Reiseroute

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Die Route – wie sie ursprünglich geplant war. Relativ kurzfristig wurde Neapel
(wegen Bauarbeiten im Hafen) durch Messina ersetzt. Die ZEIT-Reisenden waren glücklich darüber, denn so konnten sie die Straße von Messina bei Tag erleben. Genau nach der Hälfte der Reise wurde bekannt, dass die QM2 wegen des grassierenden Corona-Virus Hongkong nicht anlaufen können wird, sondern von Vietnam nach Singapur zurückkehren würde. Und am 9. Februar die nächste Umroutung: Das Schiff wird weder in Thailand, noch in Malaysia, Singapur oder Vietnam Station machen, sondern direkt nach Fremantle/Australien weiterfahren
Tag 1: 8. Januar

Tschüss, Hamburg!

Abschied im Nieselregen

Die Queen Victoria legt vom Kreuzfahrtterminal Altona ab. Foto: Lukas Lechner

Sagen wir es mal so: Es fällt wenigstens nicht so schwer, Hamburg zu verlassen, wenn das Wetter so ist, wie es zu unserer Abfahrt war. Da freut man sich auf das Mittelmeer, auf die trockene Hitze der arabischen Halbinsel, auf die Wärme Sri Lankas, auf die Tropen, auf alles, was kommt. Denn ungemütlicher kann es nicht mehr werden. So verschwand die Silhouette der Elbphilharmonie im Regendunst. Die wenigen Unerschrockenen, die sich beim Ablegen pünktlich um 19 Uhr auf den Decks verloren, waren froh um ihre warmen Jacken und ihre Mützen, und nur wer Hamburg auch schon mal bei besserem Wetter erlebt hatte, konnte Övelgönne erahnen, den Elbstrand, Teufelsbrück, die Lindenterrasse, Blankenese. Um 10, nach der zweiten Sitzung des Abendessens, passierten wir schon Brunsbüttel und gegen Mitternacht ging es hinaus in die Deutsche Bucht. 416 Seemeilen sind es von Hamburg bis Southhampton, und bei einem Umrechnungskurs von 1,852 sind das gut 770 Kilometer. Great Britain, wir kommen – ein letztes Mal von EU-Land zu EU-Land! (Alles über den Brexit wird uns der ZEIT-Redakteur Jochen Bittner morgen Vormittag in seinem Vortrag erzählen. Dafür hat er genau eine Stunde. Ob das reicht?)

WL

Die Position der Queen Victoria kurz vor Mitternacht
Tag 2: 9. Januar

Auf See

Wunder an Bord

Galaabend auf der Queen Victoria. Dresscode: Smoking und Abendkleid. Foto: Dorli Lechner

Bei leichtem Seegang dampfen wir entlang der deutschen und holländischen Nordseeküste Richtung Ärmelkanal. Und haben einen ganzen Tag lang Zeit, die Wunder eines so großen Schiffes kennenzulernen: ein Frühstücksbüfett, das keine Wünsche offen lässt, von Baked Beans und Black Pudding bis zum Müsli; ein Fitnessangebot für die, die sich viel vorgenommen haben; die „Royal Arcade“, die nichts ist als eine schwimmende Shopping-Mall; die Bilibliothek, die Bars, die Clubs …
Aber es geschehen auch andere Wunder an Bord: Die lange Warteschlange am Pursers Office etwa löst sich immer ziemlich rasch auf. (Ist eben ein britisches Schiff, und eine anständige Warteschlange bilden, das können sie, die Briten.) Und – nächstes Wunder – obwohl irgendjemand vergessen hat, den ersten Vortrag von Jochen Bittner ins deutschsprachige Tagesprogramm zu schreiben, finden sich (fast) alle ZEIT-Reisenden rechtzeitig um 10 Uhr im Yacht-Club ein. („Bye, bye, Britain! Der Brexit, endlich verständlich“ war das Thema, und da kann es natürlich passieren, dass so eine Ankündigung schon allein deshalb auf wundersame Weise in den Tiefen des Schiffes Ihrer Majestät verschwindet …)
Für die jedenfalls, die es rechtzeitig schafften, in den Yacht-Club zu finden und auch die Uhren noch nicht (irrtümlicherweise) auf Greenwich-Zeit umgestellt hatten, wurde es eine hochinteressante Veranstaltung. Schließlich war Jochen Bittner lange ZEIT-Korrespondent in Brüssel und war danach in der Politik-Redaktion der ZEIT für Großbritannien und den Brexit zuständig, hat mit hochrangigen britischen Politikern und ebensolchen Journalisten über das Thema diskutiert und konnte so aus dem Inner Circle von Brexiteers und Remainern berichten. Und nicht minder interessant waren die Fragen und Statements aus dem Publikum, die sich an Jochen Bittners Referat anschlossen. ZEIT-Leser sind eben nicht irgendwelche Zeitungsleser …
WL

Tag 3: 10. Januar

Umsteigen in Southampton

Ein historischer Abschied

Erster Blick auf ein Riesenschiff – vom Transferbus aus

Okay, das war‘s dann mit den Briten. Kurz vor Mitternacht wird die Queen Mary 2 von Southampton ablegen, wird durch den Ärmelkanal Richtung Golf von Biskaya fahren, dann rund um die iberische Halbinsel ins Mittelmeer, durch den Suezkanal und nach Südostasien, und wenn das prächtigste Schiff des Empires nach über hundert Tagen rund um Australien und Afrika wieder zurückkommt in seinen Heimathafen, dann wird das Vereinigte Königreich nicht mehr zu Europa gehören. Oder zumindest nicht mehr zur EU.

So haben wir an diesem Tag einen historischen Moment miterlebt, und passenderweise gab‘s zum Abschied auch noch „Pomp and Circumstance“ und ein bemerkenswertes Feuerwerk über dem Ocean-Terminal von Southampton. Als ob es hier wirklich was zu feiern gäbe. Hätte nur noch gefehlt, dass auch „Rule Britannia“ erklungen wäre, aus den großen Lautsprechern am Hafen. Aber ist der tiefere Hintergrund des Feuerwerkens nicht ohnehin die Abwehr von bösen Geistern? Und man braucht nicht besonders viel Phantasie, um jenseits des 31. Januar – nur noch drei Wochen! – eine ganze Horde von bösen Geistern über den britischen Inseln und Europa lauern zu sehen.
Und im Übrigen versuchen wir gerade, uns auf einem neuen Schiff zurecht zu finden. Auf einem noch größeren, mit noch mehr Decks, noch mehr Passagieren, noch mehr Besatzung. An die 360 Meter ist die Queen Mary 2 lang und so hoch wie die Türme von Notre Dame. Mit rund 3000 anderen Gästen teilt sich jeder von uns die Passagierdecks, die Restaurants, die öffentlichen Räume – und doch erkennen sich die ZEIT-Reisenden auch auf diesem Schiff wieder an dem schwarzen Z auf weißem Grund, das sie als magnetischer Anstecker an ihren Pullis und Sakkos tragen. Und freuen sich auf den nächsten Vortrag von Jochen Bittner, in dem es morgen Nachmittag um das nächste Großthema gehen wird, das uns seit Jahren beschäftigt – um Migration.

WL

Tag 4: 11. Januar

Auf See

Wir lernen eine große Dame kennen

Passt: Jochen Bittner spricht über Migration. Unter dem Sternenhimmel des Planetariums.

Langsam beginnen wir, uns auf dem Riesenkahn QE2 zurecht zu finden. Auch wenn es nicht ganz verständlich ist, warum es nicht nur Deck 1, 2, 3 und so weiter gibt, sondern auch noch Deck 3 L, was so viel heißt wie „low“, also „3 tief“, und sich auch nicht durchs ganze Schiff zieht, sondern nur die Strecke vom Planetarium zum Theater. Oder so. Welcher Schiffs-Architekt denkt sich so was aus? Und wie viele Tage muss ein Schiffs-Passagier an Bord sein, um sich da nicht mehr zu verlaufen?

Wir lernen, dass es Menschen gibt, die mit der QM2 von New York nach New York reisen. Also über den Atlantik nach Southampton, dann mit uns durchs Mittelmeer und den Suez bis nach Hongkong, um Australien und das Kap der Guten Hoffnung zurück nach England und gleich noch mal über den Atlantik – was gut und gern 120 Tage dauert. Warum eigentlich nicht, wenn man zu Hause nichts Besseres zu tun hat? Und die Begegnung mit solchen Menschen macht so eine Reise aus: Mit den Menschen in der ZEIT-Reisenden-Gruppe, die von ihrer Arbeit in Afrika zu erzählen wissen, von ihrem Leben als Unternehmer, von ihren Architekten-Aufträgen im Oman, beauftragt vom Sultan, dessen Tod ausgerechnet heute bekannt wurde, zwei Wochen, bevor auch wir in Maskat an Land gehen wollen. Ober die Begegnung mit einem alten Engländer, mit dem man beim Schlangestehen an der Rezeption ins Gespräch kommt und der wissen will, welche Erinnerungen man selbst an der Krieg habe. Ob man ihm erklären soll, was im Deutschen mit „Gnade der späten Geburt“ gemeint ist?

Und dann, knapp vor dem Begrüßungscocktail des Kapitäns und einem weiteren Pinguin-Abendessen, der Vortrag von Jochen Bittner über Migration. Mit einer Diskussion, die Diplomaten „offen“ nennen würden und wir Nichtdiplomaten „lebhaft“. Oder auch: stellenweise kontrovers.
Diesmal waren auch etliche deutschsprachige Gäste dabei, die nicht zur ZEIT-Reise-Gruppe gehörten. Klar: Sie sind auch herzlichst eingeladen. Damit sie ganz unmittelbar erleben können, was für kluge, interessante Menschen die ZEIT zusammenschreiben. Und wie klug und kritisch es macht, diese Zeitung zu lesen.

WL

Tag 5: 12. Januar

Auf See

Rund um das Ende der Welt

Willkommenscocktail auf der Queen Mary 2. Der Reiseleiter erhebt das Glas. Foto: Gustav Kuhweide

Heute mittag lag der Golf von Biskaya hinter uns und wir passierten Kap Finisterre, das „Ende der Welt“ – die nordwestliche Ecke der iberischen Halbinsel. Weiter geht es, die spanische und portugiesische Küste entlang Richtung Süden. Und ein ZEIT-Reisender macht sich so seine Gedanken über die internationale Atmosphäre an Bord und die kulturelle Prägung durch das britische Empire:

Ein wenig fremd fühlt man sich als Deutscher schon auf der Queen Mary 2; auch wenn sie uns mit dem verkürzten „QM“ oder einfach „der Mary“ schon vertraut klingt. Es gibt für uns Deutsche ein eigenes Tagesprogramm in deutscher Sprache, das auf das Überangebot an Ereignissen aufmerksam macht. Für Spiele und Tanzstunden, Wissenslektionen über das Weltall, Einführungen in die weiteren Anlegestationen ist genauso gesorgt wie für Abendunterhaltung in Form von Musik und Shows. Den Tag auf See strukturieren vor allem die Mahlzeiten. Frühstück, Mittag- und Abendessen kann man in Restaurants mit Bedienung einnehmen, bei denen die Vielzahl der Servicekräfte und deren Freundlichkeit auffällt. Manches hält man für „overdone“. Etwa, wenn einem der Steward den Stuhl in die Kniekehlen rückt. Oder die Servietten entfaltet und auf den Schoß legt. Aber sehen wir es positiv: Man ist um unser Wohl besorgt.
Wer sind die Personen, die sich hilfreich um uns kümmern? Das komplette Servicepersonal bei den Mahlzeiten rekrutiert sich aus den Ländern des britischen Empire, das Kabinenpersonal eher aus Ländern wie den Philippinen, und über die Herkunft der unsichtbaren Geister, die nachts das komplette Schiff säubern oder in den Maschinenräumen oder der Wäscherei arbeiten, kann man nur spekulieren. Vielleicht Bangladesch? Oder versprengte Länder der ehemaligen Sowjetunion? Oder was sonst das untere Ende des internationalen Arbeitsmarkts ausmacht.
Für die britischen Mitreisenden wird eine Atmosphäre distinguierten Lebensstils zelebriert, die ein wenig aus der Zeit gefallen ist. Verabschiedet wurden wir von einer britischen Militärkapelle.

Sie spielte Stücke, die wir aus der Last night of the proms kennen. Das britische Verhältnis zum Militär und seinen Traditionen ist eben ein anderes als das unsere.
Zur Verabschiedung gehörte auch ein Feuerwerk.
Das Schiff hält eine Kleiderordnung hoch, die allenfalls den Schein vergangener Zeiten und der damaligen britischen Upperclass repräsentiert (genauer gesagt: simuliert). Vom heutigen Lebensstil der Oberklasse in UK ist das wohl meilenweit entfernt.
In dieser Mischung aus maritimer Tradition, britischem Landleben und Kreuzfahrttourismus schauen wir nach draußen auf die Städte und Länder, die es zu entdecken gilt, wobei das schon etwas abgehoben klingt. In Wirklichkeit lassen wir sie an uns vorbeifahren und suchen die besten Ansichten und Einblicke heraus, die an früher Gelesenes oder Geschautes anknüpfen oder später zum Berichten an die Daheimgebliebenen taugen. Und sind auch diese Destinationen der eigentliche Zweck der Fahrt, so werden das Leben an Bord, das Einfühlen in die noch fremden Abläufe und die Muße beim Zurücklegen der Distanzen auf See genauso Inhalt und Bestimmung einer solchen Reise.
Insgesamt dominiert ein zurückhaltend höflicher Umgangsstil auf dem gesamten Schiff, eine britische Prägung, in die man sich gut einfindet, wenn man die Fernsehserie von Inspector Barnaby verfolgt hat. Man genießt die freie Zeit mit Stil (in Benehmen und Kleidung) und lässt sich gern bedienen. Es scheint, als könnten uns die politischen und militärischen Konflikte der Regionen, durch die wir fahren, nichts anhaben. Fast als schütze uns bereits der Verweis auf die Tradition. Die Verantwortung für unser Wohlergehen liegt in den Händen des Kapitäns. Die Weltnachrichten erreichen uns durch britische und amerikanische Fernsehsender und deren Prioritäten. Für die britischen haben Geschehnisse um die Monarchie (Harry und Meghan!) noch den höchsten Stellenwert. Und natürlich die Premier League: Für die amerikanischen Mitreisenden gibt es Basketball. Die Handball EM findet hier nicht statt. Da loben wir uns die interessanten Vorträge der ZEIT-Redakteure und den Austausch darüber und bleiben damit ansatzweise in der Welt von heute.

PAUL SOEMER

Tag 6: 13. Januar

Lissabon

Von hier geht's nur noch nach Osten

Einfahrt nach Lissabon: Die Brücke des 25. April im Nebel nur zu erahnen. Foto: Gustav Kuhweide

Lissabon: die westlichste Station unserer langen Reise Richtung Osten. Lissabon: Eine Stadt für Genießer und für – Straßenbahnfans.


Wenn es an diesem nebligen Vormittag auch noch ein wenig frisch und ungemütlich ist in den Gassen, es locken Konditoreien mit einer unglaublichen Auswahl von süßen Verlockungen.


Und wer es lieber herzhaft mag, hält sich an den traditionellen Klippfisch, den Bacalhau …


… oder an Fischkonserven jeder Art, von Sardinen in scharfer Soße bis zu Kabeljau-Zungen in Olivenöl. Solche Luxusdosen sind ja auch eher als Mitbringsel geeignet als der Klippfisch!


Auch wenn er noch so liebevoll verpackt wird.


Natürlich gibt es auch die Kulturbeflissenen, die an den vielen Kirchen Lissbons nicht achtlos vorbeigehen.

Mittags kommt dann die Sonne heraus. Endlich wieder blauer Himmel! Und während die ersten Passagiere es sich auf dem Sonnendeck bequem machen …


… freuen sich die anderen noch, dass die QM2 so nahe an der Innenstadt liegt. Und dass man nicht einmal einen Stadtplan braucht, um sie wiederzufinden. (Man muss nur wissen, dass das da vorn unser Schiff ist. Und kein Hochhaus.)


Um 17 Uhr lässt Kapitän Hashmi die Leinen loswerfen. Es geht hinaus auf den Tejo und flussabwärts. Schon liegt die Alfama wieder hinter uns.


Gerade mal so passt die QM2 unter der Brücke des 25. April durch …

.. die wir bald, im Abendlicht, ganz ohne Nebel, in ihrer ganzen Eleganz bewundern können.

WL

Fotos: Elisabeth Vogelheim, Dorli Lechner und F. W. Zimmermann

Tag 7: 14. Januar

Auf See

Auf ins Mittelmeer! Doch die Erinnerung an Lissabon bleibt

 

Auch an Bord wird der Reise-Blog gelesen. Foto: F. W. Zimmermann
Heute um halb elf: Wir lassen Gibraltar links liegen und fahren ins Mittelmeer

 

Lissabon war gestern. Aber noch immer ist es Gesprächsstoff unter den ZEIT-Reisenden. Und einer von ihnen schreibt auf, was ihm die portugiesische Hauptstadt bedeutet:

Wohl jeder von uns hat einen Sehnsuchtsort oder auch mehrere. Sie ziehen uns an, weil sie unsere Wünsche repräsentieren, so vielfältig und vielleicht auch widersprüchlich sie sein mögen. Für mich ist Lissabon ein solcher Sehnsuchtsort und ich habe heute wieder erlebt, warum.
Nachdem die Nebel aufgestiegen waren, lag die Stadt im warmen hellen Sonnenschein. Sie ließ den deutschen Winter – und wir sind ja erst im Januar – vollends vergessen. Reflektiert vom Ockerton der gepflasterten Wege und Straßen tauchten diese Sonnenstrahlen die Stadt in das unvergleichliche mediterrane Licht.

