DER WEG IST DAS ZIEL

Auf der neuen Seidenstraße

2300 Jahre Kulturgeschichte hautnah erleben – als Kulturbotschafter der ZEIT auf Expedition im Bus von Hamburg nach Shanghai

Am 11. Mai 2017 ist unsere einmalige Kulturexpedition am Helmut-Schmidt-Haus in Hamburg gestartet. Das Reiseziel nach über 13.000 Kilometern, 53 Tagen und 38 Etappen ist Shanghai, Chinas Weltmetropole, mit der Hamburg 2016 das Jubiläum der 30-jährigen Städtepartnerschaft gefeiert hat. Je 26 ZEIT-Reisende fahren in zwei modernen und großräumigen Bussen mit allem Komfort über Polen, Weißrussland, Russland, Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan auf der neuen Seidenstraße nach China.

In der Blütezeit der Seidenstraße vor über tausend Jahren wurden Seide, Porzellan und Gewürze global gehandelt. Nach Jahrhunderten der Vergessenheit wird die Seidenstraße von China wiederbelebt und steht erneut im Fokus globaler Aufmerksamkeit. Wo früher Kamelkarawanen jahrelange und beschwerliche Reisen zwischen Europa und Asien auf sich nahmen, entstehen heute neue Autobahnen, Pipelines und Eisenbahnnetze für die modernsten Hochgeschwindigkeitszüge der Welt. Sie werden Zeitzeuge auch dieser Entwicklung. Die Teilnehmer übernachten in ausgesuchten 4- bis 5-Sternehotels und werden auf der gesamten Strecke von einer Reiseleitung der ZEIT und unseres Partnerveranstalters China Tours begleitet. Langjährige Korrespondenten und Redakteure der ZEIT sowie weitere Experten vermitteln Ihnen in Vorträgen und Gesprächen auf wichtigen Teilstrecken ihr Wissen über Geschichte und aktuelle Entwicklungen. Vielerorts werden unserer Kulturexpedition unterwegs hochkarätige Empfänge durch unsere Gastgeber bereitet.

DIE ROUTE IM ÜBERBLICK
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Prolog

Reisebeschreibungen gehören zu den großen literarischen Leistungen der Literaturgeschichte – von den Geschichtsbüchern des Heradot über die Berichte legendärer Reisender wie Ibn Battuta, Marco Polo, Goethe, Säume, Georg Forster oder Alexander von Humboldt bis zu Abenteurern unserer Tage wie Reinhold Messner. Sie alle hielten in Zeiten ohne Kino, Fernsehen oder Internet ihre Erkenntnisse und das Staunen über fremde Länder, Landschaften und Kulturen und den Wandel der Welt in fantasievollen Wortgebilden fest. Das hat sich bis heute nicht verändert:

»Jede Reise ist wie ein weißes Blatt Papier, das sich im Laufe der Reise von selbst füllt«, sagt Rainer Schelp, unser Reiseleiter im Bus vom Team Shanghai«.

Nur das Medium ist heute für viele Reisende, die ihre Eindrücke und Gedanken festhalten und mit anderen teilen möchten, ein anderes geworden. In Zeiten des Internets ist das Tagebuch von heute ein Blog – mit dem man in Windeseile Menschen an jedem Ort auf dem Globus erreichen kann: Daheim gebliebene Familienmitglider, Freunde und Kollegen. Und viele andere Menschen, die sich vielleicht interessieren für das was man gerade tut, denkt, fühlt oder Neues erfährt.
Auch wir wollen von unserer großen Reise berichten, erzählen, was die ZEIT-Reisenden unterwegs erleben: Von beeindruckenden Stätten der Kulturgeschichte, fruchtbaren Feldern, weiten Flussläufen, kargen Steppen, farbglühenden Sandsteingebirgen, schneebedeckten Bergwelten, Stein- und Sandwüsten und Hochhäusern bis zum Horizont. Wir berichten von verschiedenen Kulturen und Religionen, unterschiedlichen Völkern mit ihren Sitten und Traditionen, von Menschen, denen wir unterwegs begegnen. Und wenn sich dann bei uns und auch in diesem Blog die Eindrücke der Reiseteilnehmer wie bei einem Puzzle zu einem neuen, zu einem Gesamtbild zusammengefügt haben, dann haben wir unser Ziel erreicht.
Wir freuen uns auf jeden, der uns hier und auf unserer Reise begleitet möchte.

~ Ihre/Eure ZEIT-Reisenden on the road auf dem Weg von Hamburg nach Shanghai

Epilog: Tag 53

Shanghai

Am Horizont liegt Shanghai

Am 29. Juni, nach 51 Tagen und 14.634 Kilometern haben unsere beiden Busse und die ZEIT-Reisenden Ihr Ziel erreicht.

Bei der Ankunftszeremonie vor dem TV Tower in Shanghai haben die ZEIT-Reisenden Wolf-Dieter Hauschild für das Team Shanghai und Hans-Peter Richter für das Team Hamburg Ihre Eindrücke der Reise zusammengefasst:

Maren und Wolf-Dieter Hauenschild

»Liebe Shanghaier, liebe Hamburger,

nun ist sie zuende, unsere große Reise von der Elbe einmal quer durch Europa und Asien bis zum ost-chinesischen Meer mit unserem großen Wohnmobil, durch flache grüne Ebenen, über Gebirge, durch Wüsten, Einsamkeit und quirliges Stadtgetümmel.
Hinterm Horizont geht es nicht mehr weiter, sondern nach Hause.

Was werde ich antworten auf die Fragen der daheim Gebliebenen: wie war’s denn, was war der stärkste Eindruck, das größte Erlebnis?
Die Antworten können nur sehr subjektiv ausfallen. Ich würde als Stichworte nennen:

– Vom Visuellen her: Der beleuchtete Registanplatz in Samarkand bei Nacht oder auch der Moment, als in den Magao-Grotten die örtliche Führerin eine Tür aufschloss, und unmittelbar vor mir stand plötzlich der 35 m hohe Buddha
– Als jemand, der noch vor dem 2. Weltkrieg geboren wurde, hat mich natürlich die Führung durch Wolgograd und besonders die neutralen Erzählungen unserer dortigen russische Begleiterin beeindruckt.
– Die Bergwelt von Kirgistan wird mir unvergesslich bleiben, auch wenn wir dort keine gute Sicht hatten.
– Die persönlichen Berichte unserer chinesischen Führerin, Frau Yang, über ihre Kindheit in der ausgehenden Maozeit und über die Änderung der Verhältnisse danach. Auch das Wort dieser klugen, sympathischen und aufgeschlossenen Frau, dass sie in bestimmten Fällen natürlich für die Todesstrafe sei, ist für mich exemplarisch, dass ich auch im Grundsätzlichen das völlig andere Denken unserer Mitbewohner dieses Erdballs beachten muss.

Aber vor allem hat mich beeindruckt und zum Nachdenken angeregt, ja vielleicht sogar mein Bild von der Welt verändert :
China — das Land im Aufbruch, das diese Aufgabe mit unvorstellbarer Kraft und gewaltigen Mitteln in Angriff nimmt, ich erwähne nur das beispielhaft, was wir immer wieder gesehen haben: die gewaltigen Infrastrukturmaßnahmen, die Aufforstung der Wüsten, die riesigen Felder mit Windenergieanlagen und natürlich auch den Wohnungsbau. Dass es dazu in der Lage ist, hängt natürlich mit seinem politischen System zusammen, aber auch mit seiner uralten Kultur, wo Gemeinschaft und Individualität anders bewertet werden als bei uns. Unsere Demokratie ist nun einmal nicht in der Lage, alle Kräfte so zu bündeln. Man denke nur daran, welche Schwierigkeiten unsere Gesellschaft mit unseren Großprojekten hat, die im Verhältnis zu den chinesischen ohnehin eher klein erscheinen.

Wovon werde ich noch berichten?
Von den Vorträgen der Referenten, vor allem von Alexander Sambuk, Michael Thumann, Frank Sieren, Lars Anke und natürlich auch Liu Guosheng, der uns perfekt Chinesisch beigebracht hat.

Die Reisegesellschaft. Vor der Reise haben viele geunkt: was werden das für Leute sein, mit denen ihr da 53 Tage auf Gedeih und Verderb in eine Blechbüchse gepfercht zusammen sein werdet? Einige Stinkstiefel sind sicher darunter.Nein, das war nicht der Fall. Mit allen würde ich die Reise jederzeit wieder unternehmen. Mit allen bin ich ins Gespräch gekommen. Wir war’n so richtig Freunde, vielleicht nicht für die Ewigkeit, aber was ist für Udo schon Ewigkeit? Und es war häufig auch ausgesprochen lustig in unserem Bus bis hin zu den Gesängen.

Bei Stichwort Bus fallen mir natürlich sofort auch unsere Fahrer Christian, Marcus und Ruven ein, denen ich ein großes Lob zollen möchte. Wie diese den riesigen Bus vor allem durch die quirligen Innenstädte in China gesteuert haben, das war schon Spitze, und immer freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend. Vielen Dank.

Und Last but not least: einsame Spitze war vor allem unser Reiseleiter Rainer Schelp. Nicht nur, dass er uns lautlos und ohne, dass wir es merkten, um alle Klippen gesteuert hat, die es natürlich gab, auch wenn es zum Glück keine größeren Unfälle gegeben hat und niemand ernsthaft krank ist, was ich preisen möchte sind seine enormen Kenntnisse über Land und Leute, über Geschichte, Religion, Philosophie, Mentalitäten, seine Fähigkeit, unsere Gruppe von Individualisten mit freundlicher Bestimmtheit zusammen zu halten und ich füge hinzu: auch seine sprachliche Ausdrucksfähigkeit hat mir viel Freude bereitet.

So beende ich diese Reise bis zum Rand gefüllt mit neuen Eindrücken und Erkenntnissen und mit Dankbarkeit gegenüber allen Beteiligten, meinen Mitreisenden, den Fahrkünstlern, den Reiseleitern und allen sonstigen, die zum Gelingen dieser Reise beigetragen haben.
Vielen Dank.«

~ Wolf-Dieter Hauenschild für das Team Shanghai

 

Ingrid und Hans-Peter Richter

»Zunächst danke ich der Stadt Shanghai in unser aller Namen für den herzlichen Empfang hier am Fuß des Fernsehturms.

Wir alle kennen den Satz: „Der Weg ist das Ziel“. Gleiches gilt für Udo Lindenbergs Lied „Hinterm Horizont geht’s weiter“, mit dem jeder Tag begann.
Beide Aussagen galten bis heute. Jetzt aber haben wir Ziel und Horizont erreicht. Wir sind in Shanghai angekommen.

Drei grandiose Piloten oder Kapitäne haben uns während der vergangenen zwei Monate über beinahe 15.000 Kilometer durch acht Länder von Hamburg sicher nach Shanghai gefahren. Durch grünes Land, durch Steppen, Wüsten und durch Hochgebirge, über Autobahnen und Erdpisten. Meistens ging es vorwärts. Manchmal kam man aber nur vorwärts, wenn man rückwärts fuhr.

Uns, die Individuen einer Zweckgemeinschaft, hat zweierlei geeint:
Erstens die Neugier. Für sie gibt es bekanntlich keine Altersgrenze
Zweitens das Wissen um die Einmaligkeit dieser Reise.

Diese Reise haben Wolfgang Pohl, jetzt seit einem Monat zusammen mit unserem chinesischen Begleiter Franz und andere äußerst interessant und kenntnisreich begleitet.

„Feldspat, Gneis und Glimmer“, die Bestandteile des Granit – Ich sage Euch: die vergess’ ich nimmer.Ich habe gelernt, dass blühende Leguminosen die Felder neben der Straße bläulich schimmern lassen. Wir haben uns mit „aufgeständerten polygonen Situationen“ beschäftigt.

Ganz profan haben wir uns aber ebenso mit Hühnerköpfen und Entenfüßen auseinandergesetzt. Nun haben wir unser endgültiges Fahrtziel erreicht.

Franz hat uns vor wenigen Tagen eine chinesische Weisheit erzählt. Die Vergangenheit, so sagte er, ist Geschichte. Die Zukunft ist Überraschung. Die Gegenwart ist Wahrheit.

Dieser Weisheit stimme ich nicht völlig zu. Was hinter mir liegt, also die Vergangenheit – das Gesehene und Erlebte – ist für mich weiterhin präsent und wird präsent bleiben.Die Wahrheit als Ausdruck der Gegenwart ist nicht absolut, sondern relativ. Wir alle mögen dasselbe gesehen und gehört haben. Dennoch variieren die Einzelheiten der Wahrnehmung von Individuum zu Individuum.

Indem wir uns auf die fremden Kulturen einließen, haben wir alle sehr viel gelernt.Einer von uns hat es dabei besonders weit gebracht: Er wurden von einem chinesischen Polizisten nicht mehr als Deutscher erkannt. Für diesen Polizisten war es klar: bei Ruven musste es sich um einen Einheimischen handeln. Ich selbst werde mit vielen Fragen nach Hause fahren. Sie werden mich nicht nur während der nächsten Monate intensiv beschäftigen, und sie werden zu neuen Fragen führen. Aber das ist für mich auch der Gewinn aus jeder Reise: eigene Standpunkte in Frage zu stellen und dazuzulernen.Ich habe wieder einmal erfahren, dass unsere Welt kompliziert ist.Wir waren privilegiert: Wir durften hinzulernen. Unsere Begleiter haben uns geholfen, Liebgewonnenes zu überdenken oder uns überhaupt erstmalig mit einem Thema zu beschäftigen.

Aus dem alten Rom stammt ein Spruch, den ich sehr liebe: „Tempora mutantur, et nos mutamur in illis“. Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen.

Für mich ist diese Reise nicht nur eine außergewöhnliche gewesen. Es wird vermutlich die Reise meines Lebens bleiben. In ihrer Vielfalt, in ihrer Schönheit, in ihren Anregungen.Dafür bin ich dankbar. Und ich bin all denen dankbar, die uns diese Reise ermöglicht, sie vorbereitet und durchgeführt haben. Ich bin überzeugt, dass Ihr alle diese Wertung teilt.

Und noch ein Wort zum Schluss.
26 sehr reiseerfahrene Individualisten acht Wochen lang vereint in einem Bus: Das hat Charme, ist aber auch eine Herausforderung. Diese Herausforderung ist geglückt.Nun gehen wir auseinander. Ich wünsche jedem von Euch eine gute Heimkehr. Bleibt gesund und bleibt neugierig.

Ich schließe mit dem nochmaligen Dank an die Stadt Shanghai für ihre so herzliche Begrüßung.«

~ Hans-Peter Richter für das Team Hamburg

Tag 52

Shanghai

Stadtbesichtigung und Abschied

Bereits wie zu Beginn der Reise und auch fast über den gesamten Tourenverlauf hinweg, kann man es hier nochmals wiederholen: Petrus muss ein ZEIT-Reisender sein. Shanghai präsentierte sich uns an diesem Morgen von seiner schönsten Wetter-Seite. Blauer Himmel, kleine weiße Wölkchen, Sonnenschein und Temperaturen von um die 30 Grad versprachen uns eine unbeschwerte Stadtbesichtigungstour. Unsere drei Busfahrer mussten hingegen die beiden Busse, unser „vertrautes Heim“ der letzten 52 Tage, für die Rückfahrt nach Hamburg startklar machen. Wir hingegen brachen zu unserer Besichtigungsfahrt mit zwei örtlichen, chinesischen Bussen auf.

Erstes Ziel war Pudong mit seiner imposanten Hochhausarchitekturen. In einer Geschwindigkeit von 9 m pro Sekunde ging es in einem Express-Aufzug in nur 46 Sekunden in den 88. Stock des Jin Mao Towers. Vom Aussichtsdeck in 340 m Höhe erlebten wir alle einen fantastischen Rundblick auf Shanghai. Man konnte sich nahezu nicht satt sehen an der Vielzahl von umliegenden Büro- und Wohnhäusern, Grünflächen und dem Huangpu-Fluss. Die auf den Straßen fahrenden Autos und das „Gewusel“ an Menschen auf den Gehwegen und in den Parkanlagen wirkten auf uns wie ein quirliger Ameisenhaufen. Und dennoch: Wir standen nicht auf dem höchsten Gebäude der Stadt. Direkt neben uns reckte sich das Shanghai World Financial Center mit 492 Metern und der 2015 fertig gestellte Shanghai Tower mit 632 Metern in den strahlend blauen Himmel. Mit 420,5 m Gesamthöhe und unserer spektakulären Aussichtsplattform auf 341 m ist der Jin Mao Tower nur das dritthöchste Gebäude Shanghais. Mal sehen, welche Bauwerke in den nächsten Jahren diese Gebäude noch toppen werden. Die Bautätigkeit und die Geschwindigkeit von Baumaßnahmen ist hier unvorstellbar.

Als nächstes Ziel fuhren wir eine Seidenmanufaktur an. Das Gewinnen der Rohseide und das Abwickeln der bis zu 2,5 km langen Seidenfäden aus einem Kokon der Seidenraupe, war uns ja bereits aus Usbekistan im Ferganatal bekannt. Hier in dieser Manufaktur produzierte man vor allem Bettwäsche.

Nach der mittäglichen Stärkung in einem benachbarten Restaurant – es war für viele Teilnehmer wohl vorerst das letzte chinesische Essen, welches am runden Tisch mit Stäbchen eingenommen wurde – besuchten wir die Long Hua Pagode. Auch dieser buddhistische Tempel sollte das letzte sakrale Bauwerk auf unserer Reise gewesen sein. Unser vertrauter local guide Chen Jun, kurz genannt auch „Franz“, erklärte uns nochmals die Anordnung der Gebäude, die figürlichen Darstellungen der Gottheiten und so manche Kleinigkeiten, die diese Tempelanlage so interessant machte. Wir stellen für uns insgeheim fest, dass wir in den letzten Wochen schon Vieles erfahren hatten und waren wohl auch ein wenig stolz darauf, dass wir Vieles in unserem Gedächtnis behalten haben.

Letzter Stopp war dann die Altstadt von Shanghai. Hier pulsiert das Leben und hunderte von Besuchern – alleine oder in Reisegruppen – drängten sich durch die touristisch überprägten Straßen und Gassen, flankiert von einem Souvenirgeschäft neben dem anderen. Das Herzstück der Innenstadt ist die sog. Zig-Zack-Brücke über einen Goldfischteich zu einem altenTeeaus. Drachen und böse Geister können nach der chinesischen Vorstellung nur geradeaus, aber keine Winkel oder Kurven gehen. Die meisten von uns reizte die Überquerung des Teiches. Wir haben es geschafft! Somit ist der direkte Nachweis erbracht, dass wir weder böse noch Drachen sind – einfach nur nette Touristen, Kulturbotschafter der Neuen Seidenstraße, die sich an der Schönheit Shanghais und Chinas erfreuen.

Zurück im Hotel war man gedanklich schon beim Kofferpacken. Für viele aus unseren beiden Gruppen hieß es am nächsten Tag den Rückflug nach Hause anzutreten. Das gemeinsame Abschiedsessen fand im Hotel auf der 2. Etage statt. Leider stellte man uns keinen separaten Raum zur Verfügung, sondern platzierte uns an mehreren Tischen blockweise im hinteren Ende des Restaurants. Auch dies schmälerte in keinster Weise unsere Laune. Das Buffet war schmackhaft und reichhaltig und an den Tischen ging der Gesprächsstoff nicht aus. Spät abends dann die herzlichen Verabschiedungen, man hatte sich in den letzten 53 Tagen kennen und schätzen gelernt. Adressen wurden ausgetauscht, und man wünschte sich eine gute Heimreise, da mehrere Abflugzeiten zur Deposition standen, einige ZEIT-Reisende noch einen oder mehrere Tage eine Verlängerung gebucht hatten, andere wieder schon sehr früh morgens aufbrechen mussten.

Allen Teilnehmern und unseren drei Busfahrern Christian, Marcus und Ruven ganz lieben und herzlichen Dank! Alles Gute für die Zukunft und noch viele, schöne Reisen! Vielleicht sieht man sich ja wieder. Es war mir eine große Freude Teil dieser Gruppe zu sein und von den Erlebnissen über die Neue Seidenstraße durch Europa und Asien profitieren zu dürfen. Wir waren zwei tolle, wenn auch individuelle, sich gegenseitig unterstützende und ergänzende Busfahrgemeinschaften.

Dziękuję! Do widzenia!

     Дзякуй! Da pabačeńnia!

           Cпacпбo! Do swidanija!

                   Paxмет! Sau bolingis!

                          Raxmat! Ko’rishguncha!

                                 Paxмaт! Koш кaльıн!

 

~ Wolfgang Pohl

 

Nachtrag:
Ich war in der letzten Nacht noch auf dem Bund und genoss das Lichtermeer von Shanghai. Das schnell heraufziehende Gewitter mit heftigem Starkregen (zum Glück warmer Regen) durchnässte mich wie viele andere Nachtbummler überraschend. Auch mein fester Regenumhang half da nur wenig. Also war ein mitternächtliches Trocknen der Wäsche und der Schuhe im Hotel angesagt. So kam der Hotelfön zu unverhofftem Dauereinsatz.

… und zum Schluss ein paar Pleiten, Pech und Pannen: Der Transfer zum Flughafen verlief am Morgen des 1. Julis für 12 Mitreisende und mich problemlos. Die Aeroflot-Gäste mussten jedoch eine 12-stündige Verspätung im wahrsten Sinne des Wortes aussitzen. Man vermittelte uns vor Ort – wenn auch etwas kompliziert – ein Stand-by-Hotel, wir checkten in dem 5-Sterne-Hotel mit unserem gesamten Gepäck ein, erhielten noch einen Verzehrbon und auch der Rücktransport im Shuttlebus am späten Nachmittag zum Int. Flughafen verlief zufriedenstellend. Check-in, Pass- und Zollkontrolle verliefen problemlos. Das Gepäck wurde sichtbar markiert, dass es via Moskau bis nach Düsseldorf befördert wird. Nochmals eine außerplanmäßige, 2-stündige Wartezeit auf dem Flughafenvorfeld in der Aeroflot-Maschine nach Moskau. Dann ging es los. Ankunft in Moskau um 2:40 Uhr Ortszeit, Anschlussflug mit Aeroflot um 7:70 Uhr von Moskau nach Düsseldorf. Punkt 10:00 Uhr sind wir gelandet. Wir waren wieder zu Hause! Nicht jedoch unsere Koffer der vier ZEIT-Reisenden und noch zahlreicher anderer Flugpassagiere. Warten, warten, warten … – der Lost & Found-Schalter von DHS, die Aeroflot im Int. Flughafen Düsseldorf vertreten, blieb über 1 ½ Stunden unbesetzt. Dann tauchten zwei Mitarbeiter auf, die lediglich zwei unterschiedliche Formulare über Verlustmeldungen verteilen. Die wichtige Erteilung einer Referenznummer blieb aus, Kontaktangaben zum Unternehmen DHS gab es nicht. Telefonanrufe an DHS und Aeroflot verliefen immer ins Leere. Erst indirekt über langwierige Recherchen im Internet, Umgehung von veralteten Angaben, fand man den Firmensitz des Unternehmens. Jetzt erst kam nach gewisser Beharrlichkeit etwas Bewegung ins Spiel. Inzwischen liegt die Referenznummer für meine beiden Kofferverluste vor, aber die Koffer sind bis heute noch nicht aufgetaucht bzw. gefunden worden. Also weiterhin hoffen und immer wieder Kontakt zur Aeroflot und DHS suchen. Wahrlich ein Wehrmutstropfen zum Schluss, aber dies kann die durchweg positive ZEIT Reise über die Neue Seidenstraße in keinster Weise schmälern. Die Verantwortung liegt hier einzig und allein bei anderen, sozusagen direkt vor der Haustür, beim Lufttransportunternehmen und der beauftragten Lost & Found-Firma, DHS Handling-Service. Ist dies wirklich ein Service?
Vielleicht ist dies die berühmte Ausnahme und allen anderen ZEIT Reisenden bliebt solch ein Procedere erspart.

Tag 51

Wuxi – Shanghai

Heute ist ein großer, bewegter Tag! – Für alle ZEIT-Reisegäste aus den Bussen „Hamburg“ und „Shanghai“, für die drei Busfahrer Christian Peschke, Ruven Riesel und Marcus Rathjen sowie die beiden ständigen Reiseleiter Rainer Schelp und Wolfgang Pohl. Unser gemeinsames Ziel ist nach 51 Tagen Fahrt über die Neue Seidenstraße durch Deutschland, Polen, Belarus, ein kurzes Stück im Nordosten der Ukraine, Russland, Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan und China die Megametropole Shanghai mit ihren rund 25 Millionen Einwohnern.

Direkt nach dem Aufbruch in Wuxi wurde schnell noch mal unser Lied „Hinter’m Horizont …“ angestimmt. Gemeinsam sind wir stark, bzw. besser: waren wir stark, den wir haben nach rund 14.500 km über Pisten, mit unzähligen Schlaglöchern behaftete Straßen und bestens ausgebauten Fahrbahnen unser Endziel dieser aufregenden Tour durch zwei Kontinente und durch neun Ländern gemeistert. Die phasenweise weite, fast menschenleeren Steppen- und Wüstenlandschaft in Kasachstan, Usbekistan und im Westen Chinas wurde nun hier von einer gigantischen Betonlandschaft mit unzähligen Hochhäusern und Glas-Stahl-Konstruktionen abgelöst. Auf unseren letzten 154 Kilometern blickte der eine oder andere fast etwas wehmütig, in Gedanken versunken auf die letzten 7 ½ Wochen zurück. Fetzen der Erinnerung, freudige Momente, Zittern und Bangen, das Gefühl des schier endlosen Wartens an Grenzübergängen, die Schönheit der vorbeiziehenden, fremden Landschaften, die unterschiedlichen Kulturen u. v. m. zogen in Bruchteilen von Sekunden an unserem „inneren Auge“ vorbei. Viel Zeit darüber nachzudenken blieb jedoch nicht. Im nebeligen, diffusen Licht eines ostasiatischen Monsuntages bei 32°C und 95%iger Luftfeuchtigkeit tauchte die Stadtsilhouette von Shanghai auf. Die Spitzen einiger Wolkenkratzer kratzten an der tief liegenden geschlossenen Wolkendecke oder verschwanden sogar ganz in dem eintönigen Grau. All das konnte unsere Stimmung im Bus nicht im Geringsten trüben. Viel zu gespannt war man, was nun auf uns zukommen wird. – Im Roadbook war lediglich notiert: Zielankunft in Shanghai, feierliche Zeremonie. Viele von uns trugen die blauen T-Shirts mit dem Aufdruck des Streckenverlaufes der Neuen Seidenstraße, stolz, dass sie die Strecke von Hamburg bis hier nach Shanghai geschafft hatten.

Wir lagen bestens im Zeitrahmen. Mittags noch ein Stopp am Bund, der breiten Uferpromenade, natürlich wieder verbunden mit Rückwärtseinparken des Busses und einigen Rangiermanövern, mit chinesischem Mittagessen an runden Tischen im Restaurant „Z-Dragon“. Dann ging es mit beiden Bussen auf die gegenüberliegende Seite des Huangpu-Flusses in das Weltfinanzzentrum Shanghais, nach Pudong. Unweit vom Oriental Pearl Fensehturm beim Intl. Convention Center wartete man schon auf uns. Deutsche und chinesische Fähnchen wurden geschwenkt, Foto- und Filmkameras nahmen unsere Ankunft auf.

Das Begrüßungsteam bestand aus Vertretern der Tourismusorganisation der Stadt Shanghai, China Tours vor Ort, Christopher Alexander, dem Leiter von ZEIT REISEN, den drei Busfahrern, die mit unseren beiden Bussen die Rückfahrt nach Hamburg antreten, und staunenden Besuchern, die rein zufällig unserer Ankunft beiwohnten. Natürlich wurden unsere beiden Banner an den Bussen fixiert und das obligatorische Gruppenfoto geschossen. Anschließend spazierten wir allesamt zum Eingang des Oriental Pearl Towers. Beleuchtete Farbplakate kündigten uns bereits an.

Nochmals ein Gruppenfoto auf den Stufen zum Oriental Perl Fernsehturm und ‚Standing Ovations‘ für unsere drei Fahrer, die auf ein kleines Podest stiegen und sich mit uns allen freuten, dass sie ihre Aufgabe so hervorragend ohne Unfälle gemeistert hatten.

Auf der Besucherebene im Turm war bereits eine Bühne errichtet. Hier moderierte und dolmetsche die Chinesin Zhang Mingzi. Der Leiter des Tourismusverbandes von Shanghai und Vizepräsident der Shanghai Public Diplomacy Association, Herr Dao Shuming, hielt eine kurze Begrüßungsansprache. Ihr folgten einige Worte des Danks und der Anerkennung durch Jin Huang, dem General Manager des Shanghai Oriental Pearl Radio & TV Towers. Wolf-Dieter Hauenschild vom Bus „Shanghai“ und Hans-Peter Richter vom Bus „Hamburg“ übernahmen dann das Mikrophon und vermittelten jeweils aus eigener Sicht einige Gedanken zum Tourverlauf und ihren unterwegs gesammelten Eindrücken. Der kräftige Applaus würdigte die beiden Redner und spiegelte zugleich wider, dass sich die Zeit-Reisenden mit diesem verbalen Impressionen voll identifizieren konnten.

Der berühmte Kaligraph Chu Yuanlong fertigte dann noch vor dem Publikum ein Transparent mit chinesischen Schriftzeichen und englischer Übersetzung an: „The friendship between China and Germany lasts forever“. Rainer Schelp und Wolfgang Pohl fügten zum Abschluss noch einige Dankesworte hinzu und überreichten den Offiziellen der Stadt Shanghai die beiden unterschriebenen Banner und dem Kaligraphen ein kleines Präsent aus der Partnerstadt Hamburg.
Nach diesem festlichen Empfang ging es hoch hinaus. Man schwebte förmlich über Pudong. Von der Aussichtsplattform in schwindelerregender Höhe von 263 m genoss man den 360°-Rundumblick auf Shanghai. Danach erfolgte die Fahrt zum Übernachtungshotel Hyatt on the Bund. Das gemeinsame Abendessen in der 30. Etage des Hotels, ein würdiges Ambiente mit Blick auf den erleuchteten Fernsehturm, die illuminierten Hochhäuser des World Financial Centers und den Jin Mao Tower sowie auf die beleuchtete Häuserzeile des Bunds, bot den nahezu perfekten Abschluss dieses besonderen Tages.

Der „harte Kern“ der beiden Gruppen traf sich danach noch beim Bus. Unsere drei Fahrer hatten zu einer zwanglosen „Busparty“ geladen. Bis kurz nach Mitternacht saß man gemütlich am und im Bus beisammen, stieß mit den Restbeständen aus dem Bordkühlschrank an, hörte Musik, sang nochmals gemeinsam und lautstark unsere Reisehymne „Hinter’m Horizont geht’s weiter…“.- Das farbige Lichterspiel am Bund und an den Hochhäusern von Pudong war bereits längst erloschen. Zeit nun auch für uns zu gehen. „Der letzte macht das Licht aus und schließt die Tür ab“. Dies war natürlich Christian. Aus dem Augenwinkel heraus konnte man gerade noch sein schelmisches und gleichzeitig erleichterndes Grinsen erkennen. Eine schwere Last fiel von ihm. Er hatte als Besitzer von „de Kieler“ beide Busse wohl behalten nach Shanghai gebracht, alle Mitreisenden waren gesund und sicher angekommen und man bestätigte, mit ihm, seinem Fahrerteam und den luxuriösen Bussen jederzeit wieder auf Tour gehen zu wollen, ganz egal ob für einen längeren oder kürzeren Zeitraum, nah oder fern. Ein größeres Lob kann es doch nicht geben! – Der letzte offizielle Reisetag war bereits angebrochen.

~ Wolfgang Pohl

Tag 50

Nanjing – Wuxi

Eigentlich hatte ich mich für meinen Blog Wuxi ausgesucht, weil ich den Namen so lustig fand. Ich hätte lieber an den Spruch „den Letzten und Vorletzten beißen die Hunde“ denken sollen. So ist in den vorherigen Blogs alles Kluge, Großartige, Besondere, Lustige geschrieben und bebildert worden. Was bleibt mir armen Tor dann noch übrig? Ach ja: Wuxi und meine Begeisterung an der Reise.

Wuxi im Nebel (Peter Rullhusen)
Wuxi im Nebel
(Peter Rullhusen)

Wie viel Erhellendes ist wohl in den 3000 Jahren seit Gründung / Erbauung der Stadt geschrieben worden? In unserem Roadmap heißt es dazu: „Wuxi liegt zwischen dem Yangtze und dem Binnensee Taihu. Der einstige Reichtum der Stadt gründete sich auf den Zinnabbau, der Wuxi sogar für 600 Jahre in den Stand der Hauptstadt des Königsreichs Wu erhob“. Heutzutage hat Wuxi ca. 6 Mio. Einwohner. Damit ist sie für chinesische Verhältnisse gerade eine mittelgroße Stadt. Allerdings haben eine Reihe von DAX Unternehmen Wuxi zu einem wichtigen Fabrikationsstandort für ihr China-Geschäft gewählt.
Tagsüber erfreuten uns der Xihui Park und die Bootsfahrt auf dem Tai Hu See. Aber war Wuxi noch das beherrschende Thema des Tages? Nein! Die meisten Gespräche unter den Reisenden des Busses „Hamburg“ drehten sich um das, was in der Heimat warten würde. Und die Aktivitäten, die in naher Zukunft auf jeden Teilnehmer zukommen würden.

