Sueviten, Belemiten und anderen Schockformen schaue ich mich um, und sehe, dass die halbe Mannschaft in „meditative Starre“ verfallen ist. Also gebe auch ich mich der süßen Erinnerung an den Hoba-Meteoriten in Namibia hin und plötzlich fällt mir auch der Kleine Prinz ein.

Frühzeitig kommen wir in Aksu ab, überqueren das „weiße Wasser“ des sedimentgeschwängerten Flusses, der der Stadt den Namen gibt. Moderne Hochhäuser verdrängen die alten Strukturen, alles sehr proper von Wasser durchzogen.

Raus aus dem Bus, raus aus den Klamotten- Erfrischt verlassen wir zu Dritt das umzäunte Hotelgelände, um das „wahre Leben“ zu entdecken. Da bietet sich der nahe gelegene, modern gestaltete Park an. Leider nur mit Ausweiskontrolle zu betreten. Da die Reisepässe im Hotel eingezogen sind, versuchen wir es mit der Hotel-Zimmerkarte. Ratlosigkeit, nach mehrminütiger Absprache unter der Wachmannschaft, endlich ein deutliches Handzeichen, dass wir als Aufforderung zum Passieren interpretieren. Also los, Panoramablick, Fotoklick, dann zielgerichtetes Vorausgehen von Anne. Leider werden Detlev und ich zurückgepfiffen und aufgefordert auf einer Parkbank Platz zu nehmen. Wir finden dies als übergriffige Schikane. Die Situation wird ungemütlich. Entschlossen verlassen wir die ungastliche Stätte.
Auf halbem Wege zum Hotel werden wir erneut von dem Wachhabenden zum Stehenbleiben aufgefordert. Detlev ist folgsam und begibt sich in die Fänge des „Häschers“. Wir eilen weiter ins Hotel, wo mit Hilfe unseres Guides „Michael“ und der Security der Lobby die Befreiung des Dissidenten gelingt.

Ein altes chinesisches Sprichwort sagt: „Man braucht 10.000 Li [redaktionelle Anmerkung: Längeneinheit] und 10.000 Bücher, um sich auf Reisen zu bilden und einen unvoreingenommenen Blick aufs Fremde zu gewinnen“.

Abends dann noch ein Schmankerl: Felix Lee stellt in prägnanter Form die Dynamik Chinas von 1996 bis heute dar, von einer Nation, die plant, 2050 die Weltmacht Nummer Eins zu sein.
Da müssen wir uns aber sputen, damit unsere Enkel die liebgewonnenen Freiheiten nicht aufgeben müssen.

~ Erhardt Schultz, ZEIT-Reisender

Tag 29

Kashgar

Während die ZEIT-Reisenden Kashgar besichtigen, machen wir Fahrer uns auf den Weg, um unsere Formalitäten für den Bus und die Führerscheine zu erledigen. Um 8.15h geht es mit dem Taxi Richtung Zollstation. Doch zuvor will uns mal wieder die Polizei kontrollieren. Es dauere nur 20 Minuten hieß es…

Schon als ein Abfertigungspolizist mir fürsorglich einen Hocker reicht, hätte ich stutzig werden sollen, wie lange 20 chinesische Minuten werden können. Der Postenkommandant sei in einer Besprechung, er müsse erst kommen. Als dieser nach 50 Minuten endlich kommt, muss der Chef vom Postenkommmandant eingeschaltet werden, doch der ist auf einer Tagung… über 2 Stunden kostet uns dieser fragwürdige Aufenthalt.

Dann geht es zum Zoll… es dauere nur 20 Minuten… wir erledigen schon mal die Innenreinigung beider Busse… nach 2 Stunden und15 Minuten geht es hier endlich weiter.
Wir fahren zur technischen Fahrzeugüberprüfung, wo Jiang, eine junge durchsetzungsfähige und bestens vernetzte Chinesin auf uns wartet. Sie sorgt dafür, dass wir schnell an die Reihe kommen. Nach Aufbau des Warndreiecks und des Feuerlöschers, wird die Fahrgestellnummer von vielen kompetenten Menschen versucht zu entziffern. Ein Mann mit einem kleinen Bollerwagen klebt uns Reflektoren auf, obwohl am ganzen Bus schon welche kleben. Viel hilft viel ist seine Devise. Eine gerade Ausrichtung der Reflektoren wird völlig überbewertet. Dann übernimmt ein Inspektor das Steuer und wir hoppeln in die Prüfhalle. Bremstest Vorderachse… bestanden! Ehe wir uns versehen, beginnt er ohne Neutralschaltung den Bremstest auf der Antriebsachse… Hilfe, dass alles im 3. Gang… die Armaturen leuchten wie ein Christbaum… Bremstest gescheitert wegen Falschbedienung des Beamten… Lichttest gescheitert mangels eingeschalteten Lichts… durchgefallen! Bitte nochmals anstellen! Wir fahren an der endlosen Schlange wartender LKWs vorbei. Jang organisiert einen Schlüssel, um eine Barriere zu öffnen. Wir stellen uns erneut an… wieder wird die Fahrgestellnummer entschlüsselt und ein anderer Beamter setzt sich hinters Steuer… dieses Mal keine Bremsprüfung, sondern wir fahren durch zum Lichttest, der erneut ohne Einschaltung des Lichts angestrebt wird… dann ein neues Problem: Das Leergewicht unseres Busses entspricht nicht dem deutschen Zulassungsschein… wie denn auch? Mit Getränken, Ersatzteilen und Tankinhalten an Bord?
Auf zur 3. Runde! Doch die Prüfhalle ist blockiert. Ein Sattelzug nebst Auflieger muss herausgeschleppt werden. Es dauert. Wir sind mittlerweile seit 3 Stunden auf dem drückend heißen Gelände. Jiang schwitzt. Sie weiß um den zunehmenden Zeitdruck. Beim 3. Mal durch die Prüfhalle haben wir einen Inspektor, der kann, was er tut. Bremstest Vorderachse, bestanden! Bremstest Triebachse, bestanden! Licht eingeschaltet und Lichttest bestanden… gewogenes Leergewicht in Fahrzeugpapiere übertragen… so einfach kann es sein. Nach fast 4 Stunden sind wir endlich ohne Einwände geprüft. Auf zur Genehmigungsbehörde. Unkompliziert wird der technische Genehmigungsbericht mit dem Handy „foto-kopiert“. Alles scheint nun ganz schnell zu gehen, doch dann fällt der Strom aus und alles steht still. Es ist 21.30 Uhr als man beschließt, uns die Pässe zurückzugeben. Wir sollen fahren, doch wir haben nichts erreicht. Weder haben wir ein Kennzeichen für unsere Busse noch chinesische Führerscheine… Morgen beginnt mit dem Ende des Ramadans und dem Beginn des Drachenbootfestes eine Schließungszeit von 4 Tagen… was machen wir bloß? Vor uns liegen tägliche Tagesetappen von vielen Hundertkilometern… das holen wir nie wieder rein… es ist dunkel als wir mit den Bussen das Hotel erreichen… es regnet und endlich waschen wir unsere Dreck verkrusteten Busse… wer hätte erwartet, dass die taffe und tapfere Jiang bis um 2.30 Uhr in der Nacht ausharrt und tatsächlich für den kommenden Morgen alle Unterlagen pünktlich am Hotel hat? Kopfschüttelnd fragen wir uns: Wie geht das nur alles?

Euch liebe Grüße aus einem nicht abreißenden Zeitstrom, der immerzu weiter fließt, auch wenn es manchmal staut und scheinbar nicht weiter geht.

~ Petra Kottenstedte, Busfahrerin

Tag 28

Kashgar

Ein Tag zur freien Verfügung

Die Nacht war kurz. Nach unserem späten bzw. besser gesagt nach unserem frühen Eintreffen im Hotel gegen 02:30 Uhr, wurde uns noch ein üppiges Nachtmahl serviert. An den für China so typischen runden Drehtischen tafelte man uns zur frühen Stunden noch so manche Leckereien auf. Auch wenn der Verstand uns sagte, wir sollten schnell zu Bett gehen, ließen wir es uns schmecken und genossen den Moment der Ruhe und Entspannung. Die Last des Vortages mit einer herrlichen Fahrt entlang des Pamir-Gebirges und dann die schier endlosen Wartezeiten an den Grenzen, die aufeinanderfolgenden Pass- und Gepäckkontrollen auf chinesischer Seite, die Ungewissheiten, wann es endlich weiterging und dann nochmals eine mitternächtliche, langatmige und für uns absurde Polizeikontrolle und die Weiterfahrt zum Hotel in chinesischen Bussen, fiel förmlich von uns ab. Wir hatten es geschafft und wir waren auch geschafft! Am Horizont zeigte sich bereits der erste, zaghafte Lichtstreifen des beginnenden Tages.

Das Frühstück wurde von uns weit nach hinten hinaus verschoben. Machte ja auch nichts. Vor uns lag für uns alle ein freier Tag, der erste seit Beginn der Reise. – Nicht für alle: Unsere stark geforderten FahrerIn Markus, Ruwen und Petra sollten noch vormittags zur Grenze zurückkehren, um dort mit Unterstützung der chinesischen Agentur unsere beiden Busse durch den örtlichen TÜV zu bringen, die chinesischen Kennzeichen und auch den chinesischen Führerschein zu erhalten. Immer in Hab-Acht-Stellung, jederzeit aufbruchbereit, passierte nichts. Am Nachmittag dann die niederschmetternde Nachricht, dass alle Formalitäten erst am Folgetag angegangen werden können. Resümee: kein entspannter Tag für die Drei und vor allem keine Erledigung der so wichtigen Formalien, die uns eine Weiterreise ermöglichen. Erneutes Warten, Bangen und Hoffen.

Alle ZEIT-Reisenden auf der neuen Seidenstraße blieben davon unbehelligt. Ein individueller Tag zur Entspannung am Hotelpool, alternativ eine Taxifahrt in die Innenstadt oder ein Spaziergang im Umfeld des Hotels stand zur Verfügung.

Erste Eindrücke
Erste Eindrücke

Ich plante einen kleinen Bummel zu Fuß durch die ca. 2 km entferne Altstadt, wollte einfach das quirlige Leben beobachten. Doch zuvor musste ich mich noch einer besonderen Herausforderung stellen. Das gebrochene Ladekabel meiner Kamera musste gegen ein neues ausgetauscht werden. Und einen neuen Objektivdeckel mit 72 mm Durchmesser wollte ich gleich mit käuflich erwerben. Kein Problem in Deutschland. Da weiß ich wo ich hingehen muss. Aber hier in China, in Kashgar, der alten Handelsmetropole und ehemaligen Schnittpunkt der Karawanen auf den alten Seidenstraße, kein einfaches Unterfangen. Chinesische Schriftzeichen soweit mein Auge reicht. – Kann sie jedoch nicht lesen und übersetzen, da mir das Mandarin völlig fremd ist. Alternative: Arabische Schriften in der von Uiguren bevölkerten Stadt. – Auch hier muss ich passen. Englisch versteht man hier kaum oder gar nicht, von Deutsch ganz zu schweigen. Gestik, Mimik und manchmal ein verzweifelter Gesichtsausdruck prägen die „Kommunikation“. Irgendwie bringt mich der herbei gewunkene Taxifahrer zu einem ausladenden Platz mit einer riesigen Mao-Statue. Von hier aus soll ich nur um die Ecke gegen und in den Ladenzeilen der breiten Ausfallstraße wäre mein gewünschter Foto-Fachhandel zu finden. Rechts oder links halten, das ist jetzt meine Frage. Los geht’s. Ich folge intuitiv einfach der der Handgeste von Mao. Mao als Wegweiser, so könnte man meine Entscheidung interpretieren. Tatsächlich finde ich nach 500 Metern verschiedene Geschäfte mit Elektronikartikeln, aber keines mit Fotozubehör. Dann nach zig-fachen Fragen und verständnislosen Achselzucken und Kopfschütteln führt mich ein grauhaariger alter Mann mit weißem Bart und einem typischen Uiguren-Käppchen auf dem Kopf in die „Unterwelt“ dieser Verkaufszeile. Im tiefsten Tiefgeschoss, gesichert durch Polizei- und Secuirity-Posten durchlaufe ich einen Scanner und stehe tatsächlich in einem Geschäft mit Fotobedarf. Alles sieht ein wenig chaotisch aus. Keine dekorativen Auslagen, überall stehen Verpackungen und Schachtel herum, dazwischen eine Kanne mit grünem Tee und Momos. Gleich zwei Verkäuferinnen und drei Verkäufer kümmern sich um mich. Ist wohl eher die Neugier, was so ein „Langnase“ hier in ihrem Geschäft macht. Zeige auf meine Kamera und versuche meine Absicht mit demonstrativen Handzeichen zu beschreiben. Ein Lächeln gleitet über ihre Gesichter und wie von Geisterhand zaubern sie plötzlich das Kabel und den Objektivdeckel aus der Versenkung ihrer Ladentheke hervor. Den Preis auf dem Taschenrechner in Yuan angezeigt und unser Geschäft ist perfekt.

Von diesem Erfolg ermutigt, winke ich erneut ein Taxi herbei und murmel nur „Idkah Mosque“. Für nur umgerechnet 80 €-Cent stehe ich nach knapp 5 Minuten Fahrt an dieser Moschee und somit inmitten der Altstadt. Jetzt kann mein kurzer touristischer Teil beginnen. Ich schlendere durch die Basarstraßen und –gassen und schaue den Händlern beim Backen ihrer Brote zu, wie sie ein geschlachteten Hammel in handliche Fleischstücke zerlegen, verschiedene Gewürze zu einer bestimmten Mischung komponieren und Obst kunstvoll zu Pyramiden aufbauen. Schulkinder in Uniform kommen mir entgegen, fröhlich lachend und ein Eis schleckend; wahrscheinlich haben sie jetzt Unterrichtsschluss.

Schüler bei seinen Hausaufgaben in Kashgar
Schüler bei seinen Hausaufgaben in Kashgar
Hausaufgaben
Hausaufgaben

In einem Heft fügt ein kleiner Junge mit roter Schrift chinesische Schriftzeichen in vorgegebene Felder ein. Ist dies bereits ein Teil seiner Hausaufgaben? Ich kann es nicht ergründen. Er versucht sich mit mitzuteilen, ich aber verstehe absolut gar nichts .Ein Lächeln meinerseits; auch er lächelt zurück und geht weiter, immer wieder neue Felder in seiner Kladde füllend.

Für mich ist an diesem Nachmittag besonders auffallend die hohe Polizeipräsenz. Gefühlte alle 50 Meter sehe ich Polizisten mit Funksprechgeräten, Schlagstöcken, Maschinenpistolen, Schutzschildern und Helmen ausgestattet.

Polizeipräsenz auf Segways in Kashgar
Polizeipräsenz auf Segways in Kashgar

Zu dritt oder viert hintereinander gehend oder zu zweit mit modernen Segways unterwegs fühle ich mich ständig beobachtet. Nahezu jeder Anfang und jedes Ende einer Gasse wird durch eine Polizeisperre kontrolliert. Überall sieht man Kameras an den Häusern, an Laternen und an eigens hierfür aufgestellten Pfählen. „Big Brother is Watching You“ kommt mir da sofort in den Sinn. Aufgehalten werde ich jedoch nicht, auch keine Kontrollen der Personalien. Ich muss lediglich durch die Scan-Tore gehen. Manchmal glaube ich auch ein zurückhaltendes Lächeln in den Gesichtern der Polizisten zu erkennen. Oder ist dies nur eine Geste der Unsicherheit, wie sie sich mir gegenüber verhalten sollen?

Zubereitung von Kebab
Zubereitung von Kebab
Zubereitung von Kebab
Zubereitung von Kebab

Ich mache mich zurück zu unserem Hotel. Unterwegs gehen mir Gedanken zu Altstadtsanierungsmaßnahmen durch den Kopf. Finde ich hier eine tatsächlich alte Altstadt vor oder wird hier nur etwas Altes vorgespiegelt?

„Neues“ Altstadtviertelin Kashgar
„Neues“ Altstadtviertelin Kashgar

Die Hauptachse der Altstadt besteht aus neuen Fassaden im alten Stil, die Straße ist neu gepflaster oder asphaltiert, die Gehsteige und die Zugänge zu den Häusern sind in einem relativ guten Zuszand. Man möchte dem Besucher eine adrette, saubere Altstadt präsentieren. Die Geschäfte in dieser Straße sind überwiegend auf den Tourismus ausgerichtet.

Die Hauszeilen in zweiter und dritter Reihe dahinter sehen schon weniger einladen aus. Marode Bausubstanz, die behelfsmäßig kaschiert wird. Die neu angebrachten Stromzähler zeigen jedoch, dass auch hier saniert wurde. Ich vermute, dass auch die Häuser im Inneren modernisiert wurden. Erfreulich ist, dass alle Gebäude bewohnt sind. Dies lässt auf eine lebendige Altstadt schließen und nicht auf eine „Geisterstadt“ nach Ladenschluss.

Neubaugebiet in der Innenstadt von Kashgar
Neubaugebiet in der Innenstadt von Kashgar

Außerhalb der Stadtmauer durchstreife ich noch ein Neubauviertel mit mehrgeschossigen, kubischen Backsteinhäusern, modern konzipiert mit auffälligen Windtürmen bestückt. Ein Großteil der Wohnungen und Geschäfte stehen derzeit noch leer. Wer hier einziehen wird und wie hoch die Grundstücks- oder Mietpreise sind, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Sind diese Wohn- und Geschäftseinheiten nur für Han-Chinesen, für Uiguren im Allgemeinen oder lediglich für ausgewählte Uiguren gedacht? Fragen, die in der autonomen Provinz Xijiang, wahrscheinlich nicht öffentlich diskutiert werden. Nur 300 Meter Luftlinie davon entfernt erstreckt sich ein langgestreckter Bebauungsblock mit baufälligen Häusern, einige davon sind bereits halb abgerissen, andere nur noch als behelfsmäßiges Wohnquartiere existent.

Abriss alter Bausubstanzen
Abriss alter Bausubstanzen

Nähert man sich diesem Viertel, werden die allgegenwärtigen Polizisten schnell aktiv. Höflich aber bestimmt wird man zurückgewiesen, darf auch keine Fotos vor Ort machen. Ist dies nur eine Schutzmaßnahme, dass dem vermeintlichen Besucher nichts zustoßen soll, oder möchte man sich einfach nur nicht in die Karten von Sanierungsprojekten und deren Umsetzung blicken lassen?

Zurück im Hotel trifft sich die Reisegruppe beim gemeinschaftlichen Buffet mit folkloristischen Einlagen aus Tanzvorführungen und instrumentaler Musik der Uiguren.

Uigurische Musik
Uigurische Musik
Uigurische Tänze
Uigurische Tänze

Man tauscht die Erlebnisse des Tages aus und stellt schnell fest, dass jeder für sich seinen individuellen Einstieg in die Volksrepublik China und die Reise über die neue Seidenstraße durch das Land der Mitte von West nach Ostgefunden hat. Pure Entspannung und Wellness in der Hotelanalge oder ein erster Kontakt mit der Stadt Kashkar – an diesem freien Tag konnte man so richtig die „Seele baumeln“ lassen und Kraft für die folgenden drei Wochen sammeln.

~ Wolfgang Pohl

Tag 27

Sarytasch - Kaschgar

Ein langer, langer unvergesslicher Tag

Morgens um 5:30 Uhr in unserer gemütlichen Unterkunft. Irgendwas hat mich geweckt. Unsere Kleingruppe schläft noch, fest in die Decken eingemummelt.