Der Weg durch die Stadtteile führt immer auf und ab und um viele Kurven und Windungen. Man blickt nach rechts und links in enge Gassen hinauf oder hinab, kommt an kleinen Parks oder nur Andeutungen von solchen vorbei, wenn neben wenigen Bäumen eine kleine Freifläche liegt, passiert herrliche Plätze in Hanglage und erreicht jene wunderbaren Miradores, die Aussichtspunkte, von denen aus sich weite Blicke auf umliegende Hügel, die abwechslungsreiche Bebauung, mal eine Festung, viele Kirchen und mit etwas Glück ein Zipfel des Wassers des Tejo öffnen. Nie lassen die Häuser der dicht bebauten Straßen ein Gefühl von Monotonie aufkommen. Ihre wechselnden hellen Farben und die oftmals gekachelten Fronten lassen jedes Einzelne individuell erscheinen. Man muss die einzelnen Häuser nicht mögen, oftmals wirken sie auf uns auch heruntergekommen. (Renovierungsstau ist da schon eine harmlose Zustandsbeschreibung). Aber sie sind immer individuell und dadurch wirkt nie ein Straßenzug aufdringlich oder bombastisch, nie kündet ein Platz von Reichtum oder Bedeutung früherer Jahre. Und solche Zeiten hatte Lissabon, aber Imponiergehabe ist nicht die Sache der Portugiesen. Dabei macht sich die Stadt nicht klein, was schon wegen ihrer Lage an einem so majestätischen Fluss nicht sein kann.
Der Charme des gelungenen Maßes , die Individualität jedes Stadtviertels findet sich in den Läden wieder, die weit weniger gleichförmig daherkommen als in Deutschland oder anderen europäischen Großstädten. Und das gilt auch für Restaurants, kleine und kleinste Cafés oder Verkaufskioske. Nie wirkt es aufdringlich, sieht man von den lästigen Sonnenbrillenverkäufern oder Animateuren für die Straßengastronomie im Zentrum einmal ab. Der Umgang der Menschen in Alltagssituationen ist freundlich. Die Angebote der verschiedenen Migrantengruppen, die jede Weltstadt hat, und Lissabon aus kolonialer Tradition natürlich auch, sie wirken gut integriert. Sie verhindern vielleicht sogar, dass eine Puppenstubenatmosphäre entsteht. Die Auslagen der Läden zeigen eine zufällig anmutende Harmonie und sind eben nicht auffällig designt.
Topographie, Straßenbilder, gestaltete Fassaden und Geschäfte, gemütliche Cafés, das Licht und das Wasser und nicht zuletzt die Menschen machen das esondere dieser Stadt aus. Die alten Straßenbahnen mögen aus der Zeit gefallen sein, sie sind aber kein folkloristischer Kitsch und erfüllen trotz des sehr mäßigen Tempos ihre Funktion im Alltag. Ähnlich ist es mit vielen Aufzügen im Innern der Häuser, die aus den ersten Tagen dieser Technik stammen müssen, aber noch funktionsfähig, wenngleich unglaublich langsam sind.

Da wundert es nicht, dass Lissabon Attraktionspunkt für jene kreative Szene in Europa geworden ist, die sich Wirtschaftsförderer und Stadtentwickler vieler Städte nach dem Vorbild des Silicon Valley wünschen. Das gelingt nur sehr wenigen, denn diese Talente suchen sich die lebenswerten Plätze mit besonderem Flair, um im Austausch miteinander die Lebens-, Wirtschafts- und Technikmuster von morgen zu entwickeln.

Zurück zum Bild des Sehnsuchtsortes! Er steht für den Ausgleich der widersprüchlichen Wünsche oder eigentlich nicht vereinbarer Lebensbedingungen. Da bietet Lissabon Einiges durch das Zusammentreffen von alt und neu, verschiedener Kulturen und viel Individualität gepaart mit Offenheit für alles Neue. Wie lebt man die Sehnsucht nach solchen Orten? Man besucht sie immer wieder und bleibt doch der alten Heimat verhaftet.

PAUL SOEMER

Tag 8: 15. Januar

Auf See

Afrika in Sicht!

Den ganzen Tag über ist auf der Steuerbordseite Afrika zu sehen. Algerien, der hohe Atlas. Jetzt wird an Bord ein Thema immer präsenter, ein sehr ernstes Thema, über das der ZEIT-Redakteur Jochen Bittner in einem seiner Vorträge genauso gesprochen hat wie der Kapitän beim traditionellen maritimen Sonntagsgottesdienst: das Thema Migration. So hatte Kapitän Aseem Hashmi an den Untergang der Titanic erinnert, als die Geretteten in den Rettungsbooten sich weigerten, Ertrinkende aufzunehmen. „Dürfen wir heute sagen, unser Boot sei voll?“, fragte der Kapitän. „Dürfen wir Menschen in Gefahr unsere Hilfe verweigern?“ Und „selbstverständlich“ würde er das Schiff stoppen und kehrtmachen, wenn auf der weiteren Fahrt durchs Mittelmeer ein Flüchtlingsboot in Sicht käme. Auch die ZEIT-Reisenden – und gerade sie! – wissen, dass man heute nicht übers Mittelmeer fahren kann, ohne über dieses bedrückende Thema nachzudenken. Und ein Mitreisender macht sich auf Grund seiner persönlichen Erfahrungen Gedanken über den Kontinent, der heute Vormittag an Steuerbord wie zum Greifen nah war:

Nach dem sehr informativen Vortrag über Europa und die Migration von Jochen Bittner kam es zu einer anregenden Diskussion. Die Frage nach einfachen Lösungen stand im Raum. Der Referent plädierte für Geduld und Vorschläge, mit Blick in die Zukunft.
Ich bin skeptisch, ob ein Ende der Migration von Afrika nach Europa in naher oder gar ferner Zukunft in Sicht ist. Wir betrachten die Situation mit unserer deutschen Brille.
Vor 40 Jahren habe ich Afrika zum ersten Mal besucht und berichtet, wie deutsche Entwicklungshelfer (nach dem Vorbild des US-Peace-Corps) erste Freiwillige des DED nach Afrika schickten.

Später ging ich selber, voller Idealismus und mit gut gefüllter Projektkasse, als sogenannter Experte zunächst nach Sansibar. Die Menschen im Projekt sollten unserem Beispiel folgen. Die Kollegen hießen Counterparts . Sie sollten den Job nach meiner Abreise so effektiv weitermachen, wie ich diesen vorgelebt hatte. Meine letzten Tätigkeit als Expat in Swasiland (heute eSwatini) öffnete mir später, viel später, endgültig die Augen. Als Broadcast Manager bei SwaziTV hatte ich den Aufbau eines Fernsehprogramms begonnen. Ziel: Information und Bildung durch staatliches Fernsehen, ein wenig Unterhaltung aus der Kultur des Landes. Die üblichen Abteilungen und Schwerpunktredaktionen. Vor allem aber, ganz wichtig, die Live-Übertragungen aus aktuellen Anlässen, wenn der König etwas zu sagen hatte, auch Parlaments-Fernsehen. Dazu: Ausbildung und Training der verantwortlichen Redakteure unter Berücksichtigung der gesellschaftspolitischen Situation im Königreich. Die Kandidaten und zukünftigen Redakteure brachten durchweg eine qualifizierte Ausbildung an der Universität in Swasiland mit. Journalismus wurde als Fach unterrichtet, für Zeitungen und Radio.

Ich verließ Swasiland mit dem Gefühl, mein Bestes getan zu haben. Auftrag erfüllt: Mehr Bildung und Aufklärung durch das Medium Fernsehen. Und das vor allem in einer Zeit, als AIDS zum wichtigen Thema wurde.

Als ich nach diesen Jahren als Expat wieder meine Tätigkeit in Deutschland aufnahm, wollte keiner meiner Kollegen wissen, was ich in Afrika gemacht hatte. Afrika war so weit weg. Und bald hatte mich der deutsche Alltag im Griff, die Kontakte nach Swasiland schliefen ein. Bis mich eine Volkshochschulgruppe zehn Jahre später fragte, ob ich sie als Reiseleiter durch das kleine Ländchen führen könnte. AIDS in Afrika war der Schwerpunkt. Selbstverständlich wollte ich den reisenden Erwachsenenbildnern auch „meine“ Fernsehstation zeigen.

Der Schock war heftig. Von meinen neun Counterparts, meinen Nachfolgern, waren acht gestorben. „Undisclosed sickness“ hieß es in den Traueranzeigen, „unbestimmte Krankheit“.
Nur eine Frau hat die zehn Jahre danach überlebt. Allerdings hatte sie geheiratet und war nicht mehr bei SwaziTV angestellt.
Es traf mich hart: Vier Jahre Training, Ausbildung, Aufklärung, Partizipation auf Augenhöhe, alles vergeblich! Ich verstand plötzlich, dass der Begriff der Nachhaltigkeit ein Schönungswort für unsere wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit ist.
Die Fernsehstation in der Hauptstadt sendet immer noch. Jetzt nach eigenen Regeln. Das ist okay. Wären da nicht die Lückenfüller aus dem riesigen Angebot der Unterhaltung, des Entertainments aus Übersee. Swasiland hat das internationale Abkommen über Copyright nicht ratifiziert. Also bietet das Internet unendlich viele Programme an, die in SwaziTV flimmern.
Das ist nur ein kleines Beispiel für 50 Jahre Entwicklungshilfe und jetzt wirtschaftliche Zusammenarbeit genannt. Ich könnte noch andere Geschichten aus Afrika erzählen, weil ich diesen Kontinent beruflich oft besucht habe. Vielleicht brauchen wir noch 50 Jahre, so wie Herr Bittner an unsere Geduld appelliert.
Ich bin skeptisch. Ohne Systemwandel, ohne Verzicht auf unsere Wohlstandsansprüche, werden viele Afrikaner ihre Zukunft weiterhin in Europa sehen. Die Mehrzahl der Bewohner auf diesem Kontinent will nicht zum Hinterhof der Europäer werden. Afrika wird seine kulturelle Identität nicht verleugnen, sondern langfristig bewahren wollen. Wir erkennen die Zeichen. Es gibt keine einfache Lösung für die nächsten 50 Jahre.

FRIEDRICH W. ZIMMERMANN

Tag 9: 16. Januar

Messina

Am Fuße des Vulkans

Ätna, Taormina, Kaktus. Foto: Herbert Moelle

 


Donnerstag früh: 8 Tage und 5000 Kilometer Seefahrt liegen schon hinter uns. Wir nähern uns der Straße von Messina. Kurz nach Sonnenaufgang werden wir zwischen Scylla und Charybdis hindurch müssen. Zu Zeiten des alten Odysseus war das eine echte Herausforderung. Heute besteht die Challenge für den Frühaufsteher auf dem Observation Deck höchstens darin, zu verstehen, wo nun genau Sizilien beginnt und wo die italienische Halbinsel endet. Denn erst einmal muss die QM2 ums Eck. Und die Einfahrt in den Stretto ist noch nicht zu erkennen.


Doch dann liegt im Morgenlicht Messina vor uns. Aber noch hüllt sich der Ätna in Wolken.


Der Kapitän schafft es sogar, das Schiff im engen Hafenbecken zu drehen.


Und weil von der Brücke per Lautsprecher die Bitte kam, „diesen Tag und das gute Essen hier“ zu genießen, landen die ersten Genießer auch bald bei Wein und Arancini, frittierten Reisgebilden, gefüllt mit Ragú und Mozarella.


Keine 250 Meter sind es vom Schiff zur Kathedrale mit der größten astronomischen Uhr der Welt …

… und prächtig bemalten Deckenbalken.


Wer den Weg nach Taormina auf sich nimmt, sieht den Ätna…

… bald in voller Pracht, samt Schneedecke und Rauchfahne.


Und auch bei der Besichtigung des griechisch-römischen Theaters ist der höchste Vulkan Europas immer im Bild.


Nachdem das Schiff mit weiteren Vorräten bestückt ist …

… kann es am späten Nachmittag weitergehen hinaus auf den Stretto. Gleich wird die QM2 nach Steuerbord drehen und das ionische Meer ansteuern, dann das Mittelmeer südlich von Kreta und schließlich die Küste der Levante. Die israelischen Passbeamten, erfahren wir, sind schon an Bord. Sie werden die Gesichtskontrolle unterwegs erledigen, damit wir in drei Tagen, in Haifa, gleich an Land gehen können.


Die Windvorhersagekarte verspricht eine größtenteils ruhige Fahrt.
Fotos: Dorli Lechner, Herbert Moelle, Elisabeth Vogelheim und Friedrich W. Zimmermann

Tag 10: 17. Januar

Auf See

Im Schiff, am Schiff und rund ums Schiff herum

Man kann an so einem Seetag einiges unternehmen an Bord. Kann sich in die Deckchairs fläzen, wenn die Sonne scheint, kann warten, bis (vielleicht) Kreta in Sicht kommt (es kam nicht; zumindest nicht bis Sonnenuntergang), kann auf Deck 7 Runde um Runde ums Schiff drehen. (3 Runden sind 1,1 Seemeilen, also etwa 2 Kilometer.) Oder man kann sich in die Innereien des Schiffs begeben, wie der folgende ZEIT-Reisende:
Die Küche ist der wichtigste Raum in jedem Zuhause: an Land oder – wie hier an Bord –auf großer Fahrt.
Ich bin neugierig: Wo wird das gute Essen vorbereitet und gekocht, das wir täglich serviert bekommen oder nach dem wir am Büffet greifen?
Wir kennen Großküchen aus eigener Erfahrung oder aus den Medien. Wir haben Berichte mit kritischem Unterton gelesen. Deshalb wollte ich sehen, wie es in der zentralen Küche der QM2 aussieht. Greta, die deutschsprachige Hostess, lud zur Küchenbesichtigung ein. Mein Augenöffner, empfehlenswert.
FRIEDRICH W. ZIMMERMANN

Wer viele Menschen satt machen will, muss in großen Töpfen rühren.
Der Küchenchef Roland Sargunan verteilt Informationen
Eine beeindruckende Statistik

 

Fotos: Silvia Moelle und Friedrich W. Zimmermann

 

 

Tag 11: 18. Januar

Auf See

Von Europa nach Asien

Mittags liegt die kleinasiatische Küste querab. Rhodos als letzten Außenposten Europas haben wir hinter uns gelassen.
Noch einmal beantwortet Jochen Bittner
(links im Bild) die Fragen der ZEIT-Reisenden. Wolfgang Lechner moderiert.
An jedem Seetag um 17 Uhr: ZEIT-Jour-fixe in der Champagner-Bar
So eine Queen braucht viel Pflege
Kurs 100 Grad, Ostsüdost: Morgen früh sind wir in Haifa.


Fotos: Manfred Brusten und Gustav Kuhweide

Tag 12: 19. Januar

Haifa

Dieses Jahr in Jerusalem!

Heute sind erstmals nicht alle ZEIT-Reisenden aufs Schiff zurückgekehrt.
Haben sie sich verirrt? Stecken sie im Stau? Sind sie im Heiligen Land verloren gegangen? Ein Grund zur Panik?
Nein! Es ist bloß „Overnight“.
Heute früh sind wir in Haifa eingelaufen und werden erst morgen Abend wieder abfahren. Für die Crew ist das einer der Höhepunkte der Reise, weil sie dann am späten Abend noch auf die Piste gehen kann. Und für die Passagiere, weil sie dann einen Überland-Ausflug buchen können.
So sind eine ganze Reihe unserer ZEIT-Reisenden heute früh mit kleinem Gepäck in die Busse gestiegen, sind von Haifa hinauf nach Nazareth in Galiläa gefahren und hinunter zum See Genezareth, später nach Jerusalem, wo sie übernachten. Und morgen werden sie Bethlehem erleben und noch mehr von Jerusalem, der heiligen Stadt aller drei monotheistischen Religionen. Was sie wohl zu erzählen haben werden?
Von Haifa nach Jerusalem sind es per Bahn übrigens nicht mehr als zwei Stunden, und ein paar Unerschrockene haben die Stippvisite heute auf eigene Faust unternommen. Und hatten Glück: Während es an der Küste in Strömen goss (sogar Blitz und Donner gab es, heute früh während des Anlegemanövers) war es in Jerusalem zwar kühl und windig, aber wenigstens trocken und kurzzeitig sogar sonnig. Und es wurde ein spannender Tag zwischen Pilgern und Polizisten, zwischen Felsendom und Falafel.
WL

In Haifa liegt die QM2 im Containerhafen. Und nebenan wird die ganze Nacht über gearbeitet.

 

Fotos: Dorli Lechner und Friedrich W. Zimmermann

Tag 13: 20. Januar

Haifa

Noch ein Tag fürs Gelobte Land

Es regnet noch immer. Und immer wieder. Und die Queen spiegelt sich in einer Riesenpfütze.
Foto: Beatrix Behrends-Steins
Das Bahai-Heiligutm von Haifa. Foto: Stefan Labouvie

 

Für gewöhnlich trifft man den Kapitän bei jeder Reise nur einmal: Bei seinem Welcome-Empfang. Sonst spricht er an jedem Seetag um 12 Uhr und immer kurz vor dem Ablegen aus den Lautsprechern und erklärt, was er mit dem Schiff und seinen Passagieren vorhat. Wenn man aber großes Glück hat, kann es auch ganz anders kommen:

Was macht der Kapitän der Queen Mary 2, wenn sein Schiff in Haifas Hafen liegt und die meisten Passagiere auf Tour sind? Sightseeing! Am oberen Eingang zum Bahai-Garten treffen wir ihn. Ein wenig ironisch meint er, er wolle sein Schiff auch mal aus größerer Entfernung und von oben sehen.