Dschunkenfahrt auf Tai Hu See (Peter Rullhusen)
Dschunkenfahrt auf Tai Hu See
(Peter Rullhusen)

In Vorbereitung der Reise waren meine Blätter nicht weiß. Sie reichten von rosa bis tief schwarz. Ich hatte Vorstellungen und Vorurteile von dem, was mich erwarten würde. Aber das Gesehene, Gehörte, Gefühlte, Gerochene, Geschmeckte hatte die Farben durcheinander gewirbelt. Eigentlich kam auf der Fahrt um jede Ecke etwas Neues, Interessantes. Natürlich fand ich nicht alles Gesagte und Unternommene passend. Aber wie sollen auch 30+ Planer die Erwartungen von 60+ Teilnehmern vollständig erahnen können?
Ich hatte das große Glück in einer Reisegruppe mitreisen zu dürfen, die freundschaftlich und tolerant miteinander umging. Auch mit meinem „Beisitzer“ Peter verstand ich mich vom ersten Tag. Er half mir persönlich und fachlich. Zum Beispiel überspielt er diesen Text nach Hamburg. Ausgeschmückt mit Fotos von ihm. Außerdem hat er einen großen Musikschatz mitgebracht. Auf langen Strecken durch Steppen und Wüsten konnte ich an interessanten Konzerten partizipieren.

Der Autor im Gespräch mit China Experten Lars Anke (Peter Rullhusen)
Der Autor im Gespräch mit China Experten Lars Anke
(Peter Rullhusen)

Persönlich habe ich auf der Reise eine Fastenzeit zelebriert: kein Handy, kein Smartphone, kein iPad, kein Notebook. Geringster Fernsehkonsum. Erstaunlicherweise hat sich die Erde genauso gemächlich weitergedreht wie vorher. Aber mein Gehirn wurde etwas entstaubt.
Was bleibt dann vom Wuxi-Tag? Ein Erleben von Fremden und Gespräche untereinander, die mir sicherlich in naher Zukunft fehlen werden.

~ Herbert Blohm „The Oldie“, Team Hamburg

Tag 48

Bengbu – Nanjing

Die Fahrtage werden immer kürzer. Nur gut 200 Kilometer stehen heute auf dem Programm. Dafür erfahren wir, wie es einer deutschen Firma in China ergeht, die hier schon seit 1994 aktiv ist: Bosch Siemens Hausgeräte, kurz BSH. Das Unternehmen, zu dem neben Bosch und Siemens heute auch die Marken Gaggenau, Neff und Constructa gehören, hat hier am Anfang viel Geld gelassen, wie Bernhard Weber aus der Geschäftsführung der chinesischen BSH-Gesellschaft berichtet.

Gruppenbild Team Hamburg
Gruppenbild von Team Hamburg
Gruppenbild von Team Shanghai
Gruppenbild von Team Shanghai

Aber inzwischen hat man die Anteile des ursprünglichen chinesischen Partners übernommen und 13000 Mitarbeiter im Lande. Mit 12 Prozent muss man sich auch hinter dem Platzhirsch Haier (24 Prozent) nicht verstecken. Neben dem Hauptsitz Nanjing, wo vor allem Waschmaschinen, kleine Haushaltsgeräte und chinesische Kochgeräte hergestellt werden, gibt es ein großes Werk in Chenzhou unter anderem für Kühlschränke, das derzeit groß ausgebaut wird.

Zeigt her eure Füßchen: Zur Werksbesichtigung mussten alle Schutzkappen anziehen (Klaus Köhler)
Zeigt her eure Füßchen: Zur Werksbesichtigung mussten alle Schutzkappen anziehen
(Klaus Köhler)

Produziert wird in erster Linie für China, den schon jetzt größten Markt für BSH. Nach Deutschland gehen aber zum Beispiel Waschtrockner und kabellose Staubsauger, deren Fertigung wir uns ansehen können. Auch die Tassimo-Kaffeebereiter werden hier von Mitarbeiterinnen montiert.
Wir haben viele Fragen und bekommen bereitwillig Auskunft, aber die Details sollen hier nicht langweilen.

Einige Unterschiede zu deutschen Gewohnheiten sind aber doch erwähnenswert. So wäscht die chinesische Hausfrau nicht nur zweimal die Woche wie die deutsche, sondern mehrmals am Tag und macht dazu viele kleine Häufchen: eines mit der Wäsche für Opa, eines für die Oma, den Mann, die Kinder, eins für Seide, eins für Wolle und so weiter. Und auch der Kühlschrank muss für chinesische Bedürfnisse angepasst werden: kein Butterfach und kein Eihalter, sondern in der Tür ein großer Behälter für Eier, die kiloweise eingekauft werden. Der vernetzte Kühlschrank, der selbst den Nachschub bestellt, wird hier nach Webers Ansicht viel schneller kommen als in Deutschland. Er rechnet bereits in zwei Jahren damit. Schon jetzt bestellen viele Chinesen Lebensmittel online, die in zwei Stunden geliefert werden. In vielen Wohnblocks gibt es dazu bereits große Postabteile mit Kühlfächern.
Was uns überrascht: Geeignetes Personal ist schwer zu bekommen und zwar sowohl Akademiker wie auch einfache Arbeiter. Trotz schlechterer Bezahlung arbeiten viele Frauen lieber im Hotel. Mechatroniker zum Beispiel bildet BSH selber aus in Zusammenarbeit mit einer Berufsschule. In 18 Monaten erwerben die Teilnehmer sowohl einen chinesischen wie auch einen Abschluss von der Deutschen Außenhandelskammer.

: Essen aus der Box: In der Kantine von BSH wurde uns eine leckere Mahlzeit serviert (Klaus Köhler)
Essen aus der Box: In der Kantine von BSH wurde uns eine leckere Mahlzeit serviert
(Klaus Köhler)

Wir sind übrigens jetzt in der Reishälfte Chinas angelangt. Im Norden isst man eher Nudeln, wie wir bei der mittäglichen Suppe fast täglich erlebten. Im Süden dagegen gehört der Reis zum Essen. Die Felder am Straßenrand sind nicht zu übersehen. Der Anbau ist mühsam, wie uns unser Begleiter „Franz“ schildert, und die Produktion reicht auch nicht, so dass China kräftig in Thailand zukauft.

~ Klaus Köhler, Team Hamburg

Tag 47

Xuchang – Bengbu

Hinter’m Horizont geht’s weiter, ja, aber der Horizont ist nicht mehr so klar und blau wie in der Wüste, sondern eher diesig und grau. Aus einem Feriendomizil für chinesische Zeitgenossen, die aus ihren Hochhauswohnungen einmal heraus und in einem etwas verschnörkelten Haus am See frische Luft schnappen wollen, für etwa 900 € pro Tag, aus einem solchen geht es nun weiter -die Belegschaft des Hauses steht zum Abschied Spalier und winkt- weiter Richtung Osten und zum Yangtze, doch zunächst nach Bengbu, einer eher unbedeutenderen Provinzstadt, auch wenn sie 3,7 Mio Einwohner hat.

Unmittelbar hinter der Hotelanlage beginnt wieder einmal eine große Baustelle für eine nach unseren Begriffen ungewöhnlich breite Straße, vermutlich die Vorbereitung für ein neues Hochhausviertel. Auf dem Seitenstreifen wurden schon blühende Rosenstöcke gepflanzt. Wir kommen immer mehr nach Xuchang hinein, die Häuser werden höher und dichter, ein überdimensionales, schwungvolles Portal für ein großes Freizeitgelände, ein Markt mit einem großen Angebot an Obst, vor allem die Pfirsiche wirken verlockend, dann wieder ein Hochhausgerippe ohne den dazugehörigen Baukran oder Lastenaufzug, hier ruhen die Arbeiten offenbar, eine Holperstraße mit Altbauten und Landwirtschaft, ein Dorf mit vielen Motorrollern und den ortsüblichen Kreuzungen zwischen einem Motorroller und einem Lastenfahrzeug und dann endlich die Mautstation und die Autobahn.

Tja, und dann fahren wir durch eine Landschaft, die an Schleswig-Hostein erinnert, entgegen dem Roadbook gar nicht so dicht besiedelt, grün, große landwirtschaftliche Flächen, Pappelalleen, Knicks, Wäldchen, Baumschulen, eingedeichte Flüsse und Wasserlöcher, nur die Schilder an der Autobahn sind nicht blau, sondern grün und die Leitplanken sind hellblau bzw. grün gestrichen. Hin und wieder erinnern aber dann doch große chinesische Schriftzeichen, eine gewaltige Autobahnkreuzung mit vielen Zufahrten auf Betonbrücken oder auch ein altes Haus mit mehreren über einander liegenden geschwungenen Giebeln daran, dass wir im Reich der Mitte sind. Und noch etwas, was es bei uns nicht gäbe: kilometerlang neben der Autobahn in der Landschaft Betonstützen für eine aufgeständerte weitere Straße oder eine Eisenbahnstrecke.

Frau Yang, unsere sehr temperamentvolle chinesische Reiseleiterin erzählt: früher waren viele Kinder die Altersversorgung; wenn man 10 Kinder hat, vielleicht wird einer von ihnen Bürgermeister. Früher suchten die Eltern oder die »rote Dame« die Paare aus, damit musste man sich abfinden, vor allem die Frauen. Meine Eltern haben sich bei ihrer Hochzeit zum ersten Mal gesehen. Sie hatten 13 Kinder, davon starben 6, ich war das 13. Meine Schwiegermutter war eine sehr vernünftige Frau, stand mit den Hühnern auf und ging mit ihnen zu Bett, sie hat eine Zeitlang bei uns gewohnt. Mein Mann hatte die Sorge, dass ich nicht so nett zu ihr sein würde, aber wir haben uns gut verstanden, man soll die Schwiegermutter behandeln wie den Chef. Mein Mann war ihr einziger Sohn, der am Leben geblieben ist. Wer auf dem Land gelebt hat, hatte keine Altersversorgung. Wir unterhalten unsere Eltern, jetzt zahlen wir für meine Schwiegermutter, ihre Töchter pflegen sie. Das ist so üblich in China. Wenn die Kinder die Eltern nicht versorgen, können diese sich bei dem Chef der Kinder beschweren, können sogar vor Gericht ziehen. Das ist konfuzianisches Gedankengut: die Kinder sollen ihre Eltern ehren, die Eltern sollen aber auch Vorbild sein. Wer zu seinen Eltern schlecht ist, den soll man nicht zum Freund nehmen. Auch: eine gute Frau heiratet nicht zum zweiten Mal. China ist noch ein Land für Männer, die dürfen alles. Ich bin nicht dieser Meinung und werde dafür von manchen kritisiert, trotzdem habe ich das Konfuzianische im Kopf. Mao wird noch von vielen verehrt. Er hat die Kolonialzeit beendet. Er hat unsere Füße befreit, 1949 wurde das Einschnüren der Füße verboten. — Und dann gibt sie noch einen Zickzacklauf durch die jüngere und ältere chinesische Geschichte sehr amüsant mit persönlichen Bemerkungen gewürzt, aber so vielfältig und schnell, dass der Protokollant nicht mitkommt.

Rainer zur Altersversorgung: In China gibt es weder Arbeitslosengeld noch Sozialhilfe, dies wäre in China nicht zu finanzieren. Generationenvertrag bedeutet in China, dass sich die Kinder um ihre Eltern zu kümmern haben. Es wäre für Chinesen undenkbar, in einem eigenen großen Haus zu wohnen und die Eltern in einem Seniorenheim unterzubringen und dort einmal in der Woche zu besuchen.

Bauern und Selbständige erhalten keine Altersversorgung. Beamte erhalten 100% ihres letzten Gehaltes. Staatsbetriebe zahlen Betriebsrenten. Wenn sie Pleite gehen, können die Renten nicht mehr erwirtschaftet und bezahlt werden. Dies führt dann zu Konflikten mit der Regierung. Wie die Altersversorgung im privatwirtschaftlichen Bereich aussieht, lässt sich generell nicht sagen. Das ist sehr unterschiedlich geregelt. Jeder muss da auch selbst für sich Vorsorge treffen, im Notfall hilft die Familie.

Nach dem Mittag ist die Landschaft weiter ziemlich schleswig-holsteinisch, nur die Bäume neben der Autobahn sind dichter, man fährt zeitweise wie durch eine Allee, und so viele Baumschulen wie hier gibt es bei uns nicht. Auch gibt es mehr Teiche, Fischteiche? Ja, nach der Hungersnot hat Mao verfügt, dass jedes chinesische Dorf einen Fischteich anlegen soll. Was auch anders ist, sind die gefluteten Reisfelder, die immer häufiger auftauchen. Die Schilder an der Autobahn sind übrigens anders als bei uns freundlicherweise meist zweisprachig, chinesisch und englisch. Dann verlassen wir die Autobahn, die Bebauung verdichtet sich, Industriebauten und schließlich auch Hochhäuser segeln vorbei, wir sind in Bengbu am Huai-Fluss der Wetterscheide zwischen Nord-und Südchina. Auf dem Fluss mehrere Binnenschiffe. Man kann sie unterscheiden nach staatlichen aus Stahl und den privaten aus Beton, letztere sollen leichter zu reparieren sein.

Nach einem abendlichen Gang durch die Stadt muss man feststellen, dass auch in Bengbu keineswegs bei Dunkelheit die Bürgersteige hochgeklappt werden, im Gegenteil: auf dem riesigen zentralen Platz herrscht auch noch um 21.30 Uhr reges Leben, Groß und Klein lustwandelt und amüsiert sich, an 5 oder 6 Stellen wird zur Musik aus Ghetto-Blastern Walzer, Discofox und eine sehr rhythmische chinesische Spezialität getanzt oder gemeinsam in großer Gruppe mehr gymnastische Übungen absolviert, wobei jeder mitmachen kann und alle sehr freundlich sind. Wir haben natürlich Walzer getanzt.

~ Wolf-Dieter Hauenschild, Team Shanghai

Tag 46

Luoyang – Shaolin – Xuchang

Immer noch ungewohnt nach den langen Wüstenfahrten morgens der Dunst der Feuchtigkeit oder Smog. Heute also Kung Fu und Shaolin Kloster. Die Schule, die wir zuerst besuchen, wurde von einem ehemaligen Kung Fu Star gegründet. 6000 Schüler von 6 -18 Jahren, das Schulgeld beträgt 10 000 – 20 000 Yuan pro Jahr. Nicht jeder wird ein Filmstar, aber in Sicherheitsdiensten oder bei der Polizei ist Bedarf. An zwei Schülern in Tarnkleidung auf Wache vorbei zum großen Hof – gezählt 39 Reihen von rotgekleideten Schülern mit ca. 95 Schülern pro Reihe, eine große rote Fläche.

Vorne der Direktor redend, die Schüler – wie überall auf der Welt – unruhig zappelnd. Weiter zur Sporthalle mit dem in gelber Seide gekleideten Empfangskomitee – drinnen sehr laute Musik und dann mit imposantem Fahnenauftritt die atemberaubende Demonstration der Kung Fu Schüler – synchron mit den körperbetonten Übungen laute Schreie zur Untermalung des Kampfes. Verschiedene Kampftechniken mit großen Holzstangen, Schwertern, dreigliedrigen Holzstäben, Ketten, Keulen. Bei einigen Darbietungen dachte ich an Roncalli. Beeindruckend in der rasenden Schnelligkeit immer wieder die Konzentration auf die Übung, der Moment der Besinnung und höchsten Sammlung, bevor es weiterging.
Danach die Fahrt zum Shaolin-Kloster im Sung Shan Gebirge. Idyllisch grüne, fast vulkanähnliche Berge. Am Kloster waren wir nicht allein, chinesische Familien und Paare überall, gelebte Religiosität. Ursprünglich 495 n. C. gegründet, wurden die Gebäude 1984 im alten Stil neu erbaut.

Vor jedem der Tempel große eiserne Becken als rauchende Opferstellen, betende Gläubige, glimmende Räucherstäbchen. Etwas abgelegen der 1000 jährige Pagodenwald mit der Asche der Mönche, heutzutage nur noch Äbte. Die jüngste mit Auto, Laptop und ähnlichen modernen Hilfsmitteln dekoriert inkl. Kung Fu Bildern, auf das im Jenseits alles zur Verfügung stehe. Jetzt zur Stärkung eine große Schüssel Nudeln mit Stäbchen – es wird.
Wir verlassen die Hügel, plattes Land, viele Felder, alles Grün. Die Hauptzufahrtsstraße in Xuchang in totaler Renovierung, es wird synchron gegraben, gebaut, verbreitert, Bäume gepflanzt – unglaublich! Das Hotel knapp daneben, eine Oase. Im toskanischen Stil. Unerwartet.

~ Barbara Harland, Team Hamburg

Tag 44

Stadtbesichtigung Xi’an

Nur wenige innerstädtische Fahrkilometer waren heute zurück zu legen. Dafür aber umso mehr die leidige Parkplatzsuche für die Busse. Geduld und Nervenstärke waren für unsere beiden Fahrer Christian und Marcus eine ständige Herausforderung.

Erstes Besichtigungsziel war die Große Wildganspagode. Einige scheuten nicht den relativen steilen Aufstieg über Holztreppen zur obersten Etage der renovierten Pagode. Zur Belohnung hatte man von oben einen herrlichen Ausblick auf die Stadt Xi’an. Danach ging es zu einer Jade-Schleiferei – nur Geschliffen wurde vor Ort nicht. Vielmehr stand der Verkauf von Jadeschmuck und -figuren im Vordergrund. Dennoch, eine kleine Einführung vor Ort vermittelte einen Überblick zum Schmuck- und Edelstein Jade. Ergänzt wurde das Thema ”Jadeit-Jade-Nephrit” später im Bus von Wolfgang. Die mineralogische Zusammensetzung dieses Gesteins, Farbe, Transparenz, Echtheit, Fälschungen, offizielle Handelsbezeichnungen kontra petrografische Namensgebung und letztendlich die Verarbeitung wurde angesprochen. Zumindest vorübergehend wurden so die ZEIT-Reisenden zu Jade-Fachleuten und man hatte plötzlich einen ganz neuen Bezug zu diesem grünen, weißen, cremefarbigen und braunen Werkstoff, der in China große Hochachtung erfährt. Ganz egal: Der Stein muss einem Gefallen und man möchte nicht zu viel bezahlen. Das Geschäft wies schon eine gute Qualitätsauswahl von Jadeprodukten auf. – Ganz und gar nicht mit den vielen (Pseudo-)Produkten an den zahlreichen Markt- und Touristikständen in Xi’an und anderen chinesischen Städten zu vergleichen.

Bei der Mittagspause in der Stadt servierte man uns in großen Schüsseln die für diese Region typischen breiten Bandnudeln. Essen ist in China immer wieder ein Erlebnis! Danach besuchten wir das Moslemviertel mit der Moschee, die hier ganz im Stil eines chinesischen Tempelt errichtet ist. Die sonst so klassischen Kuppeln und Minarette fehlen hier. Individuell konnte man anschließend einen Bummel über die lebhafte Geschäftsstraße in der Innenstadt unternehmen. Kleine Restaurants, Imbissstände, die Zubereitung von Teigtaschen und Süßwaren bestimmten das Straßenbild. Wer wollte konnte noch bis zum Trommelturm oder sogar bis zum Glockenturm spazieren.

Abends gab es wiederum eine kulinarische Spezialität in einem Restaurant. Am runden Tisch wurde uns eine Vielzahl an verschiedenen Maultaschen serviert. Die mit Gemüse, verschiedenen Fleischarten und Süßem gefüllten Teigtaschen wurden liebevoll in diversen Formen in Gestalt eines Huhnes, einer Ente, eines Fisches, einer Kohlpflanze, einer Walnuss u.v.m. auf den Tisch gebracht. Diese Art der Maultaschen sind für Xi’an ganz typisch.
Wahlweise bestand zum Abschluss des Abends noch die Möglichkeit eine Musik- und Tanzvorführung im Stil der Tang-Dynastie zu besuchen. Ein ansprechendes, wechselndes Bühnenbild sowie sehr gute musikalische Leistungen und authentische Tanzdarbietungen ließen diese 70-minütige Veranstaltung zu einem besonderen Erlebnis werden.

Die Terrakotta Armee in Xi'an
Die Terrakotta Armee in Xi’an

Xi’an zeigte sich uns somit von ganz unterschiedlichen Seiten: Terrakottaarmee, kulinarische Köstlichkeiten, Wasserspiele, klassische Musik, buntes Leben in den Straßen und Gassen, buddhistische Pagoden, Tempel und Moscheen. All dies macht Xi’an, die Stadt am Beginn bzw. Ende der Alten Seidenstraße, zu etwas Besonderem. Für uns endet die Seidenstraße nicht hier. Unsere Fahrt führt noch ein gutes Stück weiter, über die Neue Seidenstraße, bis nach Shanghai.

~ Wolfgang Pohl

Tag 43

Baoji - Xi’an

Heute stand der nur 214 km lange Streckenabschnitt von Baoji nach Xi’an auf dem Programm. Die gut ausgebaute, fast autoleere Autobahn führte uns direkt nach Xi’an, der 9,6 Millionen Einwohner zählenden, ehemalige Hauptstadt Chinas und heutige Hauptstadt der Provinz Shaanxi. Bereits am Stadtrand von Xi’an wurden wir von den Häusermeer der Trabantenstädten Qianxian und Xianyang begrüßt. In den Hochhäusern leben derzeit mehr als 2 Millionen Menschen. Die Wohnungen sind durchschnittlich 80-120 m² groß und können für maximal 70 Jahre gepachtet werden. Für Büroräumlichkeiten gelten in China nur 50 Jahre und für Geschäftsräume lediglich 40 Jahre.

Team Hamburg in Xi'an
Team Hamburg in Xi’an

Gegen Mittag erreichten wir das Grabungsgelände der weltberühmten Terrakottaarmee. Groß angelegte Parkplätze, hunderte von Verkaufsständen und gut ausgeschilderte Wege zu den Museumshallen signalisierten uns, dass wir hier nicht die einzigen Besucher waren. Gruppenfoto mit Banner – und los ging es auf Entdeckungstour zu den in Formation aufgestellten Wächtern, Gardesoldaten, Soldaten und Bogenschützen der Grabstätte des ersten Kaisers von China, Qin Shihuangdi. Automatisch wird man von der Vielzahl der Figuren in den Bann gezogen. Vor allem die Detailliertheit ist faszinierend, egal ob es sich um die Panzerung, die Schuhe oder die Armhaltung der Soldaten handelt. Jeder Kopf mit den individuellen Gesichtszügen und der Haartracht stellt für sich diese Einzigartigkeit der dargestellten Person dar. Nach dem Mittagessen im Restaurant innerhalb des Museumsgeländes ging die Besichtigungstour weiter. Halle 1 zeigt die größte Ansammlung von Soldaten in Schlachtordnung aufgereiht. Halle 2 mit weniger gut erhaltenen Tonfiguren stellt wohl die Kommandozentrale dar. In Halle 3 sieht man recht deutlich wie die Anlage mit ihren Erdgräben, Tunneln und Holzabdeckungen konstruiert wurde. Hier sind auch einige bemalte Figuren und ein Tonpferd in Lebensgröße in Glasvitrinen ausgestellt.

Vor dem Check-in im Hotel hieß es noch für unsere Fahrer die Nerven zu behalten und ganz, ganz cool zu bleiben. Die Busse mussten geschickt rückwärts an der Hotelzufahrt eingeparkt werden. Dies ist wahrlich keine einfache Sache, da die Busse nun mal deutlich länger als ein Pkw sind und der Aktionsradius deutlich größer ist. Immer wieder versuchten ungeduldige Auto-, Taxi-, Fahrrad- und Motorradfahrer jede Lücke zu nutzen, um sich noch am Bus vorbei zu drängen. Während die Fahrer mit ihren Parkaktionen beschäftigt waren, mussten sich die Reisegäste mit ihrem Gepäck vor den Aufzügen in Geduld üben. Nur sehr schleppend ging es hier weiter.

Nach dem Abendessen gab es für alle noch einen Höhepunkt. Die abendliche Fahrt im Bus führte zur beleuchteten Großen Wildganspagode. Hunderte von Besuchern drängten sich um die riesigen Wasserbecken, um das illuminierte Wasserspiel mit musikalischer Begleitung live zu erleben. Ein grandioses, 20-minütiges Spektakel: die beleuchteten Wasserfontänen im rhythmischen Spiel zur Musik vor der eindrucksvollen Kulisse der Großen Wildganspagode, dem Wahrzeichen der Stadt Xi’an. Für uns ein tolles Erlebnis; für die Fahrer nach der Rückkehr ein erneutes Einparken beim Hotel.

~ Wolfgang Pohl

Tag 42

Lanzhou-Baoji

Die 518 km lange Fahrt von Lanzhou nach Baoji führte durch eine fantastische Naturlandschaft aus gewaltigen Lößablagerungen und tief eingeschnittenen Tälern mit steilen, fast senkrechten Terrassenkanten. Die Mächtigkeit dieser Lößpakete variiert hier zwischen 20 m bis zu 280 m. Auffallend sind die kahlen, aus früheren Zeiten abgeholzten Hänge. Die heutige Bevölkerung hat inzwischen Unglaubliches geleistet, um der fortschreitenden Erosion Einhalt zu gebieten. Isohypsenparallel hat man hier unterschiedlich große Terrassen angelegt. Zum Teil sind diese Terrassen mit Bäumen bepflanzt, andere schmale und breitere Parzellen werden ackerbaulich genutzt. Neben diversen Kohlarten, Zwiebelgewächsen und Bohnen bestimmen Weizen, Buchweizen, Mais und Hirse die Felder. Auffallend sind immer wieder kleinere Felder mit blau-violett blühenden Pflanzen. Hier handelt es sich um bodenverbessernde Leguminosen, ähnlich unserer heimischen Luzerne. Hin und wieder sieht man in den breiteren Talungen in der Nähe der Gehöfte und der kleinen Siedlungen sog. Unter-Plastik-Kulturen. Gurken und Tomaten reifen unter den Kunststoffabdeckungen schneller heran.

Natürlich könnte man den Tag unter das Thema “Lößplateaus in China – Eine Fahrt über gut ausgebaute Autobahnen” stellen. Aber wir haben die Rechnung ohne unseren Fahrer Ruven gemacht. Er will uns heute “sein” China zeigen. An der Autobahngabelung bei Dingxi folgte er nicht dem Navigationsgerät in Richtung Tianshui sondern versehentlich der nördlichen Strecke via Pingliang. Die nur in chinesischen Schriftzeichen versehenen Hinweisschilder konnten in der Schnelle des Vorbeifahrens nicht identifiziert werden. Nach wenigen Kilometern wurde jedoch dieses kleine Versehen erkannt, aber genauso schnell stellte man fest, dass die eingeschlagene Wegstrecke nur unwesentlich länger über die Autobahn G70 und die kleine Landstraße via Ankou auf eine andere autobahnähnliche Straße nach Baoji führt. Warum also nicht diese Route nehmen? Etwas Besseres konnte uns gar nicht passieren. Die Landstraße von der Autobahnabfahrt bei Sishilipu nach Ankou und weiter nach Long Xian erwies sich als eine grandiose Fahrstrecke. Über Serpentinen erreichte man die Hochfläche des Lößplateaus. Dass man immer wieder sehr langsam fahrende Lastkraftwagen und/oder dreirädrige Motorräder vor sich hatte, störte keinen. Geduld und Gelassenheit erwies sich als Selbstverständlichkeit. Bei dieser Geschwindigkeit reduzierten Fahrt konnte man umso besser die herrliche Lößlandschaft beiderseits der Strecke genießen. So war nach kurzer Zeit an geeigneter Stelle auch ein Fotostopp angesagt. In den Lößwänden hineingetriebene Höhlen, die früher als Wohnungen dienten, sowie die terrassierten Hänge waren unser Besichtigungsmotiv. – Kaum hatte unser Bus angehalten und wir waren ausgestiegen, kamen uns auf der Landstraße ein Lkw entgegen. Der Fahrer des Lkw’s hielt spontan an, stieg aus, zückte sein Handy und fotografierte uns und unseren Bus. So etwas hatte er wohl zuvor noch nicht gesehen. Abseits aller Touristenpfade ein hypermoderner Reisebus aus Deutschland und wild durch die Gegend laufende, fotografierende Touristen – heute Abend hatte er zu Hause bestimmt etwas zu erzählen. Eine Begegnung mit der anderen Art?

Nach dieser kurzen Fahrtunterbrechung setzten wir unseren Weg fort. Wir passierten kleine Ortschaften. Die eingeschossigen Häuser in geschlossener Bebauung wirkten fast so, als würden sie an dem Wettbewerb “Unser Dorf soll schöner werden” teilnehmen. Zwischen der zurückgesetzten Häuserzeile und der Straße mit dem Abwassergraben haben die Bewohner immer gepflegte Kleingärten mit Gemüsebeeten und Obstkulturen angelegt. Eine kleine Brücke oder ein einfacher Steg verbinden jedes einzelne Haus mit der Straße. Bei Long Xian, einer etwas größeren Siedlung, dann der Kontrast. Wir durchfuhren eine Ortswüstung. Menschenleere Häuser, zerbrochene Scheiben, Tür- und Fensteröffnungen schauten uns wie tote Augen an, Grau in Grau: Ein Bild der Trostlosigkeit. Kurz darauf präsentierten sich uns jedoch wieder neue, adrette Hauseinheiten. Hier hat man die Menschen wohl umgesiedelt. Entlang des Flusses Qian He ging es dann weiter nach Baoji.

An der Stadtgrenze, direkt hinter der Mautstelle, die von uns fast schon ersehnte Polizeikontrolle. Mehrere Polizeibeamte bestaunten unseren Bus, machten Fotos von außen und von innen. Das Erstaunen war den Polizisten förmlich ins Gesicht geschrieben. Des Rätsels Lösung: Sie sahen den vermeintlichen ZEIT Reisen-Bus aus Deutschland zum zweiten Mal. Da war dieser auffällige, dunkelbraune Bus schon wieder da. Wie ist dies nur möglich? Unser chinesischer Guide “Franz” erklärte, dass wir mit zwei Bussen unterwegs sind und der gleichgestaltete Parallelbus erst kurze Zeit zuvor an eben diesem Polizeiposten kontrolliert wurde. – Ein erleichterndes Lächeln auf den Gesichtern der Polizisten. Unser Fahrer Ruven musste nur noch seinen Führerschein vorzeigen. Die Frage des Polizisten, ob er Uigure sei, brachte uns zum Schmunzeln. Jetzt hatten wir sogar einen “Wahl-Uiguren” an Bord. Natürlich mussten die Beamten auch etwas finden und monieren. Es waren Ruven’s Füße. Zwar sauber und gewaschen, jedoch ohne Schuhe. Argumente, man sei von den Black Föös, ließ man nicht durchgehen. So darf man in China keinen Bus fahren. Schnell waren Flip-Flops angelegt; auch dies ist nicht erlaubt. Also wurden die Sandalen angezogen. Nun war alles wieder in Ordnung und weiter ging die Fahrt bis zu unserem Hotel in Baoji.
Alles in allem ein äußerst interessanter Tag, Dank unserm Ruven!

~ Wolfgang Pohl

Tag 41

Lanzhou

Lanzhou ist – um Rainers Worte zu gebrauchen – kein kulturhistorisches Epizentrum. Aber, und da sind alle nicht nur durch das gute Hotel mit seinem reichhaltigen Abend- sowie Frühstücksbuffet beeinflusst, es erscheint auf den ersten Blick besser als sein Ruf. Die bestätigt auch der Vormittag.

Standansicht von Lanzhou
Standansicht von Lanzhou

Mit Sally, einer wieder mal charmanten lokalen Reiseführerin, geht es zunächst zum Weiße-Pagode-Park. Wir erklimmen den Gipfel, auf dem die Pagode thront, und sind fasziniert von der Landschaft, den Gebeten von Pilgern in einem buddhistischen Tempel, hervorragend zeichnenden Schülern und rhythmisch singenden Chören. Von hier ist auch die 1906 von deutschen Ingenieuren erbaute eiserne Brücke über den Gelben Fluss zu sehen – dem Mutterfluss der chinesischen Zivilisation. Lange beeindruckt von der Standfestigkeit des Bauwerks entschloss man sich 2004, diese Brücke nur noch zur Nutzung für Fußgänger und Radfahrer freizugeben.

Neue Wohnsiedlungen in Lanzhou
Neue Wohnsiedlungen in Lanzhou

Unser nächstes Ziel ist der Fünf-Quellen-Park. Der Legende nach gelang es einem zur Sicherung des Hexi-Korridors abgestellten General im 2. Jahrhundert vor Christus mit fünf Schlägen auf dem Fels fünf Quellen zu erschließen. Hiermit konnte er seine dürstenden Soldaten versorgen. Weitere Legenden ranken sich um weitere Quellen.
Sally, Mutter eines achtjährigen Jungen, erzählt an dieser Stelle auch aus ihrem persönlichen Leben. Da es bereits einen männlichen Nachfolger in der Familie gibt, entschloss man sich, auf ein weiteres Kind zu verzichten. Zu hoch seien die anfallenden Kosten bei der Verheiratung, sollte das zweite Kind ebenfalls ein Junge sein.
Das Mittagessen findet in einem stark frequentierten Restaurant, bekannt für seine »Beef Noodles«, statt. Nach Meinung Sallys »China’s best!«. Den anschließenden Ausflug zu den zur Bewässerung dienenden Wasserrädern schenkte sich der Blog-Schreiber. Er beschloss, sich im Pool selber zu wässern.

Dann der Abend. Ein schmackhaftes Essen und eine wunderbare Schifffahrt auf dem Gelben Fluss im Lichtspiel der ganz offenkundig im Dumont-Reiseführer zu schlecht beschriebenen Stadt Lanzhou. Nach meiner Recherche sind die vom Schiff aufgenommenen Fotos trotz der reichlich ausgeschenkten Stimmungsbegleiter der Geburtstagskinder Rainer und Klaus nicht verwackelt! Liu Guosheng, der uns Richtung Hamburg verlassen wird, erfährt zum Abschied noch einen musikalischen Gruß als Dankeschön.

Ein wirklich gelungener Tag!