Frühmorgens im "Schlafsaal"
Frühmorgens im “Schlafsaal”

Ein Blick zum kleinen Fenster. Draußen dämmert es. Es ist noch Zeit für den Sonnenaufgang. Schlaftrunken steige ich in warme Kleidung, d.h. ich ziehe alles an was im Tagesrucksack Platz gefunden hatte. Trotzdem ist mir draußen bitterkalt, es sind vielleicht 0°C, gefühlt aber -20°C. Aber es ist klar und die Spitzen des Gebirgsmassivs des Pamir leuchten mir schon entgegen. Es geht durch das “Gartentor”, die Wiese hoch dem Leuchten entgegen. Ein Hirtenhund, Wächter einer vierköpfigen Rinderherde, die in einer Kuhle ruht, beäugt mich neugierig.

Neugieriger Hirtenhund
Neugieriger Hirtenhund

Seine Augen verfolgen mich ein paar Schritte, aber er hat mich offensichtlich schnell als völlig ungefährlich eingestuft, trottet lässig ein paar Meter weiter und dreht mir gelangweilt das Hinterteil zu. Vorsichtige Bemühungen ihn zu einem Gruppenfoto mit seiner Herde zu bewegen sind danach völlig aussichtslos, obwohl seine Herde möglicherweise gerne gewollt hätte.

Gelangweilter Hirtenhund
Gelangweilter Hirtenhund

Als die Sonne sich langsam stärker bemerbar macht, rafft sich die Herde dann langsam auf, um die ersten Sonnenstrahlen zu genießen, sehr zum Missfallen eines Esels, der vermutlich weil angepflockt, lautstark sein ärgerliches IhhAhh in die morgendliche Stille posaunt. Mittlerweile strahlt das Gebirgsmassiv in voller majestätischer Pracht. Das frühe Aufstehen hat sich wirklich gelohnt. Ich kann mich an kein schöneres Panorama erinnern.

Pamirgebirge mit Pik Lenin (weit rechts)
Pamirgebirge mit Pik Lenin
(weit rechts)

Gegen 6:30 Uhr geht dann wirklich die Sonne auf, nicht besonders spektakulär, aber es wird rasch hell und vor allem gleich deutlich wärmer. Die Fingerspitzen zu massieren hat auch nicht mehr wirklich was gebracht. Trotz der “Frische” hat sich immerhin gut ein Drittel der Gruppe Shanghai mittlerweile auf der Wiese versammelt, sucht und findet den einen, den besonderen Schuss mit der Kamera. Wir genießen noch ein paar Minuten die Stille des Morgens, vom Esel mal abgesehen, und machen uns dann gemeinsam in Richtung Zähneputzen und Frühstück auf.

Zähneputzen ist wichtig (roter Anorack vor dem Waschbecken)
Zähneputzen ist wichtig
(roter Anorack vor dem Waschbecken)
Das Frühstück ist unterwegs
Das Frühstück ist unterwegs

Wir wollen pünktlich abfahren, um rechtzeitig an der chinesischen Grenze zu sein, weil dort von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr Mittagspause ist und wir nicht stundenlang in der Sonne stehend auf die Abfertigung warten wollen. Die Gruppe ist wie immer diszipliniert und sitzt pünktlich im Bus. Es geht los um 7:45 Uhr. Wir sehen grüne Grasflächen, imer wieder kleine Herden von Pferden, alles vor dem Hintergrund einer grandiosen Gebirgslandschaft. Unsere lokale Reiseleiterin Gülsada (Blume) erzählt uns bei mongolischer Musik von Kirgistan und verteilt vor dem Fotostop anmutige Tücher für die Damen und stattliche Hüte für die Männer. Kein Wunder, dass beim Gruppenfoto alle bester Laune sind.

die Kulturbotschafter
die Kulturbotschafter

Wohl gestimmt erreichen wir um 9:00 Uhr die erste Kontrolle. Aber kurz davor gibt es erstmal eine temporäre Sonnenfinsternis: Kristina nimmt Abschied. Auf den Zehen wippend mit fast tänzerischer Gestik hatte sie uns seit Kasachstan mit ihren Vorträgen unterhalten, immer charmant und aufmerksam. Sie war uns ans Herz gewachsen. Nun die Karawane zieht weiter und wir erreichen zwei hübsche, in den Farben Türkis, Gelb und Braun getupfte, an ausgediente Bahnwaggons erinnernde Barracken. Sie dienen einem Beamten als herrschaftliche Amtsstube. Ein LKW – Reifen muss als Treppchen dienen, über die alle steigen und ihren Pass zeigen müssen. Das ging flott und flott geht es weiter, 25 km später erreichen wir um 10:15 Uhr den Übergang zur Ausreise aus Kirgistan. Die immer fröhlich für Kirgistan werbende Gülsada verabschiedet sich nach kurzem Gastspiel schon wieder. Bye, bye Blume und bye, bye Kirgistan. Ihr habt mir beide gut gefallen. Nun die Karawane …. , ohne die Koffer auspacken zu müssen, kommen wir gut durch die Abfertigung, können wieder einsteigen und nach einer kurzen Fahrt stehen wir bereits um 11:00 Uhr zwar hinter einer LKW – Schlange aber doch vor der chinesischen Grenze. Einen kurzen Moment glaube ich noch, wir wären gut in der Zeit, – aber was ich verschwitzt habe: die Uhren müssen um 2 Stunden vorgestellt werden. Damit ist es 13:00 Uhr und die Grenzer hatten bereits seit längerem Mittagspause. Was machte die Stimmung ? Noch scheint sie stabil zu sein, oder sah man doch schon bei dem einen oder anderen eine kleine Unmutsfalte auf der Stirn? 25 Minuten später plötzlich ein Lichtstrahl, wir dürfen an allen, vermutlich seit Ewigkeiten am Straßenrand wartenden, LKWs vorbei bis ans Tor vorstoßen.
Hier ist richtig Action. Linke Hand zieht sich ein Weg schräg den Hügel hoch und macht oben eine scharfe Biegung nach rechts. Dort sammeln sich Menschen. Ich glaube einer beobachtet uns durch ein Fernglas. Ich lächle in seine Richtung. Schaden kann es nicht. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Von Zeit zu Zeit marschiert ein kleiner Trupp von Uniformierten, immer in Reihe, stramm hinter einer wehenden roten Fahne den Berg herunter. Ein 2 Mann Trupp tut es ihnen dann in umgekehrter Richtung gleich, ebenfalls in strenger militärischer Ordnung. Ohne Fahne fehlt aber irgendwie der belebende Farbtupfer. Nach kurzweiligen anderthalb Stunden führt ein Beamter einen niedlichen Hund am Tor aus. Vielleicht ein Nachwuchs – Drogenhund. Ein Jeep chinesischer Bauart fährt vor und Punkt 15:00 Uhr wird das Tor aufgemacht.
Wir dürfen ein paar Meter bis zu einem schmucken Gebäude weiterfahren. Direktor Rainer wechselt mit einem Beamten ein paar überzeugende Worte – man kannte sich vom letzten Jahr – und kommt mit einer guten Nachricht wieder. Wir könnten ein paar Meter weiter stehen bleiben, man würde sich dort schon um 16:30 Uhr um uns kümmern, gerade mal Zeit nach der Kaffeemaschine und in unser Lunchpaket zu schauen. Wolfgang hält bei Kaffee und Keksen direkt unter dem Stacheldraht einen spannenden Freilichtvortrag über geologische Prozesse, Tektonik und den Pamirknoten. Wir lauschen fasziniert. Andere streifen in den umliegenden Hügeln herum, bewundern die Müllkippe oder suchen ein geeignetes Plätzchen um hinter einem großen Stein mal für ein Weilchen für sich alleine zu sein. Nach der Hektik der letzten Stunden muss man auch dafür Verständnis haben.
Um 16:45 Uhr sammelt Rainer unser Pässe ein, gibt sie uns aber doch lieber gleich wieder zurück und wir marschieren mit dem gesamten Gepäck zur 1. richtigen Kontrolle. In kleinen zahlenmäßig begrenzten Gruppen durchlaufen wir Passkontrolle, Gepäck – und Bodyscan, die Pässe werden uns diesesmal nicht von Rainer, sondern zur noch besseren Koordinaton der Kontrollen von einem Beamten abgenommen und wir können um 18:45 Uhr wieder in die Busse steigen und weiterfahren.

und weiter Richtung Zollstation
und weiter Richtung Zollstation

Die 150 km Busfahrt bis zur Zollstation, vorbei an fantastischen Gebirgsformationen in den unterschiedlichsten Farben, an Motoradstaffeln junger Polizisten und an Baumschulen in denen Pappeln aufgeforstet werden, verkürzt Rainer bei anbrechender Dunkelheit mit einem informativen Vortrag über China. Ich bin leider ein wenig abgelenkt, das muss er mir vielleicht gelegentlich noch mal erzählen.

Die Anfahrt zur Zollstation schaffen wir nach mehreren lenkradintensiven Versuchen im dritten Anlauf, die von unseren Fahrern aber wie gewohnt fast tänzerisch mit dem Neoplan gemeistert werden. Vor der Zollstation, inmitten von Rucksack, Koffern und Tüten erhalten wir um 20:30 Uhr unsere Pässen zurück, füllen die Einreisebescheinigung von Hand aus und werfen noch rasch Teile unseres Lunchpaketes in den Müll. Ein streng blickender, hochdekorierter Offizier (?) hatte verkünden lassen, dass hohe Strafen auf die Einfuhr von Rosinen, Äpfel und Steaks (o.ä.) drohen. Getrocknete Aprikosen waren dann doch erlaubt. Nun mag ich sie aber auch nicht mehr.
Die erste 10er Gruppe darf dann eintreten und verschwindet durch eine Art Scannerbogen in Richtung Zollkabinen. Ich bin nicht dabei. Zur Nacht lässt der Offizier ausrichten, dass nunmehr alle anderen auch eintreten dürfen und auf den Sitzbänken Platz nehmen sollen. Das ist ihm nach kurzer Zeit dann wohl doch zu chaotisch. Er lässt uns in in Reihe antreten, mit dem gesamten Gepäck durch den Scannerbogen und im Halbkreis wieder zurück in Richtung Bänke marschieren. Perfekt, jetzt stehen wir wohlgeordnet in Reihe und er scheint zufrieden zu sein. Auch die eigentliche Kontrolle verläuft reibungslos, Pass kontrolliert und eingescannt, Foto gemacht, bei manchen auch Fingerabdrücke genommen, Koffer gescannt und um 23:30 Uhr sitzen wir wohlbehalten in einem chinesischen Bus, klein aber kuschlig. Ein zusätzlicher Buss fasst das gesamte Gepäck aller Mitreisenden. Unsere fahrenden Wohnzimmer bleiben zur weiteren Kontrolle vor Ort. Alle sind ein wenig müde, aber vor allem glücklich, weil es jetzt nur noch 80 oder 90 km bis zum Hotel und der verdienten Nachtruhe sind.

Im chinesischen Bus, müde aber den Zoll überstanden
Im chinesischen Bus, müde aber den Zoll überstanden

Aber, wie das Leben in China so spielt, nur 5 min später, noch in Sichtweite des Zolls, heißt es Kontrolle der lokalen Polizei, aussteigen und den Pass mitnehmen. Die Vornamen werden anhand einer Liste der Reihe nach aufgerufen, der Pass fotografiert und anschließend der Name von einer Beamtin in der Liste abgehakt. Da sie mit unserer Schrift offensichtlich nur wenig vertraut ist, zieht sich die Prozedur ein wenig. Ohne wärmenden Pullover oder Jacke, welche sich im Koffer und dieser im Kofferraum des Busses befindet, wird es manchem empfindlich kalt. Als es dann auch noch ein wenig zu regnen beginnt, ziehen sich die zartesten unserer männlichen Reisenden zusammen mit mir in den Schutz des Busses zurück. Man weiß schließlich wie schwerwiegend ein Männerschnupfen sein kann. Obwohl sich diese Hürde so als erste wirkliche Herausforderung diese Tages entpuppt, wird sie letztendlich mit der uns antrainierten weißrussischen Toleranz souverän gemeistert.
Um 0:45 Uhr geht es für 10 min weiter bis zur nächsten Polizeikontrolle. Es heißt schon wieder aussteigen. Die Hälfte unserer Shanghai – Gruppe ist bereits ausgestiegen, als das Kommando widerrufen wird. Alle dürfen wieder einsteigen. Ob den Beamten bewusst geworden ist, wer und vor allem wieviele aussteigen wollen? Ich weiß es nicht und buche es unter Erfolg ab.
Danach geht es, abgesehen von einem kleinen 20 minütigem Stau aufgrund einer Baustelle und einer nochmaligen Kontrolle, allerdings ohne aussteigen zu müssen zügig weiter und wir erreichen gesund und munter, wenn auch ein wenig angestrengt um 2:35 Uhr unser Hotel Raddison Blu in Kashgar.
Es gibt sogar noch ein richtiges Abendessen, oder wenn man will ein richtiges Frühstück und wir gehen so nach einem spannenden, langen, langen unvergesslichen Tag um 4:30 Uhr voller Erinnerungen, satt und zufrieden zu Bett.

~ Wolfgang Rönspeck, ZEIT-Reisender

Tag 26

Fergana - Sarytasch

Nach Tagen mit viel Kultur folgt nun ein Tag in der Natur! Es gab intensive Aufklärungen und Vorankündigungen unserer Reiseleiter bezüglich:

– Kirgisischem Grenzübertritt, Einfaches Abendessen in der Turnhalle

Abendessen in der Turnhalle in Sary-Tash
Abendessen in der Turnhalle in Sary-Tash
Halbzeit der Reise „Neue Seidenstraße“ in –Sary-Tash; Fahrer u. Reiseleiter werden geehrt
Halbzeit der Reise „Neue Seidenstraße“ in –Sary-Tash; Fahrer u. Reiseleiter werden geehrt

– Ganz schlichte Schlafgelegenheit in Mehrbetträumen der Gastfamilie
– Bitte nur ganz kleines Gepäck – Zahnbürste
– Warme Sachen, da Minusgrade zu erwarten sind, ganz wichtig – Taschenlampe für den nächtlichen Gang zum Plumpsklo im Freien
– Ankunft erst bei Dunkelheit

Wir starteten leicht beklommen aber in froher Erwartung der Dinge, die da kommen sollen
in den Tag – nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

ZEITREISEN-Bus wird von Schafen ausgebremst; Anfahrt zum Taldyk-Pass
ZEITREISEN-Bus wird von Schafen ausgebremst; Anfahrt zum Taldyk-Pass
Schlamm und Schafe, Anfahrt zum Taldyk-Pass
Schlamm und Schafe, Anfahrt zum Taldyk-Pass

Das Ferganatal änderte sich, es wurde hügeliger. Zügig näherten wir uns der kirgischen
Grenze, die wir um 11:15 Uhr überschritten, um dann bis 13:30 Uhr auf unsere Busse zu warten. Es fehlte ein Papier, das im Vorjahr nicht notwendig war und dessen Neuausfertigung $ 350 Strafe kostet. Ausgiebig beobachteten wir, welche Lasten die Träger im kleinen Grenzverkehr im Laufschritt nach Usbekistan schleppten – Gefrierschränke, Herde, Stoffballen,…. – und das Dach eines alten, schon etwas gebrechlichen Ladas einen kompletten Umzug trug.

Auf der Passhöhe, Taldyk-Pass
Auf der Passhöhe, Taldyk-Pass

Nach dem Mittagessen in Osh ging es weiter durch das weite grüne, sich langsam verengende und ansteigende Tal unserem Ziel entgegen. Die Weidewirtschaft löste langsam den Ackerbau ab.

Der Fluss mäanderte von behäbiger Breite zu einem engen schnellfießendem Gewässer. Schroff zerklüftete Felsen wechselten sich mit steilen Geröllformationen ab, deren Farben von rot, gelb, braun bis schwarz uns faszinierten. Wolfgang erklärte uns als Geologe die Entstehung und Zusammensetzung.

Die ersten Jurten der Nomaden tauchten auf und fanden begeisterte Fotoanhänger. Für zwei Staus sorgten gemächlich dahinschreitende, von berittenen Hirten in Landestracht bewachte Schafsherden. Diese faszinierenden, nie langweilig werdenden Aussichten kann man nicht beschreiben, man muss sie in sich aufnehmen und wirken lassen. Die sehr beliebte Adlerjagd erläuterte uns Mars, unser kirgisischer Betreuer, recht anschaulich. Nach 12 Jahren wurden die Adler problemlos in die Freiheit entlassen – jagen können sie ja. Das Wetter war uns leider nicht mehr gut gesonnen, der Himmel bezog sich und es regnete zeitweise – welch’ eine Überraschung!!

So kletterten wir zum Palmik-Pass (3675 m UeM) – den höchsten Punkt unserer Reise hinauf. Sichtweite gering und mit 7 Grad waren es nicht mehr ganz die 40 Grad im Tal.

So erreichten wir in Rekordzeit – ohne Hetze – gegen 20:30 Uhr (Vorjahr 22:30 Uhr) unser Ziel in Sari-Kash. Bei 6 Grad bevorzugten alle die warmen Jacken. Nach dem landesüblichen Abendessen in der Turnhalle mit gegrillten Lamm- und Geflügelspießen zeigten uns die Frauen des Ortes, wie Nomadenbabies gewickelt und im Bettchen mit Toilettenauffang (Loch in der Matratze) gelagert und festgebunden wurden, um die Reisen auf dem Pferd gesund zu überleben. Das anschließende schmücken und ausstatten einer Braut auf ihre Hochzeit gab uns einen Einblick in die alten Bräuche der Kirgisen.

Pamirgebirge
Pamirgebirge

Gegen 22:30 Uhr fand ein ereignisreicher Tag nach Verteilung der Gruppen auf die Gastfamilien sein Ende. Wir fühlten uns dort alle sehr wohl. Man schläft auch ohne Hyatt-Komfort gut.

~ Detlev Sewcyzk, ZEIT-Reisender

Tag 25

Fergana

Seide und Keramik

Heute starten wir von Fergana aus zu einem “gepflegten Sonntagsausflug” (O-Ton Rainer) in zwei Städte der Umgebung: Margilan und Rischton.

In Margilan wird seit über 2000 Jahren Seide gewonnen und verarbeitet. Die Seidenherstellung ist hier ein wichtiger Industriezweig. Seit dem Jahr 2000 gibt es hier viele kleine Firmen, die einzelne Stadien der Herstellung bearbeiten. Wir besuchten hier eine Werkstatt mit allen Abschnitten der Seidenherstellung: Züchtung der Raupen, Verarbeitung der Kokons, Spinnen und Weben der Seidenstoffe und Weiterverarbeitung zu vielen Produkten.

Die Entwicklung der Raupen:
Seit 1880 werden in dieser Werkstatt Seidenraupen gezüchtet. Nach dem Schlüpfen aus den 3mm großen Eiern werden sie mit den Blättern des weißblühenden Maulbeerbaums gefüttert. Sie fressen 5x mehr als ihr Eigengewicht, zunächst feingeschnittene frische Blätter, später ganze Blätter und Teile der Äste. Nach 7-8 Wochen produzieren die Raupen Speichelfäden, die an der Luft trocknen und sich verhärten. Durch ständiges Drehen dabei um sich selbst entsteht der Kokon. Wenn die Verpuppung anfängt, werden einige Kokons für die nächste Generation aussortiert. Die sich aus ihnen entwickelnden Falter leben 1-2 Tage und geben ihre Eier ab, die in Kühlschränkenfür die nächste Generation aufbewahrt werden.

Verarbeitung der Kokons:
Die anderen Kokons werden kurz vor dem Schlüpfen mit heißem Dampf behandelt, um die Raupen zu töten und die Kokons damit vor der Zerstörung durch das Schlüpfen der Falter zu bewahren. Dann werden sie in heißem Wasser gekocht, dabei lösen sich die Kokonfäsen ab und können einzeln aufgewickelt werden. Die ausgekochten Kokons werden auseinander gezogen, diese Seidenreste werden für Kissenfüllungen, Bettwäsche etc. verwendet. Die Reste der Kokons dienen als Fisch- und Geflügelfutter.