Da liegt das Schmuckstück im Containerhafen. Der Captain hat sein Kamera dabei. Und offensichtlich fotografiert er genau so erfreut wie ich, denn endlich, am zweiten Tag unseres Aufenthalts in der Hafenstadt, hat sich der Nebel gelichtet und die Sicht ist kurzzeitig frei bis zum Horizont.

Wir steigen dann noch eine Treppe höher. Und entdecken: Der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. und seine Frau Auguste Viktoria waren auch schon mal hier. Am 25. October 1898. Imperiale Begegnung in friedlicher Mission mit Queen Mary vor Anker.
FRIEDRICH W. ZIMMERMANN

Der Gedenkstein. Beschriftung: englisch.

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Andere ZEIT-Reisende wagen sich auf ganz andere Pfade und besichtigen etwas, was die Ausflugsabteilung des Schiffes nicht einmal  im Programm hat: das moderne Tel Aviv uns seine Museen.

Wenn man in Deutschland über Tel Aviv liest, dann in einem euphorischen Tenor: Der Hub der Internetökonomie, deren Geist und Atmosphäre man überall spürt. Entsprechend hoch waren die Erwartungen, als wir mit dem Zug von Haifa nach Tel Aviv fuhren. Erste Erkenntnis: Auch hier gibt es kein Internet in den Zügen. Von der Station HaHagana brachte uns ein Taxi zum Design- Museum Holon, südlich von Jaffa.

Erste Eindrücke von der Bebauung am Straßenrand: Dritte Welt.
Das Designmuseum ist sehr besonders. Äußerlich eine rote futuristische Fassade, vom Architekten Ron Arad entworfen, inzwischen zehn Jahre alt, Im Inneren anders als erwartet: kein Status quo des israelischen Designs, sondern eine Ausstellung zur Entwicklung unserer Lebenswelt. Unter dem Titel „State of Extremes“ wird angeknüpft an die Eröffnungsausstellung „The State of Things“. Hier werden die Konditionen beschrieben, wie sich die Welt in diesen zehn Jahren verändert hat und damit einhergehend die Rolle des Designs und der Design-Praxis. Die Kernaussagen: alles wird ins Extreme ausgedehnt.

Voll von neuen Eindrücken holt uns die Realität im 89er Bus zurück nach Tel Aviv wieder ein. Erneut Bilder wie in Dritt-Welt-Ländern: heruntergekommene Straßenzüge reihen sich an einander, Plätze voller Abfall, Stromleitungen wie in einem Museum. Je näher man der Stadt kommt, desto mehr trifft irgendwann die Erste auf die Dritte Welt: auf der linken Straßenseiten Hochhäuser mit verspiegelten Fassaden, auf der rechten Hütten aus Wellblech und Plastikfolien.
Der Bus bringt uns zum Tel Aviv Museum of Arts, ebenfalls architektonisch sehr beeindruckend, da aus mehreren quaderförmigen ineinander verschränkten Pavillons bestehend, mit einer beeindruckenden Sammlung der Klassischen Moderne.

Tel Aviv ohne einen Gang durch das oder die Bauhaus-Viertel ist nicht vorstellbar.
Häuser im Bauhausstil oder wie er hier auch genannt wird, im „Internationalen Stil“ sind allgegenwärtig. Mehr als 4000 Häuser wurden in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von deutschstämmigen jüdischen Architekten, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ausgewandert waren, geplant und realisiert. Ziel war nicht, architektonische Ikonen zu schaffen, sondern funktionalen Wohnraum in einer schnell wachsenden jungen Stadt.
Inzwischen sind die meisten dieser Gebäude heruntergekommen und verschandelt. Die Erhaltung der Bausubstanz hatte im Alltag keine besondere Bedeutung und das Seeklima Tel Avivs hat seinen Teil zum Verfall beigetragen.

Einem Artikel der SZ- Korrespondentin in Israel verdanke ich meinen Besuch des Dizengoff-Platzes: um den Platz herum ein Ensemble von vier restaurierten Häusern im Bauhausstil in leuchtendem Weiß. Welch ein wunderbarer Anblick!
Zurück auf der Fahrt nach Haifa. Die Berichterstattung in deutschen Medien über Tel Aviv ist überzogen. Denn Tel Aviv ist beides: Hotspot der Internetwirtschaft und eine Stadt der Dritten Welt.

ELISABETH VOGELHEIM
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Und dann:

Foto: Friedrich W. Zimmermann

Kurz nach 22 Uhr haben wir den Hafen von Haifa verlassen. Nur 176 Seemeilen (knapp 326 Kilometer) sind es von Haifa bis zur Einfahrt in den Suezkanal bei Port Said. Dafür haben wir 20 Stunden Zeit. Aber das Fahrwasser vor der israelischen Küste ist nicht einfach. Da ist alles genau geregelt …

Tag 14: 21. Januar

Auf See

Von Israel nach Ägypten

In einem weitem Bogen fahren wir von Haifa nach Port Said:

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Langsam, ganz langsam nähern wir uns der ägyptischen Küste. Und während die einen ZEIT-Reisenden dem Suez-Kanal entgegenfiebern und hoffen, dass es klappt mit der Durchfahrt bei Tag – letztlich wird das die Kanalbehörde entscheiden, wenn wir erst in Port Said vor Anker liegen –, hängen die anderen noch der Erinnerung an die beiden Tage in Israel nach. Wie nass es war. Wie fremd. Wie anders. Aber auch: Wie ergreifend. Gerade für Menschen, die es nicht mehr so haben mit dem Religiösen. Wie der Autor der folgenden Texte und Bilder:

Besuch der Verkündigungskirche in Nazareth. Hier hat Maria vom Erzengel Gabriel erfahren, dass sie Jesus, den Sohn Gottes, zur Welt bringen wird. Als wir an der Grotte vorbeigehen wollen, sehen wir Afrikanerinnen, die dort knien oder auf dem Boden sitzen. Sie können sich nicht trennen vom Anblick der Grotte. Ihre Gesichter sind voller Tränen. Nicht aus Kummer oder Leid, sondern wohl aus tiefer Dankbarkeit, dass sie hier sein dürfen.
Am Jordan, wo Johannes der Täufer Jesus taufte. Viele Menschen steigen hier ins Wasser, um die Taufzeremonie noch einmal nachzuvollziehen. Wie Jesus steigen sie ins Wasser. Sie wollen ihm nahe sein.


Jerusalem. Wir sehen 2000 Jahre alte Olivenbäume im Garten Gethsemane.

Dann die Klagemauer. Sie ist beeindruckend. Dabei ragt nur ein Drittel von ihr aus der Erde. Versehentlich gehe ich in den Bereich für Frauen und werde gebeten, die Seite für die Männer zu nehmen. Selbst beim Beten, an der Klagemauer, sind die Frauen von den Männern getrennt! Für uns Mitteleuropäer, heute, ist das undenkbar.


Und so spürbar für mich die mächtige Aura der Mauer auch war: Das Gefühl der Fremdheit überwog. Der Leidensweg Christi, die „Via dolorosa“ zur Grabeskirche. Ein junger Mann in einer Gruppe trägt ein großes Holzkreuz. In seinen Augen sehe ich, wie sehr er sich in seine Rolle als Jesus Christus hineinversetzt. Kann sich ein Mensch Christus näher fühlen als dieser junge Mann?

Auf dem Weg liegt ein Andenkenladen neben dem anderen. Und doch gibt es auch es auch Brot, Gemüse und Gewürze zu kaufen. Und alles für den alltäglichen Bedarf.




In der Grabeskirche ist es eng. Sehr eng. Touristen und Gläubige drängen sich in der heiligsten Stätte des Christentums.


Ich habe mich von der Kirche längst abgewandt. Hier aber empfinde ich eine tiefe Gläubigkeit vieler Menschen. Ich konnte sie spüren und in den Gesichtern ablesen.
UWE GESING


Um halb fünf Uhr Nachmittag fällt vor Port Said der Anker. Am Horizont: Andere Schiffe, die auf die Durchfahrt durch den Suez-Kanal warten. Der Platz für jedes ist genau vorgegeben.

Foto: Silvia Moelle

Was auf der Seekarte so aussieht:

Tag 15: 22. Januar

Durch den Suez-Kanal

Zwischen Wüste und fruchtbarem Land

Es hat dann doch geklappt: Erst am frühen Morgen musste die QM2 ihren Ankerplatz vor Port Said verlassen und durfte in den Kanal einfädeln. Wer also nicht ganz lange im Bett blieb, konnte fast die gesamte Passage bei Tageslicht erleben. Hier unsere Position kurz nach Sonnenaufgang:


An dritter Stelle in einem Konvoi von 19 Schiffen ging es nach Süden.



Manchmal kamen uns Fischer bedenklich nahe.


Und wieder bot auch das Schiff selbst jede Menge Zerstreuung für die langen Stunden im Kanal.


Fotos: Beatrix Behrends-Steins, Angela Cousin, Herbert Moelle und Wolfgang Lechner

Tag 16: 23. Januar

Akaba

Gleich nach dem Aufwachen der täglich gleiche Blick auf die Seekarte: Wo sind wir jetzt?
Und tatsächlich: Nachdem wir gestern um 16 Uhr den Suezkanal verlassen haben, sind wir durch den Golf von Suez nach Südsüdost gefahren, haben um Mitternacht vor Sharm el Sheik eine Drehung um fast 180 Grad vollzogen und fahren jetzt im Golf von Akaba auf die jordanische Stadt zu.


Akaba ist die wahrscheinlich einzige Stadt der Welt, von der aus man gleich vier Länder sehen kann. Im Uhrzeigersinn: Ägypten, Israel, Jordanien und Saudi Arabien. Und die einzige Stadt Jordaniens, in der man im Meer baden kann – sogar im Januar.

 

Akaba: Alles im grünen Bereich

 

Bereit zum Ausflug nach Petra und anderswohin

Nördlich von Akaba, hoch in den jordanischen Bergen liegt die Wüstenstadt Petra. Für viele Passagiere an Bord ist sie einer der wichtigsten Gründe für diese ganze Reise – und ihr (erster) Höhepunkt. Hier zwei Berichte von ZEIT-Reisenden aus ganz verschiedenem Blickwinkel. Nur eine Überraschung haben sie beide erlebt …

Besuch bei Petra
Wer eine lange Reise macht, braucht nicht nur jemanden, um den Briefkasten zu leeren, sondern auch eine vertrauenswürdige Person, die in Lage ist, die eingehende Post zu sichten und zu erkennen, welcher Brief wirklich wichtig ist.
Für mich macht das Petra, meine langjährige Vertraute. Damit war für mich klar, dass ich in Akaba den Landausflug nach Petra buchen musste.
Welch ein Glück! Obwohl Petra viel älter als meine Frau ist, ist Petra genauso reizvoll und beeindruckend. In mancherlei Hinsicht – bitte nicht weitersagen! – vielleicht sogar noch mehr.
Nach einer zweistündigen Busfahrt über leeres, karges Land erreichen wir den Ort Petra. Natürlich mit bestem und kostenlosen WLan-Empfang im Bus. Wir sind ja nicht in Deutschland.
Der Zugang zu den Haupt-Sehenswürdigkeiten erfolgt über eine lange, hohe und sehr schmale Schlucht. In den Alpen müsste man dazu den Berg hinauf steigen. Hier ist es umgekehrt: Vom Ort Petra geht es etwa drei Kilometer abwärts in die Schlucht hinab.

Der Hafenlektor hatte in seinem Vortrag davor gewarnt, die dort angebotenen Kutschen zu nutzen: Zu gefährlich! Was er nicht gesagt hat: Die Kutschen sind weniger für diejenigen gefährlich, die in der Kutsche sitzen, sondern vor allem für alle Fußgänger, die herannahende Kutschen nicht rechtzeitig hören oder nicht schnell genug zur Seite springen können. Nehmt also eure Hörgeräte mit und stellt sie auf laut!

Das ist nicht die einzige Gesundheitsgefahr für die Besucher: Es ist verstärkt mit Hals- und Nackenschmerzen zu rechnen. Die Schlucht ist so eng und hoch, dass man den Kopf ständig weit in den Nacken legt, um die Felswände und auch die in die Felsen eingemeißelten Fassaden zu bestaunen. Eine Beschreibung dieser Fassaden und Höhleneingänge erspare ich mir. Bilder sagen hier mehr als Worte. Aber auch die besten Bilder können das persönliche Erleben „mit allen Sinnen“ nicht ersetzen.

 

 

Deshalb: Alle, die die Möglichkeit haben, Petra mit eigenen Augen zu bestaunen, sollten diese Gelegenheit unbedingt nutzen. Sie werden es nicht bereuen. Und wer weiß: Vielleicht taucht der Name Petra ein paar Jahre später sogar wieder auf der Liste der beliebtesten Mädchennamen auf, von der er vor zirka 60 Jahren verschwunden ist.
Verdient hätte Petra das.

BERNHARD BOHNE

Das Weltwunder
Die Busfahrt von Akaba zum Weltwunder Petra ist für zwei Stunden angesetzt.
Abdallah, unser Reiseführer, verkürzt uns die lange Fahrt mit Informationen. Schaut links! Schaut rechts! Und arabischen Geschichten seiner Heimat in sehr gutem Deutsch. Die Gruppe 14 applaudiert.

Wir fahren durch eine Landschaft, die man aus Film und Fernsehen zu kennen glaubt, von 0 auf 1300 m über dem Meeresspiegel. Wir sehen: Windräder am auf verschneiten Bergrücken. Die Flügel drehen sich nicht. Die Überlandleitungen sind wie mit weißem Puder eingestaubt. Stillstand durch Frost und Schnee.

Abdullah erklärt uns die Lebensweise der Beduinen in dieser Gegend. Sie bauen Getreide für ihren Eigenbedarf an, für Menschen und Tiere. Die eingesäten Felder unter den modernster Windgeneratoren warten auf die Schneeschmelze. Der Windstrom aber fließt in die Dörfer und Städte. Beduinenzelte haben keine Steckdosen.

Kurz hinter Akaba habe ich mich über einen großen Lagerplatz für Windräder gewundert. Erst dachte ich an ein Zwischenlager vom Hafen nach – ja, wohin eigentlich? Jetzt, in den verschneiten Bergen, sehe ich, dass die Idee alternativer Stromgewinnung Europa längst verlassen hat. Arroganz das Westlers, der sich 3000 Jahre Geschichte über Petra angelesen hat, aber nicht viel über die Gegenwart weiß.

Diese Ignoranz erfährt einen weiteren Dämpfer, als wir zur Rückfahrt den Bus besteigen. Deutlich sichtbar hat der Fahrer ein Schild angebracht, auf dem die Zugangsdaten zum Internet zu lesen sind. Abdullah hat nicht mehr viel zu erzählen. Die Köpfe der Reisenden leuchten im Dunkel des Busses, angestrahlt von den Displays ihrer Smartphones. Kostenloser Zugang per Internet nach draußen aus dem fahrenden Bus.

Kontakt nach Berlin aus dem Bus in den jordanischen Bergen. Per WhatsApp kann ich meine Fotos und Erlebnisse direkt, aktuell an die Familie daheim übermitteln.
Im Abendlicht sehe ich noch, wie sich Flügel der Windräder drehen, Strom produzieren. Offenbar sind die Generatoren aufgetaut. Wir sind im 21. Jahrhundert, auf dem Weg zurück von einem der sieben Weltwunder unserer Zeit.

FRIEDRICH W. ZIMMERMANN

Und noch eine Überraschung bei der Rückkehr zum Schiff: Es gibt Sprudel!


Fotos von Gustav Kuhweide, Dorli Lechner, Silvia Moelle, Katharina Perschmann und Friedrich W. Zimmermann

Tag 17: 24. Januar

Auf See

Was tun, wenn die Piraten kommen?

Ganz einfach: Die Kabinen verlassen, falls es sich um Außenkabinen (mit Balkon oder Fenstern) handelt. Und sich im Flur (aber nicht vor der Kabinentür!) auf den Boden setzen. Und abwarten – bis der Kapitän die Übung für beendet erklärt.

Das war heute Vormittag. Gleich danach konnte im Royal Court Theatre der erste Vortrag von Gisela Dachs beginnen, unserer neuen Referentin: “Israel, ein Staat kämpft um seine Identität”.

Foto: Katharina Perschmann

Und endlich war auch Gelegenheit, all jene Fragen zu stellen, die nach den zwei Tagen in Israel offen geblieben waren. Auch noch beim ZEIT-Reisen-Jour-fixe am späten Nachmittag.

Das Porträt: Begegnung an Bord

Christopher Ang, Philippinen

Christopher Ang schnitzt aus exotischen Früchten phantastische Kunstwerke, die wir nach ihrem visuellen Genuss auch noch verspeisen dürfen.

Der QM2-Fruchtschnitzer stammt aus Paete in der Provinz Altuna auf den Philippinen, und Paete ist das Zentrum der philippinischen Schnitzkunst. Schon sein Großvater und sein Vater, erzählt er, hätten Holzskulpturen und Reliefs geschaffen.

Jetzt versüßt uns Chris mit seinen kulinarischen Kreationen zum Beispiel die Fahrt durch die Bitterseen. Vielen Dank!