~ Bert Becher, Team Shanghai

Tag 40

Zhangye – Lanzhou

Der Tag beginnt um 8.00 Uhr mit einer sehr angenehmen Nachholung eines gestern nicht mehr geschafften Punktes. In Zhangye schauen wir uns den liegenden Buddha an. Der Kloster- und Tempelkomplex liegt direkt gegenüber von unserem Hotel. Der Buddha ist 34,5 m lang bei einer Schulterbreite von 7,5 m. Er wurde 1098 aus Lehm und Stroh geschaffen und dann bemalt und vergoldet. Die Nebengebäude im Areal sind auch bemerkenswert. Ein Museum klärt auf über die chinesische Druckkunst. Mehrere Pagoden enthalten Buddhas und seine Begleiter. Eine Skulptur zeigt einen weißen Mönch, der während der Kulturrevolution den großen Buddha und die ganz Anlage geschützt hat.

Um 9.00h geht es raus aus der quirligen Millionenstadt durch die schmalste Stelle des Hexi-Korridors. Die landwirtschaftliche Nutzung wird mehr, nach und nach bleibt die Wüste hinter uns zurück. Rechts plötzlich ein Stück original chinesische Mauer – alt, unrestauriert, im Originalzustand. Dann kreuzt die Straße die alte Mauer an einem Wachturm. Und jetzt kilometerlang haben wir die Mauer links.

Nun kommt etwas Besonderes, das wir Liu Guosheng, dem Chef von China Tours, der bei uns im Bus war, zu verdanken haben. In Yongchang, einem Städtchen am Wege, haben wir ganz tief in die Geschichte gegriffen im Jahre 53 v. Chr kämpfte Crassus aus dem ersten römischen Triumvirat bei Palmyra gegen die Parther. Er wurde vernichtend geschlagen. Eine überlebende Legion soll es geschafft haben, sich über Usbekistan bis ins chinesische Yongchang durchzuschlagen. Dort machten sie sich dank ihrer unkonventionellen, römischen Kampfweise beliebt und durften sich ansiedeln. Das Denkmal und die Häufigkeit großer, hellhaariger und -äugiger Menschen hier legt nahe, das alles zu glauben.

Die restlichen 250 km des Tages sind schnell erzählt. Einmal gigantische Sonnenkollektoren Felder rechts und links, wohl 2 – 3 qkm. Ein Pass mit über 3000 m Höhe. Es wird immer grüner, auch kühler. Viel Mais und Weizen. Bei immer noch 1600m üdM kommen wir nach Lanzou – Wow! Jetzt geht es los mit den chinesischen Megastädten!

Grüsse aus Lanzou
~ Dr. Frank Arenz, Team Hamburg

Tag 38

Dunhuang – Jiayuguan

Zur großen Mauer

Die Fahrt erstreckt sich durch den Hexi Korridor in Richtung “Zentralchina”, mit dem Etappenziel Jiayuguan, wo wir auf die westlichen Ausläufer der “großen Mauer” treffen werden (chinesisch: lange Mauer. Uns wurde erklärt, dass die Mauer selbst als Zeichen der Schwäche gesehen wird und deshalb nicht “groß” genannt werden kann).

Während der entspannten Autobahnfahrt denken wir über unsere Einstellung zu diesem Land nach. Auch kommen wir besser zurecht, lernen die zahlreichen Lichtschalter und Badezimmerarmaturen zu dechiffrieren und organisieren uns mit dem Frühstücksbuffet: reichliche Auswahl, Suppe, Gemüse, Reis, Nudeln, Fleisch.

Chinesisches Frühstück (Ulf Baumhackl)
Chinesisches Frühstück
(Ulf Baumhackl)

Der Hexi Korridor erstreckt sich insgesamt über 1000km. Wir genießen das Panorama des Qilan Gebirges, über 5000m mit schneebedeckten Gipfeln, dahinter liegt Tibet. Im Norden begrenzt die Gobi. “Franz” (Chan Jun) beginnt einen Vortrag über den chinesischen Alltag mit Schwerpunkt “Zensur”. Die chinesische Denkweise stellt die Gemeinschaft über das Individuum. Die Partei sorgt für Wohlstand. Protestaktionen finden statt, müssen angemeldet sein. Kontrollen sind allgegenwärtig, die Politik darf nicht in der Öffentlichkeit kritisiert werden, “ungesunde Themen” (wie Erotik) werden tabuisiert. Aber natürlich gibt es Nachtlokale mit besonderer Struktur, im ersten Stock Karaoke, im zweiten ein Schwimmbad und im Dachgeschoss Freizügigkeit. Es existieren auch Coiffeur-Salons ohne Kamm und Schere…Verstörend ist die Beschreibung der Menschen, die auf dem Lande leben und deshalb negativ bewertet werden. Dunkel gebräunte Haut wird mit Arbeit im Freien in Verbindung gebracht, man sieht vermummte Personen mit Gesichts- und Armschutz, fast an Skikleidung erinnernd, bei über 30 Grad und Sonnenschein.

Mittagessen Autobahnraststätte Yumen (Erdölindustrie), ausnahmsweise kleines Buffet (wie Frühstück) statt nur Nudeln. Zum Trinken wird heißes Wasser serviert. Wir erreichen den “Pass zum gepriesenen Tal”, eigentlich ein Kontrollpunkt, gelegen zwischen Qilan-Gebirge im Westen und den schwarzen Bergen (Hei Shan) im Norden. Hier befindet sich, am westlichen Ende der großen Mauer, die 1372 errichtete Festung Jiayuguan. 1988 erfolgte eine Restaurierung.

Jiayuguan, dreigeschossige Turmbauten (Ulf Baumhackl)
Jiayuguan, dreigeschossige Turmbauten
(Ulf Baumhackl)

Über ein System von Wachtürmen wurden Nachrichten tagsüber durch schwarze Rauchzeichen und während der Nacht über Feuersignale innerhalb eines Tages bis Beijing geleitet! Bis zu 30000 Soldaten waren stationiert. 14km von Jiayuguan entfernt gelangen wir zu der “hängenden großen Mauer”.

Bei der hängenden großen Mauer (Ulf Baumhackl)
Bei der hängenden großen Mauer
(Ulf Baumhackl)

An dieser Stelle kreuzt die alte Seidenstraße die Ming-Mauer (gebaut 1540). Wegen der Steilheit kann in perspektivischer Abhängigkeit der Eindruck entstehen, dass die Mauer “in der Luft hängt”.
Im Museum wird ein Überblick geboten: 3000 Jahre große Mauer, 100 000 li lang (ein li entspricht etwa 500m). Das militärische Abwehrsystem gegen Invasoren aus dem Norden (etwa Hunnen) wurde während der verschiedenen Dynastien, auch in Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Waffen und Abwehrsysteme, baulich verändert. Der Schutz ermöglichte die Weiterentwicklung des chinesischen Kernlandes und diente der Protektion des Hexi Korridors und damit der Seidenstraße. (Three thousend years in time, one hundred thousend li in length. History of the great wall)

~ Ulf und Martine Baumhackl, Team Hamburg

Tag 37

Dunhuang

Heute blieben wir den ganzen Tag in Dunhuang, der Oasenstadt am Westende des Hexi-Korridors. Ursprünglich hatte ich mich ein wenig gefürchtet vor dem geplanten Tagesprogramm, aber jetzt, nachträglich, war es für mich einer der spannendsten, interessantesten Tage dieser Reise.

Wir hatten einen frühen Start, zu den „Singenden Bergen“: hohe Sanddünen soweit das Auge reicht, der Sand singt wenn der Wind ihn bewegt.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag 37_Bild1

Dort angekommen gab es viele Möglichkeiten und Angebote, um die Zeit zu verbringen. Man konnte z.B. auf einem Kamel durch die Dünen ziehen (tausend Kamele waren ununterbrochen im Einsatz), mit Hubschrauber oder Leichtflugzeug die Dünen von oben anschauen, mit Quads darin herum knattern, und auf Plastikbrettern von -halb – oben herunter rutschen – die Aufzählung ist sicher nicht vollständig.

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Ich bin stattdessen den Fußweg zum Mondsichelsee gegangen, langsam, mit Muße. Es war wunderbar, an mehreren Stellen war ich ganz alleine unterwegs, sah die kleinen Quellen die manchmal aus dem Sand sprangen, roch die Lavendelfelder die an einigen Stellen angelegt worden waren.

Am Mondsichelsee waren dann plötzlich sehr viele Menschen, viele aus Angst vor Sonnenbräune aufs kreativste vermummt, viele trugen rote Plastiksäcke in Stiefelform an den Beinen, damit auch ja kein Sand in die Schuhe gerät.

Der Mondsichelsee, in seiner kleinen Oase mitten zwischen den Dünen, mit einer Pagode, einigen Lädchen, sehr ordentlichen Toiletten, macht seinem Namen Ehre. Sein Wasser, je nachdem von wo man ihn betrachtet, erscheint grünlich bis blau. Wunderschön.

Erholt zum Treffpunkt, zum Mittagessen, danach ausgeruht und erwartungsvoll zu den Mogao-Grotten. Auch dort gibt es tausende Besucher pro Tag; ein ausgeklügeltes, aufwendiges, sehr gut funktionierendes Voranmeldungs-System sorgte dafür, dass wir ganz pünktlich im Empfangsgebäude eingelassen, durch Filme gut vorinformiert wurden, mit Shuttle Bussen mehrere Kilometer zu den Grotten befördert wurden. Dort erhielten wir eine VIP Führung durch ausgewählte Höhlen. Von den fast 400 Grotten sahen wir die mit den Nummern 96, 148, 105, 103, 104, 249,296, 329, 16, 17. Alle sind ausführlich in den diversen Reiseführern beschrieben worden, Einzelheiten erspare ich mir.

Diese Grotten sind uralt, entstanden und ausgemalt in der Zeit zwischen dem 4. bis 12. Jahrhundert nach Christi. Sie sind so gut erhalten, weil sie im Sand versunken waren und deshalb vor Wind, Wetter und Räubern geschützt waren. Die Malereien sind farbig wie zur Zeit ihrer Entstehung und zeigen nicht nur religiöse Szenen, sondern stellen auch das profane Leben der Zeit dar, in der sie entstanden. Sie sind also eine sehr gute Quelle für Historiker und Forscher.

Verschiedene Archäologen nahmen tausende von Schriftrollen mit, ließen aber die Wandmalereien und Statuen am Ort, nun für uns zu bewundern und zu bestaunen. Diese Wandmalereien zeigen immer wieder Apsaren im Hintergrund. Eine Apsara ist ein buddhistischer „guter“ Engel, ernährt sich von Blumen und duftet selbst wundervoll. Er spielt ein Musikinstrument und kann herrlich singen, das tut er immer dann, wenn ein Buddha predigt. Solche Apsaren findet man im Empfangsgebäude der Mogao Grotten und zwar lebende. Wunderschöne Frauen in wunderschönen Kostümen nehmen Apsara-Posen ein damit Besucher sie fotografieren können. Die Besucher stellen sich dann dazu, nehmen die gleichen Posen ein und erst dann wird fotografiert. Das sieht dann aus wie auf dem beigefügten (putzigen) Bild.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag 37_Bild3

Erfüllt mit Ehrfurcht, Staunen und Bewunderung für diese Zeugen der Vergangenheit verließen wir die Grotten und beendeten den Tag mit einem BBQ an einer versteckten Stelle in den Dünen, sowie einem Feuerwerk.

Ein perfekter Tag!

~ Ingrid Lau, Team Shanghai

Tag 36

Hami – Dunhuang

Was denn jetzt? Tai Chi oder Gymnastik im Park neben dem Hotel in Humi vor der Weiterfahrt? Jede Gruppe spielt ihre eigene Musik. Melodisch zu den fließenden Bewegungen der Tai Chi Gruppe mit Schwert oder poppig die Gymnastikgruppe. Hier mach ich mit.

Fit für die Fahrt von Wüste zu Wüste nach Dunghuang. Dabei sind heute Lukas, Franz und Wolfgang. Ruven fährt. Tour d’horizon über die chinesische Kultur im Allgemeinen und besonderen. Vom Gebrauch der Essstäbchen bis zum Frühstück. Lukas spricht von herzberührenden Kleinigkeiten und Reisbrei, Ölstange, von Teigbällchen mit oder ohne Füllung: Mantu oder Baoze. Salzgemüse rundet die Köstlichkeit ab. Tee gehört dazu. Chinesische Weisheit: öfters zu den Tellern laufen, wenig nehmen, Teller leer.

Auch Konfuzius wird uns nahe gebracht, seine Ethik und das Gelehrtentum. Im neuen China wieder gefragt. Jetzt wissen wir auch mehr von den Dynastien: Han, Tang, Sung und den Zeiten dazwischen. Manchem raucht der Kopf. Die Geschichte zu kennen, bedeutet für uns, das moderne China besser verstehen zu lernen mit seinen Widersprüchen und Herausforderungen der heutigen Zeit. Zur Vorbereitung auf den morgigen Besuch der Mogao-Grotten erläutert Lukas uns den Buddhismus von den Anfängen bis zur Jetztzeit.

Gegen Mittag erreichen wir den Sternenpaß mit 1700 m. Wir verlassen Chinas größte Provinz Xinjiang und den Taklamakan Desert Highway und fahren in die Provinz Gansu auf dem Gansu Express-Highway.
Wir sehen Wachturmruinen und mächtige Steingebilde, die Ausläufer der Großen Mauer sein könnten. Dann wieder nach dem Wüsteneinerlei kleine Oasen mit Baumwoll- und Kürbispflanzungen. Zuletzt begleitet uns die allgegenwärtige Tamariske bis Dunghuang. Im Hotel hot towel und Tee zur Begrüßung. Schön!

~ Hildegard Meyer, Team Shanghai

Tag 34

Turfan

Heute einmal etwas ganz Neues: Keine Pass- oder Polizeikontrollen. Der gesamte Tag steht im Zeichen der Besichtigungen innerhalb der Turfan-Senke. Diese Depression ist die zweittiefste Stelle weltweit nach dem Toten Meer und weist max. eine Tiefe von -154 m auf. Unsere Besichtigungspunkte lagen jedoch „nur“ zwischen -128 m und -142 m.
Erstes Tagesziel waren die Flammenden Berge. Die roten Sandsteinformationen leuchten normalerweise je nach Sonneneinstrahlung in zig verschiedenen Ocker- und Rottönen – vorausgesetzt das Wetter spielt mit. Leider zeigte sich an diesem Vormittag die Sonne nicht so recht. Es war mäßig bewölkt und leicht nebelig. Doch das störte unsere Empfindung für diese grandiose Landschaft nicht im Geringsten. Bei der Nacharbeit der Fotos muss eben etwas mehr mit dem Photoshop-Programm gearbeitet werden. Der leichte Nebel über dem Tal verlieh sogar der ganzen Situation etwas Mythisches. Tiefe ineinander greifende Erosionsrinnen charakterisieren diesen Gebirgszug. An manchen Stellen reichen mächtige Schuttkegel bis tief an den mäandrierenden Flusslauf. An anderen Stellen bauen sind durch den Wind angewehte Sanddünen auf. Eine wahrhaftig lebhafte Landschaft, die an züngelnde Flammen erinnert.

Nächstes Ziel waren dann die Buddha-Grotten von Bezeklik. Die Tausend-Buddha-Höhlen wurden in der Tang-Zeit in rund 80 Metern über dem Ufer des Mutougou Flusses in die steilen Lösswände gehauen und mit zahlreichen Fresken ausgestattet. Buddhistische Mönche dienten diese Höhlen als Wohn- und Meditationszellen. In einem Zeitraum von 420 bis Ende des 14. Jahrhunderts wurden die Räumlichkeiten mit immer mehr farbigen Buddha-Figuren und Bodhisattwa-Darstellungen an den Wänden und im Deckengewölbe ausgeschmückt. Ob es wirklich 1000 Buddhas waren, konnten wir nicht nachzählen. Ersten fehlte uns hierfür die Zeit, zweitens sind nicht alle Höhlen für die Besucher zugänglich, und drittens wurden viele der Fresken zerstört. Während des islamischen Bildersturms wurden die meisten Gesichter der Buddhas bis zur Unkenntlichkeit zerkratzt. Europäische Archäologen haben große Teile der Fresken entfernt, u.a. Albert Grünwedel und August Albert von Le Coq. Einige dieser Fresken sind heute Im Museum für Völkerkunde in Berlin ausgestellt. Während der Kulturrevolution wurden weitere Teile der Höhlenausschmückung stark beschädigt und zuletzt haben Wind und Sandstürme am Verfall dieser Anlage beigetragen. Als UNESCO-geschütztes Kulturdenkmal fließen Gelder in die Restaurierungsarbeiten dieses Höhlenkomplexes. Vor jeder Höhle ist ein Wachpolizist postiert, der sorgsam darauf Acht gibt, dass nichts berührt wird. Auch das Fotografieren ist strengstens verboten.

Nach der Mittagspause in unserem Hotel in Turfan begann das Nachmittagsprogramm mit dem Besuch einer der zahlreichen Karez-Bewässerungsanlagen, die die Turfan-Senke mit dem kostbaren Wasser versorgen und so die Fruchtbarkeit und den Anbau von Wein und Feldfrüchten in der Oase garantieren. Senkrechte Schächte bis zum Grundwasserhorizont sind unterirdisch durch waagerechte Stollen verbunden. Unterirdisch wird dann das Wasser zu den Feldern geführt. Insgesamt erstreckt sich das Karez-System über mehr als 2000 Kilometer. Eine gewaltige und grandiose Bauleistung der Bevölkerung. Grandios sind auch immer die Fahrkünste unseres Fahrers Markus. Hier heißt es starke Nerven zu behalten und so kühl wie das Karez-Wasser zu bleiben. Geleitet vom Navigationssystem und unseres chinesischen Reiseleiters werden engste Straßen befahren, wo es zuletzt keine Wendemöglichkeiten mehr gibt. Dann heißt es nur noch mehrere hundert Meter rückwärtsfahren und sich einen sicheren Standplatz zu “erobern”.

Der nächste Besichtigungsstopp führte schließlich in die Ruinenstadt Goachang. Diese riesige Anlage war einst eine Garnisonsstadt, die rund 35000 Menschen beherbergte. Von den Häusern und Tempeln sind nur noch wenige Ruinen übrig geblieben. Am eindrucksvollsten sind hier die recht gut erhaltene, teils restaurierte Stadtmauer und die zentrale Tempelanlage. Vom sehr informativ eingerichteten Museum aus fuhren wir mit zwei kleinen, offenen Elektrobussen durch die weitläufige Anlage. Der Fahrtwind wurde von Jedermann als sehr angenehm empfunden, da die Tagestemperaturen inzwischen auf 43°C angestiegen waren.

Als letztes Tagesziel wollten wir noch zur Freitagsmoschee mit dem beeindruckenden Minarett Sugong Ta und seinen dekorativ angebrachten Lehmziegeln besuchen. Bereits in guter Sichtweite zum Minarett, verließen wir den Bus, um die vermeintlich letzten paar Meter zu Fuß zurück zulegen. Es wurde diese Strecke zu einer ungewollten Hatsch, einer “Wallfahrt” der besonderen Art. Weitläufig umrundeten wir die Moschee, doch das auffällige Minarett schien in immer weitere Ferne zu rücken. Kein schneller Zugang war in Sicht. Vorbei an einem muslimischen Friedhof, einfachen Häusern mit erstaunt dreinblickenden Bewohnern sowie endlos langen Weinbauflächen, erreichten wir schließlich doch noch die Moschee. Bei abendlichem Licht erstrahlte die Anlage in vollem Glanze, die Architektur des Minaretts trat so richtig plastisch hervor. Wir wurden für unsere Mühen voll und ganz entschädigt. Auf dem Rückweg zum Bus hatten wir dennoch die Kraft und die Muße eine kurze Verweilpause bei den Rebkulturen und den aus Trockenziegeln erbauten Trockenhäusern für Rosinen einzulegen. Trotz großer Hitze und Staub bleibt dieser Tag in der Turfan-Senke positiv und fest in unserer Erinnerung haften. Wieder einmal vervollständigte ein “kleines Bausteinchen” das 53-tägige Gesamtpuzzle “Erlebnis Neue Seidenstraße”.

~ Wolfgang Pohl

Tag 32

Kucha – Korla

Wir befinden uns immer noch am Nordrand der riesigen Taklamakan-Wüste. Direkt vom Hotel aus in Kucha ging es mit dem Bus zu den Klosterruinen von Subashi. Der Weg dorthin war etwas problematisch, da das Navigationsgerät öfter einen Weg vorschlug, den der Bus auf Grund seiner Länge nicht befahren konnte. Aber unser Busfahrer Christian hat es zusammen mit unserem lokalen Guide “Franz” bestens geschafft. Das frühe, warme Morgenlicht ließ die Anlage im rechten Licht erstrahlen. Das UNESCO-Weltkulturerbe zeigte sich von seiner besten Seite. Auf den weiten Schwemmfächern hoben sich die Ruinen in warmen Beigetönen von dem strahlend blauen Himmel ab. Dahinter bauten sich die roten Sandsteinberge wie eine filmreife Kulisse auf. Ein hölzerner Laufsteg führte durch die Anlage. Zerfallene und nicht mehr vollständige, teilweise bizarre Mauern, forderten von uns allen schon eine Menge an Vorstellungskraft, wie diese ehemalige Klosteranlage einmal ausgesehen haben musste. Am besten konnte man noch den aus Lehmziegeln erbauten Stupa ausmachen. Die sakrale Stätte, die im 13. Jahrhundert zerstört wurde, wurde damals ausschließlich von buddhistischen Mönchen bewohnt. Die anderen Menschen, wohl Händler und Bauern entlang der Seidenstraße, lebten damals in einer geschlossenen Siedlung rund 500 Meter vom Kloster entfernt. Auch hier bestehen die Häuser nur noch aus Ruinen, die derzeit für Besucher nicht zugänglich sind.
Auffallend waren auf dem gesamten Ruinenfeld verstreut die niederliegenden, rankenden Sträucher mit den weißen, puderquastenartigen Blüten. Es sind Kapernsträucher. Die Blütenknospen kennt man besser sauer eingelegt in Zusammenhang mit den bekannten Königsberger Klopsen. Nach einem kleinen botanischen Exkurs ging es zurück nach Kucha.
Bei einem 45-minütigen Stopp in der Altstadt konnte man sich bei einem kleinen Rundgang ein gutes Bild von der ursprünglichen Wohnsituation der Stadtbevölkerung machen. Schmale Straßen und Gassen, flache, eingeschossige, meist weiß getünchte Häuser bestimmen die geschlossene Bebauung. Die Einheimischen staunen nicht schlecht über die “Langnasen”, die hier in ihrem Wohnumfeld auftauchen. Freundliches Lächeln, manchmal auch eine Geste, dass man in die langgestreckten Innenhöfe eintreten soll, kennzeichnet die Bewohner. Ein ganz in weiß gekleideter alter Uigure mit seiner typischen Kopfbedeckung streicht sich würdevoll durch seinen langen, weißen Kinnbart und zeigt voller Stolz auf seinem vor dem Haus befindlichen Feigenbaum, der gerade Früchte trägt. In einem anderen Innenhof bereitet eine uighurische Frau auf dem Ofen ihre Teigtaschen vor. Kinder kommen neugierig herbeigelaufen; lachen, winken etwas schüchtern, sprechen uns in Chinesisch bzw. in Uighurisch an und haben an diesem Tag bestimmt Einiges zu erzählen. Genauso geht es auch uns. Gerne würde man hier noch etwas mehr Zeit verbringen, aber unser Bus wartet und wir haben noch rund 300 km Fahrstrecke vor uns.
Über eine gut ausgebaute, fast leere Autobahn, die parallel zum Tien Shan-Gebirge, dem Himmelsgebirge, führt, kommen wir am späten Nachmittag in Korla an. Die Fahrt verlief reibungslos. Fahrtunterbrechungen gab es nur an einer landestypischen Autobahnraststätte, wo es die obligatorische Nudelsuppe mit Gemüse-Fleisch-Einlage gab und natürlich an den zahlreichen Polizeikontrollen und Mautstellen. Offizielle Kontrollen der Papiere paarten sich hier mit Neugierde der Beamten, einmal solch einen auffälligen, luxuriösen Reisebus aus dem fernen Deutschland von Innen zu sehen. Nur 29 Personen in so einem langen Bus konnte doch einfach nicht stimmen. Sie zählte die Sitzplätze, begutachteten die mitgeführte Teilnehmerliste. Alles war in Ordnung! – Ein freundliches Lächeln, ein chinesisches “zàijiàn”, manchmal auch ein verstohlenes “bye bye”und weiter ging es.
Nach dem Abendessen in einem Restaurant nahe unserem Hotel bot die mit zahlreichen Bäumen begrünte Uferpromenade noch die Gelegenheit sich die Füße zu vertreten. Entlang des kanalisierten Kongi-Flusses konnte man hier bestens flanieren. Alt und Jung, spielende Kinder und Jogger nutzten gleichermaßen die etwas kühleren Abendstunden von rund 28ºC und unter einem Pavillon absolvierte eine Gruppe von Frauen zur Musik aus dem Rekorder rhythmische Fitnessübungen.

~ Wolfgang Pohl

Tag 31

Aksu – Kucha

Wegen der speziellen Zeitsituation in Xinjiang dämmerte es erst gegen 06:30 Uhr und sorgte für langsames Erwachen. Obwohl unser Zimmer im 14. Stock war, konnten wir in der Nacht ein Fenster öffnen, ohne Klimaanlage schlafen und die “Beton”-Matratze hat uns auch nicht am Schlafen gehindert. Leider hörten wir hier oben keinen Hahn, wie oft an anderen Orten.

Fast pünktlich um 10:00 Uhr zog dann die Karawane weiter. Ich kann bestätigen, dass alles genau so ist wie beschrieben, links das Himmelsgebirge, rechts die Takamaklan-Wüste und die sehr gute, neue Autobahn dazwischen, Eisenbahn mal rechts, mal links neben der Straße. Es ist genauso “mollig” und staubig wie an den vorigen Tagen.

Die Vorberge lassen oft die hohen Schneeberge dahinter in der Ferne sehen und bilden farblich einen wunderbaren Kontrast. Die Rücken der Vorberge sind mal weicher, mal gezackt und erinnern an Urtiere, Drachen ähnlich, die dort ruhen in einer endlosen Kette wie Wächter, die sich jederzeit erheben können. Manche haben Gesichter, wie Tiere, wie fremdartige Wesen.
Die unendlich vielen Schattierungen von beige, braun, gelb, immer harmonisch, wechselnd im Licht, das Auge ruht aus, die Phantasie blüht. Über den Gipfeln der Berge schweben oft Wolken.

Auf der anderen Seite die Wüste: Sand in verschiedenen Farben, graugrünes Gestrüpp. Der Horizont verschwimmt im Dunst.
Immer wieder eine Mautstation/Polizeikontrolle, die mal länger, mal kürzer dauert. Wir haben gelernt, sie mit Gleichmut zu ertragen. Nach der 5. Kontrolle habe ich aufgehört zu zählen.

Immer wenn ich nach Osten fliege, habe ich das Gefühl, in die Vergangenheit zu reisen.
Auf dieser Reise, ebenfalls ostwärts, mit dem Bus fahrend, ist dieses Gefühl stärker denn je. Das ist nicht verwunderlich, haben wir doch viele alte Orte besucht, folgen seit Tagen der “alten” Seidenstraße, atmen Historie. Manchmal sogar scheint es als sei die Zeit stehengeblieben, so war es in Sary-Tash für mich.

Jedoch, auf der ganzen bisherigen Reise war dies “in die Vergangenheit reisen”-Gefühl nie so stark wie nach dem Passieren des letzten Kontrollpunktes auf dem Weg zu den Höhlen von Kizil. Es war wie das Eintauchen in eine Urwelt, die uns entgegen donnernden Lastwagen waren winzig vor den gewaltigen Steinformationen. Die enge Straße führte zwischen Felsentoren des Himmelsgebirges hindurch, schroffe Felsen in abgestuften Farben, zum Greifen nah, Einblick in tiefe Schluchten, trockene Flussbetten, Mondlandschaften, so als ob jeden Moment eines der erwähnten Urtiere hinter einem der erstaunlich gefalteten Berge hervorkommen könnte.
Diese Felsen, durch die wir fuhren, sind 45 Millionen Jahre alt, entstanden durch Verschiebung tektonischer Platten, die Formen sind immer noch rau wie damals. Das ist Vergangenheit jetzt sichtbar, fühlbar, anfassbar und dennoch fast unbegreiflich. 45 Millionen Jahre, wie mag es damals gewesen sein?

Und dann, hinter den Felsen, diese grüne Oase, rauschende Pappeln, Flussbett. Die Buddha-Höhlen von Kizil sind vergleichsweise jung, entstanden ab dem 4. Jahrhundert, und sind, obwohl öfter geplündert und absichtlich beschädigt, immer noch eindrucksvoll und regen Phantasien an.
Die Anlage ist wunderschön, und obwohl die Formalitäten, um hineinzudürfen, verwirrend und frustrierend sind, sind die Höhlen sowohl die lange Anreise als auch die körperliche Anstrengung wert, in der Nachmittagshitze 290 Stufen hoch und wieder herunter zu steigen.

Leider sahen wir nur 5 dieser Höhlen, leer, aber mit Resten von uralter Malerei. Ich wünsche, wir hätten die hier fehlenden Fresken am Beginn unserer Reise in Berlin gesehen, wo sie seit über hundert Jahren in den Depots der Museen liegen.

Danach sahen wir noch den zweitausend Jahre alten Signalturm, genannt “Stümmelchen”, von dem seinerzeit Nachrichten durch Rauchzeichen bei Tag und Feuerzeichen bei Nacht weitergeleitet.

Der lange Tag endete in einem guten Hotel und einem sehr guten Dinner, alles ist gut.

Ich erlebe diese Reise wie eine Art Janus Reise: einerseits auf der alten Seidenstraße in die Vergangenheit, andererseits auf derselben Straße in die Zukunft, in der sie wieder eine große Bedeutung haben wird.

~ Ingrid Lau, Team Shanghai

Tag 30

Kashgar nach Aksu

Entlang der Taklamakan-Wüste

Gut erholt verlassen wir die Oasenstadt Kashgar. Sie war ein wichtiger Knoten für die verschiedenen Routen der Karawanen. Auf die heutige Etappe haben wir uns besonders gefreut. So sind große Wüsten und beladene Kamele für uns als Sinnbild auf das Engste mit der Seidenstraße verknüpft.

Links der Straße begleiten uns die Ausläufer des Thian Shan-Gebirges (Rainer Batliner)
Links der Straße begleiten uns die Ausläufer des Thian Shan-Gebirges
(Rainer Batliner)

Die Fahrt führte uns entlang dem Nordrand der Taklamakan-Wüste und dem Thian Shan-Gebirge. Die Taklamakan ist die zweitgrößte Sandwüste der Erde und ihre Fläche ist nur rund 10 Prozent kleiner als die von ganz Deutschland. Die Mühsal ist kaum begreifbar, wie vor Zeiten dieses für Menschen lebensfeindliche Wegstück von Kamelkarawanen, beladen mit kostbarer Seide, Gewürzen und Porzellan, zurückgelegt wurde.

Unterwegs: Vorbereitung auf das Fastenbrechen (Rainer Batliner)
Unterwegs: Vorbereitung auf das Fastenbrechen
(Rainer Batliner)

Mit Tagesetappen von rund 40 Kilometern waren die Karawanen für die heutige Etappe 12 Tage unterwegs. Der Kontrast zu unserer sechsstündigen Fahrt (reine Fahrtzeit) als moderne Kleinkarawane, bestehend aus zwei Bussen auf 16 Rädern, abgeschirmt von der Hitze, kann kaum größer sein. Zuvor hatten wir schon weitere endlos erscheinende Wegstücke kennengelernt: die weiten Steppen in Kasachstan und die spärlich begrünte Wüste in Usbekistan. Die Karawansereien waren die Raststätten dieses frühen Welthandels. Hier wurden die Karawanen versorgt, Waren gehandelt und weitertransportiert.

Ankunft in der "Kleinstadt" Aksu (Rainer Batliner)
Ankunft in der “Kleinstadt” Aksu
(Rainer Batliner)

Wenngleich unser Reiseleiter Wolfgang die Seidenstraße dem Team Hamburg ebenso gut erläutert hat wie die Themen Geologie und Botanik, ist für uns das Funktionieren der Seidenstraße kaum begreifbar. Die Seidenstraße: blühender Handel, Wohlstand – dokumentiert in großartigen Städten wie Buchara, Samarkand aber auch Venedig – uns bleibt das Staunen.

~ Ursula und Rainer Batliner, Team Hamburg

Tag 29

Kashgar

Faszinierende Altstadt und Flensburger Pils

Noch ein Mythos an der Seidenstraße: Kashgar, Schnittpunkt der alten Handelsrouten Zentralasiens.
Hier stießen die die nördliche Route der Seidenstraße über die Oasen Turfan und Kucha kommend, und die südliche Route aus Khotan und Yarkand zusammen. Von Kashgar aus zogen die Karawanen weiter, dorthin, woher wir gekommen sind: nach Kirgisien, nach Taschkent, Samarkand und Chiva. Und dann weiter nach Persien, Syrien oder nach Indien. Seit mehr als 2000 Jahren lebt die Stadt vom Handel. Heute ist sie als Hauptstadt der autonomen uighurischen Provinz Xinjiang Teil der Volksrepublik China.

Polizeipräsenz allerorten (Bernd Loppow)
Polizeipräsenz allerorten
(Bernd Loppow)

Das ist im Stadtbild deutlich zu sehen: Wir fahren über die breiten, für Paraden angelegte Boulevards der Neuzeit vorbei am Volksplatz und der noch immer obligatorischen Mao-Statue. Dennoch hat die mittlerweile Fünf-Millionen-Einwohnerstadt ihren mittelalterlich anmutenden, orientalischen Charakter zumindest im Stadtzentrum weitgehend erhalten können: In der von Resten der historischen Stadtmauer begrenzten Altstadt gibt es sie noch, die bunten Basare, schlanken Minarette, Eselskarren, Männer mit bunt bestickten Kappen und langen Bärten sowie verschleierte Frauen. Das repräsentiert die Kultur und die Tradition der Uiguren, der mit knapp einer halben Million Menschen größten Minderheit der Provinz.