Verarbeitung der Seidenfäden:
Zwei Arbeiterinnen demonstrieren uns sehr eindrucksvoll das Gewinnen der Seidenfäden von den Kokons. Die feinen Fäden (10x dünner als ein Haar) werden zu mehreren Fäden strahlenförmig zusammengeführt und in ständiger Bewegung zum Trocknen über ein Rad auf eine große Spule aufgedreht. 1 Faden kann je nach Größe des Kokons 800 bis 2000m lang werden. 20-40 Kokons ergeben einen soliden Faden. Aus 1 kg Kokons gewinnt man ca. 450g feinste Seide.

Gewinnung der Seidenfäden aus den Kokons.
Gewinnung der Seidenfäden aus den Kokons.

Die groben, noch nicht gewaschenen Fäden werden zu Rohseide (Wildseide) gesponnen. Die gewaschenen weichen Fäden werden zu feinen Seidenstoffen, in dieser Werkstatt auch zu Seiden/Baumwollstoffen gesponnen und gewebt. Zur Färbung der Garne werden Naturfarben verwandt: u.a. getrocknete Walnußschalen, Indigo, Henna, Granatäpfel. An den Webstühlen zeigten uns zwei Arbeiterinnen die Herstellung verschiedene feiner Seidenstoffen und Seiden/Baumwollstoffe.

Webstuhl für die Seidenstoffe.
Webstuhl für die Seidenstoffe.

Diese Stoffe werden hier zu Teppichen , Stoffmeterware, Kleidern und Tüchern weiterverarbeitet und in einem Verkaufsraum ausgestellt. Diese sehr anschauliche Darstellung “zum Anfassen” hat uns sehr gefallen und zum Kauf angeregt.

In Rischton besuchten wir eine Keramik – Werkstatt, wo uns wieder einige Arbeitsschritte anschaulich demonstiert wurden. Eine Vase an der Töpferscheibe geformt, wird bei 800°C gebrannt. Sie kann im Naturton (braun) bleiben oder mit einem Lehm – Quarz – Gemisch (Angobe) weiter behandelt werden. Danach werden die Muster mit Oxydfarben mit einem spitzen Pinsel aufgetragen, hier von einem Lehrling an einem Miniaturmuster gezeigt!

Nach dem Brennen bei 1000°C zeigen sich die für diese Region typischen Farben: blau – weiß – grün.

Bemalen eines Tellers mit Miniaturmusters.
Bemalen eines Tellers mit Miniaturmusters.

Die anschließende Glasur besteht aus weißem Sand, Quarz und aus einem Verbrennungsprozeß entstandene Teile einer Pflanze (Asche, Kristalle).
In dieser Werkstatt haben wir zu Mittag gegessen. Dabei konnten wir die vielen ausgestellten Teller, Schalen etc. bestaunen und einige schöne Teile erwerben.

Ausstellung der Teller im kleinen Museum
Ausstellung der Teller im kleinen Museum
Ausstellung
Ausstellung

Am Abend hielt uns Erich Follath einen Vortrag über 3 große Abenteurer, die die Seidenstraße bereisten: der Christ Marco Polo, der Moslem Ibn Badutta (13./14. Jhr.) und der Buddhist Xuanzang (7.Jhr.). Dazu spielte er eine CD mit japanischer Musik (Kitaro), der Titelmelodie der japanischen Fernsehserie “Silkroad 1980”. Der Mönch und Gelehrte Xuanzang war auf der Suche nach der reinen Lehre des Buddhismus von Xiang nach Indien gereist und nach 17 Jahren dorthin zurückgekehrt. Seine Schriften sind im unteren Teil der Wildganspagode in Xian aufbewahrt. Über die Erfahrungen des Mönchs schreibt Erich Follath in seinem neuen Buch zusammen mit seinen Reiseerlebnissen.

~ Traute Stahl, ZEIT-Reisende

Tag 24

Taschkent - Fergana

Abfahrt in Tashkent von einem Wahrhaftigen »Luxushotel« mit unbekannten Ziel – hinter den Bergen

Wir werden in kleine 3er Gruppen auf PKW‘s verteilt-warum auch immer?
Und unser Bus kann sich endlich von uns erholen. Meine Erwartungen an diese Fahrt – ich dachte es wären schmalste Berggrade – links und rechts nur steil abfallende Hänge durch Schotterpisten. Wurden schwer enttäuscht dafür belohnt mit dem längsten Stau meines Lebens.

Die sehr breite Straße wurde teilweise blockiert durch Bauarbeiten/Bergrutsche und dadurch verkeilte LKW’s. Wir fuhren nicht nur 2/3/4 spurig geordnet – es ging für mich gefühlt in einem heillosen Durcheinander in einer kriechenden Karawane über die Berge – verbunden mit grandiosen Aussichten.

Geschmückt wurde diese Fahrt mit vielen netten Augenblicken menschlicher Begegnungen wie: Zuwinken, Lächeln, neugieriges Fragen, Blumen und Gaben verteilen usw.
Irgendwann überholten wir auch unseren Bus und Petra hegte und pflegte ihn natürlich während unserer Abwesenheit.

Gegen Abend erreichten wir unser Ziel – hinter den Bergen. Es erschien mir wie eine kleine grüne Oase nach der staubigen Fahrt. Eine höchstens 3-stöckiges kleingliedrige Hotelanlage umschließt einen begrünten Innenhof mit offenen Restaurant, Pool, lauschigen Plätzen – einfach zum Wohlfühlen!

~ Marlis Ohlbrock, ZEIT-Reisende

Tag 23

Samarkand - Taschkent

Um kurz nach acht ist es soweit: Wir verlassen Samarkand, die zweitgrößte, stark industrialisierte Stadt des Landes und zugleich die märchenhafte Stadt Timurs mit dem vielleicht schönsten Platz der Welt, dem Registan. Die etwas prosaische Übersetzung von Registan lautet Sandplatz. Abbildung 1 zeigt, dass dies etwas untertrieben ist.

Orientalische Gewürzvielfalt auf dem großen Basar von Taschkent
Orientalische Gewürzvielfalt auf dem großen Basar von Taschkent

Wir verlassen das Flusstal des Serafschan und überqueren die Ausläufer des Turkestan- Gebirges in Richtung Taschkent, der usbekischen Hauptstadt. Die Fahrt führt uns durch landwirtschaftlich intensiv genutzte Gebiete. Der bewässerungsintensive Anbau von Baumwolle wurde hier zum Teil durch neu angepflanzte Obstplantagen ersetzt, was der Wasserökonomie der Region sicher zuträglich ist. Weiter geht es entlang von Reihen von Silberpappeln, die den Wind der Steppe mildern und so die Felder schützen. Bemerkenswert sind auch die zahlreichen Weißstörche, die die Telefon- und Strommasten bevölkern. Es wird hier offensichtlich die Form der Wohngemeinschaft favorisiert, bietet ein einzelner Strommast doch Raum für gleich drei oder mehr Nester. Inwieweit dies das Paarungsverhalten der sonst eher monogam lebenden Vögel beeinflusst, können wir aber wissenschaftlich nicht abschließend klären.

Wir erreichen kurz nach Mittag Taschkent. Die Stadt ist ca. 2200 Jahre alt und hat wie alle zentralasiatischen Städte eine wechselvolle Geschichte mit der schier endlosen Abfolge von Eroberung, Zerstörung und Wiederaufbau. Die nach dem verheerenden Erdbeben 1966 neu aufgebaute zweieinhalb Millionen Stadt ist das politische Zentrum des Landes mit zahlreichen Repräsentativbauten und dem unvermeidlichen Denkmal des Timur, der wichtigsten nationalen Identifikationsfigur des jungen Staates. Dass Timur, im Westen als Tamerlan bekannt, sonst in der Welt einen eher schlechten Ruf als grausamer Eroberer und Zerstörer hat, bleibt in Usbekistan unberücksichtigt.
Taschkent hat den angeblich größten Basar Zentralasiens. Wir bemühen uns, uns bei dem Rundgang nicht zu verirren, was auch gelingt. Die Vielfalt des Angebots zu beschreiben sprengt den Rahmen dieses Blogs. Exemplarisch vermitteln die Abbildungen 2 und 3 einen Eindruck, wobei vegetarisch Sensible die Abbildung 3 meiden sollten.

Orientalische Gewürzvielfalt auf dem großen Basar von Taschkent
Orientalische Gewürzvielfalt auf dem großen Basar von Taschkent
Schwein wird schwierig. Sonst lässt der Fleischmarkt keine Wünsche offen...
Schwein wird schwierig. Sonst lässt der Fleischmarkt keine Wünsche offen…

Wir erreichen unser Hotel, das “Hyatt Regency” gegen 17 Uhr. Der Tag klingt aus bei einem wie immer reichhaltigen Abendessen, was viele wiederum zu dem unvermeidlichen Verdauungswodka nötigt.

~ Frank Wimmel, ZEIT-Reisender

Tag 22

Samarkand

Ein Märchen wie in 1001 Nacht

Nun sind wir schon drei ganze Wochen über 1001 Schlaglöcher mit unserem ZEIT REISEN-Bus als moderne Karawane auf der neuen Seidenstraße von Westen nach Osten gefahren.

Wir ziehen dorthin, wo uns unsere Fantasien schon als Kinder, angeregt durch die Märchen von 1001 Nacht, hintrugen. Zu den Orten, die wir uns als den fernen Orient vorstellten. So ähnlich wie sich uns Samarkand heute in seiner Altstadt präsentiert, sah die Zeichnung auf dem Buchdeckel meines Märchenbuchs aus. Es waren blaue Zwiebeltürme, gekrönt mit einem goldenen Halbmond, hohe Wände, geschmückt mit Ornamenten und Minaretten, einen großen Platz einschließend zu sehen.

Worte wie Scheherazade oder Samarkand raunten mir einen fremdländischen Klang zu, der durch mein Ohr geradezu wie ein Duft von Weihrauch strömte, und unser Weihnachten verblasste daneben ganz und gar. Ein Besuch des Registan-Platzes in Samarkand am Abend, wenn der ganze Platz, der meine kühnsten Kinderbuchfantasien weit übertrifft, hell erleuchtet in einem sanften Goldton schimmert, lässt diese kindliche Fantasiewelt von Schönheit und überirdischem Glanz auch in meiner Erwachsenenseele spürbar werden.

Jetzt sitze ich als Erwachsene tatsächlich da und bin ein Teil eines regen Abendlebens, wo sich schön gekleidete Menschen, als ob sie gerade zu einer edlen Vorstellung gingen, und herausgeputzte Kinder wie auf einem Rummelplatz vergnügen. Auf dem Platz vor mir, der jetzt auf mich wie eine Theaterbühne wirkt, frage ich mich, wann denn die Opernvorstellung nun beginnt.

Ein Besuch des Platzes bei Tag eröffnet weite Gänge, Räume und Plätze hinter der Theaterkulisse, die heute fest im Besitz der Touristen sind, die mit den Verkaufsständen für Souvenirs ein artiges Ganzes wie an jedem anderen hoch touristischen Ort bilden.

Auch bei Tag ist die Altstadt von Samarkand ein bleibender Ausdruck von edler Schönheit, die jedes Versprechen auf ein besseres Leben im Jenseits schon jetzt einlöst. Fast ist darob zu vergessen auf Vieles, was wir bisher von Usbekistan gehört haben und was von der Umweltkatastrophe am Aralsee bis zu den sklavenähnlichen Zuständen auf den Baumwollfeldern als schwerwiegende Probleme ebenfalls einer Lösung im Diesseits bedürfen.

Und dennoch: ich empfinde, in Samarkand im Herzen einer Seidenstraße gewesen zu sein, die hoffentlich nicht nur aus neuen Autobahnen, Pipelines und transportierten Massenwaren bestehen wird.

~ Waltraud Fuchs-Mair, ZEIT-Reisende

Tag 21

Buchara - Samarkand

Noch halb betört von den anmutenden Tänzerinnen, die uns gestern Abend während des Essens usbekische Volkstänze zeigten, sind wir schon früh aufgewacht. Jetzt, kurz vor der Weiterfahrt, kann ich noch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Ursache für das momentan dumpfe Körpergefühl bei den Tänzerinnen, den kulinarischen usbekischen Dessert-Köstlichkeiten oder beim »Kartoffeltee« zu suchen ist.

Usbekischer Volkstanz während des Abendessens in Buchara
Usbekischer Volkstanz während des Abendessens in Buchara

Jedenfalls verabschieden wir uns nun von einem märchenhaften Ort mit freundlichen Leuten, ob man sie in den Geschäften, im Hotel, in Restaurants oder einfach auf der Strasse antrifft. So geschehen beim Mausoleum der Samaniden, als mich ein CD-Händler fragte, woher ich komme. Als ich ihm sagte, dass ich in der Schweiz wohne, antwortete er: »Ihr habt Rolex und wir haben die Zeit!« Was soll man da noch sagen? Übrigens hat er mir noch verraten, dass er im westschweizerischen Lausanne war, das eine Partnerschaft mit Buchara unterhält. Was mir neben den eindrücklichen Sehenswürdigkeiten ebenfalls einen tiefen Eindruck hinterlassen hat, ist die Kunst des Miniatur-Malens. Und dann bin ich wieder bei der Zeit. Bestimmt braucht es neben einer ruhigen Hand, guten Augen auch sehr viel Geduld, bis solche Bilder mit nur Bruchteilen von Millimetern breiten Strichen gezeichnet sind. Ob das mit der Zeit auf Buchara auch in Zukunft zutrifft, bin ich mir nicht sicher, wenn ich die im Vergleich mit Khiva mehr touristisch und kommerziell ausgerichtete Gestaltung der Stadt sehe. Die teilweise unpassenden LED-Beleuchtungen und Stände mit dem üblichen Souvenir-Ramsch sind nur ein paar Zeichen davon. Sehr angenehm ist die Luft, trotz des grossen Verkehrsaufkommens. Eindrücklich, dass in Usbekistan 80 % der Autos mit Gas betrieben sind. Setzt möglicherweise in der Energiepolitik ein sogenanntes Drittweltland ein beispielhaftes Zeichen?

Auf dem Weg nach Samarkand: Fahrende treffen Fahrende oder «Fahrende treffen Zigeuner», wie auch immer…!
Auf dem Weg nach Samarkand: Fahrende treffen Fahrende oder «Fahrende treffen Zigeuner», wie auch immer…!

Wir verlassen das liebliche, sehr ordentliche und ausgezeichnet gelegene Hotel. Gut, im Zimmer 34 funktionierte die Wasserspülung nur alle paar Stunden einigermassen. Das sind Details… Noch einen Tag dranhängen und das Märchen von «1001 Nacht» etwas wirken lassen, wäre toll. Es klingt Wehmut beim Abschied mit. Nun geht es weiter nach Samarkand, knappe 300 km.

Samarkand heisst: Fruchtbare Ansiedlung. Die Stadt ist 2’750 Jahre alt und war einst der Schnittpunkt der alten Karawanenstrasse. Ein Höhepunkt auf der Reise durch Zentralasien erwartet uns. Schon Alexander der Grosse soll (gem. Reiseführer) gesagt haben: »Alles, was ich über die Schönheit Samarkands gehört habe, ist wirklich wahr, nur mit einer einzigen Ausnahme: Es ist noch viel schöner, als ich es mir vorstellen konnte.« Ob wir das in ein paar Stunden bestätigen können?

Die Fahrt auf der E40 aus der Stadt bei viel Verkehr führt aus dem Buchara-Gebiet Richtung Nord—Ost, via Navai-Region bzw. der Stadt Navai. Vorbei an Baumwollfeldern mit ein paar gebückten und vermummten Gestalten, welche die schwachen Setzlinge ausreissen. Schwere körperliche Arbeit in sengender Sonne und heute wiederum bei Temperaturen um 35 Grad. Da haben wir es im gekühlten Bus, immer wieder auf Abschnitten mit Schlaglöchern, richtig angenehm. Etwas Industrie und Gewerbebetriebe sind zu erkennen. Dazwischen Reihenhäuser, alle in etwa gleichem Stil erbaut. Anstelle der Baumwolle werden teilweise Reben/Weintrauben angebaut, um so eine landwirtschaftliche Diversifizierung zu erhalten. Maulbeerbäume säumen die Strasse. Die Steppe beginnt wieder ab Navai. Das Navai-Gebiet hat ca. 1 Mio. Einwohner und ist neben der Landwirtschaft geprägt durch die Erdgas- und Ölindustrie.

Nach Navai sind am Horizont erste Berge/Hügel ersichtlich. Je näher wie Samarkand kommen, umso mehr Baustellen auf der Strasse. Nach rund fünf Stunden Reisezeit kommen wir bei 36 Grad und wolkenlosem Himmel in Samarkand an. Samarkand ist mit 1 Mio. Einwohner die zweitgrösste Stadt Usbekistans und liegt auf ca. 800 m. Weiter geht es in ein paar Tagen über den Pass ins Fergana-Tal.

Erster Eindruck: saubere, moderne Grossstadt mit gepflegten Boulevards und vielen jungen Leuten. Erstmals seit über 5’000 km verläuft die Strasse wieder etwas auf- und abwärts.

Zur Kulinarik: Wetten, dass es zum Mittagessen Tomaten-, Gurken-, Randen- und Aubergine-Salat mit Dill, Zwiebel und Koreander, gefolgt von einer Gemüse-Suppe, danach etwas Fleisch mit warmem Gemüse, gefolgt von einer süssen Nachspeise mit Tee gibt. Bier gibt’s natürlich auch dazu. Ich habe die Wette mit Udo, meinem Sitznachbarn, verloren. Es gab Plov (Reis, Gemüse, Fleisch), das Nationalgericht als Hauptspeise.

Danach geht’s zum Besuch des Mausoleums Gur-e Amir, der Grabstätte des Mongolen-Herrschers Timur (gest. 1405).

Mausoleum Gur-e Amir
Mausoleum Gur-e Amir

39 Städte habe er erobert und mit Feldzügen auf drei Kontinenten ist der grausame und gefürchtete Herrscher und Eroberer Timur in die Geschichte eingegangen und kann wahrscheinlich in eine Reihe mit Alexander dem Grossen und Dschingis Khan gesetzt werden. Heute ist das Mausoleum eine Pilgerstätte von besonderer Schönheit, imposant und architektonisch für mein Auge überaus ästhetisch, märchenhaft beeindruckend.

Beliebte Pilgerstätte
Beliebte Pilgerstätte

Den Bau dieses Grabmals schaffte Timur, in dem er schon damals eine Art Know-how-Transfer betrieb, weil er bei seinen Feldzügen die Eliten, Künstler und Handwerker nach Samarkand bringen liess, um ihr Können zur Verwirklichung seiner Träume zu nutzen.

Im Hotel Orient Star sind wird für heute und morgen untergebracht. Ein schönes Haus mit Garten und Swimmingpool in einer noch schöneren Stadt.

Kultur-Botschafter treffen im Hotel ein: WLAN-Schlüssel vor Zimmer-Schlüssel…
Kultur-Botschafter treffen im Hotel ein: WLAN-Schlüssel vor Zimmer-Schlüssel…

Das vorzügliche Abendessen wurde musikalisch umrahmt von RUSTEM, der es wieder einmal auf eindrückliche Art und Weise verstand, das ganze Lokal in Ekstase zu singen. Auf der Rückfahrt vom Abendessen Fototermin beim heute Nachmittag besuchten Mausoleum. Märchenhafte Stimmung.

RUSTEM in voller Aktion
RUSTEM in voller Aktion

Und Alexander der Grosse hatte recht! Nach allem, was ich bis heute Abend sagen kann: Samarkand ist schöner, als man es sich vorstellen kann.

Einfach nur märchenhaft…
Einfach nur märchenhaft…

Bin gespannt auf morgen.