ROSE K. GESING (Text und Bilder)

 

Tag 18: 25. Januar

Auf See

Vom Schwimmen, Gehen und Singen

Ganz neue Geh-Erfahrungen

Auf Deck 7 kann man außen eine komplette Runde ums Schiff drehen, immer mit Blick aufs Meer. Atemberaubend! Manche joggen, viele gehen zügig, manche gemütlich. Bei stärkerem Seegang sieht das alles ganz anders aus. Lauter drunken sailors unterwegs. Wenn man lediglich hintereinander schreitet, ist es noch unproblematisch: da schwanken alle parallel in Richtung Schiffswand oder Reling. Wenn man aber jemandem begegnet, muss man schon mehr aufpassen, um sich nicht auf einmal in den Armen zu liegen.
Ich gehe in einigem Abstand energisch hinter einem Paar im forschen Walking-Tempo her, als plötzlich eine Dame vor mir auftaucht, deren Umfang mir schon bei ruhiger See Probleme beim Passieren bereitet hätte. Eine starke Welle hat das Schiff gerade erneut ins Schlingerbewegung versetzt, und mit Schrecken sehe ich mich auf direktem Kollisionskurs mit der Dame. Ein Zusammenstoß scheint unvermeidlich – da erweist sich zu meiner Erleichterung, dass wir alle den selben Kräftespielen unterworfen sind: Der Dame entweicht ein kleines Gicksen, sie reißt verblüfft die Augen auf und sieht sich trotz ihrer Körperfülle zu einem unerwarteten Richtungswechsel gezwungen.
Jählings verschwindet sie aus meiner Laufbahn, und ich schreite beglückt davon.
Etwas später kommt mir eine liebreizende junge Stewardess entgegen. Diesmal wäre ich einem Zusammenstoß gar nicht so abgeneigt, aber bevor diese Phantasien konkreter werden können, fegt die nächste Schlingerbewegung die junge Dame ebenso unerreichbar aus dem Weg wie die umfangreiche Dame zuvor.
Manchmal drängt sich mir das Deck entgegen und stemmt mir die Beine in den Bauch, dass jeder Schritt schwer wird wie beim Bergsteigen. Manchmal tänzle ich mit ballerinahafter Leichtigkeit ein paar Schritte nach vorn. Und wundere mich selbst über mein chaplineskes Talent.
So muss es gewesen sein, als ich vor vielen, vielen Jahren meine ersten Schritte unternommen habe – beglückt über die neue Fähigkeit, mich auf zwei Beinen halten und im Raum bewegen zu können. Ein wenig torkelnd, die Gesetze der Schwerkraft neu erfahrend, manchmal geängstigt, doch meistens juchzend beglückt.

THOMAS KÜHLER

Der Gästechor

An die achtzig Menschen haben sich im Nachtclub der QM2 eingefunden – am hellichten Tag. Sie wollen singen, wie an jedem Seetag um 13 Uhr 15. Sie bilden den Gästechor, den guest choir. Die allermeisten von ihnen sind Briten und Nordamerikaner. Schnell werden die bereitgestellten Stühle knapp. Wer keinen mehr findet, setzt sich auf die Treppe und die Tischchen vor der Bar. Als auch die Fotokopien mit den Songs nicht mehr reichen, gehen die ersten gleich wieder.
Unser Auftritt ist für einen Tag vor der Ankunft in Dubai geplant. In der Grand Lobby. Mehr habe ich erst einmal nicht verstanden.
Der temperamentvolle, muskulöse junge conductor heißt Andrew Cavendish-Grey. Schnell (!) und logischerweise ausschließlich auf Englisch erklärt er, um was es (ihm) geht. Es folgen die üblichen Fragen: „Wer ist aus England?“ „Wer aus Wales?“ Dann geht es noch um die fachliche Kompetenz. „Wer hat schon mal? Wer im Kirchenchor?“ Ich kenne die Lieder leider alle nicht. Sie scheinen eine Art zweitrangiger Nationalhymnen der verschiedenen britischen Volksgruppen zu sein. Na denn! Ein kräftiger älterer Herr benimmt sich als rebel, versucht es im Tenor mit der Bassstimme und im Bass mit der Tenorstimme. Schließlich wird er von seinen Mitsängern gemaßregelt und singt nun erst einmal gar nicht mehr. Die Songs klingen voll und natürlich auch laut, weil es ja ein riesiger Chor ist.
Bei Windstärke 8 steigen die Anforderungen an den conductor noch zusätzlich. Vom intensiven Klavierspiel stehen ihm schon die Schweißperlen auf der Stirn, und jetzt rollt ihm auch noch beinahe das Keyboard über die Füße. Nach exakt 45 Minuten begibt man sich zum Essen. Ein Grüppchen von Mitsängern hat sich zur eating group after choir zusammengefunden.
Zur nächsten Probe werden die allermeisten Sängerinnen und Sänger wiederkommen – wenn sie der Seegang nicht umhaut. Das gemeinsame Singen tut gut. Eigentlich egal, was genau wir da singen …

URSULA BENZINGER

Die Position der QM2 am Samstag früh: Mitten im Roten Meer. Die Position gibt es jederzeit auch unter https://www.kreuzfahrtberater.de/schiffsposition-queen-mary-2
Tag 19: 26. Januar

Auf See

Durch das Tor der Tränen

Sechs volle Tage dauert die Fahrt von Akaba nach Dubai. Sie führt uns einmal um die Arabische Halbinsel. Jetzt aber beginnt ein ganz besonderer Abschnitt: Aus dem Roten Meer fahren wir durch das Bab el Mandeb in den Golf von Aden. Zwei ZEIT-Reisende berichten

Morgenstund …

Eine Reise um die halbe Welt, durch so viele spannende Regionen, mit so vielen aufregenden Zielen, da will man doch nichts verpassen!
Während der Landausflüge bemüht man sich nach Kräften so viel wie möglich mitzunehmen, auch wenn der Guide gerade wieder viel zu schnell, viel zu leise und ziemlich eigenwillig Englisch spricht. Und nach allen auf hunderten von Fotos festgehalten Eindrücken freut man sich dann richtig auf die sechs Seetage zwischen Akaba und Dubai, mal ohne Sightseeing-Stress.
Aber dann liegt da das Tagesprogramm auf dem Tisch: Von 6 Uhr morgens bis Mitternacht, manchmal mit mehr als zehn verschiedenen Möglichkeiten pro Stunde. Um 9 Uhr zum Zumba, oder doch lieber der Vortrag über das nächste Reiseziel? Um 10 Uhr erstmal Frühstück oder ins Planetarium, das mit fantastischen Bildern über fremde Galaxien lockt? Mittags zum Line Dancing oder lieber zum klassischen Konzert im Royal Court Theater? Mal abgesehen von den ausnahmslos wunderbaren Vorträgen der mitreisenden ZEIT-Journalisten, die man auf gar keinen Fall verpassen will!
Ach ja, und draußen ist ein so strahlend blauer Himmel, dass auch die Deckchairs und die Pools irgendwie locken. Verdammt, schon wieder dieser Entscheidungsdruck! Zu allem Überfluss kündigt der Kapitän in seiner 12-Uhr-Durchsage von der Brücke an, dass die QM2 am nächsten Morgen gegen 7 Uhr die Meerenge zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Aden passieren wird, Bab el Mandeb, das “Tor der Tränen”. Der Jemen im Osten, Djibuti und Somalia im Westen – also das muss man sich doch auf jeden Fall anschauen! Kurze Schrecksekunde, als der Wecker um 6.30 klingelt. Was war jetzt noch gleich? Ach ja, die Meeresenge! Also gut, kurze Katzenwäsche und ab nach oben, auf Deck 13 in den Loockout! Doch welche Enttäuschung: Nix als graue Suppe, immerhin ziemlich warm. Und die engste Stelle zwischen den beiden Meeren auch noch weit weg.
Na gut, dann also doch erstmal ausgiebig Duschen und in Ruhe anziehen! Um 8.40 Uhr ist dann endlich soweit. Der Kapitän informiert von der Brücke, dass die engste Stelle erreicht sei.
Diesmal schnell auf die elfte Etage, zum Observationdeck!
Ein paar geisterhafte weit entfernte Berge auf der afrikanischen Seite und ein bisschen undefinierbare jemenitische Küste auf der anderen Seite, das ist alles. Aber irgendwie fühlt es sich hier oben an Deck trotzdem besonders und erhaben an, diesen magischen Ort zu durchfahren. Und als hätte die Sonne dies verstanden, bricht sie gerade jetzt dramatisch durch die Wolken.
ANGELA COUSIN

Piraten in Sicht?

Heute Morgen sind wir durch die Meerenge des Bab el Mandeb aus dem Roten Meer in den Golf von Aden eingefahren. Bab el Mandeb, das „Tor der Tränen“, durch das früher der Sklavenhandel an der Ost-Küste Afrikas nach Arabien gelaufen ist. Heute berüchtigt als high risk area für Piraterie.
Vorgestern schon wurde im gesamten Schiff (mit Personal 3800 Menschen) eine Piratenübung durchgeführt – für den Fall eines Angriffs. Gestern Abend konnten wir beobachten, wie Waffen in Paketen an Bord gebracht worden sind, wie mehrere Besatzungsmitglieder auf Deck immer aufmerksamer das Meer mit Ferngläsern abgesucht haben, wie nachts Drohnen um das Schiff herum flogen, wahrscheinlich mit Wärmebildkameras ausgestattet, um mögliche Angreifer früh zu orten.

Tieftöner wurden installiert, die eventuelle Angreifer zielgerichtet beschallen sollten. Eine Security-Mannschaft begleitet unser Schiff, das wie eine fette Beute vor den Küsten der jetzigen Piraten dahingleitet. Was für ein Aufwand!
Wenn man all die finanziellen Aufwendungen, die zum Schutz der internationalen Seefahrt im Golf von Aden vor der Küste Somalias benötigt werden, in einen anderen Topf lenken könnte, was könnte man erreichen! Man könnte damit doch diejenigen unterstützen, die uns da womöglich angreifen: verarmte Fischer, die ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können, weil große internationale, meist chinesische Fangflotten ihnen die Fische aus dem Meer geraubt haben, wo sie zuvor Jahrhunderte in genügender Menge vorhanden waren. Jetzt sind sie ohne Arbeit, ihres Fangs beraubt wie ihres Stolzes, die eigene Familie selbst ernähren zu können. Sie haben in Somalia keine Arbeitslosenversicherung.
Draußen auf dem Meer sehen sie die riesigen Schiffe vorbeifahren und kommen dabei auf kriminelle Ideen, wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren könnten: Lösegelder erpressen, reiche Amerikaner und Europäer um ihren Schmuck und Bargeld erleichtern … Man stelle sich nur vor, sie würden tatsächlich unser Schiff entern, uns beim Abendessen überraschen und dabei auf unseren Tellern in großer Vielfalt und riesigen Mengen die Fische sehen, die sie in ihrem Meer nicht mehr finden!
THOMAS KÜHLER

Piraten? Nein, diesmal sind es wirklich harmlose Fischer

Fotos: Manfred Brusten

Tag 20: 27. Januar

Noch immer auf See

Wie man so einen Seetag gut verbringt

Jetzt an Backbord: Die Küste des Oman. Der Golf von Aden liegt hinter uns

In der schwimmenden Volkshochschule
Entschleunigung und Entkopplung, das sind die zentralen Merkmale des Lebens auf See. So langsam, wie das Schiff durchs Meer gleitet – mit gerade mal 23 Knoten, 43 Stundenkilome-tern, aber nur, wenn der Kapitän richtig Gas gibt – so sind unsere Tagesabläufe. Statt Wochentagen unterscheiden wir nur See- und Landtage. Und entkoppelt ist man vom Rest der Welt, denn die Kontakte über Internet sind aus technischen und finanziellen Gründen auf wenige Minuten am Tag beschränkt.
So entsteht ein ganz neuer Alltagsrhythmus. Den Takt bestimmen Frühstück, Mittagessen, Afternoon Tea, Abendessen und – wenn man noch will – ein late snack um Mitternacht. Und die Stunden dazwischen? Am Abend gibt es Konzerte, Shows, Zauberer, Comedians. Die Vor- und Nachmittagsstunden aber muss man aus eigener Initiative füllen.

Man kann sich der Muße hingeben, kann dem Wasser zusehen, den Blick in die Ferne schweifen oder gelegentlich, wie etwa im Suez-Kanal, die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen. Viele vergnügen sich mit Spielen aller Art: Scrabble, Schach und Rummikub stehen bereit in den langen Gängen zwischen Theater und Planetarium, auch Puzzles aller Schwierigkeitsgrade. Einführung ins Bridge-Spielen wird angeboten. Es gibt Tischtennisplatten, Tennisfelder und Stellen, an denen Golfer den Abschlag üben können. Hohe Netze verhindern, dass Bälle über Bord gehen. Auch eine Abwandlung des Eisstockschießens wird auf Deck praktiziert. Und Darts ist ebenfalls im Angebot. Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt, hat schon Schiller gesagt.

Der ehemalige US-Botschafter David Litt spricht über Wirtschaft und Politik im Arabischen Raum – unter anderem

Und dann gibt es noch ein Bildungsangebot, das an die Blütezeit der Volkshochschulen zu Hause erinnert. Deren Programme nahmen in den sechziger- und siebziger Jahren in Stadt und Land zu, als es galt, mit den Veränderungen der modernen Welt Schritt zu halten und die Rückständigkeit aus der Kriegs- und Nachkriegszeit aufzuholen. Die Programme reichten von Techniken der Alltagsbewältigung über die Erweiterung des Wissens bis zur Auseinandersetzung mit drängenden Fragen der Zeit. Später dämmte sich dieses Programm wieder ein. Der aufgestaute Bildungshunger war erstmal gelöscht, das Fernsehen differenzierte das Programm immer weiter und für viele Themen oder Anlässe wurden individuelle Angebote gesucht oder die veränderte Arbeitswelt hatte die Menschen schlicht erschöpft.
Hier auf der Queen Mary 2 begegnet man noch der Fülle des Programms: Ein Kreis von Frauen trifft sich zum Nähen und Stricken, es gibt einen Bastelkurs und einen zum Umgang mit dem iPad. Ein Spanisch-Kurs findet Interessenten, obwohl wir auf dieser Route entsprechende Länder gar nicht anfahren. Aquarellmalerei – das wäre ebenfalls zur Rubrik des zweckfreien Kompetenzerwerbs zu rechnen. Es gibt Vorträge zu allen Ländern, in die wir auf unserer Reise kommen, der Schwerpunkt allerdings liegt immer auf den Zielen der angebote-nen Landausflüge. Fachkundige Referenten arbeiten die politische Entwicklung der jeweiligen Weltregion auf und oft genug beginnen sie mit der Beschreibung der glorreichen britischen Vergangenheit. All diese Vorträge und Kurse finden in der Bordsprache Englisch statt. Deutsch sprechen nur die Referenten, die ZEIT-Reisen an Bord gebracht hat.
Seinerzeit, zur Blütezeit der Volkshochschulen, waren theologische und philosophische The-men die Krone des Angebots. Hier an Bord tauchen diese Themen wieder auf, passend zu den Regionen, die wir durchqueren. Wie stellen wir uns den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten vor? Auch um die menschliche Existenz im Universum geht es. Wie hat alles ange-fangen? Wohin führt es? Die Antwort wird im Planetarium „Illumninations“ gegeben, wissenschaftlich-technisch aufbereitet.

John MacLean von der Königlichen Astronomischen Gesellschaft referiert über das Goldene Zeitalter der Astronomie im Islam. Und sogar die Nasa ist mit ihm Spiel

Wir werden von dieser Reise nicht nur mit einer Vielzahl von Eindrücken zurückkehren über die Seefahrt ganz allgemein, über die Landschaften und die Städte, die wir gesehen und be-sucht haben. Nein, auch mit neu hinzugewonnenen Wissen über dieses und jenes.
Der Besuch eines Kurses allerdings wird nach der Rückkehr notwendig sein: Wie werden wir die Pfunde wieder los, die das reichhaltige Essen uns beschert hat?
PAUL SOEMER

In der Waschküche
Bevor man auf eine Kreuzfahrt geht, bereitet man sich lesend darauf vor. Es gibt reichlich Hinweise, welche Räume auf welchem Kreuzfahrtschiff besonders sind und deshalb unbedingt besucht werden müssen.
Ein sehr besonderer Ort wird nirgendwo erwähnt: die Laundrette.
Davon gibt es auf jeder  Etagenseite jeweils eine. Es ist ein kleiner Raum mit vier Waschmaschinen, vier Trocknern und einem Bügelbrett und -eisen.
Die Laundrette ist immer gut besucht, vor allem von Männern. Und die erledigen alles: Waschen, Trocknen und Bügeln.
Noch nie habe ich einen Mann so perfekt bügeln sehen, in diesem Fall sein Smokinghemd. Und noch nie habe ich einen so kompetent über das Wäschewaschen sprechen hören.
In der deutschen Sprache gibt es das fast vergessene Wort „Waschweiber“. Damit waren Frauen gemeint, die wuschen, oft mit der Hand oder in einfachen, gemeinschaftlichen Waschbottichen und dabei  intensiv Neuigkeiten austauschten.
Neuigkeiten werden auch in der Laundrette ausgetauscht und Themen gibt es viele. So bleiben der waschende Mann und die waschende Frau gern während der 45 Minuten, die ein Waschgang dauert, in der Laundrette. Man unterhält sich. Oder unterstützt andere.
Kopfschüttelnd stehe ich vor den amerikanischen Waschmaschinen mit der einfachen Einteilung kalt, warm, heiß.
Ein Mann fragt mich, ob er helfen könne.
„Ich komme mit diesen Maschinen nicht zurecht“, sage ich. „Zu Hause kann ich die genaue Temperatur, die Wassermenge, das Material der Wäsche, das Schleudertempo und vieles mehr einstellen.“
„Da verstehe ich Sie gut“, sagt der Herr, „sie denken an Miele. Ich habe auch eine Miele – zu Hause in Schottland.”
Und dann tauschen wir uns noch lange über die großartige Miele-Waschmaschinen-Technologie aus – und das alles auf dem Weg nach Dubai.
Brexit hin oder her: In einer zentralen Frage des Lebens sind wir einer Meinung.
ELISABETH VOGELHEIM

Fotos: Manfred Brusten

Tag 21: 28. Januar

Auf See ...