Uiguren in der Altstadt (Bernd Loppow)
Uiguren in der Altstadt
(Bernd Loppow)

Doch sie teilen sich das Straßenbild mit Han-Chinesen in modernen Limousinen chinesischer Provenienz, jungen gestylten Frauen und eiligen Studenten auf ihren lautlosen Elektrorollern. Längst sind die muslimischen Uiguren zur Minderheit im eigenen Land geworden.

Zeitgemäß: Gestylte Frauen auf Elektrorollern (Bernd Loppow)
Zeitgemäß: Gestylte Frauen auf Elektrorollern
(Bernd Loppow)

Dennoch ist die Angst der chinesischen Zentralregierung vor Aufständen und separatistischen Bewegungen überall im Stadtbild präsent. Vor allem durch die Polizei, die überall in Kashgar an
zentralen Stellen und in den Straßen patrolliert. Wichtige Gebäude sind stacheldrahtumzäunt und in die Basare der Altstadt gelangt man nur durch flughafenähnliche Kontrollanlagen. Dennoch: Wir genießen es, in der Altstadt westlich der Moschee Kupferschmieden, Instrumentenbauern, Bäckern und anderen Handwerkern bei der Arbeit zuzusehen und ein Gefühl irgendeiner Bedrohung stellt sich nirgendwo ein.

Reste der historischen Stadmauer (Bernd Loppow)
Reste der historischen Stadmauer
(Bernd Loppow)

Auch unser Basislager in Kashgar, das Hotel Radisson Blue, ist gesichert wie Fort Knox: Umstellt mit einem stacheldrahtgekrönten Metallzaun aus daumendicken Stahlstreben und Betonbarrieren soll jeder ungebetene Besucher abgewehrt werden. Unser Empfang war gestern am frühen Morgen war umso herzlicher: Nach unserer Ankunft um 00.45 Uhr in der Nacht nach den schier endlosen Kontrollen an der chinesischen Grenze wurden wir vom Hotelpersonal mit einem köstlichen Abendessen empfangen. Und auch gestern Abend nach unserem Ruhetag und individuellen Ausflügen ließ der norddeutsche Direktor Peter Stolley nicht nur ein unglaubliches Buffet aus chinesischen Spezialitäten und Meeresfrüchten auffahren. Mit lokalen Tänzen und Aufführungen sorgte er für beste Unterhaltung. Als nach dem anschließenden zweiten Vortrag von Frank Sieren dann auch noch unsere Busfahrer nach den Zulassungstorturen mit den Bussen gut gelaunt und durstig wieder bei uns auftauchten, erreicht die Stimmung einen neuen Höhepunkt und das Flensburger Bier floss in Strömen. Überall in China, erzählt Peter Stolley, der in Wyk auf Föhr an der Nordsee geboren wurde, wo er in den letzten dreissig Jahren ein Hotel eröffnete, »habe ich erstmal zwei Dinge eingeführt: Flensburger Pilsener und Bommerlunder«.

Ein chinesischer Hoteldirektor von einer nordfriesischen Insel, Flensburger Bier im Hotel, zwei Busse und ein Busunternehmer mit seinen Fahrern aus Kiel, daraus muss doch was zu machen sein! Ich erinnere mich an die legendären Werbespots der Brauerei aus Flensburg, bitte die Busfahrer sich heute Mittag um 12 Uhr vor ihren frischgewaschenen Bus zu setzen und Peter Stolley um logistische Unterstützung. Das Ergebnis können Sie hier sehen!

Der Videodreh und das anschließende gemeinsame Anstoßen war dann auch meine letzte Amtshandlung auf meiner Teilstrecke von Hamburg nach Shanghai. 12 wunderschöne, erlebnisreiche und unvergessliche Tage gehen zu Ende. Ich wünsche unserer kleinen ZEIT-Karawane fantastische drei Wochen bis zur Ankunft in Shanghai am 29. Juni. Hinterm Horizont geht’s weiter!

~ Bernd Loppow

Tag 28

Kashgar

Warten, warten, warten beim chinesischen TÜV

Es ist 08:00 Uhr: Ruven, Marcus und ich sitzen mit Peter Stolley, dem sympathischen Hoteldirektor vom Radisson Blue Kashgar, am Frühstückstisch. Er hat uns schon letztes Jahr ausgezeichnet bewirtet. Unsere Gäste schlafen noch, denn wir sind gestern erst spät in der Nacht angekommen und heute ist freier Tag – aber nicht für uns, nach den endlosen Grenzkontrollen sollte uns erneut ein anstrengender Tag bevorstehen. Hier das Protokoll:

Um 9:15 sitzen wir drei und noch drei Chinesen in einem Kleinbus auf dem Weg zum Zoll zirka 100 Kilometer außerhalb von Kashgar. Dort, am Zoll, mussten wir gestern nach der Grenzüberfahrt unsere Busse abstellen und mit chinesischen Bussen zum Hotel fahren. Heute werden die Busse offiziell eingeführt, jede Menge Formalitäten sind zu erledigen und vor allem: Die Busse müssen durch den chinesischen TÜV und wir drei müssen den chinesischen Führerschein bekommen. Sonst dürfen wir unsere Kunden nicht durch das Reich der Mitte fahren.

Franz, dies ist der deutsche Name unseres chinesischen Reiseleiters liegt zwischen Marcus und mir auf der hinteren Bank und schläft. Ich glaube, für Franz werden die nächsten Wochen mit uns eine harte Zeit. 10:20 Uhr: Polizeikontrolle. 20 Minuten Dauer. Alle bestaunen unser Aussehen. 11:00 Uhr: Wir erreichen den Zoll und freuen uns, die Busse unversehrt in Empfang nehmen zu können. 12:29 Uhr, anderthalb Stunden später und wir stehen immer noch am Zoll. Wir haben die Zeit genutzt, um aufzuräumen. Unser Kleinbus ist schon mal mit zwei Einheimischen zu unserem nächsten Zielort Satushe vorgefahren, um dort unsere neuen Kennzeichen zu organisieren. Auch Franz hat keine Ahnung, wo dieser Ort ist. 13:07 Uhr: Das Handy von Franz klingelt. Sein Kollege, der hier am Zoll alles für uns regelt, teilt ihm mit, dass es in 30 Minuten weiter gehen soll. Wir befürchten Schlimmes, denn gestern war an der Grenze zu China von 13:30 bis 16:30 Uhr Mittagspause. Doch oh Wunder: Es ist 13:33 Uhr und wir sollen die Motoren starten, um 13:41 Uhr sind wir sind auf der Straße.13:49 Uhr: Polizeikontrolle. 13:56 Uhr: fertig, das ging zügig, da wir von gestern Abend noch registriert waren. Um 14:57 Uhr kommen wir ans Ziel. Ich erinnere mich ans letzte Jahr: Hier ist der TÜV. Wenn es jetzt wieder so schnell geht, sind wir um 17:00 Uhr im Hotel.

Allerdings hatten wir im vergangenen Jahr erst den Führerschein erhalten und dann den TÜV erledigt , jetzt ist es umgekehrt, die beiden Chinesen haben allerdings dafür gesorgt, dass wir an der ganzen Schlange mit LKWs vorbei dürfen und jetzt heißt es warten. Also Wasser zum Wischen fertig machen und los geht’s. Es ist jetzt 16:24 Uhr: Noch hat sich nichts getan, außer, dass die Busse von innen wieder aussehen wie neu. Von unseren neuen chinesischen Freunden wurden wir mittlerweile mit Spaghetti versorgt. Die grünen Paprika erwiesen sich irrtümlicherweise als besonders scharfe Chili Schoten. Was wir auch wissen, ist, dass unsere Freunde, die vorgefahren sind, eine Nummer gezogen haben. Das ermöglicht uns einen guten Startplatz. Neue Information: 17:00 Uhr schaffen wir auf keinen Fall und so, wie es nun aussieht, müssen wir morgen noch einmal hierher. Um 17:31 Uhr stehen wir ganz vorn. 18:17 Uhr: Der Bus mit Ruven am Steuer ist jetzt hoffentlich fertig, der uighurische Beamte hat es sich dabei nicht nehmen lassen, den Bus selbst zu steuern. Jetzt warten auf Marcus. Um 18:45 Uhr wir sind bei der Polizei und sollen warten, darin sind wir ja mittlerweile geübt. Von einem Kennzeichen oder einem Führerschein ist allerdings noch nichts zu sehen.

Dafür erhalte ich eine interessante Lehrstunde in Sachen chinesischer Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen: Franz hat auf meine Frage, wie es hier mit der Regulierung eines Schadens steht, wie folgt geantwortet. „Wenn der andere schuld hat, muss man hoffen, dass derjenige auch Geld hat, es läuft immer auf einen Vergleich raus. Polizei und Versicherung werden nur bei Personenschäden informiert.“ Zum Thema Wartezeit verriet mir Franz noch, dass er immer pauschal zwischen zwei Varianten wählt: halbe oder ganze Stunde. Toll!

18.48 Uhr: In 12 Minuten bekommen unsere Gäste ihr Festmahl im Hotel. Schade, eigentlich wollten wir in diesem Jahr auch dabei sein. 19:26 Uhr: Wieder los, von der Polizei zurück zum TÜV. Was hat man denn jetzt schon wieder vergessen?

Ein Polizist kontrolliert beide Busse, ich soll ihm demonstrieren, wie der Notausgang im Dach benutzt wird, zeige alle Feuerlöscher und dergleichen. Er ist sehr nett, bemängelt allerdings, dass bei einem Bus nur zwei Löscher vorhanden sind, wo doch in China drei gefordert sind. Bei dem anderen Bus hat er dies aber nicht beanstandet? Jetzt ist es 19:56 Uhr. Zwar immer noch kein Kennzeichen und keinen Führerschein, aber es wird uns versichert, dass wir die Unterlagen morgen erhalten sollen. Jetzt geht es endlich zurück zum Hotel. 20:32 Uhr: Nein, nicht am Hotel, sondern mal was ganz Neues: Polizeikontrolle. Franz sagt, dass ist, damit keine Terroristen in die Stadt kommen, die hätten so keine Chance rein zu kommen. 20:45 Uhr geht es weiter, aber der Tag muss bald enden, ich habe nur noch drei Prozent Akku. 21:21 Uhr im Hotelzimmer, jetzt schnell duschen und um 21:45 Uhr essen gehen. Morgen ist für uns drei frei, der einzige Tag der gesamten Reise. Deshalb werden wir uns heute ein Bierchen mehr trinken. Vielen Dank an Ruven und Marcus: Es war ein anstrengender, aber schöner Tag mit Euch, wir sind ein tolles Team, jeder kann sich 100 Prozent auf den anderen verlassen. Und der Rest des Abends geht auf mich.

~ Christian Peschke

Tag 27

Sary-Tash – Kashgar

Grandioses und Grenzwertiges

Die Hähne krähten, Kühe muhten, das Fenster wurde langsam hell, der Morgen nach dem Bergfest war angebrochen. Leider dauerte der Streik der Wolkenschieber an. Der Himmel verbarg sich hinter einer dichten Wolkendecke, eine Fingerbreite über dem Horizont war allerdings frei und eröffnete den Blick in ein Streifenpanorama der schneebedeckte Bergwelt des Pamirgebirges. Wir sahen die gewaltigen Abhänge, von der aufgehenden Sonne in strahlendes Licht getaucht, nur die Spitzen der Berge verbargen sich in den Wolken, vor allem auch die Spitze des Pik Lenin.Eine nach dem anderen erschien im Freien, etwas schlaftrunken noch, aber das Frühstück in der Jurte mit Tee, Eiern, Würstchen, Kefir und Brot weckte die Lebensgeister und die Abstimmung ergab mehr Stimmen für diese Almhütte als für das Teehaus von Jazliq.

Der ZEIT REISEN Bus rollt Richtung chinesische Grenze (Bernd Loppow)
Der ZEIT REISEN Bus rollt Richtung chinesische Grenze
(Bernd Loppow)

Von nun an geht es bergab, wieder ins Tal hinunter, es war ja unser höchstes Nachtlager, die Hälfte der Strecke und der Reisetage liegt hinter uns und der Rest wird von Tag zu Tag weniger. Nur noch ein Land liegt vor uns.
Von nun an geht es bergauf: Wir kommen endlich in das Land der Mitte mit seiner fast 5000-jährigen Geschichte und Kultur, in das Land der Zukunft mit der neuen Seidenstraße, noch gut 3 Wochen Eindrücke, wahrscheinlich noch ganz anders als bisher. Wir fahren durch das breite Tal zwischen dem Tianshan und dem Pamirgebirge, bis zum Horizont ein riesiges Weidegebiet, saftig grünes Gras ohne Büsche und Bäume, wie mit dem Rasenmäher gepflegt. Nach dem Regen der vergangenen Nacht sind die Spitzen der Hügel mit Schnee bestäubt. Dahinter ragen die Felsen auf. Es ist das Land der kirgisischen Nomaden. Immer wieder sehen wir einzelne Jurten und die Herden von Schafen, Pferden und Kühen. Unser örtlicher Führer mit Namen Emil schwärmt vom Leben der Nomaden in und mit der Natur. Sie brauchen keine schicken Autos, Villen und Klamotten. Ihr Reichtum sind ihre Herden. Ein bisschen können wir das nachvollziehen, sehen dann aber doch auch neben der einen oder anderen Jurte eines dieser schicken Autos. Doch die Landschaft ist überwältigend.

Fotostop in 3.600 m Höhe (Bernd Loppow)
Fotostop in 3.600 m Höhe
(Bernd Loppow)

Wir kommen immer höher, fahren durch Schneefelder. Der letzte Pass ist 3500 m hoch, vor uns jetzt in der Sonne die schneebedeckten Höhen des Pamir.
Pamir- als Hamburger assoziiert man automatisch die stolze Viermastbark gleichen Namens, die bis in die Mitte der fünfziger Jahre die Weltmeere besegelte, bis sie in einem Orkan unterging. Gewiss, das kleine Menschenwerk, was ist das gegenüber der Großartigkeit dieses Gebirgszuges. Aber wer einmal ein solches Schiff unter vollen Segeln auf dem Meer erlebt hat, wird dem die Bewunderung nicht versagen können.

Nach einer verhältnismäßig kurzen Fahrt erreichen wir gegen 9 Uhr die ersten Barrikaden der Grenzanlagen. Aber wie singen wir inzwischen? Barrikaden gab’s für uns doch nicht. Wir waren doch Detektive auf endlosen Straßen und unsere brennend heiße Spur endet in Shanghai, nicht in der Einöde an so einem klapprigen, verstaubten Schlagbaum. Um 10.50 Uhr sind wir durch. An der chinesischen Grenze merkt man dann aber, dass es aufwärts geht: eine fabelhafte Grenzanlage mit einem Zaun wie bei einem herrschaftlichen Anwesen, golden verziert sogar, erst dahinter blinkender Stacheldraht. Die Grenzer aufgeweckt und in fabelhaften Uniformen. Da fällt es leicht, sich in einer Reihe aufzustellen, damit die Identität geprüft, der Vorname in eine Liste eingetragen und eine fotografische Aufnahme von jeder Person mit dem geöffneten Pass vor der Brust gemacht werden kann. Es geht weiter, nach einigen hundert Metern die nächste Kontrolle, alles in Ordnung, wir fahren Weiter. Die schneebedeckten Gipfel verschwinden für unsere Augen hinter den Sand- und Geröllbergen beiderseits der Straße.

Nach einigen Kilometern ein großes Tor, aber leider geschlossen. Es wird erst in drei Stunden geöffnet. So haben wir endlich schön Zeit, um zu lesen, zu schlafen, den Müll zu entsorgen, den Bus zu saugen und Fußball zu spielen. Nach der angesagten Zeit geht das Tor auch auf, geht dann aber gleich vor Schreck wieder zu, als unsere zwei Busse gesichtet werden. Denn die sind hier falsch. Schließlich wird ja gerade neben dem Tor eine große Abfertigungsanlage für die neue Seidenstraße gebaut und wir sollen doch diese fortschrittliche Anlage erleben. So kommen unsere Fahrer in den Genuss einer Slalomfahrt über die Baustelle zwischen Sandbergen und Gerümpel, was diese ganz toll finden. Wir halten vor einer im Bau befindlichen Treppe und sollen erst einmal nur mit den Pässen zur Kontrolle des neuen Grenzgebäudes. Dort versammeln wir uns zunächst alle in einem schlichten, aber ansprechend eingerichteten Warteraum. Es ist angenehm warm. Einige dürfen dann schon durch die Passkontrolle, nachdem sie vorher weisungsgemäß ihr Handgepäck geholt hatten. Dazu musste man sich nach der Sichtkontrolle durch einen freundlichen Beamten vor einem dieser hochmodernen Durchleuchtungsgeräte auf ein kleines Laufband stellen, Blick geradeaus und wurde dann seitwärts durch das Gerät gefahren. Doch einige von uns stellten sich auch wirklich zu dumm an, begriffen nicht, was von ihnen gefordert oder wackelten während des Fahrvorgangs, und regten sich dann später noch darüber auf, dass der freundliche Beamte, der den Vorgang hinter einer dicken Glasscheibe überwachte, in einer deutlichen Anregung unser falsches Verhalten korrigierte. Dabei musste er etwas lauter sprechen, denn er saß ja hinter der Glasscheibe.

Danach gingen wir mit unserem Handgepäck zu einem Tisch, hinter dem 4 Uniformierte standen. Dort mussten die Taschen und Rucksäcke ausgeleert werden, damit jedes Utensil auf seine Gefährlichkeit für das Land der Mitte untersucht werden konnte, eine sicher notwendige Maßnahme in einer Region mit aufsässiger Bevölkerung, die aber dennoch bei einigen von uns nicht verstanden wurde, typisch diese verzärtelten Westler. Doch dann, ein Mißverständnis, das gesamte Gepäck muss mitgebracht und kontrolliert werden. Wir bildeten also eine Kette von den Bussen zwischen den Sandbergen über die im Bau befindliche Treppe in den Vorraum. Leider war der Gepäckscanner noch in der Reparatur, so dass auch die Gepäckstücke wie das Handgepäck auf dem kleinen Tisch kontrolliert werden sollten. Aber die großartigen Techniker brachten den Apparat dann doch zum Laufen, so dass der Prüfvorgang wunderbar beschleunigt werden konnte. Doch ach, hinter dem Scanner stauten sich nun die Gepäckstücke. Es leuchtete sofort ein, dass wir Nichtamtlichen diese nicht einfach von den Rollen hinter dem Scanner nehmen durften. Da könnte ja jeder kommen.

Nach einigem Hin und Her siegte die bekannte Flexibilität unserer Gastgeber und diejenigen, die schon persönlich gescannt waren, durften das Gepäck vom Band nehmen. Nachdem alles gescannt war, durften wir unser Gepäck in einer Art Hindernislauf über die Baustelle hinter dem prächtigen Empfangsgebäude zum inzwischen an der Straße stehenden Bus transportieren über Sandberge und Hühnerleitern über Pfützen. Das war von unseren Gastgebern sehr fürsorglich bedacht, denn wir hatten ja ohnehin schon viel zu lange im Bus gesessen und keine Bewegung gehabt, und wenn nun einige zu schwere Koffer hatten, war das ja auch ein gutes Training für unsere Solidarität. Nur eins fehlte während dieser Veranstaltung echt: ein gewisser Ort. Aber es war eben eine Baustelle. Sollen die sich doch nicht so haben.

Dann ging es weiter, hinter dem Horizont sollte die eigentliche Kontrolle durch den Zoll u.ä. kommen. Vorbei ging es wieder an wunderbaren Landschaften, nicht so grün wie Kirgisistan, aber dafür mit bunten Bergen, breiten Flusstälern mit grünen Inseln, aber sonst meist trocken, ganz unterschiedlichen Felsformationen (wir brauchen auch einmal einen Geologen), und alles einsam, nur wenige kleinere Ortschaften. Man konnte nachvollziehen, dass nur 8% der Fläche dieses großen Landes besiedelt sind mit den 1,4 Milliarden Bürgern. Die Straße ist fabelhaft ausgebaut, allerdings zweispurig. Wird das für den zu erwartenden Verkehr auf der neuen Seidenstraße ausreichen sein. Rainer meint: erst einmal ja, und im übrigen bauen Chinesen nicht für die Ewigkeit.

Hin und wieder eine kleine Polizeikontrolle, eine Stelle für die Erhebung der Mautgebühren. Ein Beamter mit Schlips und Kragen steigt ein. Es kann doch nicht sein, dass in einem so riesigen Bus nur 27 Leute sitzen, denn die Höhe der Maut richtet sich nach der Zahl der Passagiere. Doch es stimmt.
Endlich nähern wir uns dem Schlusspunkt: das Zollwärterhäuschen, bei dem weiland Kuddel Daddeldu mit seinem Bananensack dem Zollmann den Schädel spalten wollte, wenn der es wagte, ihn aufzuhalten. Von wegen: wir sind doch im Reich der Mitte am Beginn der neuen Seidenstraße! Hier geht es nun sichtbar aufwärts: eine riesige neue Anlage mit riesigen Parkplätzen, 9 etwa 500 m lange Zeilen für die Schlangen der abzufertigenden Fahrzeuge, beleuchtet von 8-armigen Kandelabern. Aber eigentlich hat die Stelle schon Feierabend, nur für uns wird noch einmal aufgemacht. Wir fahren hinein und entnehmen den Bussen unser Gepäck, denn diese müssen eine besondere amtliche Zulassung für die Fahrt durch China erhalten, ebenso übrigens wie unsere Fahrer, die eine neue Führerscheinprüfung machen müssen. Deshalb haben wir morgen einen freien Tag.

Das Prüfgebäude ist zwar prächtig, aber für die erwarteten Massen nach meiner unmaßgeblichen Meinung viel zu bescheiden dimensioniert. Für die Passkontrolle gibt es nur zwei Schalter, einen Gepäckscanner. Wir dürfen freundlicher Weise draußen warten, bis der erste Bus abgefertigt ist. Zwei Grenzbeamte erscheinen und fragen freundlich, ob der untere den oberen einmal mit uns fotografieren dürfe. Selbstverständlich! Er wird fotografiert, wie er gerade fiktiv den Pass von Heike prüft. Alle lachen, wir hoffen, dass dies den Prüfungsprozess beschleunigen könnte. Aber das war natürlich ein Irrtum. Es dauert nun einmal, bis alles korrekt abgelaufen ist. Gegen 22 Uhr ist dann endlich unser Bus dran. Wieder Gesichtskontrolle, Scanner, Gepäckscanner, Zollerklärung, nochmals Passkontrolle am Ausgang und dann sind da chinesische Busse, die uns nach Kashgar bringen sollen, weil unsere Busse erst noch geprüft werden müssen.

Wir steigen ein und warten, denn Rainer wurde als Letzter einmal richtig gefilzt mit allen Gepäckstücken. Wahrscheinlich hatte er irgendetwas Lästerliches gesagt. Dann fahren wir endlich um 23.45 Uhr los. Es sind noch knapp 90 km. Nach einigen Kilometern: Stop, Polizeikontrolle, alle aussteigen und Pässe in einen Scanner legen. Doch der Scanner funktioniert nicht und das in diesem Land! Die junge Beamtin entscheidet, dass wir so durchgehen und weiter fahren können.

Autor und Geburtstagskind Wolf-Dieter hauenschild und Frau Maren (Bernd Loppow)
Autor und Geburtstagskind Wolf-Dieter hauenschild und Frau Maren
(Bernd Loppow)

Nach einigen weitern Stops ohne Aussteigen landen wir endlich gegen 1.45 Uhr im Radisson Blue Hotel, wo uns sogar noch von dem freundlichen deutschen Manager ein köstliches Dinner serviert wird. Dann fallen wir erschöpft in die Betten, Freunde für die Ewigkeit, aber was meint Udo damit? Freunde, die für einander da sind sicherlich, ob für die Ewigkeit, na das werden wir abwarten können.

~ Wolf-Dieter Hauenschild, Team Shanghai

Tag 26

Fergana - Sary-Tash

Im Land der Jurten

Es gibt keine schlechten Straßen – es gibt nur schlechte Busse (altes Zentralasiatisches Sprichwort)

„…and it needs a skilled driver“ möchte ich noch ergänzen. Was unsere Fahrzeuge und deren kundige Lenker betrifft, werden wir sehr verwöhnt. So konnten wir die Fahrten zu den verschiedenen kulturellen Highlights der letzten Tage ohne größere seelische Schäden überstehen. Herzlichen Dank an „de Kieler“!

In der näheren Umgebung um die Hauptstadt Taschkent und bis ins Fergana-Tal wurden die Wege wieder sehr gut, fast Autobahn-ähnlich, und Fahrer und Passagiere konnten sich entspannen. Heute ging es zunächst ebenso entspannt weiter durch das Ferghana-Tal. Es ging vorbei an sauberen, gepflegten kleinen Städtchen, durch landwirtschaftlich stark genutztes Gebiet. In Asaka herrschte Hochbetrieb und die Stadt war voller Autos, meist Chevrolet, deren Fabrik hier angesiedelt ist. Wir fuhren nahe an Andijon vorbei, 2005 zu trauriger Berühmtheit gekommen wegen der Niederschlagung eines Gefangenenaufstands und der anschließenden Unruhen.

Willkommen in Kirgistan (Peter Rullhusen)
Willkommen in Kirgistan
(Peter Rullhusen)

Dann kam der erste Höhepunkt des Tages: der Grenzübergang Usbekistan-Kirgistan, und wir verabschiedeten uns von unserem usbekischen Reiseleiter Oybek und dem Fahrer des Begleitfahrzeugs. Wir hatten schon eine ganze Weile nicht mehr das Vergnügen eines Grenzübertritts gehabt. Und es ist immer wieder lehrreich, den Grenzbeamten bei ihrem schweren Dienst zuzusehen. Auch heute gab es wieder eine Überraschung, diesmal eine positive. Für die peniblen usbekischen Grenzbeamten mussten wir zwar unsere Zollerklärungen, die wir bei der Einreise bereits in doppelter Ausführung ausgefüllt hatten, noch ein drittes Mal ausfüllen (unsere sorgsam gesammelten Belege für die Hotelübernachtungen interessierten dagegen leider niemanden mehr), aber die ganze Prozedur ging zügig voran.

Die Einreise nach Kirgistan ging dann noch flotter: in ca. 15 Minuten waren die Passagiere durch. Rekord! Die Busse, die derweil ohne Passagiere die Grenze passieren durften, brauchten dann etwas länger. Es fing an zu regnen und wir versammelten uns unter einem großen Maulbeerbaum, um auf sie zu warten. Zu uns gesellte sich unsere kirgisische Reiseleiterin Mirgüll (die Friedensblume).
In Kirgistan nahmen wir das Mittagessen in Osh ein, wo es 2010 zu blutigen Zusammenstößen zwischen Kirgisen und Usbeken kam und viele Menschen ins benachbarte Usbekistan flohen. Danach ging es in die Berge, auf weiterhin bestens ausgebauter Straße.

Stau auf Pamir Highway (Peter Rullhusen)
Stau auf Pamir Highway
(Peter Rullhusen)

Es kam zu einem kleinen Stau auf dem „Pamir highway“: eine große Schafherde bestand auf ihrem Hausrecht. Dann überquerten wir einen ersten Paß auf ca. 2350 m Höhe, mit schönem Ausblick auf schneebedeckte Berge. Weiter ging es durch ein landschaftlich sehr schönes Tal und wir freuten uns schon auf den Aufstieg zum Taldyk Paß und den Panorama-Blick auf das Pamir Gebirge, als es plötzlich zu einem weiteren Stop kam. Offensichtlich hatte es kurz vorher hier stark geregnet und ein Erdrutsch hatte die Straße getroffen, so daß ein LKW stecken geblieben war. Die “Umleitung” verwandelte sich langsam in eine wahre Schlamm-Buckelpiste, je mehr Fahrzeuge diesen Umweg nahmen. PKW kamen offenbar noch ganz gut durch, aber von den LKW-Fahrern trauten sich nur wenige. Unsere Fahrer trauten sich! Und das Glück war mit den Tüchtigen: nach abenteuerlichem Slalom durch den Schlamm kamen beide Busse heil durch. Kompliment an die Fahrer!

Nach diesem Abenteuer absolvierten unsere Fahrer in gewohnter Souveränität den restlichen Parcours und zogen in Ruhe und Gelassenheit die schier endlosen Serpentinen zum Taldyk Paß auf 3615 m hinauf. Oben auf dem Paß war es sehr neblig und der Ausblick auf das Pamir Gebirge fiel leider aus.

Ankunft Sary-Tash
Ankunft Sary-Tash
(Peter Rullhusen)

Kurz vor 21:00 kamen wir endlich in Sary-Tash an und setzten uns zum Dinner, das in der Turnhalle für uns vorbereitet war. Zur Feier der Halbzeit unserer Reise gab es Crémant de Loire und eine Gruppe Damen des Dorfes in traditionellen Kostümen führten uns den Brauch vor, wie eine Braut auf ihr Leben in einer neuen Familie vorbereitet wird. Nach dem Abendessen fuhren wir zu unseren Unterkünften in Privathäusern. Das Team Hamburg war in einem recht großen Haus untergebracht, in dem mehrere Zimmer für die Übernachtung eingerichtet waren. Es gab sogar 17 Betten, ansonsten Matratzenlager. Ich verbrachte eine ruhige Nacht in der gemütlichen 5-Herren Suite, die Matratze war hart aber OK, und die Decke (gefühlte 10-20 Kg schwer) wärmte mich gut. So träumte ich denn dem nächsten Tag entgegen, in der Hoffnung darauf, daß sich hoffentlich der Nebel lichtet und wir doch noch zu unserem Anblick des Pamir Gebirges und des Pik Lenin kommen.

~ Peter Rullhusen, Team Hamburg

Tag 25

Fergana

Heute ist ein Tag zum Ausschlafen, Verschnaufen, zum Genießen des Asia Hotels in Fergana mit seinem herrlichen Garten und dem kühlen Swimmingpool. Nach dem Frühstück starten wir erst um 10 Uhr zur Besichtigungstour. Das Ferganatal ist das Zentrum der Seidenproduktion Usbekistans. Unser Führer Oybek erklärt uns in einer Seidenfabrik die verschiedenen Produktionsschritte – vom Spinnen der Rohseide aus den Kokons der Seidenraupen bis zum fertigen Produkt.

Seidenproduktion: Am Anfang steht der Kokon (Bernd Loppow)
Seidenproduktion: Am Anfang steht der Kokon
(Bernd Loppow)

Anschließend besuchen wir eine Keramikwerkstatt, wo Kacheln und Mosaiken gebrannt werden und von Kunsthandwerken in teilweise Wochen dauernder Arbeit mit feinsten Pinselstrichen filigran bemalt werden.

Mit feinem Strich: Kunstgandwerker bei der Arbeit (Bernd Loppow)
Mit feinem Strich: Kunstgandwerker bei der Arbeit
(Bernd Loppow)

Im Innenhof der Werkstatt wird uns anschließend an langer Tafel ein reiches Mittagsmahl bereitet mit Teigtaschen, frischem Salat, Obst und Nüssen. Um drei Uhr nachmittags sind wir zurück im Hotel, der Pool wartet auf uns und eine schattige Liege.

Vor dem Abendessen hält Frank Sieren, unser gestern bei der Abfahrt in Taschkent zugestiegene ZEIT-Experte, seinen Einführungsvortrag. Er ist aus Berlin direkt vom Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten bei Angela Merkel zu uns gestoßen und wird die Busse bis Turfan mit seinem umfassenden Wissen begleiten. Seit 20 Jahren begleitet er als Journalist und Buchautor den Aufstieg Chinas zur Weltmacht. Schon mit den Fakten dieses ersten Abends legt er die Grundlagen für viele Diskussionen und Fragerunden, die in den nächsten zehn Tagen noch folgen werden. China erwirtschaftet trotz sinkender Wachstumsraten inzwischen 30 Prozent des Wachstums der Weltwirtschaft bei einem Pro-Kopf-Einkommen, das auf der Höhe Rumäniens liegt.

Geistesblitze: Frank Sierens erster Vortrag (Bernd Loppow)
Geistesblitze: Frank Sierens erster Vortrag
(Bernd Loppow)

»Und da«, sagt er, »ist noch viel Luft nach oben!«. Das größte Problem Chinas sei nicht die soziale Stabilität oder die Luftverschmutzung, sondern die Versorgung von 1,3 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser. Vor allem aber: »Die Chinesen möchten so leben wie wir!«
Ist das nicht ein berechtigtes Ziel? Doch was bedeutet das für uns, für die Welt? Für das Zusammenleben in der globalen Gemeinschaft auf diesem Planeten? Und wie können/sollen/wollen wir teilhaben an der »Neuen Seidenstraße«, dem Lieblingsprojekt des chinesischen Präsidenten Xi Jinping? Wir jedenfalls sind auf der Neuen Seidenstraße mit Begeisterung unterwegs und können uns als so etwas wie die Prognosen dieses Projekts fühlen.