~ Daniel (DANINI) Meier, ZEIT-Reisender

PS:

Kleiner Exkurs zu verschiedenen Aspekten des Lebens in Usbekistan u.a. von unserer Reiseleiterin Christina:

Gesundheitssystem: Geboren wird man im Krankhaus. Die staatl. Krankhäuser sind kostenlos, inkl. Pflicht-Impfungen nach ein paar Tagen.

Mutterschaftsurlaub: Drei Jahre. Die Bezahlung erfolgt nach der Geburt. Der AG verpflichtet sich theoretisch, die Mutter wieder zu beschäftigen. Die Mutter kann entscheiden, wann sie wieder in den Beruf einsteigen möchte. Theorie und Praxis widersprechen sich allerdings manchmal.

Schulwesen: Kindergarten ab drei Jahren. Zwei Arten: privat und staatlich, jeweils Volltag, wobei die privaten Kindergärten kleinere Gruppen (bis ca. 20 Kinder) haben. Staatliche Kindergärten bis 30 Kinder, gegen eine Gebühr von ca. 10 EUR p. Monat. Pflicht-Schule ab 7 Jahren. Grundschule 1. – 4. Klasse. Mittelschule 5. – 9. Klasse. Schulpflicht 9 Jahre. Danach 2 Jahre als Vorbereitung für Hochschule, Lyceum oder Koranschule (4 Jahre). College sind ehemalige Berufsschulen, dauert 3 Jahre. Danach Berufseinstieg. Drei Jahre Ausbildungsverpflichtung beim Staat für die Studenten, die das Studium aufgrund der Leistungen beim Aufnahmeverfahren kostenlos absolvieren durften. Sie dürfen nicht ins Ausland während dieser Karrenzfrist.

Durchschnitts-Einkommen:  für Ärzte und Lehrer ca.  130 – 150 $ pro Monat (netto, nach Steuern).

Rentenalter: 55 Jahre für Frauen, 60 Jahre für Männer. Es soll erhöht werden, auf 65 Männer und 63 Frauen. Lebenserwartung 70 Jahre Männer und 75 Jahre Frauen.

Durchschnittliche Rente zurzeit: ca. 60 – 100 EUR.

Selber erfahren: Preis für Haareschneiden und Rasieren 15’000 SOM, etwa 1,5 EUR.

Usbekistan ist ein Land der Liegenschaftsbesitzer. Andernfalls stellt der Staat gegen die Bezahlung der Nebenkosten Wohnraum zur Verfügung.

Tag 20

Buchara

Die andere Kultur des Orients

Auf dem Gelände eines ehemaligen Friedhofes, der jetzt ein Park ist, gehen wir zu einem Mausoleum. Es ist aus Lehmziegeln gebaut. Diese sind in 138 verschiedenen Formationen zusammengestellt, geradezu komponiert.

Das Klima hier meint es wohl gut mit ihnen. Obwohl im 10. Jahrhundert erbaut und nicht restauriert, zeigen sie kaum Spuren der Verwitterung.

Wohltuend schön in seiner Schlichtheit dieses Gebäude!

Erhard erscheint nicht zur verabredeten Zeit am Sammelpunkt. Unruhe macht sich in der Gruppe breit. Eine Schar von Spähern schwärmt aus, um ihn zu suchen. Endlich wird er aufgefunden – er ist im Riesenrad gefahren!

Die folgende Moschee erschlägt mich wieder mit gold und blau. Eine Frau wedelt mit einem Staubtuch hinter uns her und schimpft Cornelia und ich haben unsere zuvor abgestellten Schuhe auf dem Teppich im Eingangsbereich angezogen. Eine Respektlosigkeit von uns. Danach putzt sie auch den Teppich.

Wir gehen durch klebrige Maulbeerfrüchte auf dem Gehweg und besuchen eine Festung. In der dazu gehörigen Moschee hören und sehen wir etwas über die hohe Kunst der Kalligraphie. Der Eignungstest für den Beruf des Kalligraphen ist einfach und sagt viel aus über seine innere Balance und Ruhe. Die Hände dürfen nicht zittern.
Wir erfahren noch etwas über Gepflogenheiten im Thronsaal und Foltermethoden im Gefängnis dieser Festung.

Kaffeepause

Ein Minarett von etwa 50m Höhe steht vor uns. Und wieder entdecke ich auch daran die zoroatischen Zeichen für Himmel, Erde, Feuer und Wasser.
Der Baumeister verließ die Stadt jener Zeit nach Fertigstellung des erst halben Turmes für 7 Jahre. Bei seiner Rückkehr wurde er dafür mit dem Tode bestraft.
Heutige Architekten sind der Ansicht, dass der so hoch geplante Bau diese Zeit benötigte, um sich zu setzen.
Das hat der antike Baumeister sicher schon damals gewusst.

Moscheen hierzulande können bis zu 12.000 Menschen fassen. Wir stehen heute in einer die 8.000 Gläubigen Platz bietet.
Waren das die Stadien früherer Zeiten?

In der aktiven Koranschule mit Internatbetrieb werden 30% des Lehrstoffes in Religion und 70% in weltlichen Fächern unterrichtet. Der Abschluss berechtigt neben der Tätigkeit als Imam auch zur Ausübung weltlicher Berufe.

Flinke Hände knüpfen in einer kleinen Fabrik feine Seidenfäden zu farbenkräftigen Teppichen aller Größen.
Ihre Körperhaltung dabei würde in Deutschland den entsprechenden Standard im Qualitätsmanagement erfüllen.
Wir trinken einen Gewürztee und hören den Vortrag der Fabrikinhaberin. Schon wieder eine Verkaufsveranstaltung…

Es ist jetzt 13.30h, wir gehen zum Mittagessen, und freuen uns wieder auf die köstlich abgeschmeckten Vorspeisen. Diesmal draußen im Innenhof. Nach der Mahlzeit zeigt das Thermometer von Almuth 31°C im Schatten. Wir gehen ins Hotel – Pause.

Um 17.00h ist ein Besuch im Hamam angesagt. Einige genießen die freie Zeit im schattigen Garten des Hotels. Ich sitze auf dem „Bettgestell“ und schreibe.

~ Anne Schwerdtfeger , ZEIT-Reisende

Tag 19

Khiva - Buchara

Der lebendige Orient

»Wahnsinn!« war meine erste Reaktion, als ich die Anzeige über die Fahrt über die Neue Seidenstraße las. Und jetzt, über 4.000 Kilometer weiter und seit 18 Tagen unterwegs: wir sind im Orient, in »tausend und einer Nacht« real angekommen.

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Menschenleere Steppe und Halbwüste

Noch verarbeitet der Kopf die Eindrücke des gestrigen Tages: Nach tagelanger Fahrt durch lebensfeindliche und menschenleere Steppe und Halbwüste unvermittelt üppiges Grün und überall Menschen, intensiv landwirtschaftlich tätig. Und dann mittendrin Shivas Pracht, die Demonstration von Macht und Reichtum.
Unsere Reise geht weiter, dem nächsten großen Ziel entgegen – dazwischen über 450 km. Bemerkenswert ist – soweit die ausgeklügelte Bewässerung mit den Wassern des Flusses Amadurya reicht – die intensive landwirtschaftliche Nutzung des Bodens. Riesige Baumwoll- und Getreidefelder, unterbrochen von Baumriegeln als Windschutz und unzähligen Bewässerungskanälen, prägen die topfebene Landschaft. Auffallend sind auch große Felder mit jungen Maulbeerbäumen. Die Seidenraupenzucht und die Seidenindustrie sollen den Rückgang des Baumwollanbaus mit kompensieren.
Vor den einfachen Lehmhütten beidseits der Straße wird buchstäblich die kleinste Fläche als »Schrebergarten« für den Anbau von Kartoffeln, Zwiebeln, Kräutern und ähnlichem genutzt.
Und dann wieder der Blick in die fast unendliche Weite der Steppe und die Fahrt über die – heute vorzüglich ausgebaute – schnurgerade Autobahn.

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Der Bus auf der schnurgeraden Autobahn

Für eine kurze Zeit öffnet sich der Blick über den Grenzfluss Amaduryan hinweg auf den Nachbarstaat Turkmenistan.

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Wasser in der Steppe

Wir nähern uns nun Buchara. Sie war einer der wichtigsten Knotenpunkte der Seidenstraße. Buchara, »die Edle« kann auf eine über 2.000-jährige Geschichte zurückblicken, die Bauwerke sind bis zu tausend Jahre alt. Eine wechselvolle Vergangenheit mit vielen unterschiedlichen Herrschern hat sie geprägt. Durch ihre Lage am Kreuzungspunkt vieler Trassen der Seidenstraße blieb sie immer ein bedeutendes Zentrum für den Handel, die Wissenschaften und Kultur. Von Khiva unterscheidet sich Buchara: Hier findet in weit größerem Maß noch der lebendige Orient statt.

Nach langer Fahrt durch die Vorstadt, ähnlich anderen Städten Usbekistans, die Altstadt werden wir in unserem Hotel durch eine Trachtengruppe empfangen.
Und morgen dann die Besichtigung »der Edlen«.

~ Helmut Reichert, ZEIT-Reisender

Tag 18

Nukus - Khiva

Die drei großen »M«

Die Spannung steigt! Die letzten 16 Tage haben wir auf der Trassenführung der neuen Seidenstraße verbracht und bereits 5.220 Kilometer im Bus zurückgelegt. Heute ist es nicht nur die neue Seidenstraße, sondern auch einer der bedeutendsten Abschnitte der alten Seidenstraße, den wir in den nächsten Tagen befahren werden. Vom modernen Stadtbild in Nukus tauchen wir schon bald ein in das historische Altstadtviertel von Khiva. Nur 203 Kilometer Wegstrecke über relativ gute, abwechselnd jedoch auch wieder über schlaglochreiche Straßenabschnitte legen wir im Laufe des Vormittages zurück.
Kleinere, unvorhersehbare Pannen am frühen Morgen meistern wir gelassen. Für 45 Minuten fällt im gesamten Hotel der Strom aus. Just zu einem Zeitpunkt, wo man im fensterlosen Bad unter der Dusche steht, der Elektrorasierer seine Arbeit verrichten soll und die Steckdosen im Zimmer mit diversen Kabeln unsere Mobiltelefone und Ladegeräte für Kamerabatterien verbunden sind. Auch unsere Kühlpacks für den Bordkühlschrank im Bus sind hiervon betroffen. Bereits in der Nacht schaltete sich infolge eines Stromausfalls der Gefrierschrank in der Hotelküche nicht wieder an. Ein Teil unserer Bordgetränke werden somit gute Raumtemperatur haben. Ist in den heißeren Klimaten sowieso verträglicher für mitteleuropäische Mägen.
Nach der Abfahrt vom Hotel erreichen wie bald schon die z.T. noch im Bau befindliche Teilstrecke der neuen Autobahn A380/E40. Große Verwirrung bei unserer Fahrerin Petra, die brav dem vorausfahrenden Begleitfahrzeug folgt, und zwar auf die neue Fahrbahn. Sind wir jetzt zu Geisterfahrern geworden? Auf der alten Straße fahren in beide Richtungen Autos. Der neue Straßenabschnitt, noch ohne Mittel- und Randbegrenzungslinien, verläuft durch einen breiten Trennungsstreifen getrennt, links parallel hierzu. Das bereits aufgestellte Verkehrsschild »Durchfahrt verboten« scheint hier nur schmückendes Beiwerk zu sein, denn auch andere, ausnahmslos usbekische Autos fahren nutzen das neue Asphaltband. Machen wir es ihnen nach. Unser usbekischer Fahrer und Leiter der Agentur Sanjar im vorausfahrenden Pkw, wir im Schlepptau mit dem Bus dahinter, ist erfahren, umsichtig und geht keinerlei Risiken ein. Er weiß schon was er macht. Wenige Kilometer weiter erfolgt dann der Schwenk zurück auf die alte Verkehrstrasse.
Die vorbeiziehende Landschaft bietet kaum Abwechslung für unsere Augen: öde, trockene und verstaubte Steppengräser. Das ist der ideale Moment unseren inzwischen zu einem »Fleurop«-Fahrzeug mutierten Bus von den sich vorne angesammelten Blüten, Blättern, Zweigen und ganzen Pflanzen zu entledigen. Zuvor muss alles jedoch noch bestimmt werden.

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Salzliebende Pflanzen auf Polygonboden/Scherbenboden

Wer aus der Gruppe möchte, bringt diese Pflanzen und Pflanzenteile mit in den Bus. Reiseleiter Wolfgang versucht dann an Hand von Bestimmungsbüchern den richtigen Namen herauszufinden. Wer es auch wissenschaftlich ganz genau haben möchte, sogar mit Gattung s- und Artname, ganz im Sinne der binären Nomenklatur von Carl von Linné. Das ist Teamarbeit; so ist es gewollt! Saxaul, Tamariske, Steppenbeifuß, Wüstensalbei, Kriechendes Sandried, Salzkraut und der nach Knoblauch riechende Stinkasant Ferula assa-foetida verlassen dann wieder, wenn auch im leicht angetrockneten Zustand, unseren Bus.

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Ferula
(Stinkasant)

Als kleines »Schmankerl« lässt Wolfgang zuletzt noch einen handlichen Stein durch den Bus gehen. Ein ortstypischer, gebankter Kalksandstein mit Fossilien, d.h. mit Negativabdrücken von Herzmuscheln mit teilweiser Muschelschalenerhaltung. Das Besondere: Der Stein wurde zuvor gründlich im Waschbecken des Hotels gereinigt und dann eigenhändig mit dem Föhn getrocknet. Ordnung und Sauberkeit im Bus muss ja schließlich sein.

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Auf dem Weg nach Khiva

Danach wechselte das Mikrophon an unseren ZEIT-Experten und langjährigen Korrespondenten Erich Follath. In seiner geschätzten, lockeren Art und Weise berichtete er über wirtschaftliche und politische Zusammenhänge in Zentralasien. Fragen wurden an ihn gestellt, ausführliche und äußerst fundierte Antworten seinerseits folgten. So wurde auch schon mal »über den Tellerrand« hinaus das Thema »Ausstieg der USA aus dem Iran-Atomabkommen« diskutiert mit Sanktionsandrohungen, Ausblicken und Folgen für die EU und die Staaten Mittelasiens. Als Journalist, Autor mehrere Bücher und Autor für die ZEIT über seine Spezialgebiete Zentralasien und der Nahe Osten, war Erich Follath voll in seinem Element.

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Erich Follath in Aktion

Als Dritter im Bunde ergriff dann unser örtlicher Guide Dilschod Ismatov das Wort und vermittelte uns Einblicke in die Lebensweise der Usbeken, die Besonderheiten der Regionen und gab uns einen kleinen Vorgeschmack auf die Stadt Khiva.
Die ohnehin relativ kurze Fahrt verging somit wie im Fluge. Mittags in Khiva –auch Xiva oder Chiwa geschrieben – angekommen, folgte nach dem Check-in im Hotel das Mittagessen in einem landestypischen Restaurant in der Altstadt.

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Auf dem Weg in die Altstadt von Khiva: ZEIT-Reisende links u. usbekische Schüler rechts im Bild
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Besuch im Harem
(keiner blieb hier zurück)

Danach stand die 3-stündige Stadtbesichtigungstour zu Fuß ganz im Zeichen der drei großen »M«: Moscheen, Minarette und Medressen. Den restlichen Nachmittag konnte man dann individuell in der Innenstadt innerhalb der historischen Stadtmauer verbringen.

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Blick von der Stadtmauer auf die Altstadt Khivas

Die Besteigung des Minaretts haben nur die wenigsten gemacht. Diese besondere Herausforderung bestand im Erklimmen von extrem steilen, ausgetretenen Stufen in der gewendelten, nach oben immer enger werdenden Röhre des Ziegelsteinturms. Zeitweise im Stockdunklen, sodass die Taschenlampe zum Einsatz kommen musste, schraubte man sich schnaufend nach oben. Noch eine letzte Stufe mit einer Sprunghöhe von einem Meter, und man hatte es geschafft.

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Von hier aus ist ein Rundblick garantiert
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Rundblick über die Altstadt
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Beengter Auf- und Abstieg im Minarett

Ein grandioser 360°-Rundblick über die Altstadt von Khiva belohnte einen für all die Mühen. Wäre da nicht wieder der Abstieg gewesen. Kopf einziehen und durch! Das gemeinsame, stimmungsvolle Abendessen direkt zu Fuße des höchsten Minaretts in der Stadt und ein nächtlicher Spaziergang durch das illuminierte Khiva beendeten schließlich den klassischen Einstiegstag in den Kernabschnitt der alten und neuen Seidenstraße.

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Der Abendtisch ist gedeckt
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Unvollendetes Minarett bei Tag und bei Nacht
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Khiva bei Nacht

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stimmungsvolles Abendessen

~ Wolfgang Pohl

Tag 17

Jazliq - Nukus

Das »Muhen« der Kamele

»Noch vor dem Aufstehen« verlassen wir unsere zeitgenössische Karawanserei in der autonomen Republik Karakalpakstan am Rand der Stadt Jasliq. Geweckt wurden wir – Barbara, Annette, Monika, Walter, Wolfgang und Hartmut – in unserem 6-Bettzimmer diesmal nicht vom Klingeln des Handys, sondern vom »Muhen« der Kamele, die vor unserem Fenster ungeduldig auf ihre morgendliche Wasserration warteten, um sich auf ihren »Weidegang« in die Steppe vorzubereiten.

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Die Kamele vor dem Hotel
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Ein Kamel von Nahem

Über der Kamelkoppel kündigte ein sanft gelb/roter Lichtstreifen vor unseren Fenstern den Aufgang der Sonne im Usscurtplatau an.
Wieder beginnt ein freundlich, sonniger Tag.
Aus unserem Bus, den heute Markus in südöstlicher Richtung auf der Seidenstraße steuert, erkennen wir in der Steppe eine Ölraffenerie und auch Industrieansiedlungen.
Wir passieren die Stadt Qongirot, die erstaunlicherweise aus Siedlungen mit vielem Grün besteht, dank des Wassers aus dem Fluß Amuderja.

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Ein Teil des Aralsees

In der weiten, trockenen Steppe taucht ein Stück des nahezu ausgetrockneten Aralsees auf. Das Restwasser mit 150 g Salz/Liter ist zu salzig für Mensch und Tier. Die Umweltkatastrophe, heraufbeschworen in der Sowjetzeit, macht uns ratlos und betroffen.
Vor dem Eingang des muslimischen Friedhofs Daut Ota, der seit 1400 besteht, legen wir einen Pausenstop ein. Muslimische Gräber werden nicht eingeebnet und bleiben unbegrenzt erhalten. Beeindruckend ist die Ausdehnung des Friedhofs, einzelne Gräber erreichen die Größe eines Einfamilienwohnhauses.

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Der Blick auf den Friedhof

Gleich nach dem Bezug unseres Hotels in Nukus, der Hauptstadt von Karakalpakstan, machen wir uns auf den Weg ins Museum, um die Ausstellung von Igor Sawitzki zu besuchen. Der Maler hat eine große Sammlung russischer Moderne über die Sowjetzeit gerettet. Welch ein Schatz in der Wüstenstadt!
Eine moderne usbekische Hochzeitsgesellschaft nutzt den Museumsvorplatz für ein Fotoshooting und wir sind gern gesehene Zaungäste und dürfen gerne auch fotografieren.

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Eine moderne usbekische Hochzeitsgesellschaft

Am Abend gibt es eine besondere Überraschung. Unser Mitreisender Ernst Denk, ein Freund der orientalischen Musik schenkt uns einen Auftritt der Piyazov Familie.
Wieder geht ein großartiger Tag zu Ende.

~ Hartmut Wieseler, ZEIT-Reisender

Tag 16

Kul'sary - Jazliq

Poetische Reise

Heute heißt es früh aufsteh’ n,
der Bus fährt ab um sechs Uhr zehn.
Mit Frühstücksbeutel wohl versehen,
kann die Ruetteltour losgehen.
Die Steppenstrasse ist sehr gut,
das macht uns für den Tag viel Mut.