Durch die Arabische See

Je länger wir auf See sind, desto mehr schärft sich der Blick für die vielen Details unserer riesenhaften Queen. Etwa für die Teppichböden.

Kunst am Boden
Die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn ist oft nur hauchdünn. Auf der Queen Mary 2 scheint sie zwischen dem Queens Room und dem Britannia-Restaurant zu verlaufen und zwischen der Champagner-Bar und dem Chart Room. Wer genauer hinsieht, merkt: Sie mäandert durch das gesamte Schiff. Vom Bug bis zum Heck.
Dazu muss man den Blick – ausnahmsweise – nicht nach oben, sondern nach unten richten: Eine gewisse Demut erscheint mir beim Anblick der Teppichböden mit ihren außerordentlichen Designs durchaus angemessen. Wer denkt sich solche Muster aus? Ich stelle mir vor, dass Cunard eine Gruppe junger Designer in einen fensterlosen, spärlich beleuchteten Raum ganz unten im Schiff eingesperrt hat, vermutlich in der Nähe des Maschinenraums. Versorgt wurden sie nur mit trockenem Toastbrot und kaltem Tee, der mit psychedelischen Substanzen versetzt war. Hoffentlich hatten Sie nur Malutensilien und keine Messer zur Verfügung. Exzesse wie das Abschneiden von Ohren oder andere Selbstverstümmelungen wären sonst nicht nur nicht auszuschließen gewesen.
Die Ergebnisse dieser Arbeit sind extrem vielfältig und kreativ.
Die routinierten Gäste an Bord – und von denen gibt es viele – wissen das natürlich, und passen ihren Kleidungsstil entsprechend an. Wer hätte gedacht, dass sich beige Hochwasserhosen, die von roten Hosenträgern gehalten werden, so gut mit einem hellblauen Hemd mit einer dunkelblauen Fliege und Sandalen ohne Socken kombinieren lassen? Solche Outfits dienen nur als Ouvertüre für die Gala-Abende an Bord. Die überwiegend britischen Gäste zeigen uns beim ägyptischen Ball, in der schottischen Nacht oder auch bei den „normalen“ Galaabenden, dass modische Denkverbote leicht überwunden werden können. Dabei werden vom überwiegend älteren Publikum exzentrisch-elegante Garderoben vorgeführt, und teilweise sogar Rollatoren und Rollstühle entsprechend dekoriert. Diese künstlerische Freiheit ist wohl nur bei einem Volk möglich, das auf einer Insel lebt, die sich irgendwo im Meer, weit entfernt von der EU befindet.
Gut, dass die Teppichdesigner als Aufwärmübung die phantasievollen Uniformen des Bordpersonals gestalten durften. Als typischer deutscher Gast würde ich dann mit meinem schwarzen Anzug, weißem Hemd und Fliege ständig mit dem Oberkellner verwechselt.
Zurück zu den Bodenbelägen: Wer zur Seekrankheit neigt, sollte hier unbedingt den Rat aller erfahrenen Seeleute beachten: Möglichst auf den Horizont schauen, nicht auf den Boden. Wer zu lange auf die Teppichmuster starrt, wird bereits einen leichten Seegang als wildes Schaukeln empfinden.
Übrigens: Um alle Teppichdesigns auf dem Schiff zu entdecken, reicht eine Reise wie unsere bei weitem nicht aus.
BERNHARD BOHNE


Tag 22: 29. Januar

Auf See

Halbzeit in der Straße von Hormus

42 Tage dauert unsere Reise von Hamburg nach Hongkong, die Hälfte der Tage liegt hinter uns. Und seit heute, 16 Uhr, wissen wir vom Kapitän, dass uns die Reise gar nicht nach Hongkong führen wird. Wegen der Corona-Virus-Epidemie in China werden wir am 18. Februar in Singapur aussteigen. Die ZEIT-Reisenden nehmen’s mit Gelassenheit, planen ihre Nachprogramme und Rückflüge um und genießen im übrigen den sechsten von sechs Seetagen. Er begann zünftig und endete elegant.

Am Morgen war an Backbord die gebirgige omanische Küste bei Maskat zu sehen
11 Uhr: Im Britannia-Restaurant gibt es – nur für uns – Käsekrainer und Currywurst, Gulasch und Kaiserschmarrn
Irgendwann am Nachmittag wird die QM2 langsamer, und ein Schlauchboot braust heran. Es holt die Waffen wieder ab, mit denen wir im Golf von Aden vor den Piraten geschützt wurden
Um 17 Uhr trifft man sich zum Sektempfang auf dem Achterdeck. Hauptgespräch: natürlich die Umroutung nach Singapur. So richtig überraschend ist das für keinen Passagier gekommen, der in den vergangenen Tagen die Nachrichten verfolgt hatte
Kurzzeitig stehlen eine britische Fregatte und ein Hubschrauber mit seinen Kunstflugvorführungen dem Reiseleiter die Schau. Ob sie uns noch durch die Straße von Hormus eskortieren werden?
Durch das Nadelöhr zwischen dem Iran und den Golfstaaten fahren wir im Lauf des Abends
Wie ein genauerer Blick auf die Seekarte zeigt, ist das kein ganz einfaches Fahrwasser

Fotos: Dorli Lechner,Manfred Brusten, Gustav Kuhweide

Tag 23: 30. Januar

Dubai

Zwischen Gastfreundschaft und Größenwahn

Dubai vor Sonnenaufgang. Der Burj Khalifa, das höchste Gebäude der Welt, ist nur ganz schwach an seinen roten Warnlichtern zu erkennen

Auf dem obersten Deck wird die Fahne des Gastlandes gehisst, der Vereinigten Arabischen Emirate

Zuletzt wehen (von links nach rechts) die Flagge der Reederei am Mast, die britische Marineflagge und die Flagge der VAE. Die gelbe Flagge aber signalisiert: “Auf unserem Schiff ist alles gesund, wir haben keine ansteckenden Krankheiten. Auch keinen Corona-Virus …”

Und noch eine Fahne, diesmal schon in Alt Dubai. “St. Pauli – ist das in Brasilien?” fragen die beiden Herren in Weiß

Die Wohlgerüche Arabiens im Gewürz-Souk von Deira

Das passende Outfit für die ganze Familie

Und ein bisschen 18-Karat-Luxus für die Allerjüngsten. Man gönnt ihnen ja sonst nichts … Gesehen im Gold-Souk von Deira

Der Burj Khalifa. Wie sah eigentlich der Turm von Babel genau aus?

Treppen sind nur für Notfälle
Kreuzfahrer sind gewaltigen Herausforderungen ausgesetzt – seit dem Mittelalter. Während früher die Sarazenen das größte Problem waren, ist es heutzutage das Gewicht. Und ich spreche nicht vom Reisegepäck.
Früher war es eine Herausforderung, genug Proviant für alle Teilnehmer heranzuschaffen. Heute werden wir Kreuzfahrer von morgens bis Mitternacht einer unendlichen Folge kulinarischer Verführungen ausgesetzt, so dass weniger unser Glaube, als vielmehr unsere Widerstandskraft geprüft werden. „Oh Herr, der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach!“. Um nur den Hauch einer Chance zu haben, muss man sich als Passagier eines Luxusliners wie der Queen Mary 2 bereits vor Antritt der Reise eine Strategie zurecht legen. Meine lautet: „Never use the elevator.“ Immer zu Fuß über die Treppe!
Dazu kam die erste Prüfung unerwarteterweise bereits vor Antritt der Reise mit der Buchungsbestätigung. Warum bekomme ausgerechnet ich eine Kabine auf dem obersten Deck 13 zugeteilt, wo sich doch das Britannia-Restaurant ganz unten auf Deck 2 befindet und die meisten Veranstaltungsräume auf den Decks 2 + 3? Ausserdem befindet sich die Kabine vorne am Bug, und das Restaurant am Heck. Bei der Queen Mary 2 sind das 300 Meter Laufweg – one way! Will das Schicksal mich am Schlafengehen hindern? Oder am Essen? Demütig nehme ich mein Schicksal an und überlege, ob es eine Alternative wäre, bereits zum Frühstück mit der Abendgarderobe zu erscheinen …
Nach drei Wochen haben sich die Mitreisenden, deren Kabinen ebenfalls in der Nähe des Treppenhauses A liegen, an den verrückten Deutschen gewöhnt, der sich mehrmals täglich schwer schnaufend durchs Treppenhaus nach oben schraubt.

Die beste Ehefrau von allen hat für Dubai einen Ausflug nach Burj Khalifa gebucht. Was klingt wie eine verträumte Oase in der Wüste, entpuppt sich aber als der höchste Wolkenkratzer der Welt. Und der teuerste. Als Deutsche sind wir es von großen Bauvorhaben ja gewohnt, dass die Kosten mit dem Baufortschritt steigen. Hier sind die Kosten zusammen mit dem Gebäude so stark in die Höhe geschossen, das das Geld während der Finanzkrise 2009 selbst dem Emir von Dubai ausging. Aber man kennt sich ja innerhalb großer arabischer Familienclans, und der Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Khalifa, hat generös ausgeholfen. Dafür wurde neben einer angemessenen Gewinnbeteiligung als kleines Zeichen der Dankbarkeit der Name des Projektes von Burj Al Arabia in Burj Khalifa geändert.
Die geplant Bauzeit von nur 6 Jahren (2004 2010) wurde allerdings eingehalten, obwohl die Firma, welche die Glasfassaden herstellen sollte, pleite gegangen ist. Eingesprungen ist damals übrigens die deutsche Glasfirma Schott. Deutsche Firmen haben auch die Gründung für die Fundamente hergestellt, die Küchengeräte für die 885 Wohnungen, die Badarmaturen, die Parkettböden und einiges mehr.
Zurück zur Besichtigungstour: Nicht alle in der Gruppe sind enttäuscht, dass sich die Aussichtsplattform „nur“ auf Etage 124, also auf zirka zwei Drittel der Gesamthöhe von 828 Metern befindet. Meine Frau kann sich ein Dauergrinsen dennoch nur mühsam verkneifen. Zaghaft frage ich den Führer nach dem Treppenhaus. Er bedenkt mich kurz mit einem abschätzenden Blick, um dann mitzuteilen: „Sie müssen die Aufzüge nutzen. Die Treppenhäuser sind nur für Notfälle“. Schade. Demütig ergebe ich mich meinem Schicksal.
Der Aufzug katapultiert uns in 60 Sekunden auf 456 Meter Höhe. Damit den dicht gedrängt stehenden Fahrgästen in dieser Zeit nicht langweilig wird, wird auf die Kabinenwände und Kabinendecke ein Film projiziert, der zunächst eine Zeichnung des Burj Khalifa vor blauem Himmel zeigt, der sich dann in einen Nachthimmel verwandelt, durch den Raumschiffe schweben. Das ist genauso schwindelerregend wie die Aussicht von der Besucherplattform. Gut, dass ich mein Fernglas dabei habe. Alles, was sich am Boden befindet, wäre ohne diese Sehhilfe nur zu ahnen, aber nicht zu sehen.
Hier oben zu stehen ist fast, wie mit einem Heißluftballon zu fahren. Nur dass die Räume hier klimatisiert sind, und immer eine Toilette in der Nähe ist – also viel besser als Ballonfahren. Nach Einbruch der Dunkelheit stellen wir überrascht fest, dass die gesamte Fassade des riesigen Turms mit Lichtelementen ausgestattet ist, die alle 30 Minuten ein faszinierendes Schauspiel sich schnell verändernder Bilder und vielfarbigen Mustern bieten. Uns stockt der Atem. Darauf hätten evtl. bereits die Babylonier kommen sollen: Bilder statt Sprache. Dann klappt’s auch mit dem Turmbau.
Zurück an Bord rechnet meine Frau mir vor, dass ich nun zum Ausgleich zehnmal das gesamte Treppenhaus im Schiff rauf und runter gehen muss, um meine Selbstachtung nicht zu verlieren. Ich schlage vor, bei einem Drink im Chart-Room Alternativen zu diskutieren. Könnte man nicht Zertifikate für Treppensteigen einführen und handeln? Funktioniert beim Klima doch auch.
Hat die Strategie „Never use the elevator“ bisher funktioniert? Was mein Körpergewicht betrifft, ist es für eine abschließende Beurteilung noch zu früh. In mir keimt jedoch der Verdacht, dass sich vor allem mein Orthopäde über meine Rückkehr freuen wird. Gleich zwei neue Knie bei einem Privatpatienten sind für Orthopäden ja immer ein gutes Geschäft.
BERNHARD BOHNE

Ein zu bunt geratener Weihnachtsbaum? Nein, der Burj Khalifa bei Nacht!

Fotos: Bernhard Bohne und Dorli Lechner

Tag 24: 31. Januar

Dubai / Auf See

Von der Mega-City in die Wüste

Foto: Manfred Brusten
Foto: Manfred Brusten

Mit Haross in der Wüste
Gestern früh um kurz vor sieben haben wir bei strahlend blauem Himmel in Dubai festgemacht.
Ich möchte möglichst viel von der Stadt und dem Land sehen, deshalb habe ich für den Vormittag einen Ausflug mit Allradautos gebucht, in die Wüste, nach Sharjah. Das Emirat ist mit eineinhalb Millionen Einwohnern das drittgrößte der sieben vereinigten Emirate, nach Abu Dhabi und Dubai. Insgesamt leben rund neun Millionen Menschen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, darunter sind allerdings nur etwa eine Million echte Emiratis. Diesen Status erhält man nur durch Erbschaft, eingebürgert wird hier niemand.
Haross, unser Fahrer kommt aus Sri Lanka. Seine Frau lebt mit seinen beiden Töchtern noch immer dort, die Mädchen sind acht und zehn Jahre alt. Seit 19 Jahren arbeitet Haross schon in Dubai, seit neun Jahren ist er Wüstensafari-Fahrer. Immer 300 Tage am Stück, manchmal zwei Schichten am Tag, damit er einmal im Jahr für zwei Monate nach Hause kann. Kein einfaches Leben. Aber wenn er mit seinem 4WD mit uns über den Wüstensand heizt, hat er mindestens so viel Spaß wie wir! Es kann ihm nicht schnell, nicht steil und nicht schräg genug sein. Er ist ganz traurig, dass es in den letzten Tagen ein wenig geregnet hat, das macht den Sand fester und der Wagen driftet nicht so schön. Ab und zu fragt er besorgt, ob er langsamer fahren soll. Soll er nicht. Er hat das Auto im Griff. Meisterlich fährt er die Sanddünen hoch. Die Reifen, aus denen er vorher ordentlich Luft abgelassen hat, glitschen, trotz des vorangegangenen Regens, über den Sand wie auf Glatteis. Wenn der Wagen die Kuppe der Düne erreicht hat, geht es gefühlt im 90 Grad Winkel irgendwie quer zum Hang wieder runter. Man weiß nicht so recht, ob man wirklich heil unten ankommt, der Magen meldet sich kurz… Haross beruhigt uns: Ganz neues Auto, erst zwei Monate alt. Und es ist noch nie etwas passiert.
In aufregender wilder Fahrt geht es durch die rote und die weiße Wüste von Sharjah, vorbei an einer Kamelfarm für die Fleisch und Milchproduktion.
Die dritte Wüste, die wir durchqueren, liegt wieder auf dem Gebiet von Dubai, damit es zum Lunch im Beduinen-Camp ein Glas Wein oder Bier geben kann. Das wäre in dem streng muslimischen Sharjah undenkbar.
In dem Camp ist es ganz still und friedlich. Es sind nur 18 Gäste auf dieser Tour. Wunderbar! Am Eingang warten zwei Kamele mit ihrem Wärter auf uns. Wir dürfen auf ihnen reiten. Ein echter Spaß! Vorsicht allerdings, wenn das Kamel mit den Hinterbeinen zuerst aufsteht und den Reiter beinahe kopfüber wieder abwirft. Einmal oben angekommen, ist das Gefühl allerdings majestätisch.
Nach einem leckeren Barbecue kann man sich von Nourina aus Pakistan die Hände mit Henna kunstvoll verzieren lassen, man kann gemütlich eine Shisha rauchen, oder sich im unvermeidlichen Souvenirzelt als arabische Prinzessin oder arabischer Prinz verkleiden lassen. Alles spannende, neue Erfahrungen.
Um 14 Uhr sind wir zurück an der QM2. Es bleibt also genügend Zeit, die aufregende, glitzernde und mit Superlativen protzende Stadt Dubai zu erkunden.
ANGELA COUSIN

Rendezvous mit dem König der Lüfte
Die schönsten Erlebnisse sind immer die, mit denen man nicht rechnet.
Als die 14 Geländewagen nach einigen Kilometern abseits der Autobahn, mitten im Wüstensand zwischen Dünen zum Stehen kommen, finden wir zwei Beduinen vor. Sie tragen auf dem Unterarm einen grauen und einen großen weißen Vogel, deren Augen mit Lederhauben verhängt sind. Die fast 50 mitgefahrenen Touristen werden auf einmal ganz still. Jeder, der möchte, darf einmal für eine kurze Zeit einen Vogel auf dem Unterarm halten. Ich spreche leise mit meiner Frau. Doch der weiße Falke hört mich offenbar genau, denn er schaut mich mit den verbundenen Augen an. Ich bin ganz andächtig bewegt. Gleich wird der Beduine uns erzählen, dass diese herrlichen Vögel, die früher als Zugvögel Arabien überquerten, jedes Jahr neu gefangen worden und am Ende der Jagdzeit, die von Oktober bis Januar reicht, wieder freigelassen worden sind. Heute werden die Wildvögel das ganze Jahr über in voll klimatisierten Räumen gehalten. Im Flugzeug reisen sie erster Klasse, weil sie einen eigenen Sitz brauchen und die Enge in der Business Class nicht akzeptieren würden. Ein sympathischer Zug, finde ich. Sie trugen früher zur Ernährung der Familie bei, indem sie Kleintiere fingen. Heute stellt die Beschäftigung und das Training mit ihnen eine Lieblingssportart auf der arabischen Halbinsel da. Der schnellste Falke ist im Sturzflug bis zu 350 Stundenkiometer schnell und damit der König aller jagenden Tiere.
Aber das sind alles Fakten. Und aus Tierschutzgründen könnte man an dieser Stelle noch ganz andere, viel kritischere Überlegungen anstellen. Das soll mir aber dieses eine Mal die Erhabenheit des Augenblicks nicht stören. Es bleibt heute morgen dieser eine, unglaublich nahe, intime Moment, als ich den Falken auf dem Arm trage und ihn anschaue, er mich ebenfalls, obwohl er mich nur hören kann.
THOMAS KÜHLER

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Abschied von Dubai

Gegen 13 Uhr legt die QM2 von Port Rashid ab und dampft wieder in Richtung Straße von Hormus. Auf dem Weg muss sie erst einmal vielen, vielen künstlichen Inseln vor der Küste Dubais ausweichen.