Heute wird gegrillt: Schaschlik ohne Ende (Bernd Loppow)
Heute wird gegrillt: Schaschlik ohne Ende
(Bernd Loppow)

Mit vielen Gedanken und offenen Fragen für die nächsten Tage begeben wir uns dann zum Abendessen. Heute wird gegrillt. Herrlich schwebt der Geruch über der Holzkohle gegarten Fleisches zu uns herüber, welches uns gleich in langen Spießen am Tisch serviert werden wird. Und am Buffet warten frische Salate und duftendes Brot auf uns. Es sollte noch ein langer, sehr beschwingter Abend werden…

~ Bernd Loppow

Tag 24

Taskent – Fergana

Heute Morgen, 2. Juni verlassen wir gegen 9.00 Uhr Taschkent. Unser Ziel: das Fergana-Tal. Dieses erreichen wir über den Kamchik-Pass in 2267m, etwas höher als der gewohnte Horizont. Unser allmorgendliches Ritual, Frühstück, zurück aufs Zimmer, Zähne putzen, alles in das eine oder andere Gepäck, bloß nicht das Ladekabel vergessen. Und ab zum Bus das Gepäck muss ja noch verstaut werden. Wolfgang zählt seine Schäfchen. Heute Morgen nicht im liebgewonnenen Bus wie gewohnt.

In PKWs über den Pass ins Ferganatal (Bernd Loppow)
In PKWs über den Pass ins Ferganatal
(Bernd Loppow)

Aufgeteilt auf 10 PKW’s starten wir in einer Autokolonne Richtung Fergana-Tal. Das Umsteigen auf PKW’s wurde notwendig, da die Passüberquerung aus Sicherheitsgründen eben nur in diesen gestattet ist. Kurz nachdem wir Taschkent verlassen haben, tauchen bereits auf der linken Seite die ersten Ausläufer mit schneebedeckten Gipfel des Pamir-Gebirge auf. Rechts und links begleiten uns kilometerweit verschiedene landwirtschaftliche Anbaufläche.

Eine strategische Kontrolle stoppte allerdings unsere bis dahin fließende Fahrt. Wieder eine Passkontrolle?! Genau so war es auch. Unsere Wartezeit: nur 45 Minuten – allerdings betrug die Außentemperatur 32 °C und das in 1135m Höhe, keine Toiletten und kein Baum, der Schatten spenden konnte.
Die Wartezeit hatte dann doch ein Ende und um 13.13 Uhr erreichen wir den ersehnten Fotostopp auf dem Pass. Ein fantastisches Bergpanorama mit schneebedeckten Gipfeln war dann doch die Entschädigung.

Auf der Fahrt von Tashkent zur kirgischen Grenze (Bernd Loppow)
Auf der Fahrt von Tashkent zur kirgischen Grenze
(Bernd Loppow)

Gebilligt wurden uns allerdings nur 10 Minuten (Punktabzug). Zwei neue Tunnel ersparten uns Zeit und weitere kurvenreiche Kilometer, so dass wir gegen 14.15 Uhr den Grüngürtel im Fergana-Tal erreichen. Das angekündigte Mittagessen wurde dann mit Verspätung eingenommen.

Lunch in Osh (Bernd Loppow)
Lunch in Osh
(Bernd Loppow)

Unser Tagesziel Fergana im Fergana-Tal war dann nur noch ein Katzensprung.
Das Asia Hotel Fergana mit einer schönen Anlage wird für die nächsten 2 Nächte unser Zuhause sein.

~ Manfred Pallasch, Team Hamburg

Tag 23

Samarkand – Taschkent

Heute heißt es Abschied nehmen von Samarkand, der Hauptstadt des Reiches von Tamerlan, dem neuen Nationalhelden Usbekistans nach der Unabhängigkeit und dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991. Unser Tagesziel für heute ist die Hauptstadt Taschkent. Kurz hinter Samarkand liegt auf der rechten Straßenseite das neue, moderne Werk von MAN, wo neben schweren Lastwagen jetzt auch Busse zusammengebaut werden.

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Moderne MAN-Fabrik am Wegesrand
(Bernd Loppow)

Bei herrlichem Wetter und gut 30 Grad im Schatten gibt es nach zwei Stunden eine Kaffeepause an einer Raststätte mit modernen Toiletten. Da sind die umgerechnet 15 Cent für die Harmoniepause gut angelegt. Der Besitzer der Raststätte, erzählt unser einheimischer Führer Oybek, sei innerhalb weniger Jahre mit dem Angebot diesem modernen Hygienestandards reich geworden.

Rechtzeitig zum Mittagessen in einem schönen Gartenlokal in der Innenstadt erreichen wir Taschkent, Sitz der Regierung, Handelszentrum und Logistikdrehscheibe Usbekistans. Über fünfeinhalb Millionen der 31 Millionen Usbeken sind hier zuhause. Trotz seiner über 2000-jährigen Geschichte ist die Stadt geprägt vom sowjetischen Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben von 1966. Aber auch moderne Bürohochhäuser und Hotelkomplexe schießen aus dem Boden. Natürlich gibt es auch hier einen zentralen Amir-Timur-Platz mit einer imposanten Reiterstatue des großen, aber nicht weniger grausamen Eroberers. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 begann mit dem neuen Nationalbewusstsein eine Renaissance orientalischer Formen und traditioneller usbekischer Architektur. Das beste Beispiel auch für den neuen architektonischen Nationalstolz ist der Hast-Imam-Komplex, Taschkents religiöses Zentrum mit der von zwei Minaretten flankierten Hasrati-Iman-Moschee und zwei monumentalen Medresen.

Neuer architektonischer Nationalstolz
(Bernd Loppow)

Diesen neuen Stil kennzeichnet eine Mischung aus Tradition, Moderne, etwas Kitsch und auch einem Schuss Pomp. Die blauen Kacheln sind hier ebenfalls allgegenwärtig.

Nach einem Abstecher zum großen Basar erreichen wir unser modernes Vier-Sterne-Hotel Needham. Eine Mußestunde und ein kühles Bier an der Hotelbar später geht es dann weiter zum Abendessen und dem Treffen der stellvertretenden deutschen Botschafterin

Sie berichtet von den Fortschritten im Land unter dem neuen Präsidenten Mirziyoyev, der im vergangenen Jahr dem verstorbenen Staatsgründer Karimov nachgefolgt ist, aber auch den Versuchen der Einflussnahme der großen Nachbarn Russland und China. Und wir verabschieden uns heute Abend von unserer ZEIT-Expertin Birgit Brauer, die die Gruppe seit Astrachan kundig begleitet und mit vielen Hintergrundinformationen über die Region versorgt hat, die sie als Korrespondentin für dem Economist dreizehn Jahre betreut hat. Mit einem kühlen Bier auf der Hotelterrasse verabschieden wir auch einen weiteren spannenden Tag in einem Land, das wir alle inzwischen in unser Herz geschlossen haben.

~ Bernd Loppow

Tag 22

Samarkand

Samarkand löste bei uns große Vorfreude aus, da wir bereits vor 2 Jahren diese Stadt besucht hatten und total begeistert waren. Auch unser Reiseleiter Oybek brachte in den vergangenen Tagen immer wieder seinen Stolz auf seine Heimatstadt zum Ausdruck: er hält sie für die Beste und Schönste von ganz Usbekistan. Jeder verbindet mit Samarkand einen bedeutenden Handelsplatz der Seidenstraße, eine Stadt von Samt und Seide, herrliche Koranschulen und den Ursprung der Märchen von Tausend und einer Nacht. Hier begann aber auch schon seit 751 die Herstellung von Papier ausserhalb Chinas.

Deshalb startete unser Programm am heutigen Tag mit der Besichtigung einer Papiermanufaktur. Uns wurden die verschiedenen Arbeitsschritte der Herstellung demonstriert: Ausgangsmaterial sind die Äste des Maulbeerbaumes, diese werden eingeweicht, die Rinde wird abgezogen, die inneren gelben Rindenanteile werden abgeschabt und mehrere Stunden gekocht. Die Masse wird gestampft bis sie weich und faserig ist, jetzt als wolkiger Brei in ein Wasserbad gegeben, mit einem Rahmen handgeschöpft, Lage für Lage aufgestapelt, gepresst, anschliessend Blatt für Blatt getrocknet und zum Schluss mit einem glatten Stein geglättet. Ein glattes glänzendes Papier ist entstanden, beidseitig mit Tinte beschreibbar.

Anschliessend ging es zum Observatorium von Ulughbek aus dem 15. Jh. Ulughbek war der Enkel von Timur. Seine Begeisterung galt im Gegensatz zu seinem Großvater weniger dem Kriegshandwerk als vielmehr den Wissenschaften, insbesondere der Astronomie. So ließ er in seiner Sternwarte einen riesigen Sextanten tief ins Gestein einsetzen. Damit konnte er schon damals die Dauer eines Jahres mit erstaunlicher Genauigkeit bestimmen. Die Abweichung beträgt lediglich 58 Sekunden zum heutigen Wert.

Observatium in Ulughbek (Hanna und Ulrich Reinhard)
Observatium in Ulughbek
(Hanna und Ulrich Reinhard)

Das nächste Ziel war die alte Gräberstadt Schah-e Sende. Hier befinden sich ca. 26 Mausoleen aus dem 11. – 16. Jh. Timur ließ hier für seine nächsten Angehörigen, Freunde und Feldherren prächtige Grabstätten entlang einer den Berg hinaufziehenden Gasse errichten. Hier sahen wir herrliche Eingangsportale mit überaus kunstvollem Kachelschmuck. Es handelt sich sowohl um bemalte, glasierte Majolikakacheln als auch um die sehr eindrucksvollen geschnitzten Mosaiken, die wir bereits an den 3 Medresen des Registanplatzes am Vortag gesehen hatten. Herrlich reichhaltige geometrische Muster, Schriftfriese in kunstvoll ausgeführten arabischen Zeichen und florale Ornamente wechseln sich vorherrschend in Türkis und allen Blautönen ab: es war ein wahrer Augenschmaus! Oybek übersetzte uns einige Inschriften: “In diesem Garten ist ein Kleinod verloren gegangen”, “In diesem Haus ruht sich eine Schönheit aus”, “Die Menschen dieser Welt sehen wie fröhliche Vögel aus”.

Nekropole – alte Gräberstadt Schah-e Sende (Hanna und Ulrich Reinhard)
Nekropole – alte Gräberstadt Schah-e Sende
(Hanna und Ulrich Reinhard)

Am Nachmittag ging es zur Großen Moschee Bibichanum. Timurs Lieblingsfrau Bibi ließ diese größte Moscheenanlage Usbekistans am Ende des 14. Jh. erbauen, um ihren Gatten nach einem siegreichen Feldzug gebührend zu empfangen. Über 600 Jahre verfielen die Gebäude, erst vor 30 Jahren begann man mit der Rekonstruktion. Im Mittelpunkt des Innenhofes erstaunt ein überdimensionaler Koranständer aus Stein.

Der Tag heute wird enden mit einem Besuch des nächtlich erleuchteten Registanplatzes. Auf diesen Anblick freuen sich schon alle!

Abschließend sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt, dass wir diesen großartigen Platz und das Mausoleum des Timur bereits am Vortag ausführlich besichtigt hatten.

~ Hanna und Ulrich Reinhard, Team Hamburg

Tag 21

Buchara – Samakand

Vorgestern bin ich in Buchara wieder zur ZEIT-Karawane dazugestoßen, die sich von Chiwa kommend nun in Usbekistan auf einer Hauptroute der historischen Seidenstraße bewegt. Chiwa, Buchara, Samarkand – Namen wie Samt und Seide, die den Ruhm der alten Handelswege repräsentieren wie keine anderen. Wie für uns bestellt hat hier am Wochenende das Silk and Spices Festival stattgefunden – mit bunten Marktständen überall in der wunderbar restaurierten Altstadt Bucharas.

Ganz Buchara schien auf den Beinen gewesen zu sein. Familien, Kinder, alte und junge Leute bevölkern die Gassen und die überkuppelten Basare, die gut erhaltene mittelalterliche Stadtanlage mit ihren mächtigen Festungsmauern, herrlichen Medresen und Minaretten. Sie alle feiern gemeinsam mit den sehr spärlich gesäten Touristen ein schönes Fest. Herrlich, hier an diesem Wochenende dabei sein zu dürfen! Grandios auch der gestrige Besuch auf dem großen Basar mit seinen vielen Hallen voller Gemüse, Fisch, Fleisch, Gewürzen, herrlichsten Süßspeisen. Und tiefroten Tomaten, die noch nach Tomaten schmecken!

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Basar in Buchara: Tomaten, die nach Tomaten schmecken …
(Bernd Loppow)

Zum Abschluss noch ein zart geschmortes Lammfleisch beim Abendessen in einem versteckten Hinterhof unterm Sternenhimmel und einer perfekt über dem Minarett schwebenden Mondsichel. Viel mehr geht nicht!

Nach zwei Tagen verlassen wir unsere gemütliche und inmitten der Altstadt gelegene Herberge Asia Hotel für die Fahrt zur nächsten Oasenstadt auf der Seidenstraße – nach Samarkand.

Ich bin heute an Bord beim Team Shanghai, Team Hamburg startet eine halbe Stunde später. Natürlich stimmen wir bei der Ausfahrt unsere Hymne an, die die Gruppe bis Shanghai begleitet: »Hinterm Horizont geht’s weiter«. Seit mehr als 40 Jahren, seit die Abenteuer legendärer Reisender wie Ibn Batutta oder Marco Polo in mir den Traum geweckt haben, einmal hierher zu kommen, freue ich mich auf diese legendäre Stadt, die mehrfach von ihren Eroberern zerstört und wiederaufgebaut wurde. Unterwegs passieren wir grüne, fruchtbare Felder, kleine Wälder von Maulbeerbäumen und zwischendurch ist genug Zeit für eine Kaffee- und Harmoniepause.

Nach knapp 300 Kilometern und insgesamt viereinhalb Stunden Fahrt erreichen wir Samarkand und fahren erstmal in ein gemütliches Gartenlokal zum Mittagessen. Heute gibt es Plov, das usbekische Nationalgericht mit viel Reis, Karotten, Zwiebeln und geschmortem Lammfleisch, sehr lecker auch die gefüllten Teigtaschen zur Vorspeise. Anschließend besuchen wir das Gur-Emir-Mausoleum für den großen Herrscher Amir Timur, der im 14. Jahrhundert Samarkand zur Hauptstadt seines Timuridenreiches machte, das sich über große Teile Vorder- und Mittelasiens erstreckte. Entsprechend beeindrucken ist die ganze Anlage: Schon von weitem ist die mit leuchtende blauen Fliesen gedeckte, gerippte Melonenkuppel zu sehen. Blau und türkis glasierte Ziegel bedecken wie schon bei den Medresen und Moscheen Bucharas ganze Gebäudefassaden. Die Pracht setzt sich im Inneren des Mausoleums bei den Sarkophagen und den mit Blattgold und Keramik fein ziselierten Wänden for

Und dann sind wir am Registan, jener Platz, den ich seit vierzig Jahren besuchen wollte: Ich habe auf meinen Reisen viele unbeschreiblich schöne Blicke erlebt.

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Atemraubend: Der Registan in Samarkand
(Bernd Loppow)

Aber dieser ist wahrhaft atemraubend: Die Anordnung der drei den Platz flankierenden Medresen sind das Wahrzeichen Samarkands und das vielleicht schönste und beeindruckendste Beispiel der timuridischen Architektur. Jetzt heißt es nur noch: Staunen und genießen!

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Registan: Prunk ohne Ende
(Benrd Loppow)

Dann lädt ein kleiner Park rund um das Denkmal der trauernden Mutter um die Opfer des 2. Weltkrieges zu einem kleinen privaten Auszeit mit Rast unter schattigen Bäumen ein: eine halbe Stunde der Muße, in der die Zeit stillzustehen scheint…

~ Bernd Loppow

Tag 20

Buchara

Spurensuche

Für uns ist es kein “normaler Reisetag”. Vor 7 Jahren hatten wir in der Altstadt von Buchara den Innenhof eines sehr zerstörten Hauses und auch die dazugehörende Familie fotografiert. Jetzt wollen wir das Haus finden und die Fotos dem Besitzer übergeben, zugleich sind wir neugierig, welche Veränderungen geschafft wurden.

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Buchara: Innenhof eines sehr zerstörten Hauses im Jahre 2010

Nur mit den Papierfotos in der Hand, die das Haus von außen nicht zeigen, ohne Namen bzw. Adresse machen wir uns auf die Suche, aber wie sollen wir das anpacken? Die verflossenen Erinnerungen an die Altstadt reichen natürlich nicht, aber da gab es einen Bäcker und einen kleinen Laden in der Nähe, glauben wir.

Wir fragen den lokalen Guide, dann die Rezeption des Hotels, leider ohne Hinweise. Am Markt fragen wir unter Vorlage der Fotos ob jemand die Familie kennt, schließlich muss man doch einkaufen gehen, leider nur zahlreiche ungenaue Angaben.

Wir beschließen uns zerebral zu stimulieren und suchen ein Kaffeehaus auf. Der junge Manager des Cafe Siyohgaron Masjidi, Herr Maxmudov Mir-Said bietet einen Espresso von Julius Meinl an – das uns als Österreichern! Daraufhin zogen wir gemeinsam kreuz und quer durch das Lyabi Hauz Viertel, entdecken ein wunderbares Museum, eine Synagoge, einige kleine Hotels (2-3 Zimmer) und fragen an jeder Ecke, man empfiehlt uns zu immer älteren Bewohnern, die die Familie kennen müssten, aber alle haben die Adresse vergessen.

Stärkung im Cafe unseres neuen Freundes und zugleich Wendung der Geschichte: Eine Angestellte meint in diesem Haus vor 2 Jahren gewesen zu sein, es sei aber ganz wo anders gelegen, also wandern wir gemeinsam nach Norden, ins Chayxona Bongi-Viertel, zick zack, viele Kontakte, alle bemühen sich und plötzlich steigt der Duft von frischen Brot in unsere Nase…wir sehen plötzlich den kleinen Laden, daneben war auch der Metzger, erinnern wir uns jetzt, wir biegen um die Ecke und auf einem Stein sitzt ein älterer Mann vor seinem Haus.

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Buchara: Innenhof eines sehr zerstörten Hauses im Jahre 2017
(Ulf & Martine Baumhackl)

Er hat sich nicht stark verändert, scheint uns zu erkennen, Maxmudov erklärt alles, freudige Begrüßung, wir besichtigen das Haus und der alte Mann pflückt Minze und reicht dies als Geschenk. Das Haus konnte nicht restauriert werden, aber ein wenig hergerichtet und verschönert wurde es schon! Rührende Szenen der Verabschiedung, wir übergeben ein Geschenk und die Fotos und zurück im Cafe Siyohgaron wird gefeiert, dort sind lauter junge Menschen und die Geschichte wird herumgereicht, Maxmudov möchte sie einem Journal anbieten und wir schicken ihm die alten und neuen Fotos.

~ Ulf & Martine Baumhackl, Team Hamburg

Tag 19

Khiva – Buchara

Bevor wir am frühen Morgen zu unserer Tagestour aufbrechen, finden wir die Busse schon aufgetankt vor. Dies ist insofern nicht selbstverständlich, weil die hiesigen Tankstellen nur Gas, nicht aber den benötigten speziellen Dieselkraftstoff verkaufen. Mithin kann der Bustank mit ca. 400 L Fassungsvermögen nur durch Diesel aus angelieferten Fässern mit je 50 L Inhalt gefüllt werden. Jede Betankung erfordert demnach eine langfristige, präzise Planung in örtlicher und zeitlicher Hinsicht. Wir sehen mit Bewunderung, dass alles perfekt geklappt hat. Die Anlieferung erfolgte bereits während der Nacht und eine Elektropumpe zum Umfüllen beschleunigte die Betankung in jeder Hinsicht.
Mit vollen Tanks sehen wir nun unserer Fahrt durch die Wüste Kizilkum mit Ziel Buchara gespannt entgegen.

Die Straßen sind über weite Strecken in gutem Zustand. Doch einige Abschnitte erlauben unseren Busfahrern nur ein Vorwärtskommen im Schritttempo und erfordern gewagte Ausweichmanöver rund um diverse Schlaglöcher.
Obwohl uns der sandige, trockene Wind ständig begleitet, handelt es sich bei der Kizilkum-Wüste nicht um eine reine Sandwüste. Sie ist vielmehr dünn mit grundsätzlich niedrig wachsenden Pflanzen bewachsen. Einige Pflanzenarten versuchen beispielsweise die geringen Niederschlagsmengen möglichst dadurch für sich zu nutzen, dass ihre Wurzeln tief in den Erdboden reichen oder sich ihre Wurzeln horizontal weit verzweigen. Diese dünne Vegetationsdecke erlaubt manchmal ein wenig Viehzucht, wie wir an einzelnen kleinen Schaf- oder Kuhherden am Wegesrand sehen.
Südlich wird die Wüste durch den Fluss Amudarja begrenzt. Er erreicht leider nicht mehr den Aralsee, da er weitestgehend kanalisiert wurde. Erst sein weit verzweigtes Bewässerungssystem ermöglicht in großem Maße die Anlegung von Baumwollfeldern, daneben auch etwas Anbau von Reis und Obst. In der Stadt Urganch, kurz hinter Khiva, kann man beim Überqueren der mächtigen Brücke die beeindruckende Breite des Shavot-Kanals erleben. Dieser größte Bewässerungskanal Usbekistans ist nichts anderes als der kanalisierte Fluss Amudarja, dessen Wassermassen ausschließlich nach dem Willen des Menschen verteilt werden, wobei der Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts oft zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Weiter geht es in Richtung Buchara, wo wir bald auf der rechten Seite, nur getrennt durch den Chas-Kala-See, Turkmenistan in der Ferne erblicken. Einen Grenzübergang an dieser Stelle gibt es nicht. Vielmehr ist ein weiter Umweg mit strengen Kontrollen nötig, um nach Turkmenistan einreisen zu können.

Unser Mittagessen nehmen wir im Freien in einem kleinen, an der Straße gelegenen Restaurant ein. Als wir die bunt gedeckten Tische unter einem Schatten spendenden Blätterdach erblicken, fühlen wir uns nach all dem Staub wie in einer winzigen Oase. Wir genießen ein leckeres, typisch usbekisches Essen:
Über einer rechteckigen, langen, mit glühender Holzkohle gefüllten Grillwanne werden Fleisch- und Gemüsespieße gedreht, so dass uns das Wasser im Munde zusammen läuft.
Daneben bereitet man das Nationalgericht “Samsa” zu: Ein großer, runder Backofen wird von oben an seinen Seiten mit angefeuchteten Teigtaschen bestückt. Diese sind mit Hammel- oder Lammfleisch und Zwiebeln gefüllt. Am Ende wird der Backofen mit einem nassen Tuch bedeckt, so dass die Teigtaschen im Dampf garen können.

Gut gestärkt erreichen wir nach ca. zwei weiteren Stunden Busfahrt die Stadt Buchara. Staunend über die kuppelbedeckten, reich verzierten Moscheen und die endlosen Basare tauchen wir in die Vergangenheit dieses einstmals wichtigen Handelszentrums an der Seidenstraße ein.

Ein ereignisreicher Tag ist zu Ende gegangen.

~ Angelika Rachel, Bus Shanghai

Tag 18

Nukus – Chiwa

Wir sind im Orient angekommen!

Nach einem wunderbaren Frühstück im schilfbeschatteten Innenhof des Hotels in Nukus ging es durch die Wüste Kisilkum und dann an Baumwollfeldern entlang zum Fluss Amu Darja, der die autonome Republik Karalpakstan von der Region Choresm trennt.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag 18_Frau in Khiva

Reiseleiter Wolfgang stellte uns während der Fahrt die Varianten der Seidenstraße vor, die ja nie eine einheitliche Strecke von A nach B war, sondern ein ganzes Netzwerk von Routen, auf denen die Händler mit ihren Karawanen die Waren ein Stück weit transportiert und in einer der Oasen an den nächsten weitergegeben haben. Oybek Ostanov versorgte uns mit allgemeinen Informationen über Usbekistan. Ein paar Fakten aus der Rubrik “unnützes Wissen” fürs Partygespräch beim Diavortrag nach der Reise:

Die Lebenserwartung in Usbekistan beträgt 75 Jahre, das Durchschnittsalter liegt bei 27 Jahren (davon können wir nur träumen). 120 Völker und Nationalitäten leben in dem Land. Der höchste Berg ist über 4600 Meter hoch, der tiefste Punkt liegt 12 Meter unter Meereshöhe. Und weil wir uns immer noch schwertun, die Größe dieser Länder wirklich zu begreifen: Allein der bergige Teil Usbekistans ist dreieinhalb mal so groß wie die Schweiz, die Kisilkum-Wüste hat die Größe von Polen. So, genug der Statistik, nur noch eine interessante Info von Oybek: In einigen Gegenden Usbekistans tragen die Schulkinder einen Chip bei sich. Wenn sie das Schulgebäude betreten oder verlassen, erhalten die Eltern eine SMS – ein Traum für Helikoptermütter!

Und dann empfängt sie uns, die Stadt Khiva, “die Wohltuende”.
Zunächst zum Hotel, Koffer abliefern, dann ab in die historische Altstadt zum Mittagessen in einem schönen Restaurant. Die reich verzierten Paläste, die vier Stadttore, die Koranschulen (Medresen), die Moscheen mit ihren üppigen Verzierungen in blau, grün und weiß – wer denkt da nicht an die Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

In der Halle der alten Festung wurden alle Fliesen mit Nummern versehen, damit jede an ihren Ort kommt. (Gitta Hopp-Köhler)
In der Halle der alten Festung wurden alle Fliesen mit Nummern versehen, damit jede an ihren Ort kommt.
(Gitta Hopp-Köhler)

Wir sind überwältigt. Passend dazu erzählt uns Oybek auch ein paar Legenden, zum Beispiel die vom Minarett Kalta Menar, das wie ein Zahnstumpf am Westtor steht. Der Khan von Khiva hatte bei einem Baumeister aus Buchara einen 100 Meter hohen Turm in Auftrag gegeben. Als der Turm 29 Meter hoch war, wurde dem Baumeister aber zugetragen, dass er hingerichtet würde, sobald der Turm fertig sei, damit er in Buchara nicht einen noch höheren bauen könne. Er bekam es mit der Angst zu tun, nahm die Füße in die Hand und verschwand aus der Stadt. Der Turm aber wurde nie fertiggestellt…

Unser Begleiter in Usbekistan, Oybek Ostanov, füttert uns mit Informationen. (Gitta Hopp-Köhler)
Unser Begleiter in Usbekistan, Oybek Ostanov, füttert uns mit Informationen.

(Gitta Hopp-Köhler)

Oder die Erklärung, warum das Minarett der 1000-Säulen-Moschee aus dem 9. Jahrhundert neben der Moschee steht: Einst gab es in der Stadt einen reichen Iman, der bei den Einwohnern von Khiva um Almosen bettelte, um ein Minarett für die Moschee zu bauen. Nach fünf Jahren war das Geld gesammelt und das Minarett vollendet. Darauf sagte der Iman: “Nun ist der Bau fertig, ihr habt mir Geld gegeben, aber ich selbst habe auch sehr, sehr viel investiert. Deshalb möchte ich, dass mein Grab gegenüber dem Minarett sein soll. Und wenn ich euch betrogen habe, soll das Minarett auf mein Grab fallen.” Nur ein Jahr später war das Minarett so schief, dass es aufs Grab zu fallen drohte. Deshalb wurde es abgerissen und neben der Moschee neu aufgebaut.

Nicht ins Reich der Legenden gehören die Gelehrten, die aus dem Khanat Choresm stammen: der Mathematiker Al Choresmi zum Beispiel, der Anfang des 9. Jahrhunderts ein allgemein verständliches Buch über das Rechnen mit Dezimalzahlen geschrieben hat (der Begriff Algebra wurde aus dem Titel dieses Buchs abgeleitet). Auch den Algorithmus, der uns im digitalen Zeitalter auf Schritt und Tritt begleitet, verdanken wir ihm. Ebenfalls aus dem Khanat Choresm stammt der Mathematiker Al Beruniy, der bereits im Jahr 1018 den Erdradius mit einer Abweichung von 0,5 Prozent korrekt berechnete. Der Dritte in der Runde ist der 980 geborene Universalgelehrte, Philosoph und Arzt Avicenna (Vorbild für den “Medicus”).

Zum Abendessen wurde uns Folklore aus der Region Chiwa vorgeführt. (Gitta Hopp-Köhler)
Zum Abendessen wurde uns Folklore aus der Region Chiwa vorgeführt.
(Gitta Hopp-Köhler)

Nach so viel Bildung genießen wir das Abendessen im Hof einer ehemaligen Koranschule ganz besonders. Ein Highlight ist dabei die Vorführung einer Folkloregruppe, die uns mit Musik und Tanz aus der Region vertraut machte. Ein Tag ganz nach dem Koranzitat, das Oybek uns vorgelesen hat:
“Wer sein Haus verlässt und nach Wissen sucht, der wandert auf Gottes Pfaden. Und wer reist, um Wissen zu finden, dem wird Gott das Paradies zeigen.”

 

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag 18_1

~ Gitta Hopp-Köhler, Team Hamburg

Tag 17

Jazliq – Nukus

Eine Übernachtung der etwas anderen Art

Rainer, unser Reiseleiter, versucht uns seit einigen Tagen klar zu machen, dass wir auf Expeditionsreise sind und warnt vor dem, was kommen wird. “Ihr werdet mich verfluchen und beschimpfen”, verkündet er in lockerem Ton.
Heute morgen beschimpfen und verfluchen wir ihn zwar nicht, haben aber ein wenig verstanden, wovor er uns warnen wollte.

Die Betten der ZEIT-Reisenden im Al’yan Tea House
Die Betten der ZEIT-Reisenden im Al’yan Tea House
(Marianne und Joachim Otto)

Nach dem gestrigen mehr als 15-stündigen Fahrtag wünschen wir uns nur noch eine Dusche und ein bequemes Bett. Unsere erste Übernachtung in Usbekistan im “Al’yan Tea House” bietet aber weder das eine noch das andere. Geschlafen wird in Zimmern mit vier bis zu acht Betten, nach Männern und Frauen getrennt, glücklich sind diejenigen, deren Zimmer eine Nasszelle besitzt.
Die etwas unruhige und kurze Nacht ist aber bald vergessen, denn freundliche Frauen servieren uns auf der großen Betonterrasse Tee und Spiegeleier.

Frühstück auf der Betonterrasse
Frühstück auf der Betonterrasse
(Marianne und Joachim Otto)

Als wir später auf dem Weg nach Nukus sind, der Hauptstadt der autonomen Provinz Karakalpakstan in Usbekistan, erscheint uns die letzte Unterkunft fast als Luxus. Denn wir treffen auf der staubigen, buckligen Landstraße den Extremsportler Markus und seinen Begleiter Victor. Sie sind Mitte März in Hamburg gestartet und wollen am 04. November in Shanghai eintreffen. Warum brauchen die soviel länger als wir, bis sie in Shanghai sind? Markus legt pro Tag laufend 60 bis 80 km zurück und Victor fährt mit dem alten VW Käfer und dem kleinen Anhänger, der als Schlafstätte dient, voraus. Wir können es kaum glauben, dass sie in dieser kleinen Schlafkugel zu zweit nächtigen.
Die beiden begrüßen uns mit großem Hallo und wirken total entspannt, obwohl schon mindestens fünftausend Kilometer hinter ihnen liegen. Voller Begeisterung erzählen sie von den positiven Erfahrungen mit der Bevölkerung, die ihnen überall große Gastfreundschaft entgegen bringt. Als die Windschutzscheibe des Käfers kaputt ging, wurde selbst am Nationalfeiertag in Kasachstan eigens eine neue angefertigt und anschließend ins Ballett eingeladen. Auf die Frage, ob es denn nicht langweilig wäre, jeden Tag allein zum Beispiel durch die kasachische Steppe zu laufen, wurden wir belächelt: “Ich sehe viel mehr als Ihr aus eurem Bus: Ameisen, Käfer, Hasen, Springmäuse, Erdmännchen und vieles mehr.”
Gern hätten wir noch mehr mit diesen bewundernswerten Männern geplaudert, aber das Reiseprogramm ist zu absolvieren. Und das verspricht am Nachmittag etwas ganz besonderes:

Hier in Nukus, im Westen Usbekistans, befindet sich das Igor Sawitzki Museum, gegründet 1966 und seit 2003 im neuen Gebäude am Hauptplatz untergebracht mit jährlich über 100.000 Besuchern. Der Ukrainer Igor Sawitzki wurde 1943 wegen seines schlechten Gesundheitszustandes nach Samarkand evakuiert und war von da an von Zentralasien begeistert. Er malte karakalpakstanische Landschaften und sammelte Alltagsgegenstände dieser Kultur. Nachdem 1966 das Kunstmuseum in Nukus eröffnet wurde, machte er sich auf die Suche nach Kunstschätzen verbotener Künstler der russischen Avantgarde. Aissa, unsere junge, fließend deutsch sprechende Museumsführerin, erklärte uns mit Begeisterung diese einmalige Sammlung von Bildern vieler begabter Maler, die vom Kubismus, dem Surrealismus und anderen moderne Richtungen inspiriert sind. Gern hätten wir noch mehr Zeit dort verbracht, aber das Museum schloss um 17 Uhr.

Die Zeit reichte dann doch noch, um eine karakalpakstanische Jurte von innen zu betrachten und beim Eintritt mit dem rechten Fuß zuerst zu wünschen, dass unsere nächste abenteuerliche Übernachtung in Sary-Tash, Kirgisistan, vielleicht in einer Jurte stattfindet. Betritt man nämlich eine Jurte mit dem rechten Fuß zuerst und wünscht sich dabei etwas, dann geht der Wunsch auch in Erfüllung. Na – dann hoffen wir mal…

~ Marianne und Joachim Otto, Team Shanghai

Tag 16

Kul’sary – Jazliq (Karakalpakstan)

5 Uhr Petit déjeuner. 5.30 Uhr Abfahrt bei Sonnenaufgang, wolkenverhangen. Es wird ein langer Tag. Steppe, Staub, Stromleitungen, eine Bahnstrecke. Die Straße ist gut. Das gleichmäßige Motorgeräusch läßt viele dösen, still sein. Das Grau des Himmels verbindet sich mit der Weite der Fläche in braun-staubig grüner Farbe. Die Schlichtheit des Wenigen. Hin und wieder Dörfer mit blau-violetten Buswartehäuschen. Wüstenlerche und Wüstensperling steigen auf und begleiten uns eine zeitlang.