Til erklärt uns das Kasach’ Schulwesen
und stellt uns vor die holden Wesen.
Wimpern zupfen ja oder nein,
die’s, die muss verheiratet sein!

Bevor die Hochzeit starten kann,
muss beweisen der Bräutigam,
dass er reiten kann auf dem Kamel
45 km und das ganz schnell……!!

Petra unser flinkes Wiesel
liebt und erklärt uns ihren Diesel
(13,4 m lang, 3,76 m breit, 26 T Gesamtgewicht,
6 Zylinder, 460 PS, niveaureguliert, 2. Hinterachse lenkt,
25 – 30 L/100 Km, 800 – 1000 °C im Addblue-Tank).

Die Blicke schweifen in die Ferne so weit,
im Inneren macht sich Ruhe breit.
Gedanken sich vom Alltag loesen,
manch’ einer verfällt in Doesen.
Die Zeit verfliegt ganz schnell im Nu,
so geht es frohgemut der Grenze zu.
Die Grenzer machen kein Bohei,
in 2,5 Stunden ist alles vorbei.

Die Wüste wird nun öd’ und leer.
Wir sehen keine Kamele mehr.
Nicht nur die Landschaft ändert sich,
die Autobahn wird fürchterlich,
denn der Holterdipolter-Schlaglochgeist geht um,
er rüttelt dich, er schuettelt dich,
der Bus, er wackelt fürchterlich,
auch fährt er nur noch kreuz und quer,
als wenn Marcus ………… waer’.
Der Feuermelder streikt ob dieser Ruckelei
und gab ganz kurz und heftig die Abgasmeldung frei.

Der Staub versperrt nicht die Sicht nur,
wir schmecken und riechen ihn ganz pur.
Es bleibt uns nur zu singen befreit:
Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei,
Jazlik liegt irgendwo in dieser Wuestenei.
Doch die Geschicht von Jazlik ist ernst und nicht die best’,
denn erforscht man früher den H2-Bombentest.

In Jazlik angekommen,
gibt’s einen guten Schmaus,
das gleicht die Schaukeleien baldigst wieder aus.
Die Mädchen der Schule und auch die Jungen
haben für uns getanzt und gesungen.
Alte usbekische Tänze und Lieder,
gingen allen in die Glieder.
Nach der Verteilung der Mehrbettzimmer
versanken alle ins Reich der Träume.

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Steppenlandschaft auf dem Weg nach Jazliq
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Es war recht staubig!
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Abendessen im Teehaus, Jazliq
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Bei aller Schlichtheit: Die Stimmung war bestens!
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Schulkinder aus Jazliq führen für uns einige Tänze auf.
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Frühstück im Teehaus, Jazliq
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Begegnung mit den ersten Kamelen, sozusagen Auge in Auge.

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~ Detlev Sewczyk, ZEIT-Reisender

Tag 15

Atyrau - Kul’sary

Von Asien nach Europa und wieder zurück

Wir erwachen in unserem ruhig gelegenen Hotel am Fluss Ural. Es hat Faszination, einen morgendlichen 2-Brücken-Lauf zu machen, um von Asien nach Europa und wieder zurück zu laufen, auch wenn die anschließende Dusche nur wenig Wasser fördert.

Nach einem ausgiebigen Frühstück starten wir mit der charmanten und kompetenten Alija auf unsere Stadtrundfahrt durch Atyrau. Was trägt sie da nur auf dem Rücken? Eine schwarze Tasche in einer schlanken, eigenwilligen Form mit der kasachischen Flagge darauf… ein Instrument…. spannend!

Wir besichtigen das lokale Heimatmuseum, wo die Atyrauer stolz ihre zahlreichen Ausgrabungen u.a. des goldenen Mannes zeigen. Es wird auch noch ein goldenes Boot vermisst, aber das ist noch nicht wieder entdeckt worden. Kasachstan hat seinen Ursprung in nomadisierenden Volksstämmen und sind sie Spezialisten im Bau von Jurten. Ein Geflecht stabilisiert die Außenwand, die mit Webteppichen bespannt werden. Regen, Wind und Hitze abweisendes Material überspannt das zu öffnende Dach. Der Innenraum ist reich mit Teppichen und Dekor geschmückt. Beim Eintritt in eine Jurte sollte man als Gast mit dem rechten Fuß zuerst eintreten und dem Gastgeber durch eine zeitgleiche Verbeugung seine Ehre erweisen.
Alija erklärt uns, dass die Kasachen für alles Musik brauchen. In ihrem hübschen Kleid setzt sie sich anmutig auf einen Stuhl und zeigt uns ihr 2-Saiten-Instrument: die Dombra. Sie startet mit einer langsamen, melancholischen Melodie, gefolgt von fröhlichem Tanz und endend in wildem Pferdegetrappe, wo ihre Finger nur so über ihre Saiten fliegen.
In späteren Sälen des Museums sehen wir viele unterschiedliche Materialien und Größen von Dombras, dem wohl beliebtesten Instrument der Kasachen. Auffällig in dem Museum sind die vielen Mitarbeiter, die offenbar auch die Aufgabe haben, das Licht nach jedem Besucher, wieder zu löschen.

Petra – Mit dem Kopf zwischen zwei Kontinenten
Petra – Mit dem Kopf zwischen zwei Kontinenten

Nun gehen wir als Gruppe über die Brücke des Urals zurück nach Europa und dokumentieren unseren Kontinental-Übertritt in Form eines Gruppenbildes. Wie schön, mit diesen Menschen gemeinsam auf dem Weg von Europa nach Asien zu sein!

Das Gruppenfoto
Das Gruppenfoto
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In Asien angekommen, Atyrau/Kontonrentalbrücke Europa-Asien

Das gemeinsame Mittagessen erfolgt an einer festlich gedeckten großen Tafel mit vielen lokalen Spezialitäten und würzig-eingelegtem Fleisch.

Eingedeckt zum Mittagessen
Eingedeckt zum Mittagessen

Es soll Menschen geben, die nach Ende dieser Reise für den Rest des Jahres kein Fleisch mehr essen wollen… Interessant ist der Nachtischteller, auf dem sich wie Pralinen ausschauende Käsebällchen neben an den Zähnen wie Gummi quietschende Karamellen gruppieren.

Atyrau ist seit 1911 Hauptstadt der Erdölförderung in Kasachstan.

Ölstadt Atyrau
Ölstadt Atyrau

So überrascht es nicht, dass es Kreisverkehre gibt, in deren Mitte sich eine Ölpumpe oder ein stilisierter Öltropfen als Denkmal befindet. Vielleicht eine gute Gelegenheit, den Gästen etwas über den Diesel, Nutzfahrzeuge und moderne Diesel-Technologie zu erzählen.

Der Schatten der Busses in der Steppe
Der Schatten der Busses in der Steppe

Am Abend verteilen wir uns auf 4 Hotels einfachsten Standards, um unser müdes Haupt noch einmal vor den Entbehrungen der nächsten Tage zu betten und auszuschlafen.

~ Petra Kottenstedte, Busfahrerin

Tag 14

Astrachan - Atyrau

Zwischen Europa und Asien

Wir starten heute zum südöstlichen Ende Europas. Das Wetter ist sonnig, wie sollte es anders sein, und bald haben wir die grüne Umgebung mit ihren teilweise noch überfluteten Wiesen und im Wasser stehenden Bäumen hinter uns gelassen. Die Grenze Russlands zu Kasachstan wird in nur zwei Stunden recht zügig passiert. Doch vorher verabschieden sich Peter und das Begleiterteam, spasibo und do swidanija!

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Ländliche Baukultur
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Landschaftsblick
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Ein von Wasser umgebener Baum

Ein neuer lokaler Reiseleiter steigt zu in den Bus und erfreut uns direkt mit der Einrichtung eines Internetzugangs. Dilshod wird uns durch die zentralasiatischen Länder begleiten. Sehr zügig werden uns von ihm Informationen über Bevölkerung, Flora, Fauna, Klima, Bodenschätze und vieles mehr über Kasachstan vorgestellt. Spezielles Augenmerk wird dabei auf die Kamele gerichtet, hier v.a. die Trampeltiere (mit wie vielen Höckern?), die mehrmals am Straßenrand auszumachen sind. Tamarisken links und rechts begleiten uns auf dem holprigen Weg und die Farbe des Landes rundum wechselt allmählich von grün nach hellbraun.

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Ein Hirte mit seinen Schafen

Wir passieren Ölfelder mit ihren nickenden Pumpen und Lagertanks, diverse Dörfer, muslimische Friedhöfe, ein Sufimausoleum und einen wohl von ihren chinesischen Erbauern verlassenen, nicht funktionierenden Windpark.

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Strahlend blauer Himmel in Kasachstan
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Ein Ölfeld samt Pumpe

Nach über elf Stunden erreichen wir dank unseres Fahrers Ruven glücklich Atyrau, die Stadt zwischen Europa und Asien. Morgen werden wir uns zu einem Gruppenfoto auf der Brücke des Grenzflusses Ural versammeln.

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Der ZEIT REISEN Bus »on the road«

~ Claus Kilpert, ZEIT-Reisender

Tag 12 & 13

Wolgograd - Astrachan

4000km von Hamburg entfernt

4000 Kilometer nach unserem Start in Hamburg und stundenlanger, fast nicht endender Fahrt durch die Steppe, erreichen wir am Abend endlich Astrachan. Ein Abendessen in einem einheimischen Restaurant weckt Erinnerungen an die Erzählungen aus Tausend und einer Nacht.

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Essen wie in Tausend und einer Nacht

Die Nacht in dem so angenehmen Hotel aus vergangenen Zeiten, jedoch mit Gefühl für den alten Charme liebevoll auf den neuesten Stand der Technik gebracht, ist bedingt durch die zweite Zeitumstellung unserer Reise arg kurz.
Am nächsten Morgen freut sich Anna, uns durch ihre schöne alte Stadt zu führen. Sie unterrichtet Deutsch am Gymnasium, ein zusätzliches Einkommen ist wichtig. Souverän erklärt sie uns die Festung, den Kreml, den Iwan der Strenge errichten ließ. Mit ihm wird Astrachan russisch.
Seit dem 6. Jahrhundert ist Astrachan ein bedeutender Handelsplatz der Anrainer des Kaspischen Meeres, viele Völker haben sich hier in den Jahrhunderten angesiedelt.
Anna betont, dass bis heute die hier lebenden Völker mit ihren Religionen ein unkompliziertes Miteinander praktizieren.
Weithin sichtbar in der Festung ist die Kirche mit ihren goldenen Kuppeln. Kreml und Kirche sind in den vergangenen Jahren grundlegend renoviert worden, die zur Zeit des Kommunismus zerstörten Ikonen in der beeindruckenden Kirche sind durch neue ersetzt.

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Kathedrale im Kreml Astrachan
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Auch die Kleinsten werden bei dem Anblick neugierig

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Der von einer dicken Mauer und sieben Türmen geschützte Kreml gewinnt heute auch als Kulturzentrum an Bedeutung. Seit einigen Jahren gibt es hier eine christliche Schule, ein Gebäude zeigt wechselnde Kunstausstellungen, große Plakate weisen auf open air Musikveranstaltungen hin. Wie auch an anderen Orten erfreuen uns die liebevoll gepflegten Gartenanlagen.
Der Nachmittag ist für uns alle eine traumhafte Erholung – die Fahrt geht über enge Straßen, oft nur Sandwege und über Brücken, die nur unwesentlich breiter sind als unser Bus. Im Wolgadelta können wir in kleinen Booten das riesige Naturschutzgebiet mit über dreihundert Vogelarten erkunden.

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Bootstour im Wolgadelta
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Auf den Booten geht es übers Wasser

Zur Zeit von Joseph Roth fuhren die Schiffe von Astrachan nach Baku, Anna sprach davon, dass es Bemühungen gibt, diese Route wieder aufzunehmen. Es gibt also viele Gründe, wieder zu kommen.

~ Helga Kayser, ZEIT-Reisende

Tag 11

Wolgograd

Stadtbesichtigung Wolgograd

Heute sind keine langen Fahrstrecken mit dem Bus zurückzulegen. Der Tag steht ganz im Zeichen der geschichtsträchtigen Stadt Wolgograd bzw. ehemals Stalingrad. Die Stadtbesichtigungstour ist jedoch emotional stark geprägt von der Vergangenheit und den damit verbundenen traurigen und beklemmenden Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. Rund zwei Drittel der 300.000 Soldaten der deutschen Wehrmacht haben hier bei den erbitterten Kämpfen von Mitte 1942 bis Februar 1943 ihr Leben lassen müssen. Viele andere sind verwundet worden oder gerieten hier in russische Gefangenschaft. Auch zahlreiche russische Soldaten starben bei den erbittert geführten Angriffen und Verteidigungsaktionen. Viele Besucher von Wolgograd haben bzw. hatten Familienangehörige oder Freunde, die diese schrecklichen Kriegsereignisse selbst miterlebten oder es vom Hörensagen kannten. Wie spiegelt sich dies heute wider. Wie geht man vor Ort mit diesem düsteren Teil unserer Geschichte um?
Unsere örtliche Stadtführerin Nathalia verstand es uns in gutem Deutsch objektiv und sachlich die Geschehnisse in und um Stalingrad näher zu bringen. Erster Besichtigungspunkt war der Mamajew-Hügel mit der gigantischen, 85 m hohen Mutter-Heimat-Statue. Über zahlreiche Treppenstufen aufsteigend, erhob sich förmlich diese riesige Statur vor unseren Augen.

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Am Mamajew-Hügel, kurz vor der Besteigung
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Wir nähern uns dem Ziel

Vorbei an sieben Monumentalstatuen und künstlich angelegten Reliefwänden, die die Ruhmhaftigkeit, Stärke und Ideologie der heimischen Bevölkerung symbolisierten und gleichzeitig Bezug auf die Kämpfe und Tragiken von Stalingrad nehmen, erreichte man die Ruhmeshalle mit dem Ewigen Feuer. Von der Architektur her lassen sich gewisse Parallelen zur Pantheon in Rom ziehen. Zwei Gardesoldaten halten hier die Ehrenwache und auf fahnenähnlichen Bändern gedenkt man im gesamten Rund namentlich in Form von kleinen Mosaiksteinchen den gefallenen Soldaten. Tritt man aus der Halle heraus, dann steht man unmittelbar zu Füßen der gigantischen Mutter-Heimat-Statue.

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Eine der sieben Monumentalstatuen
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Die gigantische Mutter-Heimat-Statue

Nach einer kleinen Stärkung zur Mittagszeit in einem urigen, usbekischen Restaurant, stand dann das Kriegsmuseum, das direkt an der Wolga liegt, auf dem Programm. Ein zerbombtes Backsteingebäude, Kriegsgeräte der Russen und der Deutschen Wehrmacht, ein mahnender, moderner Obelisk und eine Plastik, die spielende Kinder im Reigen tanzend zeigen, gehören zu dem Museumsensemble. Das Kerngebäude wird jedoch von einem kühlturmähnlichen, weißen Komplex gebildet. Hier hat man in den Innenräumen militärische Gerätschaften, Auszeichnungen, Waffen, Schaubilder und andere Dokumente zur berühmten Schlacht um Stalingrad in Vitrinen ausgestellt. Den absoluten Höhepunkt bildet ein 360°-Panoramabild zum Kriegsschauplatz. Ein gemaltes Bild mit verschiedenen Szenarien wird kombiniert mit integrierten Utensilien wie z.B. Stahlhelmen, Patronenhülsen und Schützengräben. Eine wahrlich gespenstige Art der Dokumentation, die in ihrer Art einzigartig ist und dennoch nur ansatzweise das Leid und die reale Situation der Kriegstage von 1942/43 wiedergeben kann.
Am Abend wurde das festliche Abendessen im Wolga-Saal des Hotels durch geladene Gastredner zusätzlich bereichert. Den Anfang machte unser Expert Johannes Vosswinkel, der lange Zeit als Auslandskorrespondent für Die ZEIT in Moskau tätig war und heute die Niederlassung der Heinrich-Böll-Stiftung in Moskau leitet. In bewährter Form, so wie man es während der Fahrten in den vergangenen Tagen in beiden Bussen »Hamburg« und »Shanghai« erleben konnte, griff er einige Gedanken zum heutigen Russland auf.

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Festliches Abendessen im Wolga-Saal
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Gastredner Johannes Vosswinkel

Als zweite Rednerin stellte Svetlana Meider die südlich von Wolgograd liegende deutschstämmige Siedlung Sarepta vor. Das Leben in dieser Ortschaft, wie man die alten Traditionen pflegt, was es mit der Senfproduktion vor Ort auf sich hat u.v.m., all dies zeigte uns einmal ein ganz anderes Stückchen Russland und vermittelte uns einen interessanten Einblick in diesen Lebensraum einer deutsche Siedlung. Zusammen mit ihrem Vater Vadim trugen sie als Höhepunkt noch zwei heimische Volkslieder in deutscher Sprache vor. Der Applaus war garantiert. Die Schlussrede übernahm dann Ludmilla Koschlakowa. Seit über 30 Jahre besteht eine offizielle Städtepartnerschaft zwischen Wolgograd und Köln. Sie selbst ist seit sieben Jahren aktiv mit verschiedenen Programmen in dieser deutsch-russischen Initiative involviert. Entwicklungen, Austauschaktionen, gegenseitige Besuche und die Problematik einer dauerhaften Städtepartnerschaft waren die Kernthemen ihres sehr engagierten Vortrages.

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Die zweite Rednerin, Svetlana Meider
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Svetlana Meider mit ihrem Vater Vadim

In gemütlicher Runde bei eifrigen Gesprächen an den Tischen, klang dann dieser Tag aus. Der schwierige Bogen vom kriegsgeprägten Stalingrad zum freundschaftlichen Miteinander im heutigen Wolgograd ist wohl gelungen. Neue Sichtweisen haben sich für viele von uns eröffnet, von denen man bei der Anfahrt nach Wolgograd noch nichts geahnt hatte.

~ Wolfgang Pohl

Tag 10

Woronesch - Wolgograd

Russische Impressionen

Die Abfahrt war für 8.30 Uhr geplant. Kurz vor 7.30 Uhr kommen wir in den voll besetzten Frühstücksraum. Die Sonne scheint vom blauen Himmel, doch es ist sehr windig. Im Frühstücksraum treffen wir junge Leute, die in Weihenstephan studieren.

Heute wird zum zweiten Mal rotiert und es werden die neuen Sitzreihen bezogen. Wir rücken zwei Reihen weiter nach hinten. Der Umzug verursacht einige Unruhe bis alles neu platziert ist. In Zukunft wird es besser gehen. Nach Abfahrt um 8.45 Uhr begrüßt Wolfgang Fahrer Marcus, Begleiter Peter und unseren neuen Experten Johannes Voswinkel, langjähriger Stern- und ZEIT-Korrespondent in Moskau und jetzt Leiter der Heinrich Böll Stiftung in Moskau. Die letzten Häuser von Wolgograd liegen hinter uns. Gegen 9.00 Uhr überqueren wir den Don. Dann ergreift Johannes Vosswinkel zum Mikrofon und berichtet über eine deutsche Firma, die im Bereich Orjol und in Sibirien mit großem Erfolg ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibt. Wir erfahren viele spannende Hintergründe über die aktuelle Situation in Russland. Johannes Vosswinkel lebt seit 20 Jahren in seiner Wahlheimat, ist mit einer Russin verheiratet und hat 2 Kinder (8 und 10 Jahre). Er berichtet auch vom Familienleben im Südwesten der russischen Hauptstadt, den hohen Mieten und dem autoritären russischen Schulsystem. Johannes spricht sehr amüsant und interessant über die Umstände der Aufnahme der Tochter in privaten Kindergarten. Nach einer Tankrast geht die Fahrt um 10.45 weiter in Richtung Wolgograd. Danach berichtet Johannes Voswinkel über den seit 1999 eingetretenen Vertrauensverlust der russischen Politik gegenüber dem Westen durch den Kosovo-Konflikt und die Ausweitung der Nato nach Osten.