Fotos: Angela Cousin, Silvia Moelle und Thomas Kühler

Tag 25: 1. Feburar

Maskat

Weihrauch, Datteln und Kamele

Oman, ein Land zwischen Tradition und Moderne. Weihrauch ist seit dem Altertum ein wichtiges Handelsgut der Omanis. Datteln reichen sie zum Kaffee. Und Kamele tragen nicht nur Waren. Sie geben auch Milch und liefern delikates Fleisch.

Trauer um den Sultan
Ibrahim, unser omanischer Guide, spricht mit ruhiger, sanfter Stimme ein fast fehlerloses Deutsch. Er hat in Hannover Nano-Technologie studiert und sucht jetzt hier in Maskat Arbeit. Bis dahin arbeitet er als Fremdenführer. Er ist nach omanischer Sitte in eine lange weiße Dischdascha gekleidet und trägt einen Turban.
Die Ruhe von Ibrahims Stimme spiegelt auch den Eindruck wieder, den wir von diesem Land mitnehmen: nach dem quirligen Turbo-Kapitalismus in Dubai hier eine fast beschauliche Stille. Die Häuser alle in weiß und hellgelb, keines höher als sechs Stockwerke, die Minarette der Moscheen überragen alle anderen Gebäude. Oman ist eine Monarchie, und Ibraim erzählt, dass im Land Trauer herrsche, nachdem der sehr beliebte Sultan Qabus al Said, der von 1971 bis 2020 das Land regiert hat, vor drei Wochen gestorben ist. Da er keine Kinder hinterlassen hat, übernimmt jetzt ein Cousin aus der Familie, Haitham bin Tariq, die Regierung, und keiner wisse, wie er das Land weiter gestalten will.
In Oman ist in den sechziger Jahren, fast zur gleichen Zeit wie in den arabischen Emiraten, Erdöl und Erdgas gefunden worden. Aber im Gegensatz zu dem sehr westlich orientierten Weg in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat man hier einen anderen Weg gewählt, eine Balance zwischen der Öffnung nach Westen und der Bewahrung der eigenen Geschichte und Tradition. Auch hier sind zwar 39 Prozent der insgesamt 4,6 Millionen Einwohner Gastarbeiter, vornehmlich aus Pakistan, Bangladesch und aus Indien. Man braucht sie, um das Land aufzubauen, aber die Veränderung läuft moderater ab. Das Land öffnet sich bedächtig und orientiert sich an einer freundlichen Version des Islam. Ibraim weist darauf hin, dass es verschiedene Glaubensrichtungen gibt, unter den Muslimen seien drei Viertel Ibaditen, es gebe auch Schiiten und Sunniten, ebenfalls Christen und Juden. Oman ist mit Saudi-Arabien genauso wie mit dem Iran befreundet, es ist ein Land des Ausgleichs. Auch klimatisch gibt es eine große Spannweite, von der Sandwüste, die im Sommer bis zu 50 Grad heiß wird bis zur Region Salalah im Süden, wo im Sommer während der Regenzeit Temperaturen von 15 bis 25 Grad herrschen.
Ibraim führt uns durch die erst 2001 fertig gestellte Großen Sultan-Qabus-Moschee. Sie beeindruckt mit einer harmonischen Architektur und reichem Schmuck, etwa dem zweitgrößten Kronleuchter der Welt (von Swarovski hergestellt), oder dem zweitgrößten Teppich der Welt (im Iran geknüpft). Nach Ibrahims Angaben werden die fünf Tagesgebete von allen Gläubigen, also allen Einheimischen selbstverständlich akzeptiert. Kritik an diesen religiösen Vorschriften oder politische Opposition gebe es nicht. Das muss ein Reiseleiter in einer Monarchie wohl so sagen.
THOMAS KÜHLER


Selbstversuch mit Kopftuch
In Arabien sind Frauen schwarz und Männer weiß. Blütenweiß. Bügelfalten scharf wie Rasiermesser, frisch geplättet. Ich wundere mich und schaue etwas ratlos an der eigenen Beinkleidung hinab, die diverse Gebrauchsspuren trägt. Frauen sind schwarz gekleidet. Mit Troddeln, in Seide, wallend, flatternd, bestickt. Und Frauen tragen einen Schal übers Haar, elegant geschlungen, Männer einen Turban oder eine Kimmah. So ist das auch mit den Männern und Frauen in Oman. Und weil das so ist, steht in der Moschee am Eingang der Kleiderkontrolleur, eine wichtige Position. Hier wird sachkundig nachgebessert: Oha, die Bluse ist zu durchsichtig! Und da, blitzt da nicht noch ein Stück Dekolleté heraus? Kopftuch ist obligatorisch, keine Frage. Und es gibt praktischerweise gleich einen Laden nebendran, in dem man alle wichtigen Utensilien zur Nachbessrungen erstehen oder leihen kann.
Weil ich nun schon eine Weile die eleganten Damenwelt in schwarz bewundere, liegt es nahe, im nächsten Souk ein Gewand zu erstehen. Der Verkäufer nimmt Mass, indem er sich neben mich stellt und unsere Schulterhöhe abgleicht. Charmant, denke ich, besser als wenn er meinen Umfang mäße. Er zieht Tüten schwarzer und goldener Ware heraus, entfaltet eine Robe und stülpt sie mir umstandslos über. Ein Wandlungsprozess in Sekundenschnelle: plötzlich bin ich jemand anders, so schwarz, so eingehüllt. Mein eigener Mann schaut mich staunend an. Nun der Schleier. Der Verkäufer gibt sich alle Mühe und wickelt an meinem Kopf herum, aber sofort finden sich einige einheimische Frauen in dem engen Lädchen ein. Geübt rückt eine von ihnen den Schal an die richtige Stelle und fixiert ihn mit einer Nadel. Die ist geschenkt, lächelt sie mir verschmitzt zu. Großzügig, denke ich. Die Nadel ist aus dem Laden.
Derart ausgerüstet starten wir erneut los durch die Gässchen des Souks. Vorher war ich nur eine Touristin. Jetzt bin ich eine Sensation, Frauen schauen neugierig und lachen amüsiert, so genau weiß ich nicht, ob sie mich aus- oder anlachen. Von wegen Angleichung.
Schließlich wird mir zu warm, und der Schal ist bei mir alles andere als elegant. Mal rutscht er mir ins Gesicht und ich erblinde momentan. Mal baumelt er mir rechts, mal links über dem Auge. Mit Schwung rücke ich ihn zurecht, nun hängt er einseitig nach hinten, wie eine Schleppe. Dann verlier ich die Nadel. Nachdem ich noch meinen Mann beinahe verloren habe, weil er mich von hinten nicht mehr erkennt, gebe ich vorläufig auf. Vielleicht taugt das Gewand ja für einen Schwarz-Weiß-Gala-Abend an Bord.
ASTRID HERMESMEYER-KÜHLER

Fotos: Thomas Kühler und Dorli Lechner

Tag 26: 2. Februar

Auf See

Sonntag in der Arabischen See: Zeitweise offline

Der Mond zum Greifen nah – und die Welt weit weg, als die Verbindung der QM2 zum Internet für fast 24 Stunden komplett unterbrochen ist. Der Provider sitzt in England. Ob das alles mit dem Brexit zu tun hat? Seit heute, 16 Uhr Schiffszeit aber sind wir wieder mit dem Rest der Welt verbunden.
Foto: Manfred Brusten

Der erste Vortrag des ZEIT-Europa-Korrespondeten Ulrich Ladurner: “Die neue Welt
(un)ordnung”

Denn wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch
Heute ist Sonntag, und ich ziehe, geschult durch das tägliche Training mit Dresscodes wie Smart Attire und Gala, meinen schönen Rock an, schließlich wollen wir zum Gottesdienst mit dem Kapitän in den großen Theatersaal gehen. Der Saal ist voll, wir feiern einen ökumentischen Gottesdienst in der Tradtion der britischen Handelsmarine. Ohne Wandlung natürlich. Die Lesung hält der erste Offizier nach Matthäus, Jesus prophezeit dem Fischer Petrus, dass er in seiner Nachfolge zum großen Menschenfischer werden wird. Gar nicht mehr so weit weg von uns scheint diese Geschichte zu sein, seit wir in der Nähe des Jordans waren und die Dichte, fast körperlich spürbare spirituelle Energie Jerusalems gespürt haben.
Die Predigt hält der Kapitän. Vergangenen Sonntag etwa sprach er über den Untergang der Titanic, dem vermeintlich unsinkbaren Kreuzer auf der Fahrt nach Amerika. Er erzählt die Geschichte zweier Geistlicher, die von den Überlebenden später berichtet worden ist. Einer der beiden Priester schlug die angebotenen Rettungswesten aus, beide blieben bei den zurückgelassenen Passagieren. Bis zu ihrem eigenen Ende in den eisigen Fluten sprachen sie den Menschen Mut zu, luden zum Glauben ein und verliehen der festen Überzeugung Ausdruck, bald in das himmlische Reich einzugehen.

Egal, welcher Glaubensrichtung die Besucherinnen und Besucher des Gottesdienstes auch angehören, sie alle singen anschließend mit Überzeugung:
O Holy Spirit , who did brood
Upon the Waters dark and rude ,
O hear us when we cry to thee
For those in peril on the sea.

In dem Saal, den wir aus vielen Belustigungen kennen, entsteht ein plötzlicher Ernst, eine momentane Begegnung mit der Endlichkeit und die Brüchigkeit menschlichen Planens und Strebens blitzt hinter dem routinierten Entertainment auf, verbunden mit der Frage, was uns trägt.
Zum Schluss bete ich noch für die Queen, und dass sie lange leben möge. Auch das ist eine neue Erfahrung.
ASTRID HERMESMEYER-KÜHLER

Begegnung an Bord: Der deutsche Amerikaner
Auch auf dieser Reise sind wir immer wieder mit der deutschen Vergangenheit konfrontiert.
Zwei Tage lang waren wir in Israel, danach hörten wir drei Vorträge von Gisela Dachs, der langjährigen Israel-Korrespondetin der ZEIT. Die Themen: Israel, die Lage der Palästinenser, die Arabische Welt.
Dann konnten wir in den Zeitungen die vielen Veranstaltungen zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz verfolgen. Wir waren beeindruckt von der Rede des Bundespräsidenten im Yad Vashem, an deren Ende ihn der israelische Präsident Reuven Rivlin umarmt und Überlebende des Holocaust sich bei ihm für seine Worte bedankt haben.
Auch der gemeinsame Auftritt des Bundespräsidenten mit Reuven Rivlin in Auschwitz und der gemeinsame Flug der beiden Präsidenten nach Berlin hat uns berührt. Ebenso wie die Geschichten von Überlebenden des Holocausts und von deren ungeheurem Lebenswillen und die von Kindern von Überlebenden, wie sie mit den Erfahrungen der Eltern umgegangen sind.
All dies war äußerlich weit weg und nur emotional sehr nah.
Aber plötzlich auf dem Schiff: Ein Mann fragt im Aufzug auf deutsch mit amerikanischem Akzent, aus welcher deutschen Stadt wir kämen. Aus Frankfurt.
Er beginnt zu schwärmen. Von Deutschland und Frankfurt. Wir steigen zusammen aus und fragen zurück.
„Wo kommen Sie her?“
„Aus Kansas City, USA.“
„Und Ihre guten Deutschkenntnisse?“
Die Eltern waren Deutsche.
Juden, die 1939 aus Deutschland in die Schweiz geflüchtet sind und von dort 1947 in die USA ausgewandert. 1933 bis 1939: das müssen furchtbare Jahre für die Eltern gewesen sein. Ja, doch auch die Zeit in der Schweiz war nicht einfach für sie, ebenso wie der Neubeginn in den USA.
Er berichtet auch, dass er mehrmals in Deutschland gewesen sei, in diesem so schönen Land. Zum Abschied drückt er mir fest die Hand.
Und da war die Vertreibung der Juden aus Deutschland plötzlich ganz nah.
ELISABETH VOGELHEIM

Fotos: Friedrich W. Zimmermann

Tag 27: 3. Februar

Auf See

Kurs Südost

Auch heute ist die Internetverbindung zwischen dem Schiff und dem Rest der Welt extrem langsam. Da wird das Bloggen zur Qual. Oder zumindest zur Geduldsprobe. Und schließlich unmöglich.
Hier unsere Position am Morgen:

Tag 28: 4. Februar

Auf See

"Queens", Kollage von Annelies Brusten

Die Künstlerin bei der Arbeit:

Bald haben wir die Südspitze Indiens erreicht. Noch ein Tag bis Colombo, die Hauptstadt Sri Lankas

Der dritte von drei Seetagen. Wieder ist viel Zeit, seinen Leidenschaften nachzugehen (siehe oben), sich Gedanken über die Mitreisenden zu machen – oder über das Zusammenspiel der Sinne

Vom Sehen und vom Hören
Der mächtigste unserer Sinne ist das Sehen. Wenn er aktiv ist, drängt er die übrigen fünf Sinne in den Hintergrund, und er ist der einzige, den wir überwiegend bewusst steuern. Sobald er inaktiv ist, werden die übrigen Sinne geschärft – vor allem das Hören.
Das leise Rauschen des Meeres, das Klappern der Türen auf dem Gang und das knarzende Knirschen, das klingt wie Kreide auf der Tafel, wenn unsere Kabinennachbarn die Liegestühle auf ihrem Balkon verschieben, das alles nehme ich nur bewusst wahr, so lange ich nach dem Aufwachen noch mit geschlossenen Augen im Bett liege. Sobald ich die Augen öffne, tritt die akustische Wahrnehmung in den Hintergrund. Immer wenn der Sehnerv aktiv ist, übernimmt er selbstbewusst und breitbeinig die Herrschaft. Immer? Fast. Welche besondere Kulturleistung die Musik ist, zeigt sich darin, dass Sie es schaffen kann, dass das Sehen zwar aktiv bleibt, aber für die Zeit des aktiven Zuhörens in die zweite Reihe zurück tritt.
Dazu gibt es auf der Queen Mary 2 vor allem für einen Liebhaber von Jazz und Klaviermusik wie mich reichlich Gelegenheit. Wobei: Es gibt hier keine schnöden Klaviere. Hier dürfen, verteilt auf verschiedene Locations an Bord, insgesamt sechs Flügel die Luft zum Schwingen bringen. Gerade komme ich von einem Konzert der Virtuosen Worbey & Farrell, die den Flügel im Royal Court Theatre während ihrer unterhaltsamen, clownesken Darbietung vierhändig zum Klingen gebracht haben.
Zur Entspannung lasse ich mich auf einem der Liegestühle auf der Steuerbordseite des Deck 7 nieder und schließe die Augen. Das Hören übernimmt. Das leise Plätschern, mit dem die Wellen weit unten an den Schiffsrumpf klatschen, ist hier nicht zu hören. Das laute Rauschen, das die akustische Wahrnehmung beherrscht, kommt von der Abluftanlage der Bordwäscherei, die einen steten warmen Luftstrom durch den tunnelartigen Bereich der Schiffspromenade leitet, der sich direkt vor dem Achterdeck befindet. Als nächstes nehme ich ein leicht an- und abschwellendes sirrendes Brummen wahr, das von weit oben zu kommen scheint, und wie das Motorengeräusch eines kleinen Propellerflugzeugs klingt, das über dem Schiff kreist. Das ist mitten an einem Seetag eigentlich unmöglich. Nachdem ich zur Kontrolle kurz die Augen geöffnet habe, streiche ich das Wort „eigentlich“. Die Herkunft des Geräusches bleibt aber unerfindlich.
Mein Hörsinn schärft sich wieder, und ich höre das schmatzende Schlouf, Schlouf, Schlouf der Sportschuhe der Jogger, die sich freuen, dass der Promenadenrundlauf hier mit 550 m. deutlich länger ist, als die Aschenbahnen der meisten Sportstadien. Etwas leiser ist das Patsch, Patsch, Tok, das beim Gehen der älteren Passagiere mit einem Spazierstock entsteht. Als ein großes Insekt sich laut sirrend meinem rechten Ohr nähert, schnellt meine Hand reflexartig nach oben. Glück gehabt! Insekten gibt es mitten auf dem Meer natürlich nicht. Beinahe hätte ich einer Rollstuhlfahrerin, die einen der bordeigenen Elektrorollstühle nutzt, eine Ohrfeige gegeben. Ich dämmere wieder dahin …
Plötzlich reißt mich ein lautes Alarmklingeln aus dem Halbschlaf. Ich schrecke hoch, und nehme die missbilligenden Blicke der Mitreisenden wahr, die sich in ihren Liegestühlen um mich herum aufgerichtet haben. Wieder einmal bin ich sehr froh, dass Blicke nicht töten können. Schnell schalte ich den Wecker meines Smartphones aus, verlasse die für mich nun so unangenehm gewordene Szene und gehe schnellen Schrittes zum ConneXions-Room Nr. 6, wo ich die Gruppe der Blogger dieser ZEIT-Reise treffe. Unterwegs räsoniere ich darüber, ob es eine gute Idee war, die Weckfunktion des Smartphones zu aktivieren, um dieses Treffen nicht zu versäumen.
Übrigens: Die Ursache des an- und abschwellenden sirrenden Brummens konnte ich nicht abschließend klären. Ich vermute, es wird durch den Wind verursacht, der ganz oben durch die Takelage des Fahnenmastes und das Geländer der Reling streicht.
BERNHARD BOHNE