5 Minuten Pause – viele streunen aus zur Toilette Natur. Es geht weiter, wir nehmen jetzt mal die Nebenpiste. Etwas später saßen wir fest. Bodenunebenheiten und die ausgefahrene Piste hatten sich dem Bus in den Weg gestellt. Viele Berater, unzählige Versuche – Kunststoffkeile, Wagenheber, Unterhölzer – dann war die Karre aus dem Sand. Große Freude und große Erleichterung.

Der Bus steckt fest, die Weiterfahrt verzögert sich.
Der Bus steckt fest, die Weiterfahrt verzögert sich
(Rainer Schelp).

Es ging weiter. 16.20 Uhr sind wir an der Grenze. Um 19.45 Uhr hatten wir auch die usbekische Grenze überwunden. Ein Regenbogen empfängt uns. “Good luck” steht über dem Übergang! Im grauen Abendlicht geht es weiter. Um 23 Uhr kommen wir im Teehaus an, ein Nachtlager nicht nur für uns, sondern auch für die Trucker auf der Strecke. Für uns ist alles bereitet, eine Gruppe junger Musikstudenten, extra für uns aus Nukus angereist, beglückt uns zu später Stunde noch mit karakalpakstanischen Klängen und Gesängen auf traditionellen Instrumenten. Die Nacht im chambre des filles war überraschend erholsam.

~ Herzliche Grüße vom Team Hamburg – Hildegard Meyer

Tag 15

Atyrau nach Kul`sary

Es ist wieder „Jackpot“-Tag. Ich sitze im Bus Shanghai hinten und Marcus am Steuer. Nach Rainers einführenden Worten machen wir uns auf den Weg zu einem Naturhistorischen Museum in Atyrau. Hier gab es viel über das Leben in der Steppe zu bestaunen. Während die Gäste dann zu Fuß von Asien über die Kontinentalbrücke über dem Ural nach Europa liefen, nahmen wir diesen Weg mit dem Bus. Schnell wurde am Fuße der Brücke noch ein Gruppenbild gemacht, bevor es dann mit dem Bus weiter zum Essen ging.

Kaffeepause unterwegs. Das Busfahrerteam mit dem usbekischen Guide Olbek (Mitte).
Kaffeepause unterwegs. Das Busfahrerteam mit dem usbekischen Guide Olbek
(Mitte).
(Christian Peschke)
Gruppenbild unter der Kontinentalbrücke
Gruppenbild unter der Kontinentalbrücke
(Christian Peschke)

Nach dem Essen machten wir uns dann auf den Weg auf die knapp 230 km lange Etappe zu unserem nächsten Standort. Ich dachte jetzt wird es Zeit, dass ich ein kleines Mittagsschläfchen machen kann, und so kuschelte ich mich zu den Klängen von Udo Lindenberg auf meine Bank und schloss beruhigt die Augen. Doch dann hörte ich plötzlich die Stimme von Beate über die Lautsprecher klingen, ich wusste was das zu bedeuten hat. Das Volkslied wurde eingestimmt.

Damit jeder versteht, von was ich hier schreibe, möchte ich hier einige Strophen an die Öffentlichkeit übermitteln. Der Refrain sollte Jedermann geläufig sein, aber zu Sicherheit hier noch einmal zum Nachsingen:


Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala

Die Zeit, die Zeit die bringen Ihre Leser weit: Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala!

Von Hamburg an der Reeperbahn da sind wir singend losgefahren: Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala!

Das Schloss in Warschau, das ist toll, Chopin im Park ganz wundervoll: Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala!

Die Grenzen sind so wunderschön, wie schnell kann da ein Tag vergehen: Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala!

Die Rotation, die Rotation macht Tags zuvor Gedanken schon: Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala!

Der Polizist, der Polizist, der weiß nicht, wo sein Stempel ist: Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala!

Die Reise macht uns sehr viel Spaß, ganz leise wächst das Steppengras: Fiederallala Fiederallala Fiederallalalala!

Dies ist nur ein kleiner Teil der mittlerweile über 30 Strophen.
Nach dem Lied war die Stimmung an Bord wieder so gut, dass an einen Mittagsschlaf nicht mehr zu denken war.

~ Christian Peschke mit Erlaubnis vom Team Shanghai

Tag 14

Astrachan – Atyrau

Grenzübertritt nach Kasachstan

Pünktlich um 7:45 Uhr versammelte sich die gesamte Gruppe des Team HH am Bus und wir fuhren los Richtung Kasachstan. Christian ist unser Fahrer. Heute geht es von Europa nach Asien. In der südlichen Verlängerung des Uralgebirges ist der Fluss Ural, der durch unseren Zielort Atyrau fließt. In der morgendlichen Rush Hour Astrachans geht es zuerst nach Norden. Wir müssen über viele Brücken der östlichen Wolga-Arme fahren. Um 08:48 Uhr, also nach einer Stunde, haben wir die erste Kontrolle, aber wie alles heute, ist auch die harmlos. Das heißt, sie dauert lediglich 35 Minuten.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag14_Steppe1
Fahrt durch wüstenartige Steppen
(Dr. Frank Arenz)

Danach geht es nur noch nach Osten, durch von viel Wasser geprägte Weidelandschaften mit großen Pferde- und Kuhherden. 10:05 Uhr an der Grenze zu Kasachstan nehmen wir Abschied von Allah und Vladimir, die uns bis dahin durch Russland begleiten hatten. Wir alle hatten die beiden richtig lieb gewonnen, sie haben sich große Dienste um unsere Reise gemacht, insbesondere bei der Supergau-Kontrolle vor Wolgograd. Bis 11:30 Uhr dauert es, bis wir die Ausreise aus Russland geschafft haben: Ein bisschen Zoll- und Passkontrolle durch eine hübsche russische Beamtin, die auch lächeln und flirten konnte. Das war außergewöhnlich.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag14_Steppe2
Fahrt durch wüstenartige Steppen
(Dr. Frank Arenz)

Dann überquerten wir den breiten Grenzfluss Kiegau und kamen an die kasachische Grenze, an der wir dann letztendlich um 12 Uhr fertig waren und weiter fahren konnten. An der Grenze nahmen wir unseren neuen örtlichen Reiseführer, Hr. Ostanov, auf, der hervorragend deutsch spricht, und auch mit ihm werden wir uns anfreunden und gut zurechtkommen. Aber welche Straße wartete auf uns… Von der Grenze bis Atyrau ein Schlagloch nach dem anderen und ein Schnitt von 20 bis 30 war das Maximum, was Christian herausholen konnte.
Neben Herrn Ostranov hatten wir ab dem Morgen noch Frau Brauer an Bord, eine in Kasachstan verheiratet und ansässige Journalistin, die uns bis Taschkent begleiten wird. Diese beiden hielten uns auf der Rüttelstrecke mit Vorträgen und der Beantwortung unserer Fragen bei Laune. Auffällig waren die oberirdisch angelegten Begräbnisstätten, das heißt Friedhöfe der Kasachen, die alle aus kleinen Gebäuden bestanden.
Die Vegetation wurde besprochen, es handelt sich bei dem Gelände, das wir durchfuhren um eine Kaltwüste, in der außer Tamarisken vereinzelt Römeln Und Pappeln, nur wenig Gras wächst. An Fauna wurden wir auf die hier erstmals auftauchenden Trampeltiere aufmerksam gemacht. Wolfgang nahm dies zum Anlass, uns einen Vortrag über die Art und Tierfamilie der Kamele zu halten. Sehr informativ.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag14_Grenzübertritt
Grenzübertritt Kasachstan
(Dr. Frank Arenz)

Es stellte sich heraus, dass Herr Ostranov Schriftsteller ist, kleine Kurzgeschichten verfasst, aus denen uns er auch einige vorgetragen hat. Er ist einer der Wenigen, die Literatur vom Usbekischen ins Deutsche und umgekehrt übersetzen und damit für die Kultur Kasachstans und Usbekistans eine große Rolle spielen.
Weitere Themen, die uns die anstrengende Fahrt erleichterten, waren die in Kasachstan durchgeführten, ehemaligen sowjetischen Atomtests, die Rolle der Frauen in Kasachstan, der Ölreichtum Kasachstans, der Fluch und Segen zugleich ist und das Bildungssystem Kasachstans, das insgesamt sehr schwach ist. Dermaßen blendend unterhalten, kamen wir gegen halb 10 dank der Fahrkünste von Christian einigermaßen wohlbehalten in Atyrau an.
Eine kleine Kontrolle musste noch überwunden werden: Der Polizist meinte, jeder einzelne Fahrgast müsse vom Busunternehmen versichert sein, hat dann gegoogelt und festgestellt, dass das nicht der Fall ist und wir konnten nach einer halben Stunde weiterfahren.
Insgesamt haben wir an diesem Tag die Uhren 2 Stunden vorgestellt, aber Dank des gemächlichen Tempos, auf dem wir uns auf dieser Reise nach Osten bewegen, kommt es nicht zu einem Jetlag.

~ Dr. Frank Arenz, Team Hamburg

Tag 13

Astrachan

Stadtbesichtigung, Besuch des Kremls und der Wolga - Mutter aller russischen Flüsse

Die touristisch kaum bekannte Stadt Astrachan zählt immerhin rund 520.000 Einwohner. Bei einer kleinen Stadtrundfahrt zeigte sich diese russische Stadt von ihrer schönsten aber auch problematischen Seite. Moderne, öffentliche Gebäude im Stilmix von Jugendstil und Klassizismus wechselten sich ab mit nüchternen, meist 6-stöckigen Wohngebäuden im sozialistischen Baustil. Dazwischen immer wieder in der Innenstadt ganze Zeilen mit den typischen Holzhäusern. Viele von ihnen sehen sehr marode und baufällig aus, sind jedoch noch bewohnt. Schief und teilweise farbig angelegt, versprühen sie so ein wenig den Charme eines Knusper- oder Hexenhäuschens. Vor allem die Fensteröffnungen und Giebelbereiche sind kunstvoll mit Holzschnitzarbeiten verziert.

Ein Highlight war dann der Besuch des Astrachaner Kremels. Bei herrlichem Sonnenschein erstrahlten die Kirchen mit ihren goldglänzenden und grünen Zwiebeltürmen, der separat stehende Glockenturm sowie die Befestigungsmauer mit ihren Wehrtürmen in einem gleissenden Weiβ. Ein Rundgang durch die Kapelle und die Mariä-Entschlafens-Kathedrale vermittelten einen instensiven Einblick in die Welt der byzantinischen Malerei der russisch-orthodoxen Sakralgebäude.

Die Fahrt führte dann am späten Vormittag weiter nach Süden ins Wolgadelta. Wasserflächen mit zum Teil untergetauchten Weiden und Pappeln kennzeinet diese grandiose Landschaft. Das gesamte Delta misst am Kaspischen Meer eine Breite von 250 km und eine Nord-Süd-Erstreckung von rund 150 km. Nach der Mittagsrast in Osjodr, einer kleinen, schmucken Anlage mit einzel stehenden Ferienhäusern, ging es auf die Wolga. Die Schwimmwesten wurden angelegt, und jeweils 5-6 Personen fanden Platz in den schmalen Booten. Rund 1 ½ Stunden flussabwärts, worbei an breiten Schilfgürteln, bizarren Baumstpümpfen, die teilweise verbrannt und ausgekohlt von Blitzeinschlägen in den blauen Himmel ragten und ins Wasser reichenden Weiden, gelangte man ins Herz des Deltas. Wasservögel wie Graureiher, Schwäne, Enten, Gänse und Kormorane, wurden von den Motorengeräuschen der Boote aufgeschreckt. Dahindümpelnde Haubentaucher und majästetische Seeadler konnten beobachtet werden. Ein Eldorado fűr Tiere und Pflanzen – ein einzigartiges Naturschutzgebiet! Bei einem Zwischenstopp im Schilf gab es seitens der örtlichen Guides noch einige Erklärungen zu den hier vorkommenden Lotuspflanzen, die momentan noch nicht zu sehen sind und erst im Spätsommer und Herbst ihre ganze Pracht entfalten. Sie sind ein Indikator für absolut sauberes Wasser und eine saubere, reine Luft.

Leicht angesprüht von der Gicht der schnell dahinfahrenden Boote ging es durch weite, offene Wasserflächen und schmale Wasserstrassen zurück zum Bootsanleger beim Restaurant. Die 3-stündige Fahrt war ein Erlebnis der besonderen Art. Obwohl wir bei unserem Wendepunkt noch gute 30 km von dem Kaspischen Meer entfernt waren, konnte man sich einen kleinen Einblick von der Ausdehnung des Wolgadeltas machen. Zahlen sind meist nur schwer nachvollziehbar. Ein bildlicher Vergleich hilft hier schnell weiter: Faltet man ein Papiertaschentuch diagonal zu einem Dreieck zusammen und legt eine Erbse darauf, dann entspricht die Grősse der Erbes der Fläche des Gebietes, das man mit dem Boot befahren hat. Einfach gigantisch!

Auf dem Rückweg nach Astrachan wurde bei der Ortschaft Rasdor am örtlichen Friedhof ein kurzer Stopp eingelegt. Die auffallend blaue Farbe der Kreuze auf den Gräbern steht als Symbol für den Himmel, die Auferstehung und zugleich symbolisch fűr Friede, Mildtätigkeit und Geborgenheit.

Wieder beim Hotel in Astrachan angekommen, konnte jederman auf einen abwechslungs- und erlebnisreichen Tag an der Wolga, der Mutter aller russischen Flüsse, und eine der facettenreichsten Städte Russlands zurückblicken.

~ Wolfgang Pohl

Tag 12

Wolgograd - Astrachan

“Abfahrt… Steppe… Steppe… Steppe… Fotostopp an der Wolga… Ankunft.” So kurz und knackig könnte der heutige Blogbeitrag werden, schlug unser Reiseleiter Wolfgang vor, als er im Bus Hamburg nach einem Autor suchte. Nun, ein paar Glanzlichter sollten wir diesem Tag schon gönnen, denn die Steppe hat eine Menge zu bieten. Vor allem das Gefühl für die Weite dieser menschenleeren Landschaft, das sich nach ein, zwei Stündchen Busfahrt einstellt, wenn man sich erst mal drauf einlässt – ein bisschen wie bei einer Schiffsreise über den Atlantik.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag12-Steppe
Von wegen öde: Die Steppe hat eine ganze Menge zu bieten
(Gitta Hopp-Köhler)

Und zu sehen gibt es tatsächlich auch eine ganze Menge. Dank der kundigen und interessanten Erläuterungen von Wolfgang entdecken wir zum Beispiel die “Polygon- oder Scherbenerde”, die durch Trockenheitsrisse entsteht. Wir reiben die duftenden Blüten und Blätter eines Astergewächses und begutachten die Grannen des Grases, das weiße Flecken in die Steppe zaubert. Und als beim Tankstop auch noch eine üppig blühende gelbe Wildrose neben der Toilettentür wächst, sind wir uns schnell einig: Die Steppe ist gar nicht so ohne.

Ein weiteres Highlight war das Mittagessen in einem Ballsaal mitten in der kalmückischen Steppe mit kunstvoller Himmelsbemalung.

Seidenstrasse-Blog-2017-Tag12-Russische Kohlsuppe
Typisch russisch: Kohlsuppe
(Gitta Hopp-Köhler)

Astrachan zeigte sich zunächst von der eher schäbigen Seite mit Gewerbegebieten und grauen Vorstadtwohnblocks. Aber als wir dann in der Abendsonne auf den Kreml zufuhren, kurz am Wolga-Ufer entlangschlenderten und beim Abendessen den Sonnenuntergang am anderen Flussufer bewunderten, waren trotz gewisser Engpässe bei den Biergläsern alle hoch zufrieden. Nur der arme Ruven musste noch hart arbeiten und rückwärts durch eine eng zugeparkte Straße fahren. Dass er das bravurös gemeistert hat, muss ich sicherlich nicht extra erwähnen.

~ Gitta Hopp-Köhler, Team Hamburg

Spezial (Tag 10 & 11)

Mit Michael Thumann in Wolgograd

Geschichtsbeschwertes Gelände

Die beiden Busse von ZEIT-Reisen fuhren am Wochenende durch geschichtsbeschwertes Gelände. Auf der Stecke von Woronesch nach Wolgograd kamen wir zunächst gut voran. Bis wir in der Dämmerung die Lichter der Stadt sahen, die bis 1961 Stalingrad hieß. Wir kamen in eine Kontrolle, erst der eine, dann der andere Bus. Die Beamten prüften unsere Papiere und monierten, dass auf einem der zahlreichen Dokumente eine Zahl fehlte. Die Diskussion begann, ein Bus musste stundenlang am Straßenrand nahe dem Kontrollpunkt stehen. Das konnte die Busgesellschaft nicht verdrießen, eine Gruppe von Mitreisenden stellte sich auf den Grünstreifen und sang: “Auf der Mauer, auf der Lauer…” Überhaupt fiel jedem etwas Überraschendes ein. In Stunde zwei des Wartens am Stadtrand von Wolgograd bemerkte einer unserer russischen Begleiter ironisch-trocken: “Die Deutschen wurden hier schon mal gestoppt.”

Michael Thumann beim Vortrag über aktuelle Themen (Michael Thumann)
Michael Thumann beim Vortrag über aktuelle Themen
(Michael Thumann)

Womit wir beim Thema waren. Als die Busse endlich weiter durften, kamen auf uns zwei Tage Geschichte zu, in der Disziplin Superschwergewicht. Die fünfmonatige Schlacht um Stalingrad war der Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs und eine der verlustreichsten Schlachten der Menschheitsgeschichte. Von der Stadt blieb nichts übrig. Es gibt heute keine Ecke in der wiederaufgebauten Wolgametropole, die nicht an diese Schlacht erinnert. Die Straßen tragen die Namen der Generäle dieses wichtigsten Sieges der Roten Armee über die Wehrmacht. Die Plätze stehen voller Denkmäler für die Helden des Abnutzungskrieges. Die Stadtbezirke tragen sowjetische Namen, die anderswo in Russland oft durch Namen aus der Zarenzeit ersetzt wurden: Traktorfabrik, Roter Oktober, Sowjetski, Dserschinski. Plätze sind nach den gefürchteten Vorgängern des Inlandsgeheimdienstes benannt: NKWD und Tscheka. Was damals gut geheißen wurde, kann heute nicht schlecht sein. In einem großen Museum am Wolgaufer breitet ein beeindruckendes Panorama das apokalyptische Chaos der Schlacht aus.

Propagandaplakat im Museum
Propagandaplakat im Museum

Wolgograd – das ist eine Stadt, die Ihre Existenz auf die Erinnerung an ihre Zerstörung baut.

Für uns alle waren es zwei Tage des Innehaltens, des Nachdenkens. Für mich als mitreisenden Journalisten war es eine wunderbare Gelegenheit, Russland wieder einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Nicht mit dem Blick des Korrespondenten, der von Treffen zu Treffen hastet, das Notizbuch auf den Knie, die Recherche-Idee im Kopf. Sondern mit dem nicht zielgerichteten, schweifenden Blick des Besuchers, der staunt und offen für alle möglichen Eindrücke ist, auch jene, die abseits der Recherche liegen.

Kisok am Straßenrand, Stalin ist immernoch präsent (Michael Thumann)
Kisok am Straßenrand, Stalin ist immernoch präsent
(Michael Thumann)

So erfuhr ich an einem Kiosk mit Souvenirs von einem 10jährigen Jungen, was ihm an Wolgograd am meisten gefällt. Die App, sagte er, mit der er auf seinem Smartphone sehen kann, welche Wolgograder Freunde gerade in seiner Nähe sind. Vielleicht gehört er später zu einer Generation, die irgendwann mehr an Wolgograds Zukunft als an seiner Vergangenheit interessiert ist.

~ Michael Thumann, Diplomatischer Korrespondent DIE ZEIT

Tag 11

Wolgograd

Nur Geschichte oder auch modern und lebendig?

Wolgograd, von 1925 bis 1961 Stalingrad, ist geradezu Symbol für die Schrecken eines Krieges. Die Frage, die sich mir heute morgen stellt, war: Ist die Stadt nur Geschichte oder auch modern und lebendig?

Zwei Schwerpunktführungen betrafen die Geschichte: Das Museum des Vaterländischen Krieges und der Mamajew-Hügel. Das Museum ist erbaut an einer Stelle, die für das Durchhaltevermögen und die Standhaftigkeit beispielhaft war. Es enthält die Vielzahl schriftlicher Dokumente, Fotos der wichtigsten Akteure, Exponate eingesetzter Waffen vor allem aber das »Panorama«, das in unglaublicher Realitätsnähe die entscheidende Schlacht am 2. Februar 1943 nachzeichnet.

Geschichtsträchtige Ruinen in Wolgograd (Michael Thumann)
Geschichtsträchtige Ruinen in Wolgograd
(Michael Thumann)

Insgesamt mehr als einer Million Soldaten verloren ihr Leben und die Verluste unter der Zivilbevölkerung kaum unvorstellbar: Die Einwohnerzahl Stalingrads sank von 500.000 im August 1942 auf 32.000 im Februar 1943 – das sind Zahlen – für das Leiden aber nur bruchstückhafter Ausdruck.

Rostoschka steht seit 1991 für den Ort, an dem deutsche wie russische Soldaten begraben sind. Auch auf dem Mamajew-Hügel sind 24.000 russische Soldaten beigesetzt. Seine besondere Bedeutung liegt aber in der symbolträchtigen Anlage, die sich vom Wolgaufer aufsteigend bis zu einer Höhe von 100 Metern erstreckt.

Zwei Ebenen »Auf Leben und Tod« und »Platz der Helden« beziehen sich auf die Schlacht(en). Dann folgt der »Platz der Trauer«, der auch den »Saal des Soldatenruhmes« umfasst. Über allem thront die »Mutter Heimat«, eine beeindruckende, 85 Meter hohe Frauenstatue.

Ankunft in Wolgograd, im Hintergrund: die Frauenstatue »Mutter Heimat« thront über allem.
Ankunft in Wolgograd, im Hintergrund: die Frauenstatue »Mutter Heimat« thront über allem.

Nun zur Stadt Wolgograd selbst: 1589 als Festung gegründet, übrigens auch mit dem Ziel, die Seidenstraße zu schützen, am Ende des 2. Weltkrieges zu 92 Prozent zerstört. Dann der Wiederaufbau. Heute eine Stadt mit einer Million Einwohnern. Viele Kilometer folgt sie dem Lauf der Folge, daher ist sie scher schmal. Eine Brücke führt über die Wolga, die nächste folgt erst 400 Kilometer in der einen und 500 Kilometer in der anderen Richtung.

Komme ich zu meinem persönlichem Urteil bezüglich der eingangs gestellten Frage: Ich glaube, die Stadt ist heute mehr als Geschichte. Sie wirkt lebendig, hat viele Universitäten mit über 70.000 Studenten. Die Bewohner nutzen zu ihrer Freizeitgestaltung kulturelle Angebote von Theater bis Open-Air-Konzerten am zentral Kai. Sie bevölkern ihre Datschen, am linken Wolgaufer, auf der einzig bewohnten Insel im Flusslauf und im Hinterland der Stadt.

Friedhof der Orthodoxen Christen (Michael Thumann)
Friedhof der Orthodoxen Christen
(Michael Thumann)

Beeindruckend am diesem sehr nachdenklich stimmenden Tag: Ganztags führen unsere lokale Reiseführerin Elena wie auch ihre junge Kollegin durch »Vaterländische Museum«. Sie glänzen mit Sachkunde, Sensibilität und sie sprachen Deutsch wie »native speaker«. Spitze!

~ Bert Becher, Team Shanghai

PS: Im nächsten Jahr werden wir alle Wolgograd wiedersehen können, wenn das am Wolgaufer im Bau befindliche Stadion Austragungsort von Spielen der Fußballweltmeisterschaft sein wird!

Tag 10

Woronesch-Wolgograd

Gute 580 km Fahrstrecke sind heute zurückzulegen. Bei normalen Strassenverhältnissen benötigt man hierfür 7-8 Stunden, zuzüglich der Pausen kommt man rein rechnerisch auf 10 Stunden. Das ist doch kein Problem!

Der Aufbruch vom Hotel in Woronesch erfolgt pünktlich zwischen 8:00 und 8:30 Uhr. An dieser Stelle schon mal ein längst fälliges, grosses Lob an alle: Reiseteilnehmer und Fahrer. Die angegebenen Zeiten und Treffpunkte werden immer beachtet. Zeitverluste durch langsame oder eng bemessene Aufzüge in den Hotels werden berücksichtigt, Koffer sind im richtigen Bus verladen und auf geht’s. Auch der erste von insgesamt sieben Sitzplatzwechsel innerhalb des Busses verlief absolut reibungslos und stressfrei. Man fühlt sich direkt heimisch im modernen und komfortablen Reisebus. – Ein neuer Tag liegt vor uns: Immer weiter ostwärts in Richtung Horizont, der jedoch durch die höhere Bebauung der Millionenstadt Woronesch stark eingeschränkt ist. Bereits kurze Zeit später kommen fast heimische Gefühle auf. Der örtliche Berufsverkehr sorgt auch hier für erhebliche Staus auf den Ausfallstrassen. “Stop and go” ist angesagt. Nach der Überquerung des Flusses Woronesch, der hier zu einem See aufgestaut wurde, rollt unser Bus wieder.

Zu Gast im Bus ist heute unser ZEIT-Korrespondent Michael Thumann. Während der Fahrt referiert er über die aktuelle politische Situation in Russland und zur UdSSR-Zeit, über die Stellung und Machtposition des russischen Präsidenten Putin u.v.m. Fragen seiten der Reiseteilnehmer werden im Anschluss notiert und von Michael Thumann über das Bordmikrofon umfangreich beantwortet. Die vielen interessanten Einblicke lassen die Zeit schnell vergehen. Unser Local Guide Vladimir vermittelt uns später noch etwas zum russischen Schulwesen.

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Spannende ZEIT-Expertise: Michael Thumann

Währenddessen wechseln sich gute Strassenbeläge mit maroden Fahrbahndecken ab. Die weite Landschaft aus typischen Schwarzerdeböden, dem äußerst fruchtbaren Tschernosiom, sowie kleinere Siedlungen und Einzelgehöfte ziehen vorbei. Auffallend sind hier noch die häufigen Dacheindeckungen aus Eternitplatten. Ob diese bereits alle frei von Asbest sind? Die neueren Häuser mit ihren markanten Walm- und Krüppelwalmdächern sind bereits mit Wellblech eingedeckt. Ob dies jedoch eine gute Alternative ist, bleibt dahingestellt. Ich möchte hier keinen Starkregen erleben, wenn die Regentropfen lautstark auf das Dach trommeln.

Kaum denkt man an Regen, zeigen sich schon die ersten dunklen Wolken am Himmel. Kräftige Schauer mit Hagel werden bald wieder von Sonnenschein und einer “normalen” Bewölkung verdrängt. Die Mittagsrast wird unterwegs bei der Ortschaft Borisoglebsk in einem urigen Gasthaus mit dem Namen “Gorinich” eingelegt. Es ist der Name eines mythischen Tieres: ein dreiköpfiger, geflügelter Drache, der Rauch und Feuer speiht. Rauch tritt in diesem Gasthaus jedoch nur aus dem Schornstein aus, da hier in der bescheiden eingerichteten Küche unser Mittagessen zubereitet wird. Bescheiden ist auch das WC, etwas abseits im dichten Ahorn-/Eichenwald gelegen. Wir sind eben nicht mehr zu Hause. Andere Länder, andere Sitten, andere Vorstellungen von Luxus und Hygiene.

350 km Fahrstrecke sind am Nachmittag/frühen Abend noch zu bewerkstelligen. Udo Lindenbergs Lied beflügelt uns. Die Landschaft ist leicht wellig. Wir durchqueren den sogenannten Donrücken, der von mehreren Nebenflüssen des Don in Form von Muldentälern in NO-SW-Richtung unterbrochen wird.

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Landschaft am Wegesrand

Als voraussichtliche Ankunftzeit in Wolgograd gibt und das Navigationsgerät 19 Uhr an. Wir liegen bestens in der Zeit – also ein entspannter Ausklang des Tages bei einem gemütlichen Abendessen. Leider haben wir die Planungen ohne die russischen Behörden gemacht. Der Alptraum schlechtweg erwartet uns 25 km vor Wolgograd. Polizei- mit Passkontrolle und das Vorzeigen der diversen Busdokumente ist angesagt. Schnell sind unsere Pässe eingesammelt. Wir haben ja bereits schon Erfahrung darin. Erschreckend schnell haben wir unsere Pässe von den russischen Beamten zurück erhalten. Sollte dies bereits alles sein!? Natürlich nicht! Jetzt erst wird unsere Geduld bis aufs Äußerste strapaziert. In einem der Buspapiere, die bereits an drei anderen Grenzstellen zuvor kontrolliert und sogar von offizieller Seite abgestempelt wurden, fehlt der handschriftliche Eintrag der Personenzahl im Bus. Schnell wird telefonisch der Bus “Shanghai” informiert, wo man auch hier die fehlende Personzahl in entsprechender Spalte nachtragen kann, noch bevor der Bus den Kontrollposten erreicht. Solch eine “kleine Nichtigkeit” lässt sich doch schnell nachtragen, sollte man gutgläubig meinen. Sozusagen eine Sekundensache! – Nicht jedoch bei dem russischen Polizisten der Transportbehörde. Er verlangt ein neues Originaldokument aus Deutschland mit diesem Eintrag: erst dann dürfe der Bus weiterfahren. Nachträgliche Korrekturen sind nicht erlaubt. Wie ist das nun zu regeln? Wochenende, Behördengänge, das Zusenden des Dokuments aus Deutschland? Eine schier unmögliche, zeitlich nicht realisierbare Aufgabenbewältigung. Auf der Strasse und im “Fahrenden Büro” des Transport-Polizisten werden ruhige, sachliche und bittende Gespräche geführt. Nur keinen Druck ausüben oder negative Emotionen aufkommen lassen. Das Gesicht des Beamten bleibt weiterhin maskenhaft ausdruckslos. Sämtliche Papiere werden von unseren Fahrern Christian und Marcus auf Verlangen herbeigebracht. Es folgen Kopienvorgänge und immer wieder die erschreckenden Erklärungen, dass der Bus stillgelegt wird und man auf die Originalpapiere warten muss bis der Bus ausgelöst werden kann. Ein russischer Ersatzbus steht zur Diskussion, aber nur bis zur Grenze nach Kasachstan. Der Parallelbus “Shanghai” könnte ja zwei mal fahren und die Gäste zum Ziel bringen, aber dies geht natürlich nicht bis Shanghai. – Die Nerven liegen blank; Ruhe bewahren. Die deutsche Botschaft in Moskau wird mit eingeschaltet; leider auch hier ergebnislos. Die russische Agenturleiterin Alla zieht den letzten Joker: Gute, persönliche Verbindungen zu einem Ex-General und dessen Verbindungen zum Bürgermeister von Wolgograd. Kurz darauf wird der Polizeibeamte angerufen und zum ersten Mal überzieht ein Lächeln sein Gesicht. Es wird ein Protokoll aufgesetzt mit der Angabe, wohin eine reduzierte Strafe von umgerechnet 1.600 Euro in den nächsten Tagen überwiesen werden muss. Wir können nun umgehend weiterfahren. Erleichterung bei allen Beteiligten! Der Zeitverlust beläuft sich auf rund drei Stunden. – Dies hatten wir doch schon mal vor gar nicht so langer Zeit erlebt.

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Abendessen im Hotel

Schnelles Abendessen oder besser ein Nachtmahl, Check/in im Hotel um 0:20 Uhr und das ganze Geschen schnell vergessen. … bis zum nächsten Mal. Vielleicht hilft hier nur noch das Gedicht von Hans Magnus Enzensberger “Schweigen – … – Schweigen”.

~ Wolfgang Pohl

Tag 9

Von Orjol nach Woronesch

Hinterm Lenkrad: Unser Busunternehmer Christian Peschke

Gleich ist es wieder soweit. Der Wecker wird klingeln, und schon beginnt der neue Tag so wie auch die vergangenen: Duschen, Frühstück, auf dem Weg nach unten unbedingt an die Hülle der Zimmerkarte denken, denn hier steht die Zimmernummer drauf. Bei täglich wechselnden Hotels kann die Nummer schon einmal schnell vergessen werden.

Nach dem Frühstück den Koffer schnappen und ab zum Bus. Was tue ich heute? Fahre ich den Bus vom Team Shanghai und genieße die Stimmen von Rainers Chor wenn Sie ihre selbstgedichteten Strophen zum deutschen Volkslied „Die Vogelhochzeit“ singen und der Refrain „Fiederallala” den Bus vom Team Shanghai zum Beben bringen. Oder fahre ich den Bus vom Team Hamburg und lausche Reiseleiter Wolfgangs Worten wenn er extrem beeindruckend über Pflanzen und Böden erzählt, an denen wir gerade vorbei fahren und wir die Landschaft gleich mit neuen Augen sehen… Die dritte Möglichkeit ist der Jackpot: Hier darf ich mir den Bus aussuchen, mich auf eine hintere Sitzbank setzen und Bürokram machen. Heute ist Jackpot.

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Christian Peschke, unser Kieler Busunternehmer

Bevor es aber los geht müssen wie jeden Morgen erst die Koffer verladen werden. Damit wir diese in den richtigen Bus landen, gibt es ein System: die mit roten Bändern in Bus Shanghai, die blauen in den Bus Hamburg. Nach wenigen Tagen weiß man schon: Welcher Koffer gehört wem? Welcher ist wie schwer? Welcher muss heute Abend raus? Welcher darf nicht unten liegen?