Wolfgang referiert wie immer spannend über Bäume und Sträucher der Umgebung. (Ahorn, Akazie, Hasel, Holunder etc.) Dann macht er eine erfreuliche Bemerkung: Barbara hat eine große Flasche Wodka spendiert. Diese wird in die Gläser ausgeschenkt, die Bernd Loppow uns bei der Abfahrt aus Berlin geschenkt hatte. Mein Sitznachbar Klaus macht noch Aufnahmen von Gerda und mir beim Anstoßen. Im Bus erzählt uns unser einheimischer Reisebegleiter Peter einige Details zu Wolgograd und seiner bedrückenden Geschichte. Um halb fünf ist dann Zeit für die letzte Kaffeepause.

Auf der Weiterfahrt liest uns Pascale wieder einmal eine passende Kurzgeschichte vor, diesmal von Turgeniev, der aus Orjol stammt. Dann ist wieder Peter dran, der in der Ukraine geboren ist. Er ging 1979 nach Moldavien und erzählt wie er Perestoika und Glasnost unter Gorbatschov erlebt hat.

Um 18.00 Uhr dann wieder einmal eine Passkontrolle, die glimpflich verläuft. Im vergangenen Jahr hat die Gruppe an dieser Stelle fünf Stunden gestanden und konnte nur mit Glück und guten Beziehungen unserer russischen Agenturchefin Alla die Reise fortsetzen.

Drei Viertel des Landes rund um Wolgograd ist landwirtschaftliche Fläche. Wolfgang beschreibt einige kürzlich gesammelte Steine und reicht sie durch. (Quarz, Glimmer, Felsspat, Granit etc.) Gegen 19.00 Uhr erreichen wir nach 517 Kilometern das Hotel Hilton Hampton und können schnell einchecken. Eine Stunde später fahren wir mit unserem Bus zum einem Restaurant mit russischen Spezialitäten. Nach der Rückkehr ins Hotel trinken wir noch Wein und Bier und sitzen mit einigen ZEIT-Reisenden gemütlich zusammen bis wir um Mitternacht auf unsere Zimmer gehen. Wir können ausschlafen: Die Abfahrt zur Stadtbesichtigung ist am nächsten Morgen erst für 10.00 Uhr angesetzt.

~ Jürgen Specker, ZEIT-Reisender

Tag 9

Orjol - Woronesch

Nach der langen Fahrt gestern (Rainer versichert uns, sie sei die längste unserer Reise gewesen) kommt die späte Abfahrt aus Orjol um 11.30 Uhr gerade recht. Tatsächlich hatte es nachts um 2 Uhr noch ein Essen im Restaurant des Hotels Grinn unter Kristallkronleuchtern und vergoldeter Stuckdecke gegeben, Dank ans Hotelpersonal!
Vor der Abfahrt besorgen Marlis und ich Vodkanachschub im benachbarten Möbelhaus mit angeschlossenem Hypermarket.
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Hanne und Marlis
Die Auswahl ist immens, die Preise für unsere Verhältnisse bedenklich niedrig. Bar jeder diesbezüglichen Kenntnis entscheiden wir nach rein dekorativen Gesichtspunkten: Das Etikett mit der Zarenkrone zum Beispiel finden wir besonders hübsch. Vor dem Hotel verläuft eine Straßenbahnlinie, später erfahren wir, dass die orjoler Straßenbahn älter ist als die moskauer!
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Orjol, Straßenbahnen vor Hotel Grinn
Gestern hatte es ergiebig geregnet, passend zur willkommenen Entspannung fahren wir heute bei freundlichem Wetter durch eine leicht wellige Landschaft mit geringer Besiedlung, weiten Feldern und lockerem Bewuchs von Büschen und Bäumen, natürlich viele Birken und sonstiger Mischlaubwald, vereinzelt Kiefern.
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Sascha liest uns die gestrige ZEIT Kolumne von Michael Thumann »Seidenstraße für Anfänger« vor, die politisch-historische Betrachtung wird von Rainer mit seinen fundierten Kenntnissen und Erfahrungen über Chinas Verhalten gegenüber seinen Nachbarn und der weiteren Welt ergänzt.
Vor Jelez rollt bei einem Bahnübergang eine Güterzug mit 60 Anhängern vorüber, die Diesellok hinterlässt dunklen, stinkenden Qualm.
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Jelez ist eine Kleinstadt, die ihrer Historie mit Denkmälern und Museen gedenkt, die Gebäude stammen aus dem 19. Jahrhundert und davor. Solche Architektur, vorwiegend aus Backstein, war uns bislang noch nicht begegnet. Offenbar hatten hier die feindlichen Angriffe im Großen Vaterländischen Krieg, an den uns Dennis bei seinen lokalhistorischen Lesungen häufig erinnert, nicht gewütet.
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Jelez
Im Restaurant stary gorod wird uns ein Mittagessen aus Vorspeisensalat, Suppe, mit Zwiebeln und Käse überbackenem Schnitzel und knoblauchgesättigtem Kohlsalat serviert, zum Abschluss gibt es bunte Torte.
Später sind viele im Bus auf den Anblick des Dons gespannt, den wir bei Sadonsk überqueren.
Die Landschaft hat sich ganz sanft zum Don-Becken hin abgesenkt, in dem wir kurz vor 19 Uhr unser Hotel in der Millionenstadt Woronesch erreichen.
Gleich müssen wir uns beim Abendessen mit Bedauern von unserem geschätzten Reisebegleiter und Interpretator Alexander (Sascha) Sambuk verabschieden.
Morgen geht es weiter nach Wolgograd. Nachdem wir heute eine eher kontemplative Haltung einnehmen konnten, wühlt schon die Erwartung auf die dort zu machenden Erfahrungen unsere Empfindungen auf. Ich erinnere mich wieder an das Buch »Durchbruch bei Stalingrad 1944« von Heinrich Gerlach. Er war dort als Offizier, seine dabei gewonnenen Erkenntnisse bewogen ihn, sich in der sowjetischen Gefangenschaft dem Bund Deutscher Offiziere anzuschließen.

~ Hanne Skrodzki, ZEIT-Reisende

Tag 8

Homel - Orjol

Warten – warten – warten!

Wie lässt sich dieser Tag am besten beschreiben? Kurz und bündig: Tagesfahrt über 589 Kilometer vom weißrussischen Homel zum russischen Orjol. Ist so nicht ganz korrekt. Wir waren auch die ganze Nacht bis früh um 1:40 Uhr des Folgetages unterwegs bis wir endlich unser Hotel erreichten. Alternative wäre: Grenzfahrten von Weißrussland über die Ukraine nach Russland – Grenzpassagen erleben! Besser ließe sich jedoch dieser Streckenabschnitt auf der neuen Seidenstraße auf folgenden Punkt bringen: Warten – warten – warten!

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Auf dem Wege zu den Grenzübergängen zwischen Weißrussland und Ukraine

Diese besondere Herausforderung einer Geduldsprobe haben alle unsere ZEIT REISEN-Teilnehmer, die Fahrerin Petra und Fahrer Marcus auf Bus »Hamburg« und Fahrer Ruven auf Bus »Shanghai« sowie die ständigen und örtlichen Reiseleitungen und Experten bestens gemeistert.
Gestartet wurde pünktlich um 8 Uhr vom Übernachtungsstandort in Homel. Die reichlich gefüllten Lunchpakete für unterwegs sollten uns eigentlich schon zu Denken geben. Wir waren zuversichtlich, gleichzeitig auch gespannt auf das, was uns erwartet und waren uns schon bewusst, dass es ein längerer Tag werden könnte. Bis zur weißrussischen-ukrainischen Grenze waren es nur 37 km. Die begleitenden, örtlichen Reiseleitungen Oxana und Peter berichteten uns unterwegs über das Schul- und Gesundheitswesen vor Ort, über den Umgang der Bevölkerung mit der Tschernobyl-Katastrophe am 26.04.1986, u.v.m. Um 9 Uhr erreichten wir den ersten Grenzkontrollposten auf der weißruslischen Seite. Vorzeigen unserer Reisepässe, Kontrolle der Fahrzeugpapiere und der besonderen Dokumente, wenn man mit einem in Deutschland zugelassenen Reisebus unterwegs ist. Feststellung der genauen Personenzahl, namentlicher Eintrag aller Reisenden in eine Liste, richtige Stempel und Unterschriften an den jeweils richtigen Stellen. Wir mussten allesamt aussteigen und mit unseren Pässen zum Immigration Office gehen. Geduldig in der Warteschlange stehend, wurden dann einzeln die Pässe abermals kontrolliert und uns der Ausreisestempel in das Visum gesetzt. Weiter ging es durch ein kleines Stück Niemandsland bis zur ukrainischen Grenz- und Zollstelle. Abermals hieß es wieder die Pässe vorzeigen und warten.

Unser Fahrer erhielt schließlich den kleinen, weißen Zettel mit einem Stempel zur Vorlage beim letzten ukrainischen Posten. Alles lief perfekt, vielleicht zu perfekt? Beim diesem wurden wir wieder zurückgeschickt, da noch von offizieller Seite ein zweiter Stempel fehlte. Dieses Nachreichen eines Stempels kostete uns fast eine Stunde zusätzliche Wartezeit, obwohl dieser Umstand eindeutig zu Lasten des Grenzpersonals geht. Wir üben uns abermals in Geduld und wehren fleißig die Heerscharen von kleinen Mücken ab, die uns als ihre Beute auserkoren hatten.
Da wir Luftlinie nur rund 30 km von dem heutigen Geisterort Tschernobyl entfernt sind, ergriff unsere Mitreisende Pascale Berteloot die Gelegenheit, uns mit einigen Redepassagen aus der Laudatio und der Dankesrede von Swetlana Alexijewitsch anlässlich ihrer Auszeichnung mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2013 die Zeit sinnvoll zu vertreiben. Die Textausschnitte führten uns in beeindruckender und erschütternder Weise vor Auge, was vor nunmehr 32 Jahren bei diesem Kernreaktorunglück in Tschernobyl geschah, wie es den Menschen vor Ort erging, wie sie hilf- und schutzlos den Strahlungen ausgeliefert waren und welche immer noch anhaltende Folgeschäden von der Bevölkerung auf ukrainischer und weißrussischer Seite zu tragen sind.
Dann war es soweit! Gestärkt aus unserem Lunchpaket mit Wurst, Schinken, Käse, Sandwiches und anderen Leckereien, obwohl große Plakate darauf aufmerksam machten, dass die Ein- und Ausfuhr von Milch- und Fleischprodukten verboten ist, was aber keinen Offiziellen an der Grenze störte, ließen wir die weißrussisch-ukrainische Grenze hinter uns. Unsere Uhren zeigten 13:05 Uhr an. – Wir hatten für den ersten Grenzgang des Tages gute vier Stunden gebraucht. Der Weg führte uns weiter durch die nördlichen Teile der Dnjeprniederung, über z.T. marode, mit zahlreichen Schlaglöchern versehenen Straßen, vorbei an einzel stehenden, allesamt immer mit einem blickdichten, hohen Holzzaun versehenen kleinen Holzhäusern mit ihren typischen Walmdächern. Kurze Pause bei strömendem Regen auf dem Parkplatz eines riesigen Supermarkt- und Baumarktgeländes in Tschernigow.

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Im strömenden Regen Richtung Orjol

Der Regengüsse werden noch heftiger, einzelne Gewitter gesellen sich hinzu. Die straßendorfähnlichen Hauszeilen entlang unseres Weges verschwinden immer mehr im Spritzwasser der vorbeifahrenden Autos, Traktoren, Lastkraftwagen und Busse.
Am späten Nachmittag liegt dann die ukrainisch-russische Grenze vor uns. Moderate Wartezeiten auf ukrainischer Seite; auch hier kontrollieren Grenzpolizisten im Bus unsere Reisepässe. Um 17:25Uhr sind wir durch. Fünf Minuten später erreichen wir das Denkmal der „Drei Schwestern“, eine Gedenkstätte an das Länderdreieck Russland, Ukraine und Belarus. Dann unsere letzte Hürde: die russische Grenzstation. Kontrolle der Fahrzeugpapiere und Vorzeigen der Reisepässe – für uns schon zur Gewohnheit geworden. Wir füllen im Bus die doppelseitige Ein- und Ausreisekarte aus. Dann müssen wir mitsamt all unserem Gepäck, d.h. große und kleine Koffer, Taschen, Rucksäcke, Kartons- einfach alles, was im Bus am Platz, in den Ablagen und im Gepäckraum verstaut ist, durch den russischen Immigrations- und Zollbereich. Das Scannen des Passes, Kontrolle des Visums, das Durchleuchten aller Gepäckstücke dauert natürlich. Erneutes, stoisches Warten ist angesagt.

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Und abermals heißt es Warten…

Und dennoch, das gesamte Prozedere geht doch verhältnismäßig zügig voran, sicherlich auch Dank unseres russischen Experten Alexander Sambuk an Bord, der mit seinen Sprachkenntnissen uns dolmetschend zur Seite steht. Um 19:40 Uhr ist alles Gepäck wieder in unserem Bus verstaut und wir rollen weiter, genauer gesagt ganze 400 Meter. Hier kontrolliert ein Grenzsoldat nochmals eigenhändig alle unsere Pässe bei jedem Einzelnen im Bus. Genau zwei Kilometer weiter die nächste Polizeikontrolle. Hier will man nur die Papiere des Fahrers und die des Busses sehen. Dann ist es wirklich geschafft!

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Sonnenuntergang und Fahrstrecke auf russischer Seite in Richtung Orjol

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Alle Grenzkontrollen dieses Tages wurden mit Ruhe und Ausdauer im wahrsten Sinne des Wortes ausgestanden. Es ist 19:40 Uhr. Der Regen hat längst aufgehört und wird durch einen grandiosen Sonnenuntergang ersetzt. Nur noch rund 400 Fahrkilometer trennen uns von unserem Hotel in Orjol. Nochmals eine besondere Herausforderung für unsere Fahrer und Fahrerin uns sicher durch die Nacht zu bringen. Frau Pascale Berteloot liest uns noch einige Passagen aus dem Werk „Über das Reisen“ des Autors Martin Pollack vor, die mit den Schilderungen und Gedanken zu grenzüberschreitendem Reisen unsere jüngsten Erlebnisse nicht besser hätten beschreiben können. Mit dem heutigen Tag lernen wir wieder mal das Grenzen freie Europa bzw. die EU so richtig schätzen.

Punkt 01:35 Uhr treffen wir im Hotel ein. Schnelles Check-in und sogar noch ein kleines Nachtmahl wartet auf uns; dann gegen 02:30 Uhr ist diese Reiseetappe wirklich geschafft. Resümee: Rund 21 Stunden auf den Beinen bzw. im Bus, davon 7 ½ Stunden geduldiges Warten. Wir hatten viel Zeit miteinander zu sprechen, wir haben uns ablenken lassen, wir haben uns gegenseitig unterstützt – auf jeden Fall haben wir uns die Freude am Reisen nicht nehmen lassen. Es gibt immer einen Horizont hinter dem es weiter geht!

~ Wolfgang Pohl

Tag 7

Brest - Homel

Immer geradeaus

Unser gediegen, lauschiges Hotel Hermitage in Brest lässt uns im Wunsch erwachen, hier noch zu bleiben. Doch die Sonne nach der gewittrigen Nacht ruft gen Osten.

Wir besichtigen die Festung, auf deren Ruinen ein monumentales Denkmal an den Einmarsch der Deutschen während des 2. Weltkriegs am 22.6.1941 erinnert. Für mich brachial liegt der Stahlbetonblock mit dem plastisch ausgehöhlten Stern der Roten Armee auf der durch die deutschen Artillerie zerstörten Festung. Eine lange Gerade führt auf das um’s Eck führende Eingangsportal zu… Zwischen Kriegsgedonner und Mutgesängen fühlt sich der Besucher um eine Ecke ins Unbekannte gelenkt. Über ihm ein dunkles Gewölbe sternförmiger Zacken, neben ihm aufgebrochener roter Backstein der einstigen Zitadelle, vor ihm die Erinnerungen an die Schrecken den Krieges.

Denkmal an den Einmarsch der Deutschen
Denkmal an den Einmarsch der Deutschen

Heute fließt das kleine Flüsschen Bug friedlich dahin. Eindrucksvoll versinnbildlich die erste Statue den größten Mangel eines jeden Menschen: den Durst nach Trinkwasser: ausgedörrt mit dem Helm zum Fluss, um zu trinken, bewegt dieses Bildnis.
Nun stoßen wir auf ein Ensemble eines monumentalen Kopfes, der den (Helden-)Mut präsentiert, geerdet in der Flamme des Gedenkens, überstrahlt von einem himmel-wärtig strebenden Dorn und in der Ferne die Kuppeln einer Kirche und das alles auf den Ruinen der einstigen Festung. Der Augenblick zwischen Vergangenheit und Zukunft, die Verantwortung für das Erbe der Väter, die Gnade der späteren Geburt, mahnende Erinnerung, Heldenverklärung… ich brauche Ruhe und setze mich, die Sonne im Rücken, auf eine Bank vor den Eingangsstern, um die Eindrücke für mich zu sortieren… lärmende Rasen-Trimmer von rechts, ein neugieriger Mann von links…. er setzt sich zu mir auf die Bank und er textet mich zu… ich antworte in Deutsch… er plaudert weiter… ich bestätige… er fragt… ich zücke die Achseln… er plaudert und plaudert… ich bestätige seine mir unverständlichen Worte…. ein skurriler zutiefst friedlicher Moment!

Monument Belarus
Monument Belarus

So! Nun geht es ans Einrütteln… heute können wir erstmals unser Sitzfleisch beweisen… über 500km geht es auf guten Straßen immer geradeaus… ohne Kurve, ohne Senke, ohne Hügel immer geradeaus… vorbei an Wiesen, gesunden Mischwäldern und weitläufigen Kornfeldern, wobei eine Getreide hervorsticht, was bei uns nur noch wenig angebaut wird: Roggen! Und siehe da! Zu Mittag in Pinsk kosten wir ein würzig, frisches Roggenbrot, das im Volksmund Ukrainer-Brot genannt wird.

Das Seidenstrassen Begleitfahrzeug
Das Seidenstrassen Begleitfahrzeug
On the Road
On the Road

Nach dem Mittagessen kann ich mich ganz meiner Leidenschaft widmen und eins werden mit der Technik des Busses… Tempomat auf 100h/km… der Abstandsregeltempomat zum vorausfahrenden Begleit-Fahrzeug steuert das Geschehen und ich kann dort sitzen und staunen wie zuverlässig das Zusammenwirken aus Kamera und Radar mittlerweile funktioniert… ab und zu ist wieder ein LKW zu überholen, alles frei soweit das Auge reicht… Gas und Go! Plötzlich ein lauter Knall… ups, wir haben ein Vögelchen mit der Frontscheibe erwischt… aber alles heile: Glück gehabt! Und da! Ein langsam fahrender Kies-Laster, völlig überladen schlingert der Anhänger je einen halben Meter rechts und links… ich halte Abstand… doch der vorausfahrende hat uns entdeckt und will mehr sehen… fährt langsamer… unübersichtlicher Kreuzungsbereich… überholen unmöglich… dann besprenkelt der Laster-Fahrer seinen Außenspiegel aus einer großen Flasche mit Wasser… putzt seinen Spiegel, um uns besser zu sehen… endlich freie Bahn… ich überhole… wir freuen uns und winken einander zum Abschied…
Endlich angekommen in Homel suchen wir unser Restaurant auf… Als in verklärender Lautstärke die gertenschlanke Sängerin auftritt, fasst eine Dame treffend zusammen: »Das ist alles, was Du jetzt noch brauchst.«
Und doch geht es auch morgen wieder: immer gerade aus!!!