Einfach nur zuschauen
Am Heck auf Deck 7 und 8 pulst den ganzen Tag das Bordleben. Hier befinden sich die beiden Außenpools, die Terrace Bar, die Raucherecke und auch die Laufstrecke geht hier vorbei, die einmal rund ums Schiff führt. Am Nachmittag spielt die Bordband Purple Haze dezente Wohlfühlmusik. Also großes Kino den ganzen Tag. Hier kann man einfach nur zuschauen und es wird nie langweilig.
Es ist erstaunlich zu beobachten, wie viele unterschiedliche Auffassungen von gutem Benehmen es gibt. Für manche ist es zum Beispiel in Ordnung, den dicken Zigarrenknösel im Kaffebecher auszudrücken, den benutzten Teebeutel einfach auf dem Tisch abzulegen oder sich dreimal am Tag neue Handtücher aus den immer frisch aufgefüllten Regalen zu nehmen. Selbstverständlich jeweils zwei, eins für die Liege und eins als Kopfkissenrolle. Beliebt, wie überall auf der Welt, ist auch das Reservieren der besten Liegen am frühen Morgen, nach dem Motto: Ich hab Glück, du hast keins, dies ist mein Handtuch und nicht deins. Dafür gibt es eigentlich überhaupt keinen Grund, man findet auf diesem Schiff immer ein nettes Plätzchen, an dem man sich wohl fühlen kann … wenn man will.
Sind die Liegen dann belegt, werden die oftmals sehr üppigen Polster der Sonnenbadenden zur Schau gestellt, nicht immer ein erbaulicher Anblick. Man fragt sich, warum gerade die, die es lieber sein lassen sollten, in den knappsten Outfits erscheinen?
Aber es gibt auch wunderbare Momente. Zum Beispiel wenn sich jemand Fremdes an den Tisch setzt und einfach zu erzählen beginnt. Wo er her kommt, aus Perth oder Brooklyn zum Beispiel und wo es hingeht. Viele sind auf Weltreise, von Southampton nach Southampton und wieder zurück nach New York … 113 Tage. Lagerkoller? Keine Spur! Ein Passagier erzählt, dass er schon seit 30 Jahren auf diesem Schiff fährt, jeweils vier Monate. Das spart Geld … Die teuren Restaurant-, Bar- und Theaterbesuche zu Hause in Chicago!
Und es gibt die älteren Ehepaare, die schon lange verheiratet zu sein scheinen und die sich immer noch liebevoll umsorgen, mit Kaffee, Saft und Sonnenmilch. Und die, wenn das alles besorgt ist, sich zärtlich an den Händen halten und einfach den Tag genießen. Zwischen all dem schwirren viele gute Geister über die Decks, die mit unermüdlicher Energie leere Gläser, volle Aschenbecher und benutzte Handtücher wegräumen und immer wieder für eine angenehme Aufgeräumtheit sorgen.
Abends, wenn die Sonne untergeht und die Hälfte der Passagiere schon zu Abend isst, leert sich das Achterschiff sehr schnell. Dann werden die Liegen zusammen geräumt, die Stühle gerade gerückt und die Pools abgedeckt. Manchmal kann man dann hier oben für eine Weile ganz alleine sein, trotz der über 3000 Menschen an Bord. Der Himmel leuchtet gelb, orange und rot in allen Schattierungen, und die Wolken formen sich zu beeindruckenden Skulpturen. Mit einem Glas Wein auf dem Tisch lässt es sich hier aushalten, wo alles plötzlich wieder ganz still und friedlich ist.
ANGELA COUSIN

Tag 29: 5. Februar

Colombo

Farbe, Tee und Elefanten

So haben wir uns das immer vorgestellt: Ein Schlangenbeschwörer und seine Kobra an einer Straße in der Nähe von Colombo.<br />Foto: Silvia Moelle
So haben wir uns das immer vorgestellt: Ein Schlangenbeschwörer und seine Kobra an einer Straße in der Nähe von Colombo.
Foto: Silvia Moelle


Make up für die Queen
Warum gehst Du in Colombo nicht an Land? Für meinen Tischnachbarn finde ich keine plausible Antwort. Ich will einfach mal an Bord bleiben, mich umschauen.
Ich beobachte die Crew und denke unwillkürlich an den Kölner Dom. Dort wird auch ständig repariert, renoviert, saniert, um die Substanz zu erhalten und Gefahren für die Besucher abzuwenden. Auch hier an Bord ist ein Teil der Mannschaft täglich mit Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten beschäftigt. Und weil man die Passagiere so wenig wie möglich belästigen, werden viele Arbeiten auf die Tage verlegt, an denen die meisten Gäste auf Landausflug sind.
Noch immer aber gibt es ein paar Jogger, die auf Deck 12, zwischen den Liegestühlen, ihre Runden drehen wollen. Oder auf der Rennstrecke auf Deck 7. Rote Plastikkegel warnen sie. Wet Paint. Caution.

Der strenge Geruch beim Streichen der Holzkisten wäre für verwöhnte Gäste unangenehm. Hämmern, Schleifen, das Saugen des Abriebs, vor und hinter den Liegestühlen, ertragen nur stoische Sonnenanbeter.
Jetzt, im Hafen, wird auch die Bordwand mit frischer Farbe überstrichen.
Aber trotz aller Mühen: Irgendwann muss jedes Schiff zur Generalüberholung ins Trockendock. Bei der Queen Mary 2 ist das schon ein bisschen her. Wikipedia weiß, dass das Schiff im Juni 2016 in Hamburg bei Blohm und Voss renoviert und erweitert wurde: “Major changes include the addition of fifteen single occupancy staterooms, thirty additional balcony staterooms, and ten more animal cages for an enlarged kennels.” „Kennel“ heißt „Zwinger“. Es gibt tatsächlich einen auf Deck 12.
Für mich war der Aufenthalt in Colombo der bisher angenehmste der ganzen Reise. Endlich konnte ich unser Schiff in voller Länge vom Pier aus anschauen und fotografieren, ganz ohne Einreiseformalitäten. Ich blieb ja im Hafen.
FRIEDRICH W. ZIMMERMANN


Fast wie bei Hagenbeck
Pinnawala auf Sri Lanka liegt irgendwo zwischen Colombo und den berühmten ceylonesischen Teeplantagen um die Stadt Kandy, in nordöstlicher Richtung. Unser Ziel ist die dortige Elefanten-Station, die als gemeinnütziges Projekt aus Spendengeldern und den Einkünften aus dem Tourismus finanziert wird. Die Station kümmert sich einerseits um Elefantenwaisen, anderseits bietet sie alten, ausgedienten Arbeitselefanten einen würdigen Platz zum Leben.
Um an einem Tag nach Pinnawala und zurück zu gelangen, muss man früh aufstehen. Man weiß nie so genau, ob und wann man im Verkehr stecken bleibt.
Für jemanden wie mich, die noch nie im Leben in Asien mit Bus oder Auto unterwegs war, ist schon die Fahrt ein echtes Abenteuer. Ab und zu stockt kurz der Atem … Die Straße ist einspurig in beide Richtungen und es wimmelt kreuz und quer von Bussen, Lastwagen, massenweise Tuck-Tucks, PKW, Mofas, kleinen Pick-ups und Fußgängern. So etwas wie einen TÜV gibt es hier bestimmt nicht. Plötzlich überholen alle gleichzeitig. Ich traue meinen Augen nicht, es passen 5 Fahrzeuge nebeneinander auf die zwei Spuren und als würde das noch nicht reichen, quetscht sich ganz außen auch noch ein Tuck-Tuck vorbei!
Das ganz Erstaunliche: Es passiert nichts. Als gäbe es einen unsichtbaren Plan, schieben sich alle routiniert aneinander vorbei. Auch unser Busfahrer bleibt cool. Ab und zu hupt er mal etwas energischer, wenn ein anderer nicht freiwillig genügend Platz macht. Vorne auf dem Armaturenbrett klebt ein kleiner Buddha, eingerahmt von zwei Kunststoffelefantenzähnen. Das scheint irgendwie unbesiegbar zu machen.

So gegen halb zwölf sind wir heil in Pinnawala angekommen. Wir besichtigen die örtliche Papierproduktion aus Elefantendung, dann dürfen wir als erstes den badenden Elefanten zuschauen. Ein ziemliches Spektakel aus spritzenden Wasser, trötenden Elefanten und begeisterten Zuschauern. Ein paar Mutige aus unserer Gruppe steigen zu einem Elefanten ins Wasser und schrubben ihn. Er bedankt er sich mit einer liebevollen Dusche aus seinem Rüssel.
Dann (ver)lassen die Elefanten das Wasser und kehren in ihre Behausungen zurück.
Wir stehen direkt an ihrem Weg. Majestätisch schreiten rund vierzig Tiere vorbei. Ihre Wärter behüten sie – und uns natürlich.
Nach dem Lunch besuchen wir die Tiere noch einmal. Und es ist, sieht man von den 32 Grad Wärme ab, eigentlich wie bei Hagenbeck: Die Elefanten leben in großzügigen Gehegen und fressen sich gerade die Bäuche voll. Irgendwie macht Baden wohl auch Elefanten hungrig.
ANGELA COUSIN

Die schöne Singalesin und der Tee

Als wir früh morgens an der Kaimauer im Hafen von Colombo festmachen, werden direkt neben uns drei chinesische Containerschiffe gelöscht und neu beladen. Wir sind in Chinas direktem Einflussbereich, das ist im Hafen deutlich zu sehen, später aber auch beim gigantischen Straßenbau in den Ausfallstraßen von Colombo, oder im Hochhausbau, wie wir – ganz nüchtern berichtet- von unserem Guide erfahren können. Er berichtet viel über Land und Leute, vor allem über die verschiedenen Religionen im Lande: 85 Prozent der Bevölkerung sind Buddhisten, circa 6 Prozent Muslime und 7,6 Prozent Christen, davon die meisten Katholiken. Die Menschen hier sind immer noch bewegt von den Auswirkungen des Bürgerkriegs zwischen Tamilen und Singhalesen, aber auch durch das islamistische Attentat auf Christen im letzten Jahr.
Für uns Schiffsreisende geht es heute auf eine Teeplantage. Die meisten von uns sind passionierte Teetrinker, Grün-weiß – und Schwarzteekundig und wollen erfahren, woher unser alltäglicher Trank kommt. Zweieinhalb Stunden durch einen für einen Mittel-Europäer wuseligen und völlig chaotischen Straßenverkehr, in dem Busse, LKW, Tuk-Tuks, Motorrad – und sogar auch Radfahrer offensiv um jeden Zentimeter Platz kämpfen, jeder prescht so weit vor als irgend möglich. Dass alles gut ausgeht, erscheint wie ein Wunder.
Als wir auf dem Gelände der Tsara-Organic Tea Factory ankommen, begrüßt uns eine in indonesischer Tracht gekleidete, anmutige Mitarbeiterin.

Auf dem Gelände der 80 acres großen Teefarm wird rein organisch, ohne chemische Dünge- oder Schädlingsbekämpfungsmittel gearbeitet. Wir sehen Baby-Tee-Pflanzen, die nach neun Monaten in andere Felder umgepflanzt werden, wo sie fünf Jahre wachsen, bevor das erste Mal die Ernte beginnt. Die Sträucher werden konstant auf circa 1,40 m Höhe gehalten und jede Woche abgeerntet, 50 Jahre lang. Nur die obersten grünen Blätter werden verwendet. Die ganz zarten Blätter oben an der Spitze werden für die feinsten Tees verwendet, hier Champagner-Tee genannt. 40 Pflückerinnen arbeiten in der Plantage, 40 männliche und weibliche Mitarbeiter arbeiten in der weiterverarbeitenden Teefabrik.

Vieles ist Handarbeit: Vom Pflücken der grünen Blätter bis zur Auslese und Rollen einiger Teesorten geht der Tee durch viele Hände. Der weiße Tee wächst unter großen Bäumen, die Schatten spenden und mit ihren sich tief ins Erdreich erstreckenden Wurzeln Feuchtigkeit liefern. Sie haben feine, an Akazien erinnernde Blätter, die wiederum als Dünger dienen. Im Schatten der großen Bäume bilden die Teeblätter mehr Teein aus, für die Pflanze ein Insektenschutzmittel, für den Teetrinker ein anregendes Element des Tees.
In der Fabrik wird uns anschaulich die Produktion der verschiedenen Tees vorgeführt. Der deutlichste Unterschied besteht in der Produktion von Grüntee, der im Wesentlichen nur auf spezielle Art getrocknet wird, und der Produktion von Schwarztee, der einen Fermentations- und mehrfachen Qualitätsselektionsprozess durchläuft. Beim Weg zurück in den Verkaufsraum der Teeplantage sehen wir frische Kokosnüsse, Zimt- und Nelkenbäume und lernen einige der einheimischen Pflanzen kennen. Zirka 20 verschiedene Tees werden uns an der Theke offeriert, von denen wir schlürfen dürfen.
Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, meinen Koffer nicht noch schwerer zu machen, kann ich nicht widerstehen und habe zum Schluss vier Dosen von grünem, weißen und schwarzen Tees im Gepäck. Die schöne Singalesin hat mich dazu verführt.
Beeindruckt von der friedlichen Atmosphäre auf der Teeplantage und fast überzeugt von der umfassenden Heilwirkung des Tees – gegen Bluthochdruck, gegen Nierensteine; sogar als sexuelle Stimulanz soll Tee zuverlässig wirken –  fahren wir nach einem Mittagsimbiss durch tropische Wälder, Gummibaum-Plantagen und Reisfelder zurück nach Colombo.
THOMAS KÜHLER

Fotos: Angela Cousin, Thomas Kühler und Friedrich W. Zimmermann

Tag 30: 6. Februar

Auf See

Von Vorder- nach Hinterindien

Unsere Position heute früh: Wir haben Colombo (Sri Lanka) um Mitternacht verlassen und haben Kurs nach Osten genommen. Am Sonntag früh wollen wir in Phuket (Thailand) sein
Unsere Position heute früh: Wir haben Colombo (Sri Lanka) um Mitternacht verlassen und haben Kurs nach Osten genommen. Am Sonntag früh wollen wir in Phuket (Thailand) sein

Preisfrage: Darf man heute noch von “Vorderindien” sprechen, wenn man den Indischen Subkontinent meint? Und gar von “Hinterindien”, wenn es um Südostasien geht oder um Indochina? Wenn man also nach Thailand dampft, nach Malaysia, Singapur und Vietnam? Man ist vorsichtig geworden in solchen Fragen, zumal auf einem Schiff wie der QM2, auf der noch ganz andere Benimm-Fragen ganz genau geregelt sind.

Aus der Zeit gefallen?
Auch wenn die Cunard-Reederei längst zu einem amerikanischen Konzern gehört, so soll mit den drei Passagierschiffen Queen Victoria, Queen Elisabeth 2 und Queen Mary 2 der Eindruck eines besonderen Erlebnisses im british style aufrechterhalten werden.
Dazu gehört auch ein strenger Dresscode: „Bitte beachten Sie, dass Jeans nach 18.00 Uhr nicht gewünscht sind und als nicht angemessen gelten. Kurze Hosen, Sportbekleidung, Badekleidung oder ärmellose T-Shirts außerhalb des Fitnessstudios, des Wellnessbereiches und auf den Deckbereichen gelten ebenfalls nicht als angemessen.“ So heißt es in den Informationen, die wir täglich auf die Kabine bekommen.
Für die Abende (ab 6 p.m.) gibt es darüber hinaus zwei weitere, strengere Dresscodes:
An regulären Abenden gilt Smart Attire: „für die Herren ein Kragenhemd, Krawatte optional, Jackett und lange Hose. Für die Dame ein Cocktailkleid, Kostüm, Hosenanzug oder Bluse mit Rock“.
Und jeden zweiten oder dritten Abend wird Gala Attire ausgerufen. Dann müssen die Herren im Smoking oder dunklen Anzug und mit Fliege oder Krawatte erscheinen, die Damen in Abend- oder Cocktailkleid, alternativ einem Hosenanzug oder einem formaler Zweiteiler.