Dann geht es gleich los. Heute sind 343 Kilometer bis Woronesch zurückzulegen. Vor der Abfahrt prüfen die Reiseleiter extrem zuverlässig die Anwesenheit aller Mitreisenden und das Vorhandensein der Reisepässe. Ja und dann zieht Sie weiter, die Karawane. Wie jeden Morgen ein weiteres Ritual: Mit Udo Lindenberg im CD-Player machen wir uns singend auf den Weg: „Hinterm Horizont geht`s weiter!“

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Tankstelle am Wegesrand

Nach zwei Stunden verlassen wir die Straße für eine Kaffeepause und einen Gang in »Die Halle der Harmonie«. Tisch raus, Kaffeemaschine mit dem automatisch gebrühten Kaffee drauf, Milch, Zucker und Kekse bereitstellen, anschließend den Tisch reinigen und wieder verladen, das sind hier unsere Aufgaben. Von mir und den beiden anderen Fahrern Marcus und Ruven. Aber alle Reisenden beider Teams sind sehr hilfsbereit und unterstützen uns gern. Und auch die Versorgung durch die Gäste mit neuen Packungen Keksen und Gebäck an den Raststätten klappt reibungslos.

Im Städtchen Elets hat Alla, die Chefin unserer russischen Agentur, in einem Restaurant zum Mittagessen reserviert. Die Zeit läuft, leider sind deutsche Kilometer angesichts der hiesigen Straßenverhältnisse nicht diesselbe wie russische – zumindest wenn man die benötigte Fahrzeit vergleicht. Eine Stunde Mittagspause und weiter geht’s . Im Innenspiegel kann ich sehen, wie die Gäste langsam in den wohlverdienten Mittagsschlaf gleiten. Unsere heute nicht allzu lange Tour mussten wir am Nachmittag für einen Tankstopp unterbrechen. Die Dicke des Schlauches und die komplizierte Art des Bezahlens machten selbst das Tanken zu einem Erlebnis. Zirka 60 Cent für den Liter sind allerdings im Vergleich zu deutschen Preisen eine echte Alternative.

Im Hotel angekommen schnell die Koffer ausladen, Kaffeemaschine reinigen, Milliarden getöteter Insekten von der Frontscheibe entfernen, schauen, ob gesaugt werden muss. Nun bleibt uns noch zirka eine Stunde um uns frisch zu machen. Dann geht’s wieder los, denn heute Abend sind wir in einem Lokal in der Stadt zum Abendessen.
Und jetzt ist es 21:45 Uhr und wir haben Feierabend!

Auch heute war es wieder ein sehr schöner Tag, und so wird es in den kommenden Tagen wahrscheinlich in ähnlicher Form weitergehen, davon bin ich überzeugt. Ich bin jetzt nach der Pilotreise im vergangenen Jahr zum zweiten Mal dabei. Und wenn ich vorher gedacht hätte, die grandiose Stimmung, die Atmo und der Zusammenhalt vom letzten Jahr ließe sich nicht wiederholen – innerhalb weniger Tage haben sich beide Busse wieder zu einer verschworenen Gemeinschaft entwickelt.

Meine Fahrer Marcus, Ruven und ich fühlen uns sehr wohl! Unsere Gäste aus den Teams Hamburg und Shanghai geben uns das Gefühl, einer von Ihnen zu sein und nicht nur die Fahrer – das ist wunderbar.

Gute Nacht!

~ Christian Peschke, unser Kieler Busunternehmer

Tag 8

Von Homel nach Orjol oder vom Großen Warten

Von Wolfgang am Vortag eingestimmt um 6 Uhr beim Frühstück ( eher auf der deftigen Seite, das gibt Kraft für den Tag ) und um 7 Uhr Abfahrt.

Unser wunderbarer Experte Sascha für Polen, Belarus und Russland gibt uns erst Mal präzise Einblicke in die Bevölkerungsmentalität von Belarus. Da der Alltag für die meisten über die Jahre durch die russische Einflussnahme immer besser wurde, nährt das die Sowjetnostalgie bis heute und die Akzeptanz von Lukaschenko als Vaterfigur seines Landes. Mit dabei ist auch Katja, unser reizender Tour Guide bis Russland, die uns bestätigt: die Älteren finden alles gut, aber die Jüngeren möchten mehr: mehr Arbeit, mehr Geld, mehr Entwicklung. Wegen der wirtschaftlichen Situation arbeiten viele in Russland und müssen dafür eine sogenannte Schmarotzersteuer zahlen, ca. 150 € p.a.

Heute ist es kalt aber sonnig. Wie bisher begleiten uns die blühenden Kastanienbäume, der Flieder, die kleinen Holzhäuschen, Birken- und Kieferfelder, das Einzelpferd, die Einzelkuh, große Feldflächen und ab und zu ein Storch. Wegen der Nähe zu Tschernobyl weiß Katja auf die Fragen noch zu ergänzen, dass viele Kinder aus Gomel regelmäßig Sanatorien besuchen. Jeder kann sich im Land übrigens ungehindert über das Internet informieren.
Und da kommt auch schon die erste Grenze, aus Belarus raus – wir brauchen 1.5 Stunden und bekommen einen Stempel in den Pass. Derweil draußen mal eine Runde drehen, im Duty Free stöbern – Stange Zigaretten 14 € und allerhand Alkohol, alles in Euro ausgezeichnet. Manfred kauft Bison Grass Wodka, der uns später noch viel Freude bereiten wird.

Dann ein paar Meter weiter – Grenze zur Ukraine. Ukraine? Wir müssen aus politischen Gründen einen Kringel drehen, der direkte Übergang zu Russland ist dicht. Wir machen der lächelnden ukrainischen Grenzbeamtin Freude! Das freut uns auch. Jetzt müssen noch die Busse durch, die werden nämlich importiert! Es fehlt ein Papier trotz double check mit dem Außenministerium – die können ja auch nicht alles wissen. Also wieder ein bisschen warten, mal die deutschen Nachrichten checken, wir haben ja noch WLAN vom Vorderbus… Manfred verteilt Bison Grass Wodka, lecker!! Und dann kommt Ruven mit unserem Lunchtütchen, voller Überraschungen mit mehreren Brotsorten, Wurst, Käse, Ketchup, Mayo, Baiser Makrönchen, Kekse, Paprika! Das reicht ja bis morgen, witzeln einige. Wie wahr, aber das wissen wir ja noch nicht. Alle futtern und wir warten…Die Sonne lacht. Wir auch.

Geistige Stärkung dann durch Reiseleiter Wolfgang über das Alter der Erde und der menschlichen Existenz. Mit bildhaften Vergleichen bringt er uns die sperrige Thematik nahe und im weiteren Verlauf werden wir sicher noch mehr darüber von ihm hören und behalten. Aber wer das in der Schule mal langweilig fand, wird hier höchst unterhaltsam belehrt. Alles lauscht, da wären die Noten früher besser gewesen, wenn wir ihn als Lehrer gehabt hätten. Nach insgesamt 4 Stunden sind wir in der Ukraine…Die Landschaft etc. unverändert – siehe oben.

Pause in Tscherniew an einem Supermarkt – tolle Auswahl. Kaffee, leckere Plätzchen aus der Hoteltüte. Jetzt noch 100 km zur nächsten Grenze – Start 13.30. Erster Kontrollpunkt an den 3 Schwestern (Straßenkreuzung) – ‘das sind Deutsche, die nach Shanghai fahren’, erläutert Katja. ‘ ah so alles klar'(oder auch nicht), wir werden zur Grenze durchgewunken. 1.5 Stunden, dann sind wir um 15 Uhr dran erst mal raus aus der Ukraine, Pässe werden eingesammelt, der Grenzer erkundigt sich, was Guten Tag heißt, dann noch ein knuddeliger Drogenhund, wir haben nix dabei. Nach zwei Stunden haben wir unsere Pässe mit einem 2. Stempel. Jetzt zu den Russen, es ist 17 Uhr.

Pässe werden auf Visum kontrolliert. Dann das bekannte Formular für Arrival und Departure, das Ausfüllen geht schon besser von der Hand…und dann zur richtigen Grenze. Wir wollen jetzt keinen mehr langweilen, es wurde dann 19.30 Uhr. Was haben wir in der Zeit gemacht? Koffer raus, alle und Handgepäck. Dann warten in der Abfertigungshalle, manche nutzen die Gelegenheit für einen technischen Stopp. Dann Passkontrolle, dann wieder warten mit den Koffern. Es dauert und dauert und dauert. Diskussionen, Papiere wälzen, diskutieren. Dann nickt Christian und wir raus, Koffer rein, in den Bus und wieder einsortieren. Auf geht’s.

Manfred gibt einen aus! Noch eine Passkontrolle und um 20 Uhr sind wir in Russland. 6 Minuten später Straßenpolizei – arrgghhh…Aber alles gut. Christian fährt uns sicher nach Oriol und um 01.30 Uhr sind wir im Hotel. Prächtige Lobby, wer will, kann noch etwas essen. Morgen geht’s um 10.30 Uhr weiter Abschied von unserem Experten Sascha, der uns so wunderbar durch die Länder seit Berlin begleitet hat. Alle müde, alles gut. Call it a day!

~ Jutta Eich, Team Hamburg

Tag 7 II

Brest – Homel

Die Nacht im familiär geführten Hotel Eremitage Brest war heiß. Die Temperaturanzeige der Klimaanlage zeigte 24,3 Grad an – Tendenz steigend. Das Drücken diverser Schalter zeigte keinerlei Wirkung. Die charmante junge Dame an der Rezeption tat alles, diesen Umstand zu beheben. Im Lauf der nächsten Stunde, kurz vor Mitternacht, versammelten sich vier Angestellte, als Techniker angekündigt, in unserem wärmer werdenden Zimmer. Allein der Wunsch einer Temperaturabsenkung blieb auch nach Hinzuziehen weiterer Experten aus. Achselzucken des Personals und Abschied unter Gute-Nacht-Wünschen markierten das scheinbare Ende verzweifelter Reparaturversuche.
Und dann: Minuten später klopft ein liebreizendes Mädchen und überreicht als Präsent des Hauses eine Obstschale, begleitet von einer Flasche Sekt inclusive passender Gläser! Entwaffnende Gastfreundschaft in Belaruss !

Morgens auf dem Weg nach Homel besichtigen wir zuerst die martialische Festungsanlage von Brest-Litowsk. Hier wurde am 3.3.1918 der Waffenstillstand zwischen den Mittelmächten und Russland geschlossen.
Und hier sollte im Juni 1941 die historische Schlacht zwischen der deutschen Wehrmacht und der Roten Armee dem 2. Weltkrieg ein weiteres, blutiges Kapitel hinzufügen. Heute wird in Form eines Mahnmals eindrucksvoll der hier gefallenen Soldaten und Zivilisten gedacht, unter denen sich auch viele Frauen, Mütter und Kinder befanden.

Anschließend erfolgte unsere Weiterfahrt durch die grüne, blühende Landschaft Weißrusslands auf einer perfekt ausgebauten und beinahe leeren Fernstraße.

~ Hartwig Ruthke, Team Shanghai

Tag 7

Brest – Homel

Nach einer relativ kurzen Verbiegung der Busroute auf dem Territorium der Ukraine erreichen wir ihren Zoll- und Grenzkontrollpunkt, der am Länder-Dreieck (Belarus, Ukraine und Russland) liegt. Seit der Sowjetzeit heißt dieses Stück Flachland „Drei Schwestern“, was enge Verwandtschaft der ostslawischen Völker sinnbildlich ausdrücken sollte. Noch bis vor zwei Jahren fand hier am „Monument der Freundschaft“ in Form von drei Betonflügeln jeden Sommer ein Folklorefest statt. Feierliche Bekenntnisse der Politiker aus den Nachbarländern zur „ewigen Verbundenheit“ klangen damals zwar wie eine amtliche Verbalroutine, aber „slawische Einheit“ schien tatsächlich jeder Zerreißprobe gewachsen zu sein. Nun ist es seit dem Krieg in der Ost-Ukraine still geworden um den Betonklotz herum . Über die Staatsgrenzen innerhalb der alten „Großfamilie“ bewegen sich hin und her nur Autos und Vögel an ihm vorbei. Die Letzteren machen es noch unkontrolliert, also völlig frei…

Während unsere Pässe abgefertigt werden, setzte ich mich auf die Bank im Windschatten des kleinen Zollamtsgebäudes. Ich sehe, wie Lasterfahrer die beiden Busse umkreisen und neugierig bunte Labels von Sponsoren der ZEIT-Reisen angucken. Wenn man aber noch die auf den Seiten der Fahrzeuge dargestellte Reiseroute vom Ausgangspunkt bis nach Schanghai mit seinem Blick verfolgt, öffnet man vor Staunen unwillkürlich den Mund und zeigt dabei ganze Reihen von Goldzähnen. Letztendlich schüttelt man den Kopf und kehrt zurück zu seinem Fahrzeug in der Warteschlange. Alles scheint hier im längst eingespielten Rhythmus abzulaufen, dem die Bezeichnung allegro vivace am aller wenigsten passt.

Plötzlich läuft auf mich ein Mayor im Eiltempo zu. Es stellt sich heraus, dass seine Dienstschicht heute etwa nicht komplett wäre ohne meinen informellen Briefing über die ZEIT-Reisen. Ich versuche auch seine Neugier zu stillen, denn gerade habe ich diese Story schon seinem Amtskollegen Jewgen erzählt. In vorbeugender Seelensorge habe ich bei der improvisierten Präsentation einige Details , wie zum Beispiel die Preisfrage, jedoch verborgen. Der Mayor kommt seinerseits meinem Neugier entgegen und erzählt kurz sein ganzes Leben. Geboren in der Ost-Ukraine habe er seine Verwandten dort schon seit drei Jahren nicht mehr besuchen können. Er habe zwei Kinder und sehe nun keinen Grund, durch den Besuch seines Heimatorts, der jetzt direkt an der Frontlinie liegt, sein Leben zu riskieren… So bekommt man die zerrüttenden Ausläufer des Krieges zu spüren, der noch Hunderte von Kilometern von uns entfernt ist.

Wer weiß, wo die Ostgrenze der heutigen Ukraine morgen verlaufen wird. Noch bis vor kurzem glaubte man in Europa, dass unsere Staatsgrenzen so gut wie konstant und unverletzlich sind. Anstelle alter Zuversicht sind nun neue Besorgnisse aufgekommen, die sich nicht selten aus alten Giftquellen des Nationalismus und der Großmachtpolitik nähren.

Auf seiner Heimfahrt mit dem Zug von Orjol nach Moskau überlegt sich der Experte, ob er die Grenzfrage zu einem der Schwerpunkte seines nächsten Reisebegleitungsprogramms machen soll.

~ Alexander Sambuk

Tag 6

Warschau – Brest

Grenzübertritt nach Weißrussland

Bei bewölktem Himmel ging es fast pünktlich um 9 Uhr los, aber unterwegs kam schon bald wieder die Sonne zum Vorschein. Unser Experte Alexander “Sascha” Sambuk begleitet heute unser Team “Hamburg” und versorgt uns mit weiteren Informationen zu Weißrussland. Von ihm hatten wir schon zuvor erfahren, wie Vollbeschäftigung in Belarus aussieht: Saubere Straßen werden immer wieder aufs Neue gefegt. Die Fahrt geht über eine gut ausgebaute Landstraße und ein kurzes Stück über die Autobahn durch die weite Landschaft Ostpolens vorbei an kleinen Ortschaften und einzelnen Häusern und Gehöften. Dazwischen immer wieder auffallend moderne Gebäude. Der Verkehr ist relativ dicht und wir kommen nur langsam voran.

Einfache Häuser am Straßenrand in Ostpolen
Einfache Häuser am Straßenrand in Ostpolen
(Klaus Köhler)

Die Umgebung ist zunächst landwirtschaftlich geprägt. Je näher wir der Grenze kommen, desto mehr lösen Wälder mit Kiefern, Birken und anderen Laubbäumen die Felder ab.
Um 13:20 Uhr haben wir die Grenze erreicht und brauchen eine halbe Stunde, bis die polnischen Zöllner unsere Pässe kontrolliert haben. Um 13:55 Uhr liegt der Grenzfluss Bug hinter uns, und jetzt ist Geduld gefragt, nachdem schon das Ausfüllen des nötigen Formulars für erhebliche Verwirrung sorgt. Tag der Ausreise ist nicht der Tag, an dem wir Belarus verlassen, sondern der Tag, an dem wir über die russische Grenze nach Kasachstan einreisen. Offenbar war alles fehlerlos, denn nach weniger als einer Stunde haben alle ihre Pässe zurück. Doch bis die stichprobenartige Kontrolle des Gepäcks und der Buspapiere abgeschlossen ist, dauert es noch mal eine gute Stunde. Und dann wird noch nach “blinden” Passagieren gesucht. Erst um 16:15 Uhr können wir die letzten vier Kilometer bis zum Hotel in Brest in Angriff nehmen.

Seidenstrasse Blog 2017 Tag 6_ Weissrußland 2
Ausgemustert: Die alten Loks im Eisenbahnmuseum in Brest
(Klaus Köhler)

Ab jetzt gilt die Osteuropäische Sommerzeit und wir müssen unsere Uhren eine Stunde vorstellen. So bleibt dann nach dem Einchecken im Hotel nicht mehr viel Zeit, um wenigstens einen Zipfel der Stadt zu erkunden.

Das Hotel Hermitage strahlt den Charme vergangener Zeiten aus, aber auf durchaus gehobenem Niveau – erfrischend nach den auswechselbaren Glaskästen der vorherigen Etappenziele! Beim gemeinsamen Abendessen im Hotelrestaurant sind zwei Schichten mit einer halben Stunde Abstand angesagt, damit die Küche nachkommt. Anschließend steht Alexander Sambuk ausgiebig Rede und Antwort. Dann geht es relativ früh ins Bett, denn uns stehen zwei lange Tage bevor.

~ Klaus Köhler, Team Hamburg

Tag 5

Warschau erleben

Einige ganz subjektive Wahrnehmungen

Aufgewacht im 12. Stock des Hilton Warsaw bei strahlendem Sonnenschein. Vor unserem Fenster reckt sich ein schlankes Hochhaus in den blauen wolkenlosen Himmel, sicher 150 m hoch. Es erweitert sich mit seiner gläsernen Hülle nach oben wie der sich öffnende Kelch einer Blüte. Daneben halbkreisförmig niedrigere Gebäude in gleicher gläserner Hülle wie die dazugehörigen Blätter. Ergänzt wird das Ensemble durch eine Grünanlage mit Wasserflächen, Springbrunnen, Bäumen, Flächen zum Verweilen, einem Pavillon mit Bar und Grill. Eingefasst wird das Ganze durch breite, neu angelegte, drei- bis vierspurige Straßen mit Bäumen und Grünstreifen, großzügigen Fuß- und Radwegen. Doch unmittelbar daneben bzw. am Rande wie eine Enklave aus alter Zeit ein altes Backsteingemäuer, zweigeschossig, verfallen mit schwarzem,löchrigem Pappdach, toten Fensteröffnungen, Reklamefetzen und einer Vielzahl von zerbröckelnden Schornsteinen. Wie passt das zusammen? Die Stadtführung gab Aufschluss.

Warschau, der Name, hat offenbar nichts mit dem “Warschau!” zu tun, das wir an der Küste uns zurufen und das so viel wie »Achtung«, »pass auf« heißt. Vielleicht haben sich das allerdings vor Urzeiten die polnischen Fischer War und Sawa zugerufen, als plötzlich vor ihnen eine junge hübsche Nixe mit Krone, Schwert und Schild aus der Weichsel auftauchte, die ihnen aufgab, an dieser Stelle eine Stadt zu gründen,die einmal groß, glücklich und mächtig werden würde. Sie taten das und nannten die Stadt nach ihren Namen: Warsaw.

Warschau war dann nach Gnesen und Krakau seit Ende des 16.Jahrhunderts die dritte polnische Hauptstadt und Sitz der polnischen Könige, bis nach der dritten Teilung Polens 1795 der polnische Staat sich auflöste und erst 1918 als Republik wieder neu erstand. 1939 kam es dann durch den Hitler-Stalin Pakt zur 4. Teilung. Hitler ließ von Westen und Stalin von Osten einmarschieren. Die Deutschen bombardierten dann sofort Warschau und hier besonders das Königsschloss. Später errichteten sie in der Stadt das größte jüdische Ghetto auf einer Fläche von 3 qkm, das sie 1943 nach der Niederschlagung des Ghettoaufstands dem Erdboden gleich machten. Als es dann im August 1944 zum Warschauer Aufstand kam, der unter den Augen der Roten Armee von der SS niedergeschlagen wurde, erlitt Warschau als Stadt das gleiche Schicksal. Es war insgesamt nur noch ein Ruinenfeld.

Dann begann der Wiederaufbau. Die SU wollte eine sozialistische Stadt mit breiten Straßen und einfachen Wohnungen für die Werktätigen, und Stalin schenkte dem polnischen Volk einen Kulturpalast mit einem 234 m hohen Turm (als Aussichtsturm sehr empfehlenswert). Die Aufzugsanlage wurde allerdings 1990 durch eine westeuropäische ersetzt. Doch die nach Westeuropa orientierten Polen wollten ihre alte Stadt wieder aufbauen und taten dies gegen den Widerstand der Sowjets nicht nur hier, sondern auch in den ehemals deutschen Städten Danzig und Breslau. Die völlig zerstörte Altstadt wurde komplett wiederhergestellt, zum Teil mit Backsteinen aus Ostpreußen, und ist heute Weltkulturerbe. Auch etwa 40 Adelspaläste wurden nach dem Krieg wieder aufgebaut. Es war ein Protest gegen die sowjetische Bevormundung. Die Krönung dieses Protestes war dann, als Gierek 1971 beschloss, das Schloss der polnischen Könige wieder aufzubauen. Dies erfolgte im wesentlichen aus Spenden und war 1984 fertig.

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Warschauer Kulturpalast
(Bernd Loppow)

Der Wiederaufbau erhielt dann nach der Wende einen großen Schub und vor allem nach dem Beitritt zur EU am 1.5.2004. Viele neue Häuser, vor allem auch sehr schöne Hochhäuser wurden errichtet. Da beschlossen war, den Alteigentümern ihre Grundstücke zurückzugeben, ergab sich vielfach die Schwierigkeit, diese ausfindig zu machen und sie zu Entscheidungen zu bringen. Das erklärt die oben beschriebenen Enklaven. Die Rechtsverhältnisse sind ungeklärt.

Gleichwohl fallen die vielen, zum Teil sehr schönen und fantasievollen Gebäude auf, konzipiert von den berühmtesten Architekten der Welt wie Daniel Libeskind und Norman Foster. Neben den sowjetischen Wohngebäuden im Zuckerbäckerstil finden sich auch viele interessante postsowjetische Wohnanlagen, z.T. auch in Hochhäusern. Dazwischen gibt es großzügig angelegte Plätze und natürlich eine Vielzahl von Denkmälern, vor allem Erinnerungen an Krieg und Verfolgung.

Wie kommt mir da plötzlich die Strophe eines alten Liedes in den Sinn mit dem Text- etwas verfremdet- : “Oh Warschau, oh Warschau, Du wunderschöne Stadt, darinnen liegt begraben so manniger Soldat…”? Gewiss, hier liegen nicht nur begraben Soldaten, sondern Zivilisten, vor allem jüdische Zivilisten, und meistens auch leider nicht begraben, sondern ausgelöscht, verscharrt und verbrannt von unseren Vätern und Vorvätern. 6 Mio Polen starben im 2. Weltkrieg. Das kann ich nicht ausklammern in dieser Stadt, auch wenn die Sonne noch so schön scheint. Wie der Hauptmann in dem alten Lied können wir die Söhne und Töchter nicht zurückgeben »…für noch so vieles Geld«, wir können nur um Vergebung bitten, wie weiland Willy Brandt. Die Warschauer haben ihm seine Bitte nicht abgeschlagen und sogar einen Park nach ihm benannt.

Das führt mich zum »grünen« Warschau. Die vielen Parks fallen auf. Jeder, der hier einst einen Palais errichtete,schmückte ihn mit einem Park, die noch heute erhalten sind, auch wenn die Paläste verschwanden. August der Starke hatte bei seinem Palast einen 15ha großen Park. Dieser ist noch erhalten, der Palast nicht mehr. Dort gibt es das Denkmal für den unbekannten Soldaten. Grün ist das Weichselufer unterhalb der Altstadt und offen für die Bevölkerung. Am beeindruckendste aber der »Tazienki«, der »Badezimmer« -Park, 74 ha groß, Park der polnischen Könige, die hier einen kleinen Badepavillon unterhielten. Der letzte polnische König Stanislaw August Poniatowski (1765-1795), Liebhaber von Zarin Katharina II, baute den Pavillon zu einer Residenz aus und errichtete zusätzlich 2 Theater für das Volk, 2 Orangerien für seine aufwändigen Empfänge. Wir hörten als Ende unseres Rundgangs hier im Freien Klaviermusik von Chopin, in Polen geboren, in Paris gestorben und begraben, aber sein Herz befindet sich in Warschau. Bei dem Konzert hatten wir wieder einmal die Gelegenheit, uns an den vielen hübschen und eleganten jungen polnischen Damen zu erfreuen. Dies fand übrigens auch meine Frau so.

Der Stadtrundgang mit Magda war außerordentlich informativ. Sie war eine sehr temperamentvolle, kenntnisreiche Person, die sich erfrischend offen zu den politischen Verhältnissen in Polen äußerte. Sie erzählte auch vieles über die Probleme der Polen mit den Russen. Dazu der Witz: ein Russe und ein Pole finden einen Schatz. Sagt der Russe »Wir sind doch kommunistische Brüder, lass ihn uns brüderlich teilen« darauf der Pole »nein lieber fifty-fifty«.

Seidenstrasse_Blog2017_Tag 6_1
Warschauer Altstadt, Königsschloss

Leider hatten wir beim Rundgang durch das Königsschloss einen anderen Führer, sehr freundlich zwar, und beeindruckend ist auch die Wiederaufbauleistung, aber die 2238 Gemälde und die mobile Toilette des Königs interessierten doch nicht so richtig. Deshalb meine Empfehlung für den Reiseveranstalter: das nächste Mal anstelle der Besichtigung des Schlosses das jüdische Museum besuchen.

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Warschau mit Blick von oben
(Aufgenommen mit einer Drone von Christian Peschke)

Ach Warschau, Du unglaublich lebhafte, vielfältige, bunte, europäische Stadt mit so vielen freundlichen, intelligenten, witzigen, temperamentvollen, begeisterungsfähigen Bewohnern, was sollen wir von den Schritten zurück in eine überholt geglaubte Zeit halten, die ausgerechnet in Deinen Mauern versucht werden, was von dem Rückfall in feindliche Gesinnungen, was von der Einschränkung bürgerlicher Freiheiten und kultureller Vielfalt, was von der Behinderung einer wirksamen Kontrolle staatlicher Macht? Wie kommt es, dass so viele bei Dir dem Anschein nach bereit sind, sich von Europa abzuwenden, wo doch bislang das westliche Europa eigentlich immer Deine Hoffnung war, vielleicht nicht gerade mein Heimatland wegen unserer schwierigen Geschichte , aber doch wenigstens alle übrigen Nachbarn. Wir jedenfalls wünschen Dir und uns von Herzen, dass dies zur Zeit, wie unsere Stadtführerin Magda meinte, nur ein überflüssiger Schlenker der Geschichte ist, wie er sich zuweilen ergibt, und dass unsere Länder bald wieder zusammenfinden und gemeinsam mit anderen unser europäisches Schiff in gutes Fahrwasser steuern können. Vielleicht kannst Du ja mit Deinem Geist in diesem Sinne Deinen Leuten etwas helfen. Wie heißt es bei Euch so schön: Wo Herz, da auch Glück.

~ Wolf-Dieter Hauenschild, Team Shanghai

Tag 4

Von Posen nach Warschau

Petrus muss ein ZEIT-Reisender sein. Abermals, wie bereits an den vorangegangenen Tagen, zeigte sich der morgendliche Himmel entgegen aller Wetterprognosen von seiner besten Seite. Blauer Himmel, nur wenige, kleine Wölkchen, angenehme Frühlingstemperaturen – so starteten beide Busse um 8:30 und 9:00 Uhr vom nh- Hotel in Posen. Über die gut ausgebaute Autobahn 2 / E30 ging es ostwärts. Zwischen Konin und Lodz endlich die Erlösung für unseren Busfahrer Marcus. Was am Vortage trotz mehrerer Versuche nicht gelang, heute konnte die Mautbox des Busses für die anstehenden, mautpflichtigen Autobahnabschnitte in Polen aufgelanden werden. Daumen nach oben!

Seidenstrasse_Blog2017_Tag_5
Auf der gut ausgebaute Autobahn 2 / E30 Richtung Osten
(Bernd Loppow)

Unterwegs referierte unser Experte Alexander “Sascha” Sambuk zur Politik und Wirtschaft in Polen, Belarus und den politischen Verhältnisse zwischen diesen beiden ehemaligen Sowjetrepubliken und der heutigen russischen Föderation. Viele Fragen der Teilnehmer konnten somit in direkten Gesprächen schnell und umfangreich beantwortet werden.

Die an uns vorbei ziehende Landschaft verändert sich kaum merklich. Eine leicht wellige Topografie lässt die Rueckschlüsse zu, dass man sich immer noch in den Bereichen, d.h. den südlichen Ausläufern der letzten Eiszeit oder besser der Weichsel-Kaltzeit, die vor rund 10.000 bis 12.000 Jahren zu Ende ging, befindet. Bestände von unserer heimischen Schwarzkiefer (Pinus nigra) und der Sand- Oder Hängebirke (Betula pendula) weisen auf einen sandigen Untergrund dieser Grundmoränenlandschaft hin. Dazwischen geschaltet immer wieder kleinere ackerbauliche Nutzflächen und Weideland. Die leuchtend gelben Felder mit Raps stehen hierbei im direkten Kontakt zu den tiefgrünen Feuchtwiesen. Das Grundwasser steht hier in den Mulden ziemlich oberflächennah an. Kleinere Seen, Bachläufe und Auenwälder mit Weidengehölzen (Salix spec.) und Schwarerle (Alnus giutinosa) bestimmen die kleingekammerten polnischen Landschafen der Wielkopolska und Mazowiecka.

Seidenstrasse_Blog2017_Tag_5_2

Die kleinen Haufensiedlungen bestehen meist nur aus wenigen Häusern Oder Hofeinheiten. Es dominieren Einzelgehöfte mit Milchviehhaltung und Gefluegelbetriebe.

An Lódóz vorbei – passend zur Reisehymne “Hinter’m Horizont geht”s weiter…” erscheint nach rund 280 Fahrkilometern am Horizont die auffällige Hochhaussilouette einer Grossstadt. Das Hinweisschild zum Flughafen Int. Airport Chopin, zeigt an, dass wir die Geburtsstadt des polnisch-französischen Komponisten Frederic Chopin und Hauptstadt Polens Warschau erreicht haben. Ein kurzer Zwischenstopp an unserem Hotel Hilton, das mit 26 Stockwerken bei Weitem nicht zu den höchsten Hochhäusern des modernen Stadtteils Mirow zählt, geht es weiter in Richtung Stadtzentrum zu unserer Mittagspause in einem typischen Restaurant in der historischen Altstadt.

“Geschafft!” – könnte man meinen, doch jetzt beginnt erst die eigentliche Herausforderung, insbesondere für unsere drei Fahrer Christian, Marcus und Ruwep. Wochenende und das schöne Wetter hat viele Besucher veranlasst die Innenstadt anzusteuern. Sperrungen von Strassen, Durchfahrtsbeschränkungen bzgl. der Tonnage und/oder der Durchfahrtshöhe, Abbiegeverbote, dort wo man laut Navigationsgerät hin möchte u.v.m. führt dazu, dass man an einer öffentlichen Bushaltestelle aussteigt und zu Fuss das Restaurant “Literatka” anläuft.

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Historische Altstadt Warschau, Polen
(Bernd Loppow)

Die Busfahrer gehen derweilen auf Parkplatzsuche. In den Kellergewölben des Restaurants wird die Gruppe mit einem deftigen 2-Gänge-Menü versorgt. Eng zusammengerückt, da noch viele andere Gäste die Idee hatten dieses Restaurant aufzusuchen, warteten wir auf unsere Fahrer. Ein Telefonanruf zur fortgeschrittenen Zeit bestätigte dann die Vermutung. Die Busse hatten immer noch keinen geeigneten Parkplatz gefunden. Die Fahrer steuerten einen Standort etwas ausserhalb der Altstadt beim Krasinski Park an und mussten so die Mittagsrast in nicht gewollter Art und Weise ohne Verköstigung verbringen. Wir hingegen traten wohl gestärkt den Fussweg zum Bus an. Vorbei an der Feldkirche der polnischen Armee und dem Mahnmal des Warschauer Aufstands von 1944 vor dem Platz des Obersten Gerichts, fanden wir unsere Fahrer mitsamt beider Busse wieder.

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Mahnmal des Warschauer Aufstands, Polen
(Bernd Loppow)

Zurück zum Hotel, Check-in und dann hatte jederman vor Ort etwas Freizeit. Einige Reisenden nutzten die Gelegenheit von der obersten Hoteletage einen Blick auf die Hauptstadt zu geniessen oder spazierten im Umfeld des Hotels durch die neue Hochhauslandschaft aus Glas, Stahl und Beton. Offene Bauflächen zeigen, das hier in naher Zukunft noch weitere Büro- und Hotelhochhäuser entstehen werden. Alte, mehrgeschossige Wohn- und Bürogebäude aus früheren Zeiten müssen weichen. An einigen Stellen könnte der Kontrast nicht größer sein. Alt und Neu, marodes Ziegelmauerwerk, abblätternde Fassaden und futuristische Glaskonstruktionen stehen direkt beieinander. Auch dies ist ein Gesicht der modernen Metropole Warschau.