~ Petra Kottenstedte, ZEIT-Reisende

Tag 6

Warschau - Brest

Wir überqueren die Grenze nach Weißrussland

Mit dem heutigen Tag beenden wir unseren Kurzaufenthalt in Polen. Nach Deutschland das zweite Land, welches wir auf unser langen Strecke hinter uns lassen. Nach dem »Ruhetag« in Warschau, d.h. erstmals keinen Koffer zum Bus bringen, erfolgte morgens nach dem Frühstück im Hotel Mercure das gewohnte Kofferladen. Zusätzlich gab es für jeden ein Lunchpaket für den kleinen Hunger unterwegs zur Mittagszeit. Eine offizielle Pause war nicht eingeplant, da wir schnellst möglich die Grenze Polen-Weißrussland passieren wollten. Die etwas längeren Wartezeiten lassen sich ganz und gar nicht vorherbestimmen oder kalkulieren. Mal sehen, ob es nur eine Stunde dauert oder die 3-Stunden-Marke überschritten wird. Alles ist möglich. Wir bleiben cool und zuversichtlich. Ganz nach unserem Motto: »Hinterm Horizont geht’s weiter …« lassen wir die Sache einfach auf uns zukommen. Wir kennen den Text schon ganz gut und auch die Stimmkraft der Mitreisenden, insbesondere der Refrain, wird zunehmend besser.

Der ZEIT-Bus on the Road
Der ZEIT-Bus on the Road

Pünktlich um 9 Uhr starten wir vom Hotel in Warschau, passieren abermals den Kulturpalast im ex-sowjetischen Zuckerbäckerstil erbaut und verlassen bald schon Polens Hauptstadt nach Osten über die Bundesstraße 2 / Europatraße 30. Die Bebauung wird deutlich lichter. Hin und wieder ein paar wenige, kleinere Ortschaften am Wegesrand, dazwischen weit verstreut einzelne Gehöfte. Die zusammenhängenden Mischwälder werden immer lichter und kleiner. Weite Ackerflächen, frisch gepflügt und geeggt, sowie Felder, wo bereits das wachsende Getreide gut zu erkennen ist, bestimmen weite Teile der flachen Landschaft. Kleinere Lesungen von unserer Mitreisenden Pascale Berteloot über »Gedanken zu Polen und andere ost- und mitteleuropäische Staaten der EU«, Ein- und Ausblicke von unserem Experten Alexander Sambuk über die politische Situation in Polen und ein Kurzvortrag zum polnischen bzw. Baltischen Bernstein von Wolfgang Pohl, lassen die Zeit schnell vergehen.
Beide Busse müssen für die Weiterfahrt aus logistischen Gründen betankt werden. So heißt es noch auf polnischem Gebiet einen kurzen Tankstopp einlegen. Auch den Mitreisenden aus Bus »Hamburg« tut eine kleine, klare, aber hochprozentigere Erfrischung gut.

Auf dem Weg zur Grenze
Auf dem Weg zur Grenze

Mehr als die Hälfte der 209 km langen Tagesetappe ist geschafft! Nur noch knapp 90 km sind es bis zur Grenze. Dann um 13 Uhr wird schließlich der polnische Grenz- und Zollposten erreicht. Die Zweckanlage erinnert den einen oder anderen im Bus noch stark an die innerdeutschen Grenzen zur DDR-Zeit. Die Pässe werden im Bus dem Zollbeamten vorgezeigt und nach einer kleinen 45-minütigen Wartezeit geht es weiter, über den Grenzfluss Bug, durch das Niemandsland bis zum Checkposten der Weißrussen. Die Buspapiere werden kontrolliert, die Reisepässe mit unserem Belarus-Visum werden abermals eingesammelt und diesmal von den weißrussischen Grenzposten auf die Richtigkeit des Visums überprüft. Muss jeder von uns noch ein Einreiseformular ausfüllen, werden die Koffer oder das Handgepäck Stück für Stück kontrolliert? Fragen, die gleichzeitig darüber entscheiden, wie schnell das Prozedere dauern wird. In diesem Moment des Hoffens und Bangens ein Lichtblick: Einer der Grenzbeamten erkennt unseren Alexander Sambuk vom letzten Jahr wieder. Kurze Gespräche zwischen beiden auf Russisch und dann die frohe Botschaft: Kein Ausfüllen irgendwelcher Dokumente mehr und vor allem, man verzichtet auf die Kontrolle des Gepäcks. – Einfach toll; so bleiben uns viele Mühen erspart!
Zwischendurch kann die Wartezeit sogar mit dem Tausch von Euro oder US-Dollar in weißrussische Rubel in einer nahe gelegenen Geldwechselstube sinnvoll verkürzt werden. Um 16:35 Uhr passieren wir endlich den dritten beschrankten Grenzposten. Wir haben es geschafft, in 3 ½ Stunden. Nein dies stimmt nicht! Es sind nur 2 ½ Stunden gewesen. In Belarus gilt die osteuropäische Zeit und wir hatten bereits zuvor unsere Uhren um eine Stunde vorstellt.

Das Hotel in Brest
Das Hotel in Brest

~ Wolfgang Pohl

Tag 5

Erkundungstour in Warschau

Der fünfte Tag der Reise soll laut Programm ein Ruhetag sein. Für wen?
Wir Reiseteilnehmer werden eine ganztägige Stadtwanderung durch Warschau machen, also keinesfalls untätig bleiben. Nun, dann kann nur der Bus gemeint sein, der die erste Pause verdient hat. Aber auch der wird wohl kaum zur Ruhe kommen, denn einen Neoplan zur Warschauer Altstadt zu bugsieren und dort zu parken, ist keineswegs eine ruhige Angelegenheit. Markus, unser Fahrer heute, war allerdings die Ruhe selbst und hat alle kniffligen Situationen mit Bravur und unendlichem Geschick gemeistert.

Unser Tagesbegleiter des Teams Shanghai soll Krzyßtof (Christoph) sein. Er holt uns vor dem Hotel ab und gibt auf der Fahrt durch die Straßen viele Hinweise rechts und links des Weges zu dieser Stadt der Gegensätze, alt und neu, renoviert oder mit trüber Patina, hypermodern oder nach alten Canaletto Bildern rekonstruiert, wie die charmante Altstadt, die bei Ende des 2. Weltkrieges ein totales Trümmerfeld war.

Busfahrer Markus
Busfahrer Markus
Warschauer Schloss
Das Warschauer Schloss

Ein ausgiebiger Spaziergang, im Lazienki Park, der fast in der Innenstadt gelegen ist, gab darüber hinaus auch Gelegenheit mit Krzyßtof über die politische Lage in Polen zu sprechen und vieles genauer zu erfragen.

Park Warschau
Park Warschau
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Lampions im Park
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Spieglung im Fenster
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Pfingstrosen Tapete

Zum Mittagessen sind wir im Café & Restaurant Literatka (Literaturhaus) eingekehrt. Die Wände des Speisezimmers waren mit einer Pfingstrosentapete ausgestattet. Wie passend ausgesucht zum Pfingstmontag!

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Der Warschauer Kulturpalast

Was macht eine Palme in Warschau?
Mitten im Getümmel, zwischen Straßenbahnschienen und Autoschlangen steht eine einzelne Palme….. und sie ist künstlich, eine Skulptur Die junge, polnische Künstlerin, Joanna Rajkowska, wollte eine Erinnerung schaffen an die Warschauer Juden und dabei nicht nur an den Holokaust denken lassen, sondern durchaus auch an ihre Herkunft.

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Die Palme

Die freundliche Palme wurde von den Warschauern erst gar nicht gut aufgenommen, aber inzwischen ist sie fest integriert in die Stadt der Gegensätze.

Den Abend haben wir in der Altstadt verbracht in einer Warschauer guten Stube in netter Runde mit einem überaus gelungenen folkloristischen Programm: Tanz, Gesang und viel Wirbel.

~ Monika Cura, ZEIT-Reisende

Tag 4

Von Posen - Warschau

Besuch im eindrucksvollen Warschauer Königsschloss

Gestärkt durch ein gutes und umfangreiches Frühstück im Hotel Mercure brechen wir pünktlich um 9 Uhr auf nach Warschau. Die 335 km lange Fahrstrecke führt fast ausnahmslos über die gut ausgebaute Autobahn Nr. 2 bzw. die Europastraße E30. Vorbei an Konin und Lodz, zusätzlich angetrieben durch Udo Lindenbergs »Hinterm Horizont geht’s weiter«, treffen wir gegen 13 Uhr am Übernachtungshotel in Warschau ein. Der kurze Stopp dient nur dazu, die örtliche Stadtführerin aufzunehmen, die uns zum Mittagessen in der historischen Innenstadt führt.

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Altstadthäuser mit Dachgauben, Warschau

Vom Restaurant Kamienne Schodki ging es anschließend auf dem kürzesten Weg zu Fuß zum nahe gelegenen Königsschloss. Im 2. Weltkrieg komplett zerstört, wurde der Palast im Stil der Renaissance und des Frühbarocks nach Vorlagen des venezianischen Hofmalers Bernardo Bellotto bis 1989 wieder komplett aufgebaut.

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Königsschloss Warschau

Die Führung durch die prunkvollen Räumlichkeiten erlaubten einen umfassenden Einblick in die Zeit von König Zygmunt III. und seinen Nachfolgern, die hier residierten. Zwar ist das komplette Mobiliar neueren Datums, wurde aber stilecht nachgebaut bzw. wurde aus anderen Häusern zusammengetragen.

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Kopernikus als Uhr, Königsschloss in Warschau

Dies schmälert jedoch in keinster Weise die besondere Liebe zu Details. So trägt die Plastik von Kopernikus, dem altgriechischen Atlas gleich, eine Weltkugel auf seinem Rücken. In der rechten Hand hält Kopernikus eine goldene Sense, wobei das Sensenblatt als Uhrzeiger fungiert und mit der Spitze genau auf die Stunden und Minuten der Weltenuhr zeigt, zu dem Zeitpunkt, als das Schloss durch Bombenangriffe 1944 in Schutt und Asche gelegt wurde. Besonders eindrucksvoll sind auch die Fußböden in vielen Räumen und Sälen.

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Fussboden-Intarsien, Königsschloss in Warschau

Aufwendige Intarsienarbeiten stellen Rankwerk, sonnenartige Muster und dreidimensional anmutende Kuben dar. Die 23 Gemälde im Canalettosaal zeigen Ansichten von Warschau vor den Kriegszerstörungen. Sie dienten später den Architekten und Städteplanern als Vorlage für die authentische Rekonstruktion der Altstadt.

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Schlossführung mit Gruppe Hamburg

Tritt man wieder aus dem Schloss heraus und betrachtet das Häuserensemble am Schlossplatz und dem Marktplatz, so wird dies augenfällig. Nur die kleinen, in vereinzelten Gemälden von Bellotto integrierten Alltagsfiguren, wie zum Beispiel der Schornsteinfeger auf dem Dach, wurden nicht in Natura übernommen.

Ein anschließender, kleiner Bummel über den Königsweg erwies sich als besonderer Genuss. Auf Grund dessen, dass wir Pfingstsonntag hatten, war diese Prunkstraße an diesem Tage für Autos und Busse gesperrt. So konnte man zusammen mit zahlreichen anderen Besuchern gefahrlos flanieren und dabei in aller Ruhe die imposanten Gebäude wie die St.-Annen-Kirche, den Präsidentenpalast und eindrucksvolle klassizistische Stadt-und Herrenhäuser betrachten. Der Rückweg am späten Nachmittag zum Bus endete mit einem kurzen Stopp beim Obersten Gericht und dem sich hier in unmittelbarer Nähe liegenden Mahnmal des Warschauer Aufstandes. Die gewaltige Plastik aus heroisch-figürlichen und modernen Elementen spiegelt sehr eindrucksvoll ein Stück tragischer Stadtgeschichte wider.

~ Wolfgang Pohl, ZEIT- Reiseleiter

Tag 3

Willkommen in Polen

Nach einem kräftigen Frühstück im Swissotel starten wir um 9 Uhr auf die 2. Etappe unserer Reise. Natürlich nicht ohne unser morgenliches Abfahrtsritual: »Hinterm Horizont geht’s weiter, zusammen sind wir stark …«. Heute ist der Chor wieder um einige Stimmen größer geworden. Gut 300 Kilometer sind es heute bis nach Posen, wo wir Mittags erwartet werden. Beim letzten Tankstopp in Deutschland fließen 360 Liter Diesel in den Bauch unseres Busses. Hinter Frankfurt an der Oder überqueren wir dann die erste Grenze, die letzte im Schengenraum, daher ein letztes Mal ohne Stopp und Passkontrolle. Über diese Segnung des europäischen Staatenbundes werden wir uns später noch oft zurücksehnen…

Bus nach Warschau
Im Bus nach Warschau

Auch in Polen begleitet uns rechts und links der Leitplanken eine gewohnte Landschaft: Leuchtend gelbe Rapsfelder, saftig grüne Wiesen, kleine Gehölze. Und wir möchten es hier einmal ausdrücklich festhalten: Über uns wölbt sich seit der Abfahrt am Morgen in Berlin ein wolkenloser Himmel, die Sonnenstrahlen wärmen die Frühlingsluft, bei der ersten Rast tragen die meisten Mitreisenden ihre kurzärmeligen blauen Expedtionspolos mit dem Namen auf der Brust und der Expeditionsroute auf dem Rücken. Die Autobahn ist neu und bestens ausgebaut. Bereits hier merken wir, dass Polen nennenswert von der EU profitiert. Auf dem Weg nach Posen passieren wir auch mindestens 10 EU-finanzierte Wildbrücken, mehr als ich in Deutschland jemals gesehen habe.

Reiseleiter Seidenstrasse
Rainer Schelp, Bernd Loppow, Wolfgang Pohl

An Bord versorgt uns Alexander »Sascha« Sambuk mit ersten Informationen über Polen und beantwortet unsere Fragen. Der russisch/weißrussische Journalist aus Moskau ist der erste ZEIT-Experte an Bord und wird uns bis nach Woronesch über die Geschichte und aktuelle Situation in Osteuropa informieren. Er hat mit allen ZEIT-Korrespondenten seit der Gründung des ZEIT-Büros in Moskau 1976 zusammengearbeitet.

Als wir um 13 Uhr in Posen ankommen, erwartet uns bereits unsear lokaler Reiseführer Martin zur Stadtführung. Zunächst geht es aber zu einem zünftigen Mittagessen in einem Altstadtrestaurant: Kartofffeln und ein Schnitzel, das über den Tellerrand hinausragt. Natürlich darf ein kühles polnisches Bier nicht fehlen. »Wenn man in Posen ein Bier trinkt«, erklärt uns Martin mit einem Augenzwinkern, »muss es ein Lech sein, nach einem alten polnischen Vornamen.So wie Lech Walesa. Denn Lech muss wech!« Martin versteht es, uns seine Heimstadt mit Witz und Charme vorzustellen. Und was wir sehen ist beeindruckend: Besonders bemerkenswert ist der Marktplatz: Nachdem die prächtige Architektur im Barock- und Renaissancestil im Zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört wurde, haben Restauratoren und Architekten das Viertel in jahrelanger akribischer Arbeit und nach Originalbauplänen restauriert. Und es wieder zum Anziehungspunkt für alte und junge Posener gemacht – mit zahlreichen Cafés, Bars und Restaurants, Boutiquen und den unvermeidlichen Souvenirständen. Im Zentrum des Marktplatzes steht das alte Rathaus, eines der prachtvollsten Renaissancedenkmäler Mitteleuropas.
Und überall sehen wir junge Menschen. Posen hat bei rund 500.000 Einwohnern 140.000 Studenten. Auch junge Deutsche zieht es zunehmend nach Posen, erzählt Markus: »Es gibt auch interessante englischsprachige Bachelor- und Masterstudiengänge mit vergleichsweise niedrigen Studiengebühren.«
Vor dem Abendessen in Hotel analysiert Sascha Sambuk das historische Verhältnis von Russen, Weißrussen und Polen und beantwortet Fragen zur aktuellen politischen Situation. Nach dem abschließenden Abendessen unternehmen einige Nachtschwärmer noch einen Ausflug zum Marktplatz und sind mittendrin wenn Mengen von Studenten und anderer junger Menschen den Beginn des Wochenende feiern. Posen, eine Stadt, in der es sich gut leben lässt und wo wir gern noch einen Tag länger verbracht hätten!

Marktplatz Posen
Der Marktplatz Posen

~ Bernd Loppow

Tag 2

Die Abfahrtszeremonie in Hamburg

In Hamburg sagt man Tschüß

Tag 2 Auftakt
Auftakt im Helmut-Schmidt-Haus

Den ganzen Morgen liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren: Das Buffet für den Empfang in der Kantine wurde bestückt, die Getränke kaltgestellt und im Haus fleissig Fähnchen für den Abschied verteilt. Bei Sekt und Canapés lauschten die Reisegäste den einstimmenden Grußworten, u. a. von Sandra Kreft, der ZEIT-Verlagsleiterin für Neue Geschäftsfelder und Magazin, Liu Guosheng, dem Gründer und Inhaber unseres Partners China Tours und Dr. Theo Sommer den langjährigen Chefredakteur und Herausgeber der ZEIT. Er wies besonders auf das »rasante Tempo« hin, mit dem sich China seit 1975, als er mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt erstmals China besuchte, »aus der Steinzeit der wirtschaftlichen Entwicklung zu einer modernen Großmacht entwickelt hat«.

Tag 2 Gruppenbild
Gruppenfoto auf dem Domplatz

Nach dem obligatorischen Abschlussfoto auf der Wiese vor dem Helmut-Schmidt-Haus ist es dann soweit: Um 12.39 Uhr winken uns Sandra Kreft und Liu Guuosheng mit der Hamburgflagge auf den Weg. Es geht los, der Weg ist das Ziel. Selten hat ein Klischee so gestimmt! Vor uns liegen mehr als 14.000 Kilometer, 38 Etappen in 52 Tage, acht Zeitzonen und jede Menge neue Erfahrungen und Begegnungen. Singend sind wir Richtung Shanghai gestartet: »Hinterm Horizont geht’s weiter…!«

Tag 2 Verabschiedung
Die ZEIT sagt »Tschüss« und wünscht eine gute Reise
Tag 2 Verabschiedung
Sandra Kreft und Liu Guosheng schwenken zum Abschied die Hamburg-Fahne

Schnell gewöhnen wir uns an unser neues Wohnzimmer für die nächsten siebeneinhalb Wochen. Denn: Komfortabler als in unseren beiden ZEIT-Bussen können wir nicht unterwegs sein: Unser Busunternehmer Christian Peschke hat auf dem Platz zweier Sitzreihen ein Komfortmodul eingebaut, das aus einem herrlich bequemen Ledersitz und einer Schrank-/Tischkombination besteht, auf der man sogar die ZEIT in ganzer Breite ausbreiten kann. So findet die auf jedem Tisch ausliegende aktuelle ZEIT-Ausgabe schnell ihre Leser. Bei etwas wolkenverhangenem Wetter geht die erste Etappe nach Berlin vorüber: Um viertel vor Fünf rollen wir vor dem Swissotel in Berlin vor, der Herberge für unsere erste Nacht on the road. Und morgen wartet die Überquerung der ersten Grenze auf uns. Polen, wir kommen!

Die nächsten Teile des Blogs können Sie am Dienstag nach Pfingsten lesen, bis dahin wünschen wir Ihnen frohe Feiertage.

~ Bernd Loppow

Tag 1

Der Countdown läuft

Anreise nach Hamburg

Das große Abenteuer beginnt auch in diesem Jahr mit der Anreise nach Hamburg in das Hotel Atlantik an der Außenalster. Auch 2018 fahren wir wieder mit zwei Bussen á 26 ZEIT-Reisenden, Team Hamburg und Team Shanghai, die sich später auch beim Schreiben des Blogs abwechseln werden.