~ Wolfgang Pohl
Reiseleiter von Team Hamburg und studierter Geograph

Tag 3

Willkommen in Polen

Nach einem kräftigen Frühstück im Swissôtel starten wir um 9 Uhr auf die 2. Etappe. Gut 300 Kilometer sind es bis nach Posen, wo wir Mittags erwartet werden. Beim letzten Tankstopp in Deutschland fließen 360 Liter Diesel in den Bauch unseres Busses.

Der ZEIT-Bus wird vollgetankt für die nächste Etappe
Der ZEIT-Bus wird vollgetankt für die nächste Etappe

Hinter Frankfurt an der Oder überqueren wir dann die erste Grenze, die letzte im Schengenraum, daher ein letztes Mal ohne Stopp und Passkontrolle.
Auch in Polen begleitet uns rechts und links der Leitplanken ein gewohntes Bild: Leuchtend gelbe Rapsfelder, saftig grüne Wiesen, kleine Gehölze. Und wir möchten es hier einmal ausdrücklich festhalten: Über uns wölbt sich seit der Abfahrt in Hamburg ein fast wolkenloser Himmel, die Sonnenstrahlen wärmen die Frühlingsluft, bei der ersten Rast tragen die meisten Mitreisenden unsere kurzärmeligen blauen Expedtionspolos mit dem Namen auf der Brust und der Route auf dem Rücken. Die Autobahn ist neu und bestens ausgebaut. Bereits daran merken wir, dass Polen nennenswert von der EU profitiert. Auf dem Weg nach Posen passieren wir auch mindestens 10 EU-finanzierte Wildbrücken, mehr als ich in Deutschland jemals gesehen habe.

ZEIT-Experte Sascha Sambuk (rechts) im Gespräch mit den ZEIT-Reisenden
ZEIT-Experte Sascha Sambuk
(rechts) im Gespräch mit den ZEIT-Reisenden

An Bord versorgt uns Alexander “Sascha” Sambuk mit ersten Informationen über Polen und beantwortet unsere Fragen. Der russisch/weißrussische Journalist aus Moskau ist der erste ZEIT-Experte an Bord und wird uns bis nach Woronesch über die Geschichte und aktuelle Situation in Osteuropa informieren. Er hat bereits mit allen ZEIT-Korrespondenten seit der Gründung des ZEIT-Büros in Moskau 1976 zusammengearbeitet.
Als wir um 13 Uhr in Posen ankommen, erwartet uns bereits Barbara Mandelke, die wir schon vom letzten Jahr kennen, zur Stadtführung. Zunächst geht es aber zu einem zünftigen Mittagessen in einem Restaurant in der Altstadt. Dabei darf ein polnisches Bier nicht fehlen. “Wenn man in Posen ein Bier trinkt”, erklärt uns Barbara mit einem Augenzwinkern, “muss es ein Lech sein, nach einem alten polnischen Vornamen, wie Lech Walesa. Denn Lech muss Wech!”

Stadtführung in Posen mit Barbara Mandelke
Stadtführung in Posen mit Barbara Mandelke

Barbara versteht es, uns ihre Heimatstadt mit Witz und Charme vorzustellen. Und was wir sehen ist beeindruckend: Besonders bemerkenswert ist der Marktplatz: Nach dem die prächtige Architektur im 2. Weltkrieg weitestgehend zerstört wurde, haben Restauratoren und Architekten das Viertel in akribischer Arbeit und nach Originalbauplänen restauriert. Und es wieder zu einem Anziehungspunkt für die Bevölkerung gemacht – mit zahlreichen Cafés, Bars und Restaurants, Boutiquen und den unvermeidlichen Souvenirständen. Im Zentrum des Marktplatzes steht das alte Rathaus, eines der prachtvollsten Renaissancedenkmäler Mitteleuropas.
Und überall sehen wir junge Menschen. Posen hat bei rund 500.000 Menschen 150.000 Studenten. Auch junge Deutsche zieht es zunehmend nach Posen, erzählt Barbara: “Es gibt auch interessante englischsprachige Bachelor- und Masterstudiengänge mit vergleichsweise niedrigen Studiengebühren.”
Vor dem Abendessen in Hotel analysiert Sascha Sambuk das historische Verhältnis von Russen, Weißrussen und Polen und beantwortet Fragen zur aktuellen politischen Situation. Nach dem abschließenden Abendessen unternehmen einige Nachtschwärmer noch einen Ausflug zum Marktplatz und sind mittendrin, wenn Mengen von Studenten und anderer junger Menschen den Beginn des Wochenende feiern. Posen, eine Stadt, in der es sich gut leben lässt!

~ Bernd Loppow

Tag 2

In Hamburg sagt man Tschüß

Den ganzen Morgen liefen die Vorbereitungen noch auf Hochtouren: Das Buffet in der Kantine wurde bestückt, die Getränke kaltgestellt und im Haus fleißig Fähnchen für den Abschied vorm Haus verteilt.Abschied in der ZEIT Kantine

Bei Sekt und Canapés in der Kantine der ZEIT lauschten die Reisegäste den einstimmenden Grußworten, u.a. von von Sandra Kreft, der ZEIT-Verlagsleiterin für Neue Geschäftsfelder und Magazine, Dr. Nele Stender von der Senatskanzlei Hamburg und Dr. Theo Sommer den langjährigen Chefredakteur und Herausgeber der ZEIT. Er wies besonders auf das »rasante Tempo« hin, mit dem sich China seit 1975, als er mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt erstmals China besuchte, »aus der Steinzeit der wirtschaftlichen Entwicklung zu einer modernen Großmacht entwickelt hat«.

Verlagsleiterin Sandra Kreft
Verlagsleiterin Sandra Kreft
Dr. Nele Stender von der Senatskanzlei Hamburg
Dr. Nele Stender von der Senatskanzlei Hamburg

Nach dem obligatorischen Abschlussfoto auf der Wiese vor dem Helmut-Schmidt-Haus ist es dann soweit: Fast pünktlich um 12.37 Uhr winken uns Sandra Kreft und Theo Sommer mit der Hamburgflagge auf den Weg. Es geht los, der Weg ist das Ziel. Selten hat ein Klischee so gestimmt!

Abschiedsgruppen Bild
Ein Gruppenbild der ZEIT-Reisenden zum Abschied vor dem Helmut-Schmidt-Haus

Vor uns liegen fast 14.000 Kilometer, 38 Etappen in 52 Tagen, acht Zeitzonen und jede Menge neue Erfahrungen und Begegnungen. Singend sind wir Richtung Shanghai gestartet: »Hinterm Horizont geht’s weiter …!

Auf dem Weg nach Berlin
Auf dem Weg nach Berlin

Schnell gewöhnen wir uns an unser neues Wohnzimmer für die nächsten siebeneinhalb Wochen. Denn: Komfortabler als in unseren beiden ZEIT-Bussen können wir nicht unterwegs sein: Unser Busunternehmer Christian Peschke hat auf dem Platz zweier Sitzreihen ein Komfortmodul eingebaut, das aus einem herrlich bequemen Ledersitz und einer Schrank-/Tischkombination besteht, auf der man sogar die ZEIT in ganzer Breite ausbreiten kann. Schnell geht die erste Etappe nach Berlin vorüber: Um viertel vor Fünf rollen wir vor dem Swissotel in Berlin vor.

Nach kurzer Rast wartet gleich der erste Empfang: Wir sind in der usbekischen Botschaft zum Abendessen eingeladen. Vorher erwarten uns allerdings noch ein paar freundliche Begrüßungsworte und bewegte Bilder, mit denen uns der Botschaftsmitarbeiter Herr Otschilov eine gute Reise und einen angenehmen Aufenthalt in seiner Heimat wünscht, die wir Ende Mai erreichen werden.

Ein erster Höhepunkt der Reise ist der Vortrag von Michael Thumann, des Außenpolitischen Korrespondenten der ZEIT aus unserem Berliner Büro. Sein Thema ist das »Great Game«, bei dem die Großmächte seit über 150 Jahren um die Vorherrschaft in Zentralasien kämpfen. Michael Thumann spannt einen großen Bogen vom 19. Jahrhundert als England, Russland und Deutschland die Vormacht über Zentralasien zu gewinnen versuchten, bis zum 21. Jahrhundert. Immer geht es um politische und wirtschaftliche Einflussnahme auf Rohstoffe wie etwa Öl- und Gasvorkommen im Kaspischen Meer, aber auch um die Kontrolle von Handelswegen. Thumann berichtet von den strategischen Anstrengungen der USA, nach dem Ende der Sowjetunion, die kleinen Staaten in Osteuropa und Zentralasien zu »unterstützen«.

Und er berichtet von einem gigantischen Infrastrukurprojekt Chinas, der »Neuen Seidenstraße«. Das 900 Milliarden Dollar schwere, größte Entwicklungsprogramm seit dem Marshallplan ist eines der wichtigsten Vorhaben des chinesischen Parteichefs Xi Jinping und am Wochenende Thema einer gigantischen Konferenz in Peking, an der Regierungsdelegationen aus 100 Ländern teilnehmen. Es soll die Staaten entlang Chinas alter Handelsrouten zu Lande und zur See enger an das Reich der Mitte binden und die wirtschaftliche und geostrategische Expansion Chinas Richtung Europa und in andere Teile der Welt vorantreiben. Thumanns Wunsch, bevor wir uns am usbekischen Buffet stärken konnten: »Wir müssen, weiter versuchen, gemeinsam in der EU Bindungen zu diesen Ländern zu schaffen, die es Ihnen ermöglichen, sich gegen ihre großen Nachbarn zu behaupten«. Auf einem Abschnitt dieser »Neuen Seidenstraße« werden wir in den nächsten Wochen unterwegs sein und die Entwicklung mit Hilfe unserer ZEIT-Experten an Bord live erleben und beobachten.

Michael Thumann werden wir schon bald wiedertreffen. Von Wolgrad bis Astrachen wird er uns mit seiner Expertise helfen, den Wandel in dieser Region einzuordnen und zu verstehen. Heute Abend jedenfalls erleben wir einen perfekten Einstieg in unsere Entdeckungsreise. Dazu tragen auch der laue Frühlingsabend, die anregenden Gespräche und der leckere Weine auf der Botschaftsterrasse bei.

~ Bernd Loppow

Tag 1

Anreise nach Hamburg

Das große Abenteuer beginnt mit der Anreise nach Hamburg in das Hotel Park Hyatt im Levantehaus an der Mönckebergstraße. Auch 2017 war der Ansturm auf die Reise so groß, dass wir wieder mit zwei Bussen fahren werden, Team Hamburg und Team Shanghai, die sich später auch beim Schreiben des Blogs abwechseln werden. Jeder Bus, jedes Team unternimmt seine eigene Reise. Bis auf wenige Tage, an denen gemeinsam Grenzen zu überwinden sind und bei besonderen Anlässen werden die Busse jeden Morgen um eine halbe Stunde zeitversetzt starten und den Tag individuell verbringen. Auch an den Abenden essen beide Gruppen in der Regel in den Hotels in eigenen Räumen und unterschiedlichen Restaurants.

Um 18.30 Uhr ist die lange Wartezeit vorbei: Beide Gruppen treffen sich mit Ihren Reiseleitern Wolfgang Pohl (Team Hamburg) und Rainer Schelp (Team Shanghai) zur Vorstellungsrunde. Schnell wird klar, was für die meisten Teilnehmer der Auslöser für die Buchung der Reise war: Der Reisetraum von der Durchquerung zweier Kontinente und spannender Kulturräume, die langsame Annäherung an das Reiseziel Shanghai, der Mythos Seidenstraße und nicht zuletzt die sinnesfrohe Reisebeschreibung in unserer achtseitigen Broschüre, die wir der ZEIT Ende Juli vergangenen Jahres beigelegt hatten. Deshalb waren schon nach kurzer Zeit alle 52 Plätze in beiden Bussen vergeben. Fast alle Teilnehmer waren bisher fast ausschließlich individuell mit ihren Partnern verreist, haben Ihr Arbeitsleben hinter sich und sind voller Vorfreude auf die nächsten 53 Tage bis zu Ankunft der Busse am Fernsehturm in Shanghai. »Diese Reise«, so formulierte es ein Mitreisender stellvertretend für viele andere, »ist so einzigartig und in dieser Form so nur mit der ZEIT machbar, dass wir nicht lange überlegt und uns sofort angemeldet haben«.

Unser Busunternehmer Christian Peschke und seine beiden Fahrer Markus und Ruben stellen sich vor
Unser Busunternehmer Christian Peschke und seine beiden Fahrer Markus und Ruben stellen sich vor

Zum Abschiedsabendessen treffen wir uns dann erstmals alle gemeinsam im Salon Reimer Rickmers des Park Hyatts. Unser Busunternehmer Christian Peschke und seine beiden Fahrer Markus und Ruben stellen sich vor. Die drei werden sich in den nächsten siebeneinhalb Wochen am Steuer der beiden Neoplan Cityliner abwechseln. Christian wurde nach der Tour im vergangenen Jahr von MAN für seinen Mut, die Pilotreise für uns und unseren Partner China Tours zu fahren, als »Busunternehmer des Jahres« ausgezeichnet. Nach der Vorspeise hält Dr. Sven Schröder vom HanseMerkur Institut für Traditionelle Chinesische Medizin eine ebenso brillante wie spannende Einführung in die Jahrtausende alte fernöstliche Gesundheitslehre, auf die hunderte Millionen Chinesen noch immer vertrauen. Und zum Ausklang des Abends ertönt erstmals auch unsere Hymne, die uns und unsere Busse bis nach Shanghai begleiten wird: »Hinterm Horizont geht’s weiter …« von Udo Lindenberg. Das soll auch das Motto für unsere lange Reise sein, die ich persönlich zunächst bis nach Warschau begleiten und auch den Blog für die ersten Tage übernehmen werde.

~ Bernd Loppow (Gründer und Programmleiter ZEIT REISEN)

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Reiseprogramm : Tag 1 - 12

EUROPA

1. Tag | Mi. 10.5.2017
Hamburg
Individuelle Ankunft in Hamburg

2. Tag | Do. 11.5.2017 | 288 km
Hamburg – Berlin
Große Startveranstaltung vor dem Helmut-
Schmidt-Haus Hamburg, erste Etappe nach Berlin

3. Tag | Fr. 12.5.2017 | 271 km
Berlin – Posen
Grenzübertritt nach Polen, Fahrt nach Posen
und Besichtigung der Altstadt

ZEIT REISEN exklusiv:
In Polen begleitet Alexander Sambuk, russischer
Journalist und ZEIT-Mitarbeiter, die Reisegruppe

4. Tag | Sa. 13.5.2017 |  310 km
Posen – Warschau
Weiterfahrt nach Warschau, Besuch der
beeindruckenden Altstadt

5. Tag | So. 14.5.2017 | Ruhetag
Warschau
Stadtführung durch das architektonisch
eindrucksvolle Warschau, Besuch des
Königsschlosses, polnisches Abendessen

6. Tag | Mo. 15.5.2017 | 205 km
Warschau – Brest
Grenzübertritt nach Weißrussland,
Weiterfahrt, Mittagessen in Brest

7. Tag | Di. 16.5.2017 | 566 km
Brest – Homel
Fahrt durch Südweißrussland nach Homel

8. Tag | Mi. 17.5.2017 | 397 km
Homel – Orjol
Grenzübertritt nach Russland,
Weiterfahrt nach Orjol

9. Tag | Do. 18.5.2017 | 343 km
Orjol – Woronesch
Überlandfahrt nach Woronesch,
Entdeckung der architektonischen Vielfalt

10. Tag | Fr. 19.5.2017 | 581 km
Woronesch – Wolgograd
Fahrt durch weite Wälder und kleine Dörfer,
Ankunft in Wolgograd (ehemals Stalingrad)

11. Tag | Sa. 20.5.2017  | Ruhetag
Wolgograd
Stadtführung durch Wolgograd, Gedenkstätte
der Schlacht von Stalingrad,
Mamajew-Hügel mit Mutter-Heimat-Statue,
feierliche Zeremonie

12. Tag | So. 21.5.2017 | 423 km
Wolgograd – Astrachan
Fahrt entlang der Wolga zum südlichen
Wolgadelta, Kalmückische Steppe

ZEIT REISEN exklusiv:
Michael Thumann, langjähriger Russland-
Korrespondent und außenpolitischer Reporter
der ZEIT, begleitet Sie in Russland

Reiseprogramm: Tag 13 - 26

ZENTRALASIEN

13. Tag | Mo. 22.5.2017 | Ruhetag
Astrachan
Stadtbesichtigung in Astrachan, Besuch des Kreml,
Bootsfahrt und Mittagspause am Wolga-Ufer

14. Tag | Di. 23.5.2017 | 357 km
Astrachan – Atyrau
Fahrt durch wüstenartige Steppe, Grenzübertritt
nach Kasachstan, Ankunft in Atyrau

15. Tag | Mi. 24.5.2017 | 227 km
Atyrau – Kul’sary
Weiterfahrt durch Steppe und Ödland,
Ankunft in Kul’sary

16. Tag | Do. 25.5.2017 | 454 km
Kul’sary – Jazliq (Karakalpakstan)
Grenzübertritt nach Usbekistan,
Übernachtung im typischen Teehaus
inmitten der Steppe

17. Tag | Fr. 26.5.2017 | 271 km
Jazliq (Karakalpakstan) – Nukus
Fahrt durch die Wüste Kyzylkum
nach Nukus, Besuch des Savitsky-Museum

18. Tag | Sa. 27.5.2017 | 197 km
Nukus – Khiva
Fahrt nach Khiva, in eine Stadt wie aus
dem Märchen: Besichtigung der Altstadt
und des Palasts Tasch-Hauli

19. Tag | So. 28.5.2017 | 456 km
Khiva – Buchara
Fahrt durch die Wüste, Überquerung
des Flusses Amudarja und passieren den
Chash-Kala-See, Ankunft in Buchara

20. Tag | Mo. 29.5.2017 | Ruhetag
Buchara
Besichtigungen in Buchara: Überdachte
Basare, Festung Ark, Karawansereien, ein
Gefühl wie aus 1001 Nacht

21. Tag | Di. 30.5.2017 | 276 km
Buchara – Samarkand
Karge Hügel der Steppe und ausgedehnte
Baumwollfelder, Stopp in Shakri Sabz,
Ankunft in Samarkand

ZEIT REISEN exklusiv:
Die Journalistin Birgit Brauer, viele Jahre
Zentralasienkorrespondentin des britischen
»Economist«, begleitet Sie in Usbekistan.

22. Tag | Mi. 31.5.2017 | Ruhetag
Samarkand
Besichtigung in Samarkand: Registan-Platz,
wunderschöne Medressen, Moschee Bibi
Khanum, großer Basar

23. Tag | Do. 1.6.2017 | 311 km
Samarkand – Tashkent
Weiterfahrt nach Tashkent, Stopp bei einem
Melonenmarkt, Stadtbesichtigung in Tashkent
mit den Sehenswürdigkeiten und einem der
größten Basare Zentralasiens, abends feierliche Zeremonie

24. Tag | Fr. 2.6.2017 | 324 km
Tashkent – Fergana
Fahrt über den Kamchik-Pass an der Grenze
zu Tadschikistan, Fahrt durch das fruchtbare
Fergana-Tal, Ankunft in Fergana

25. Tag | Sa. 3.6.2017 | Ruhetag
Fergana
Stadtbesichtigung Fergana durch die
grünen Alleen, Fahrt nach Margillan:
Besuch einer berühmten Seidenweberei
und Keramikwerkstatt

26. Tag | So. 4.6.2017 | 312 km
Fergana – Sary-Tash
Grenzübertritt nach Kirgisistan, Fahrt entlang
des Gebirgsflusses Gulcha, Taldyk-Pass, Ankunft
in Sary-Tash

Reiseprogramm: Tag 27 - 53

CHINA

27. Tag | Mo. 5.6.2017 | 324 km
Sary-Tash – Kashgar
Grenzübertritt nach China am
Irkeshtam-Pass, Ankunft in Kashgar

28 . Tag | Di. 6.6.2017 | Ruhetag
Kashgar
Stadtbesichtigung in Kashgar: Id-Kah-Moschee,
Abak-Hodscha-Mausoleum, Grab der
Duftenden Konkubine, feierliche Zeremonie

29. Tag | Mi. 7.6.2017 | Ruhetag
Kashgar
Tag zur freien Verfügung und zur Eingewöhnung
in den neuen Kulturraum, Ni Hao in China

30. Tag | Do. 8.6.2017 | 463 km
Kashgar – Aksu
Fahrt durch die Taklamakan-Wüste, Ankunft
in Aksu

31. Tag | Fr. 9.6.2017 | 252 km
Aksu – Kucha
Weiterfahrt nach Kucha, Besichtigung der
Buddha-Grotten von Kizil und Besuch der
Klosterstadt Subashi

32. Tag | Sa. 10.6.2017 | 297 km
Kucha – Korla
Fahrt nach Korla, einer wichtigen Oasenstadt an
der nördlichen Seidenstraße

33. Tag | So. 11.6.2017 | 409 km
Korla – Turfan
Weiterfahrt entlang der nördlichen Ausläufer
der Taklamakan-Wüste nach Turfan, Besichtigung
des Bewässerungssystems Karez

ZEIT REISEN exklusiv:
Liu Guosheng, Vorsitzender der Gesellschaft
Deutsch-Chinesischer Verständigung begleitet
Sie auf der chinesischen Seidenstraße

34. Tag | Mo. 12.6.2017 | Ruhetag
Turfan
Besichtigung der Flammenden Berge, Buddha-
Grotten von Bezeklik, Ruinenstadt Gaochang

35. Tag | Di. 13.6.2017 | 404 km
Turfan – Hami
Weiterfahrt nach Hami, unterwegs Besuch
der Ruinenstadt Jiaohe, Ankunft in Hami,
Chinas Oase der köstlichen Melonen

36. Tag | Mi. 14.6.2017 | 416 km
Hami – Dunhuang
Fahrt entlang der Großen Mauer nach
Dunhuang, quirlige Oasenstadt und
wichtiger Handelsknotenpunkt

37. Tag | Do. 15.6.2017 | Ruhetag
Dunhuang
Dünenlandschaft Dunhuang, Besuch des
Mondsichelsees, Buddha-Grotten von Mogao

38. Tag | Fr. 16.6.2017 | 370 km
Dunhuang – Jiayuguan
Weiterfahrt durch den Hexi-Korridor, Besuch
einer Festung zum Schutz des westlichen Endes
der Großen Mauer und der Hängenden Mauer

39. Tag | Sa. 17.6.2017 | 228 km
Jiayuguan – Zhangye
Fahrt durch gebirgige Landschaft nach
Zhangye, Besuch eines der größten
liegenden Buddhas der Welt, Danxia-Geopark

40. Tag | So. 18.6.2017 | 509 km
Zhangye – Lanzhou
Fahrt entlang des Gelben Flusses,
Ankunft in Lanzhou, Millionenstadt und
ehemals bedeutende Flussquerung der
Handelskarawanen

41. Tag | Mo. 19.6.2017 | Ruhetag
Lanzhou
Stadtrundgang und Besuch des Baita-Parks
(Park am Berg der Weißen Pagode)

42. Tag | Di. 20.6.2017 | 481 km
Lanzhou – Baoji
Besuch der Maji-Shan-Buddha-Grotten,
Ankunft in Baoji

43. Tag | Mi. 21.6.2017 | 172 km
Baoji – Xi’an
Weiterfahrt nach Xi’an, Besichtigung
der berühmten Terracotta-Armee

44. Tag | Do. 22.6.2017 | Ruhetag
Xi’an
Stadtbesichtigung in Xi’an, Besuch der
Altstadt, der Stadtmauer und der berühmten
Großen Moschee

45. Tag | Fr. 23.6.2017 | 373 km
Xi’an – Sanmenxia – Luoyang
Fahrt nach Luoyang, Besichtigung
der Longmen-Grotten mit Buddha-
Figuren aus der Tang-Zeit, abends
feierliche Zeremonie

46. Tag | Sa. 24.6.2017 | 256 km
Luoyang – Shaolin-Kloster – Xuchang
Fahrt durch das Songshan-Gebirge,
Besichtigung des Shaolin-Klosters
mit Besuch einer Trainingseinheit,
Ankunft in Xuchang

47. Tag | So. 25.6.2017 | 396 km
Xuchang – Bengbu
Fahrt durch die zentralchinesische Landschaft
in die Millionenstadt Bengbu in der Provinz Anhui

48. Tag | Mo. 26.6.2017 | 203 km
Bengbu – Nanjing
Weiterfahrt nach Nanjing, zur »Südlichen
Hauptstadt« am Ufer des Yangtze, Besuch
eines lokalen Unternehmens

49. Tag | Di. 27.6.2017 | Ruhetag
Nanjing
Stadtführung durch die alte Kaiserstadt
Nanjing: Besichtigung des weitläufigen Konfuzius-
Tempels und Besuch im geschichtsträchtigen
John-Rabe-Haus

ZEIT REISEN exklusiv:
»Handelsblatt«-Korrespondent und China-Experte
Frank Sieren führt Sie durch seine Wahlheimat
und gibt spannende Einblicke

50. Tag | Mi. 28.6.2017 | 207 km
Nanjing – Wuxi
Fahrt ins malerische Wuxi am Ufer des Taihu-
Sees, Besichtigung der gut erhaltenen Altstadt,
Fahrt in einer alten Dschunke

51. Tag | Do. 29.6.2017 | 154 km
Wuxi – Shanghai
Besuch einer der kunstvollen
chinesischen Gärten in Wuxi, Weiterfahrt
nach Shanghai, dem letzten Etappenziel,
feierlicher Empfang und stimmungsvolle
Zeremonie

52. Tag | Fr. 30.6.2017 | Ruhetag
Shanghai
Besichtigung in Shanghai mit Bund, Altstadt
und dem Yu-Garten, feierliches Abschiedsessen

53. Tag | Sa. 1.7.2017
Shanghai – Deutschland
Individuelle Rückreise- bzw. Weiterreise

WIR STELLEN VOR

Ihre Reisebegleitung

Auf der Kultuexpedition begleiten Sie fachkundige Reiseleiter und ZEIT-Köpfe, die Ihnen Wissenwertes über die Destinationen berichten und neue Perspektiven eröffnen.

Rainer Schelp

Rainer Schelp

Rainer Schelp hat Sinologie, Ethnologie und Vorgeschichte in Deutschland und China studiert. Er begleitet unsere ZEIT-Reisenden auf der gesamten Reise und hat im letzten Jahr bereits mit seinem Wissen und seinem Witz begeistert.

»Seit meinem 17. Lebensjahr, damals noch »per Daumen«, treibt mich die Neugier um die Welt – und die spielt sich für mich östlich Deutschlands ab. China ist längst meine zweite Heimat und das ist sicher nicht nur akademisch begründet. Kaum ein Land hat so mit Klischees und Vorurteilen zu kämpfen – und beinahe nirgendwo sind diese vergleichbar falsch.«

Wolfgang Pohl

pohl-wolfgang-seidenstrasse-blog-2017

Wolfgang Pohl hat Geografie, Botanik, Kartografie sowie Ur- und Frühgeschichte in Bochum studiert. Seit über 30 Jahren bereist er mit Gruppen alle fünf Kontinente. Er begleitet unsere ZEIT-Reisenden auf der gesamten Reise von Hamburg nach Shanghai.

»Der Weg ist das Ziel. Reisen heißt für mich sich mit allen Sinnen dem Neuen zu öffnen.«

Alexander Sambuk

sambuk-alexander-seidenstrasse-blog-2017

Alexander Sambuk ist russischer Journalist, Redakteur, Publizist und Fernsehmoderator. Der gebürtige Weißrusse schreibt auch für die ZEIT und spricht ausgezeichnet Deutsch. Er begleitet die Tour von Berlin bis Orjol (Russland).

»Reisen bedeutet für mich eine Auseinandersetzung mit Grenzen, sowie mit realen als auch eingebildeten, sei es zwischen Ländern, Kulturen oder Menschen, um am Ende immer wieder zu erfahren, wie begrenzt meine Welt doch war... vor dem Antritt der letzten Reise.«

Michael Thumann

Michael Thumann

Als Außenpolitischer Korrespondent arbeitet Herr Thumann seit 1992 bei der ZEIT und berichtet unter anderem aus Moskau und Istanbul. Der zentralasiatischen Region gilt sein besonderes Interesse. Herr Thumann ist von Woronesch (Russland) bis Astrachan (Russland) an Bord des ZEIT REISEN-Busses.

»Reisen bedeutet für mich im sonnigen Vordergarten von Konferenzräumen, Büros und Bibliotheken spazieren zu gehen. Ich lerne weiter, während ich Pause mache.«

Birgit Brauer

brauer-birgit-seidenstrasse-blog-2017

Birgit Brauer ist Journalistin und Zentralasienexpertin. Für den britischen »Economist« war sie viele Jahre Zentralasienkorrespondentin mit Sitz in Almaty/Kasachstan. Sie wird die Reise von Astrachan (Russland) bis Tashkent (Usbekistan) begleiten.

»Der Weg ist das Ziel.«

Frank Sieren

Frank Sieren

Frank Sieren ist einer der führenden deutschen China-Experten, Ex-ZEIT-Korrespondent in Peking und berichtet heute für das »Handelsblatt« aus China. Er begleitet die Tour von Taschkent (Usbekistan) bis Turfan (China).

»Reisen bedeutet für mich den Blickwinkel auf die Welt zu verändern.«

Liu Guosheng

Lui Guosheng

Liu Guosheng gründete 1998 CHINA TOURS und ist heute Geschäftsführer und China-Spezialist. Er ist Vorsitzender der Gesellschaft Deutsch-Chinesischer Verständigung und Seidenstraße-Experte. Herr Guosheng ist von Turfan (China) bis Lanzhou (China) an der Seite unserer ZEIT-Reisenden.

»Reisen bedeutet für mich einen wichtigen Bestandteil des Lebens, das wiederum ein Weg zu mir selbst führt. Die wichtigste Frage auf dem lebensweg ist für mich, was ich am Ende des Weges gelernt habe.«

Lars Anke

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Als Sinologe, Geschichts- und Politikwissenschaftler hat sich Lars Anke bereits während seines Studiums in China mit Aktivitäten deutscher Institutionen und Unternehmen in der Region befasst. Seit September 2006 ist er als Leiter der Hamburger-Repräsentanz in Shanghai tätig. Herr Anke wird die ZEIT-Reisenden von Xi'an (China) bis Bengbu (China) begleiten.

»Reisen bedeutet für mich einen Horizont zu erweitern.«

Christopher Alexander

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Christopher Alexander stammt aus Hamburg und arbeitet seit 2007 bei der ZEIT. Seit 2009 leitet er ZEIT REISEN. Der Blick »hinter die Kulissen« und das Besondere der Menschen und Kulturen ist es, was ihn auch bei ZEIT REISEN immer wieder fasziniert. Als Urlaubsziele bevorzugt er ferne Länder mit möglichst fremden Kulturen oder europäische Reisziele, in denen sich familienfreundliche Entspannung und interessante Begegnungen in einem kulturellen Umfeld kombinieren lassen. Herr Alexander begleitet die Reisenden in Shanghai.

»Reisen bedeutet für mich seinen Horizont zu erweitern und zu lernen.«

Bernd Loppow

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Reisen in nahe und entfernte Länder waren schon während seiner Schulzeit seine liebste Freizeitbeschäftigung. Zwölf Jahre lang hat er für das Reise- und das Wirtschaftsressort der ZEIT über Begegnungen und Erfahrungen in fremden Ländern berichtet, bevor er im Jahr 2000 für den Zeitverlag ZEIT REISEN gründete. Reisen nach Asien inspirieren ihn immer wieder. Er wird von Hamburg bis Warschau sowie von Buchara (Usbekistan) nach Kashgar (China) an Bord des ZEIT REISEN-Busses sein.

»Reisen bedeutet für mich zu entdecken, worauf es ankommt: Den Kopf frei bekommmen, in andere Gedankenwelten eintauchen, Bewegung in der Natur. Mit allen Sinnen genießen!«

Franziska Gneus

 

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Nach ihrem Studium an der FH Westküste erkundete die Tourismusmanagerin als Rucksackreisende die Länder Zentralamerikas. Ihre Leidenschaft für anspruchsvolle Reisen und ihre Branchenkenntnisse bringt sie seit Anfang 2015 ins Team von ZEIT Reisen im Kundenservice ein. Bei Ihrer Reiseplanung steht sie Ihnen sehr gerne zur Seite. Die Reiseexpertin begleitet unsere Reisegruppe von Xi`an (China) bis Shanghai.

»Reisen bedeutet für mich sich auf fremde Kulturen einzulassen, unsere abwechslungsreiche Welt zu erkunden, mich in spannende Abenteuer zu begeben und meinen Horizont zu erweitern.«

Exklusive ZEIT-Reise
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    Hamburg-Shanghai

    ab 16.500 EUR

    Auf der neuen Seidenstraße 2018 – von Hamburg nach Shanghai

    Auch 2018 startet wieder unsere einmalige Kulturexpedition in einem Bus mit allem Komfort auf der neuen Seidenstraße am Helmut-Schmidt-Haus. Das Reiseziel nach 38 Etappen durch Polen, Weißrussland, Russland, Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan ist Shanghai. Korrespondenten und Redakteure der ZEIT sowie weitere Experten vermitteln Ihnen Wissen über Geschichte und Politik. Freuen Sie sich auf einmalige Erlebnisse!
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    Shanghai-Hamburg

    ab 16.900 EUR

    Auf der neuen Seidenstraße von Shanghai nach Hamburg

    Von Shanghai nach Hamburg führt Sie diese Reise durch spannende Destinationen. Erleben Sie Russland von Ost nach West: Freuen Sie sich auf die Mongolei, Sibirien, die Taiga, die Hauptstadt Moskau sowie St. Petersburg, das Baltikum und ihr Ziel, Hamburg! Ein unglaubliches Abenteuer, auf welchem Sie von ZEIT-Experten begleitet werden. Egal in welche Richtung Sie fahren, einmalig wird diese Reise auf jeden Fall!
    Zur Reise
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