Um 18.30 Uhr ist die lange Wartezeit vorbei, die Vorfreude steht allen ins Gesicht geschrieben: Und auch unsere beiden Reiseleiter Wolfgang Pohl (Team Hamburg) und Rainer Schelp (Team Shanghai) scharren schon mit den Hufen, endlich Ihre Teilnehmer zur Vorstellungsrunde begrüßen zu können. Schnell wird klar, was für die meisten Teilnehmer der Auslöser für die Buchung der Reise war: Der Reisetraum von der Durchquerung zweier Kontinente und spannender Kulturräume, die langsame Annäherung an das Reiseziel Shanghai, der Mythos Seidenstraße und nicht zuletzt die sinnesfrohe Reisebeschreibung in unserer achtseitigen Broschüre, die wir der ZEIT Ende Juli vergangenen Jahres beigelegt hatten. Deshalb waren schon nach kurzer Zeit alle Plätze vergeben. Fast alle Teilnehmer waren bisher ausschließlich individuell mit ihren Partnern verreist, haben Ihr Arbeitsleben hinter sich und sind voller Vorfreude auf die nächsten 53 Tage bis zu Ankunft der Busse am Fernsehturm in Shanghai. »Diese Reise«, so formulierte es ein Mitreisender stellvertretend für viele andere, »ist so einzigartig und in dieser Form nur so mit der ZEIT machbar, dass wir nicht lange überlegt und uns sofort angemeldet haben«.

Tag 1 Erster Abend
Der Alstersalon des Hotels Atlantic

Zum Abschiedsdinner treffen wir uns dann erstmals alle gemeinsam im Alstersalon des Hotels Atlantic. Unser Kieler Busunternehmer Christian Peschke stellt uns sein Busfahrerteam vor, das uns in den nächsten siebeneinhalb Wochen unversehrt bis nach Shanghai bringen soll: Markus und Ruben sind schon alte Hasen und waren bereits im letzten Jahr dabei. Neu am Start ist Petra, für die mit dieser Reise »ein Lebenstraum in Erfüllung geht«. Die drei werden sich in den nächsten siebeneinhalb Wochen am Steuer unserer beiden schwarzbraunen Neoplan Cityliner abwechseln.
Und vor unserer mittlerweile dritten Abfahrt nach Shanghai ist es nun fast Tradition: Zum Ausklang des Abends ertönt erstmals auch unsere Hymne, die uns und unsere Busse bis nach Shanghai begleiten und fortan an jedem Morgen nach der Abfahrt erklingen wird: »Hinterm Horizont geht’s weiter …« die schöne Ballade von Udo Lindenberg. Der Titel des Liedes soll auch das Motto für unsere lange Reise sein, die ich persönlich bis nach Warschau begleiten und auch den Blog für die ersten Tage übernehmen werde.

Tag 1 Erster Abend
Der erste Abend im Hotel Atlantic

~ Bernd Loppow (Gründer und Programmleiter ZEIT REISEN)

Reiseprogramm : Tag 1 - 12

EUROPA

1. Tag | Do. 17.5.2018
Hamburg
Individuelle Anreise nach Hamburg, Empfang der Teilnehmer im Hotel Atlantic Kempinski

2. Tag | Fr. 18.5.2018 | 288 km
Hamburg – Berlin
Große Startveranstaltung im Hamburger Pressehaus, erste Etappe nach Berlin

3. Tag | Sa. 19.5.2018 | 271 km
Berlin – Posen
Grenzübertritt nach Polen, Fahrt nach Posen
und Besichtigung der Altstadt

ZEIT REISEN exklusiv:
In Polen begleitet Alexander Sambuk, russischer
Journalist und ZEIT-Mitarbeiter, die Reisegruppe

4. Tag | So. 20.5.2018 |  310 km
Posen – Warschau
Weiterfahrt nach Warschau, Besuch der
beeindruckenden Altstadt

5. Tag | Mo. 21.5.2018 | Ruhetag
Warschau
Stadtführung durch das architektonisch
eindrucksvolle Warschau, Besuch des
Königsschlosses, Folklore Abend

6. Tag | Mo. 22.5.2018 | 205 km
Warschau – Brest
Grenzübertritt nach Weißrussland,
Weiterfahrt nach Brest und Besuch der Brester Festung

7. Tag | Mi. 23.5.2018 | 531 km
Brest – Homel
Fahrt durch Südweißrussland nach Homel

8. Tag | Do. 24.5.2018 | 471 km
Homel – Orjol
Grenzübertritt nach Russland,
Weiterfahrt nach Orjol

9. Tag | Fr. 25.5.2018 | 344 km
Orjol – Woronesch
Überlandfahrt nach Woronesch,
Entdeckung der architektonischen Vielfalt

10. Tag | Sa. 26.5.2018 | 581 km
Woronesch – Wolgograd
Fahrt durch weite Wälder und kleine Dörfer,
Ankunft in Wolgograd (ehemals Stalingrad)

11. Tag | So. 27.5.2018  | Ruhetag
Wolgograd
Stadtführung durch Wolgograd, Gedenkstätte
der Schlacht von Stalingrad,
Mamajew-Hügel mit Mutter-Heimat-Statue,
feierliche Zeremonie

12. Tag | Mo. 28.5.2018 | 423 km
Wolgograd – Astrachan
Fahrt entlang der Wolga zum südlichen
Wolgadelta, Kalmückische Steppe

ZEIT REISEN exklusiv:
Johannes Voswinkel, ehemaliger Russland-
Korrespondent des STERN’s, begleitet Sie in Russland

Reiseprogramm: Tag 13 - 26

ZENTRALASIEN

13. Tag | Di. 29.5.2018 | Ruhetag
Astrachan
Stadtbesichtigung in Astrachan, Besuch des Kreml,
nachmittags Bootsfahrt im Wolgadelta

14. Tag | Mi. 30.05.2018 | 357 km
Astrachan – Atyrau
Fahrt durch wüstenartige Steppe, Grenzübertritt
nach Kasachstan, Ankunft in Atyrau

15. Tag | Do. 31.5.2018 | 227 km
Atyrau – Kul’sary
Erinnerungsfoto auf der Europabrücke über dem Ural (Grenze Europa/Asien), Weiterfahrt durch Steppe nach Kul’sary

16. Tag | Fr. 1.6.2018 | 454 km
Kul’sary – Jazliq (Karakalpakstan)
Übernachtung im typischen Teehaus
inmitten der Wüste Kysylkum

17. Tag | Sa. 2.6.2018 | 271 km
Jazliq (Karakalpakstan) – Nukus
Fahrt durch die Wüste Kyzylkum
nach Nukus, Besuch des Savitsky-Museum

18. Tag | So. 3.6.2018 | 197 km
Nukus – Khiva
Fahrt nach Khiva, in eine Stadt wie aus
dem Märchen: Besichtigung der Altstadt
und des Palasts Tasch-Hauli

19. Tag | Mo. 4.6.2018 | 456 km
Khiva – Buchara
Fahrt durch die Wüste entlang
des Flusses Amudarja, Chash-Kala-See

20. Tag | Di. 5.6.2018 | Ruhetag
Buchara
Besichtigungen in Buchara: Überdachte
Basare, Festung Ark, Karawansereien, ein
Gefühl wie aus 1001 Nacht

21. Tag | Mi. 6.6.2018 | 276 km
Buchara – Samarkand
Karge Hügel der Steppe und ausgedehnte
Baumwollfelder, Stopp in Shakri Sabz,
Ankunft in Samarkand

ZEIT REISEN exklusiv:
Der Journalist und Bestsellerautor
Erich Follath, schreibt mit Leidenschaft
über sein Spezialgebiet Asien.

22. Tag | Do. 7.6.2018 | Ruhetag
Samarkand
Besichtigung in Samarkand: Registan-Platz,
wunderschöne Medressen, Moschee Bibi
Khanum, großer Basar

23. Tag | Fr. 8.6.2018 | 311 km
Samarkand – Tashkent
Weiterfahrt nach Tashkent, Stopp bei einem
Melonenmarkt, Stadtbesichtigung in Tashkent
mit den Sehenswürdigkeiten und einem Abstecher
auf einen der größten Basare Zentralasiens, lokales Abendessen

24. Tag | Sa. 9.6.2018 | 324 km
Tashkent – Fergana
Fahrt über den Kamchik-Pass an der Grenze
zu Tadschikistan, Fahrt durch das fruchtbare
Fergana-Tal, Ankunft in Fergana

25. Tag | So. 10.6.2017 | Ruhetag
Fergana
Stadtbesichtigung Fergana durch die
grünen Alleen, Fahrt nach Margillan:
Besuch einer berühmten Seidenweberei
und Keramikwerkstatt

26. Tag | So. 11.6.2018 | 312 km
Fergana – Sary-Tash
Grenzübertritt nach Kirgisistan, Fahrt entlang
des Gebirgsflusses Gulcha, Taldyk-Pass, Ankunft
in Sary-Tash

Reiseprogramm: Tag 27 - 53

CHINA

27. Tag | Di. 12.6.2018 | 324 km
Sary-Tash – Kashgar
Grenzübertritt nach China am
Irkeshtam-Pass, Ankunft in Kashgar

28 . Tag | Mi. 13.6.2018 | Ruhetag
Kashgar
Stadtbesichtigung in Kashgar: Id-Kah-Moschee,
Abak-Hodscha-Mausoleum, Grab der
Duftenden Konkubine, feierliche Zeremonie

29. Tag | Do. 14.6.2018 | Ruhetag
Kashgar
Tag zur freien Verfügung und zur Eingewöhnung
in den neuen Kulturraum, Ni Hao in China

30. Tag | Fr. 15.6.2018 | 463 km
Kashgar – Aksu
Fahrt durch die Taklamakan-Wüste, Ankunft
in Aksu

31. Tag | Sa. 16.6.2018 | 252 km
Aksu – Kucha
Weiterfahrt nach Kucha, Besichtigung der
Buddha-Grotten von Kizil und Besuch der
Klosterstadt Subashi

32. Tag | So. 17.6.2018 | 297 km
Kucha – Korla
Fahrt nach Korla, einer wichtigen Oasenstadt an
der nördlichen Seidenstraße

33. Tag | Mo. 18.6.2018 | 409 km
Korla – Turfan
Weiterfahrt entlang der nördlichen Ausläufer
der Taklamakan-Wüste nach Turfan, Besichtigung
des Bewässerungssystems Karez

ZEIT REISEN exklusiv:
Andreas Janz, der Geschäftsführer
von China Tours, begleitet
Sie von Xi’an nach Shanghai

34. Tag | Di. 19.6.2018 | Ruhetag
Turfan
Besichtigung der Flammenden Berge, der Buddha-
Grotten von Bezeklik und der Ruinenstadt Gaochang

35. Tag | Mi. 20.6.2018 | 404 km
Turfan – Hami
Weiterfahrt nach Hami, unterwegs Besuch
der Ruinenstadt Jiaohe, Ankunft in Hami,
Chinas Oase der köstlichen Melonen

36. Tag | Do. 21.6.2018 | 416 km
Hami – Dunhuang
Fahrt entlang der Großen Mauer nach
Dunhuang, quirlige Oasenstadt und
wichtiger Handelsknotenpunkt

37. Tag | Fr. 22.6.2018 | Ruhetag
Dunhuang
Dünenlandschaft Dunhuang, Besuch des
Mondsichelsees, Buddha-Grotten von Mogao

38. Tag | Sa. 23.6.2018 | 370 km
Dunhuang – Jiayuguan
Weiterfahrt durch den Hexi-Korridor, Besuch
einer Festung zum Schutz des westlichen Endes
der Großen Mauer und der Hängenden Mauer

39. Tag | So. 24.6.2018 | 228 km
Jiayuguan – Zhangye
Fahrt durch gebirgige Landschaft nach
Zhangye, Besuch eines der größten
liegenden Buddhas der Welt (34,5m), Danxia-Geopark

40. Tag | Mo. 25.6.2018 | 509 km
Zhangye – Lanzhou
Fahrt entlang des Gelben Flusses,
Ankunft in Lanzhou, Millionenstadt und
ehemals bedeutende Flussquerung der
Handelskarawanen

41. Tag | Di. 26.6.2018 | Ruhetag
Lanzhou
Stadtrundgang und Besuch des Baita-Parks
(Park am Berg der Weißen Pagode)

42. Tag | Mi. 27.6.2018 | 481 km
Lanzhou – Baoji
Fahrt durch eine bezaubernde Landschaft,
Ankunft in Baoji

43. Tag | Do. 28.6.2018 | 172 km
Baoji – Xi’an
Weiterfahrt nach Xi’an, Besichtigung
der berühmten Terracotta-Armee

44. Tag | Fr. 29.6.2018 | Ruhetag
Xi’an
Stadtbesichtigung in Xi’an, Besuch der
Altstadt, der Stadtmauer und der berühmten
Großen Moschee

45. Tag | Sa. 30.6.2018 | 373 km
Xi’an – Sanmenxia – Luoyang
Fahrt nach Luoyang, Besichtigung
der Longmen-Grotten mit Buddha-
Figuren aus der Tang-Zeit, abends
feierliche Zeremonie

46. Tag | So. 1.7.2018 | 256 km
Luoyang – Shaolin-Kloster – Xuchang
Fahrt durch das Songshan-Gebirge,
Besichtigung des Shaolin-Klosters
mit Besuch einer Trainingseinheit,
Ankunft in Xuchang

47. Tag | Mo. 2.7.2018 | 396 km
Xuchang – Bengbu
Fahrt durch die zentralchinesische Landschaft
in die Millionenstadt Bengbu in der Provinz Anhui

48. Tag | Di. 3.7.2018 | 203 km
Bengbu – Nanjing
Weiterfahrt nach Nanjing, zur »Südlichen
Hauptstadt« am Ufer des Yangtze, Besuch
eines lokalen Unternehmens

49. Tag | Mi. 4.7.2018 | Ruhetag
Nanjing
Stadtführung durch die alte Kaiserstadt
Nanjing: Besichtigung des weitläufigen Konfuzius-
Tempels und Besuch im geschichtsträchtigen
John-Rabe-Haus

ZEIT REISEN exklusiv:
Der China-Korrespondent der taz,
Felix Lee kennt China seit seiner frühen Kindheit
und gibt spannende Einblicke

50. Tag | Do. 5.7.2018 | 207 km
Nanjing – Wuxi
Fahrt ins malerische Wuxi am Ufer des Taihu-
Sees, Besichtigung der gut erhaltenen Altstadt,
Fahrt auf einer alten Dschunke

51. Tag | Fr. 6.7.2018 | 154 km
Wuxi – Shanghai
Besuch einer der kunstvollen
chinesischen Gärten in Wuxi, Weiterfahrt
nach Shanghai, dem letzten Etappenziel,
feierlicher Empfang und stimmungsvolle
Zeremonie

52. Tag | Sa. 7.7.2018 | Ruhetag
Shanghai
Besichtigung in Shanghai mit Bund, Altstadt
und dem Yu-Garten, feierliches Abschiedsessen

53. Tag | So. 8.7.2018
Shanghai – Deutschland
Individuelle Rückreise bzw. Weiterreise

WIR STELLEN VOR

Ihre Reisebegleitung

Auf der Kultuexpedition begleiten Sie fachkundige Reiseleiter und ZEIT-Köpfe, die Ihnen Wissenwertes über die Destinationen berichten und neue Perspektiven eröffnen.

Rainer Schelp

Rainer Schelp

Rainer Schelp hat Sinologie, Ethnologie und Vorgeschichte in Deutschland und China studiert. Er begleitet unsere ZEIT-Reisenden auf der gesamten Reise und hat im letzten Jahr bereits mit seinem Wissen und seinem Witz begeistert.

»Seit meinem 17. Lebensjahr, damals noch »per Daumen«, treibt mich die Neugier um die Welt – und die spielt sich für mich östlich Deutschlands ab. China ist längst meine zweite Heimat und das ist sicher nicht nur akademisch begründet. Kaum ein Land hat so mit Klischees und Vorurteilen zu kämpfen – und beinahe nirgendwo sind diese vergleichbar falsch.«

Wolfgang Pohl

pohl-wolfgang-seidenstrasse-blog-2017

Wolfgang Pohl hat Geografie, Botanik, Kartografie sowie Ur- und Frühgeschichte in Bochum studiert. Seit über 30 Jahren bereist er mit Gruppen alle fünf Kontinente. Er begleitet unsere ZEIT-Reisenden auf der gesamten Reise von Hamburg nach Shanghai.

»Der Weg ist das Ziel. Reisen heißt für mich sich mit allen Sinnen dem Neuen zu öffnen.«

Alexander Sambuk

sambuk-alexander-seidenstrasse-blog-2017

Alexander Sambuk ist russischer Journalist, Redakteur, Publizist und Fernsehmoderator. Der gebürtige Weißrusse schreibt auch für die ZEIT und spricht ausgezeichnet Deutsch. Er begleitet die Tour von Berlin bis Orjol (Russland).

»Reisen bedeutet für mich eine Auseinandersetzung mit Grenzen, sowie mit realen als auch eingebildeten, sei es zwischen Ländern, Kulturen oder Menschen, um am Ende immer wieder zu erfahren, wie begrenzt meine Welt doch war... vor dem Antritt der letzten Reise.«

Johannes Voswinkel

Johannes_Voswinkel

»Reisen bedeutet für mich mehr zu erfahren über die Welt – und mich selbst. Die Neugier nicht zu verlieren, manch Fremdes anzunehmen und manch Bekanntes mehr zu schätzen.«
Johannes Voswinkel

An der Universität hat er zwei Studienfächer belegt, die ihn automatisch in fremde Länder zogen – Romanistik und Slawistik. Und auch in den Semesterferien zog es ihn als Barmann in die Bretagne oder als Reiseleiter nach Leningrad. Nach dem Examen und der Ausbildung an der Hamburger Henri-Nannen-Journalistenschule ging er 1998 als Korrespondent des STERNs nach Moskau. Von 2002 bis 2015 berichtete er für die ZEIT aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Seit Anfang 2016 leitet er die Niederlassung der Heinrich-Böll-Stiftung in Moskau.

Erich Follath

Erich Follath

Erich Follath begann seine Karriere als Journalist beim Stern, für den er auch als Korrespondent aus Hongkong und New York berichtete. Als Reporter erlebte er 1979 den Umsturz im Iran. 1994 wechselte er zum Spiegel, wo er die Leitung des Auslandsressorts übernahm. Ab 1997 schrieb Follath als diplomatischer Korrespondent für den Spiegel. Follath ist außerdem Autor zahlreicher erfolgreicher Sachbücher, etwa des Bestsellers »Das Vermächtnis des Dalai Lama: Ein Gott zum Anfassen«, »Jenseits aller Grenzen: Auf den Spuren des großen Abenteurers Ibn Battuta durch die Welt des Islam«. In seinem neuesten Buch, das 2018 veröffentlicht wird, schreibt er über »Die neue Seidenstraße«. Seit Anfang 2017 schreibt er als Autor für die ZEIT über seine Spezialgebiete Zentralasien, China und Nahost.

Felix Lee

Felix Lee kennt China seit seiner frühen Kindheit. Geboren in Deutschland hat er mit drei Jahren das erste Mal seine Verwandten in der Volksrepublik besucht. Damals war das Land noch arm, die Menschen hatten kaum genug zu essen und viele standen noch unter dem Eindruck der kulturrevolutionären Wirren, die für viel Leid gesorgt haben.

Seitdem hat er China fast jedes Jahr besucht, zwischendurch auch immer wieder für einige Jahre dort gelebt. Mittlerweile ist er China-Korrespondent der taz und schreibt aus Peking regelmäßig für ZEIT ONLINE und eine Reihe anderer deutschsprachiger Medien.

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