Galaabend auf der Queen Victoria. Dresscode: Smoking und Abendkleid. Foto: Dorli Lechner

Nun würde man an Gala-Abenden außer der Kleidungsvorschrift noch etwas besonders erwarten, wie man es etwa von einer Sport- oder Operngala kennt. Nicht so auf QM2! Weder gibt es ein spezielles Programm, noch etwas Besonderes zu essen oder zu trinken. Gala bezieht sich nur auf das Outfit der Gäste. Und mancher fragt sich, warum eine Reederei mit solchen Vorschriften in das Leben ihrer urlaubenden Gäste eingreift.
Selbst Unternehmensberater oder Unternehmensvorstände sollen ja schon immer häufiger die Krawatte weglassen und sogar Sneakers tragen. Und bei den Bayreuther Opernfestspielen käme niemand mehr auf die Idee, solch einen Dresscode einzufordern.
Trotzdem werden die abendlichen Dresscodes auf der QM 2 an den Restauranttüren strengstens überwacht.
Nicht so der allgemeine Dresscode. Da trifft man im Britannia-Restaurant beim Frühstück Frauen in Shirts mit Spaghettiträgern und Flip-Flops oder beim Mittagessen Männer und Frauen mit kurzen Sporthosen, ohne dass der Restaurantchef diese Kleidung als nicht angemessen zurückweist. Und der Höhepunkt ist ein über 80-jähriger Mann, der im Bordwalk Café oben ohne sitzt. Es wäre im Interesse der Mitreisenden, wenn Cunard über die Einhaltung des allgemeinen Dresscodes auch im Bordalltag achten würde.
Vielleicht könnte man auch den abendlichen Dresscode entschärfen und darauf vertrauen, dass Passagiere, die viel Geld für eine solche Reise bezahlen, schon wissen, wie sie sich angemessen zu kleiden haben.
Irgendwie ist er doch aus der Zeit gefallen.
ELISABETH VOGELHEIM

Ulrich Ladurner bei seinem dritten und letzten Vortrag. Thema: “Die Neue Seidenstraße”. Wolfgang Lechner moderiert die anschließende Diskussion
Tag 31: 7. Februar

Auf See

Im Golf von Begalen

Heute früh: Kurs Phuket, Thailand
Heute früh: Kurs Phuket, Thailand

Unsere Kreuzfahrt hat es bis in eine spiegel-Kolumne geschafft:

https://www.spiegel.de/politik/aengste-und-wunder-auch-das-nach-kolumne-a-00000000-0002-0001-0000-000169356814

Und während wir mit langsam aber sicher ostwärts dampfen, bei ruhiger See, herrlichem Sonnenschein und tropischer Luft, treten die Themen der Welt (Corona, Thüringen, Corona, die CDU) weit hinter die gefühlte Wahrnehmung zurück. Die QM2 wird zum Zauberberg, mit ihren ganz eigenen Themen und Traditionen

Die Krähe
Wenn Kapitän Hashmi wie an jedem Seetag um Punkt 12 Uhr seine nautische Durchsage macht, verstummen die Gespräche der Passagiere. Fast jeder wartet auf die Nachrichten von der Brücke über Position, Kurs, Geschwindigkeit und Wetter. Und ebenso gespannt auf die Anekdoten des Kapitäns aus der Seefahrt. Heute, am Freitag, spricht er über Krähen an Bord der frühen Weltumsegler. Sogar in einer englischen Redewendung sind sie verewigt: „As the crow flies”. Und auch in der deutschen Sprache gibt es das „Krähennest“, den Ausguck am höchsten Mast.
Ob es ein Zufall ist? Auch wir haben eine Krähe an Bord. Ich entdecke sie auf Deck 7.
FRIEDRICH W. ZIMMERMANN

Teatime, very british
Was ist typisch britisch? Und was gehört deshalb auch auf RMS Queen Mary 2? Der Afternoon Tea.
Die Geschichte berichtet, dass Anna Maria, die siebte Herzogin von Bedforn, im Jahre 1840 die erste Einladung zur nachmittäglichen Teestunde überbringen ließ. Womit ihre Durchlaucht sozusagen das Pendant zum deutschen Kaffeekränzchen erfunden hat.
Täglich um 15 Uhr 30 also öffnen sich auf der QM2 die Flügeltüren zum Queens-Room, wo bereits die Tischchen mit feinem Porzellan gedeckt sind.
Kaum haben die Gäste Platz genommen, marschiert eine lange Reihe von livierten Kellnern in den Saal, verteilt sich strategisch und beginnt den Tee einzuschenken.

 

Es ist – of course! – eine ganz spezielle, ganz traditionelle Teemischung aus Assam-, Kenia- und Ceylontee. Dazu gibt es vier Sorten Sandwiches, weil doch auch der Earl of Sandwich, ihr Erfinder, altem englischen Adel entstammt. Die Scons sind noch warm. Die clotted cream wartet in Schälchen, die Erdbeermarmelade im Glas.

 

Wir sind schon gut gesättigt, da steuert erneut ein Steward unser Tischchen an. Törtchen über Törtchen auf einer Servierplatte. Schwer, da zu widerstehen!
Und eine Musikerin namens Fiona spielt auf der Harfe die passende Musik zu dem allem.
DORLI LECHNER

Die Eintänzer
Meine Damen, dear ladies, bucht eine Reise auf der Queen Mary 2 und genießt es, abends beim Ball im Queens Room aufgefordert zu werden! Tanzt wann ihr es wollt!
It’s amazing but phantastic.
Sechs Männer warten darauf, euch in Schwung zu bringen. Ihr Namensschild bezeichnet sie als Dance Hosts, bei uns würde man sie Eintänzer nennen. Sie beherrschen die Standardtänze ebenso wie alles Lateinamerikanische. Eine Female Dance Host komplettiert die Reihe. Aber nur selten kann sie mit Herren tanzen, die sich freiwillig melden. Hauptsächlich sind es auch hier die Damen. Das Tanz-Gen scheint eindeutig dominant bei den Frauen vererbt zu werden.
Also meine Damen, gebt ein Zeichen! Und die smarten Herren, alle im gesetzten Alter, holen euch ab zur Tanzfläche. Da werden selbst die ältesten Ladies wieder jung und verzückt, entrückt wiegen sie sich im Walzertakt. Welche Erinnerungen da wohl wach werden?
Die Dance Hosts sind den ganzen Abend lang ausgebucht. Mauerblümchen sind passé, wer will kann tanzen. Herrlich!
Warum aber sind die Damen so zurückhaltend im Zeichengeben, wenn sie in Begleitung ihrer Ehemänner oder Partner gekommen sind? Hol mich! Ich möchte tanzen und nicht auf seine marode Hüfte reduziert werden. Die angeblich so steifen Briten machen es uns vor.
Ob ich es auch mal probiere?
BEATRIX BEHRENDS-STEINS

Fotos: Dorli Lechner und Friedrich W. Zimmermann

Tag 32: 8. Februar

Auf See

Durch die Nicobaren

Unsere Position heute früh. Am frühen Nachmittag durchfahren wir die Sombrero-Passage zwischen den Nicobaren-Inseln
Unsere Position heute früh. Am frühen Nachmittag durchfahren wir die Sombrero-Passage zwischen den Nicobaren-Inseln

Begegnung an Bord:
Der schreibende Barkeeper

Im schiffseigenen Bookstore entdecke ich ein Buch, das unser Bar-Steward Martinês geschrieben hat. Das macht mich neugierig. Ich mache mich auf die Suche nach dem Autor und bitte um ein Interview.

ZEIT-Reisende: Martinês, Sie sind Brasilianer. Wo genau kommen Sie her?

Martinês: Ich wurde in Boninal geboren. Das ist ein kleiner Ort in der Region Bahia. Dort lebte ich mit meiner Mutter und meinen beiden älteren Geschwistern. Mein Vater hat die Familie verlassen, als ich drei Jahre alt war.

Welche Schulbildung haben Sie ?

Ich habe nur die Grundschule in Boninal besucht.

Wann entstand der Wunsch Boninal zu verlassen ? Und warum ?

Ich wollte Fußballer werden. Deshalb verließ ich meinen Heimatort im Dezember 2000. Ich war 21 Jahre alt.

War ihre Familie mit dieser Entscheidung einverstanden ?

Nein, es gab lange Diskussionen mit meiner Mutter, meiner Schwester und meinem Bruder. Es war schwer für mich ohne deren Unterstützung.

Ihre Familie lebt noch in Boninal ?

Ja, sie alle leben immer noch dort. Ich bin das einzige Familienmitglied, das den Ort verlassen hat.

Sie verließen Boninal. Was war ihr Ziel ?

Das erste Ziel war São Paolo. Ich kam dort am 23. Dezember 2000 voller Träume an.

Wie ging es dort weiter ?

Ich kam in São Paolo ohne Ausbildung, ohne Geld an. Aber ich wollte erfolgreich sein. Ich wollte Fußballer werden. Deshalb war ich dorthin gegangenen.
Aber ich hatte kein Geld, keine Möglichkeit Fußballer zu werden, keine Bleibe und vor allen Dingen hatte ich keinen Job.
Nach drei Jahren, in denen ich in Slums lebte, war mir klar: So konnte es nicht weitergehen. Ich entschloss mich, wieder zur Schule zu gehen und machte 2005 meinen High-School-Abschluss. Ich erhielt ein Stipendium, um in São Paolo Englisch zu lernen. Das veränderte mein Leben.

Sie begannen dann sofort auf Kreuzfahrtschiffen zu arbeiten ?

Nein, nicht sofort. Ich versuchte einen Platz für ein Tourismus Studium zu bekommen. Das war schwierig und ist nicht gelungen.
Ich hielt mich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser.
Nach mehrmaligen Absagen gelang es mir endlich, einen Job im Renaissance-Hotel São Paolo zu erhalten. Ich war für die Autos der Gäste zuständig.
Und so arbeitete ich mich im Hotel weiter nach oben, bis ich endlich als Kellner in der Bar arbeiten durfte. Mit diesem Wissen bewarb ich mich bei einer Kreuzfahrtagentur. Ich erhielt einen Vertrag auf der „Voyager of the Seas“.
QM2 ist das dritte Kreuzfahrtschiff auf dem ich in den Bars arbeite.

Wie kamen Sie auf die Idee ein Buch über Ihre Erfahrungen zu schreiben ?

Das entstand 2012 als ich in Brasilien zu Besuch war; das war in einer Pause zwischen zwei Arbeitsverträgen. Meine Freunde wollten mehr von meinen Erlebnissen auf den Schiffsreisen wissen. Ich hatte Fotos und Videos dabei, um sie zu zeigen. Mir wurden viele Fragen gestellt. Da kam die Idee auf, meine Erlebnisse aufzuschreiben.

Hatten Sie Unterstützung ?

Ja, Emerson, mein Sandkastenfreund aus Boninal, half mir meine Gedanken zu ordnen. Wir begannen damit am Küchentisch seiner Mutter. Und Erone Feitosa, die ich aus dem Englischkurs kannte, war eine große Stütze. Sie bot mir kostenlose Hilfe beim Sortieren der Fotos und bei der Gestaltung des gesamten Buches an.

Planen Sie weitere Bücher?

Erstmal keine weiteren Bücher! Mein neuestes Projekt ist ein Musical.
Grundlage ist mein erstes Buch „My way to the seven seas“.
Ich habe einen schottischen Song-und-Musical Komponisten dafür begeistern können. Ich träume davon, dieses Stück auf den Bühnen der Kreuzfahrtschiffe zu sehen. Mit dem Erlös will ich jungen Erwachsenen in meinem Heimatdorf eine Ausbildung ermöglichen. Das Script und fünf Songs sind bereits fertig und Sie können auf meiner Homepage www.martinesrocha.com.br den weiteren Verlauf des Projekts verfolgen. Es fehlt nur noch die Produktionsfirma, dann kann es losgehen.

Herr Martinês, ich wünsche Ihnen viel Erfolg und bedanke mich sehr herzlich für das Gespräch.

Interview: Silvia Moelle

Youtube und Instagram:
MARTINÊS ROCHA DE SOUZA

Tag 33: 9. Februar

WEGEN CORONA: ALLES ANDERS!!

Auch Thailand, Malaysia, Singapur und Vietnam fallen aus

Foto: Dorli Lechner
Foto: Dorli Lechner

Gestern Nachmittag hat der Kapitän bekannt gegeben, dass die Anlandungen in Phuket, Penang und Port Klang (Kuala Lumpur) ausfallen.
Und heute Vormittag eine weitere Hiobsbotschaft: Wir werden auch Singapur und Vietnam ausfallen lassen. Die QM2 wird in Port Klang, dem Hafen von Kuala Lumpur, anlegen, wird betankt und mit neuem Proviant versorgt und wird dann direkt bis nach Australien weiterfahren. Am 18.2. soll sie in Fremantle ankommen. Die Passagiere, die ursprünglich bis Hongkong fahren wollten und jetzt Rückflüge ab Singapur haben, müssen sich entscheiden: In Port Klang aussteigen und nach Hause fliegen, oder bis Fremantle an Bord bleiben.

Die ZEIT-Reisenden aber lassen sich ihre Laune nicht verderben und treffen sich um 17 Uhr auf Deck 8 zum Sundownder (“It’s sunset – somewhere”).

Als Kapitän Hashmi auftaucht, muss er natürlich genau erklären, was er mit uns vor hat und warum.

Und später singen alle (inklusive Kapitän) ein Geburtstagsständchen für eine der Passagierinnen.

Fotos: Dorli Lechner und Gustav Kuhweide

Tag 34: 10. Februar

Auf See

Hin und her in der Andamamen-See

Wer war das eigentlich, diese Queen Mary?

Mary von Teck, getauft auf den Namen Victoria Mary Augusta Louise Olga Pauline Claudine Agnes, wurde am 26. Mai 1867 in London geboren.
Ihr Vater, Herzog Franz von Teck, war Deutscher, die Mutter, Mary Adelaide von Cambridge, Mitglied der englischen königlichen Familie.
Mary war die einzige Tochter, das älteste Kind von 4 Geschwistern. Nach dem Monat ihrer Geburt wurde sie auch „Princess May“ genannt. Sie galt als Vermittlerin, wenn sich ihre Brüder stritten.

 

Im Alter von 24 Jahren verlobte sie sich mit Albert Victor, dem Prince of Wales. Tragischerweise aber starb ihr Verlobter 1892 nur wenige Wochen vor der Hochzeit an der spanischen Grippe.
Während der Trauerzeit kümmerte sich Alberts Bruder, Georg Prince of York, um sie. Im Mai 1893 hielt er um ihre Hand an. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor. Wie damals üblich, waren Erzieherinnen und Gouvernanten für die Kinder zuständig. Trotzdem soll sich Mary sehr um ihre Kinder gekümmert und sie in Musik und Geschichte unterrichtet haben.
Nach dem Tod ihres Schwiegervaters, Edward II, wurde Marys Ehemann George zum König gekrönt und aus Mary wurde Princess Consort, die Prinzgemahlin. (Das war derselbe Status, den heute Prinz Phillip hat, der Ehemann von Queen Elizabeth II.)
Edward, der älteste Sohn von Mary und George, folgte seinem Vater nach dessen Tod am 20. Januar 1936, auf den Thron.
Doch nur ein Jahr später musste Edward abdanken, weil er seine Liaison mit Wallis Simpson, einer zweifach geschiedenen Amerikanerin, nicht beenden wollte. Beide geschiedenen Ehemänner lebten damals noch, eine dritte Eheschließung mit dem englischen Thronfolger kam nicht in Frage. (Heutzutage ist das nicht so kompliziert. Wenn man keine Lust mehr auf royality hat, tritt man zurück und zieht mit Frau und Kind nach Kanada. Und die Queen gibt ihren Segen dazu.)
Auf Edward folgte dann sein jüngerer Bruder Albert Frederick Arthur George, der Vater der heutigen Königin Elisabeth II.
Queen Mary soll nicht begeistert gewesen sein, dass ihr älterer Sohn persönliche Interessen vor seine königlichen Pflichten gestellt hat. Sie hat jedoch ihren Sohn George nach seiner Inthronisation unterstützt und sich sehr um dessen Töchter Elizabeth und Margaret gekümmert.
Sie starb 1953, nur zehn Monate vor den Krönungsfeierlichkeiten ihrer Enkelin
Elizabeth II.
Zwei Schiffe wurden zu Ehren von Queen Mary benannt: die Ozeandampfer RMS Queen Mary und RMS Queen Mary 2, unser Schiff.
SILVIA MOELLE

Tag 35: 11. Februar

Port Klang – nur zum Aussteigen

Und in der Ferne: Kuala Lumpur

Kuala Lumpur und die berühmten Petronas-Türme (Bildmitte): Auf Sichtweite – und doch unerreichbar für die, die mit dem Schiff weiterfahren wollen. Foto: Herbert Moelle
Kuala Lumpur und die berühmten Petronas-Türme (Bildmitte): Auf Sichtweite – und doch unerreichbar für die, die mit dem Schiff weiterfahren wollen. Foto: Herbert Moelle
Preisfrage: Wozu braucht die QM2 diesen Original New Yorker Feuerwehrhydranten? Auflösung im folgenden Text!

Bello und Mieze auf großer Fahrt
Eine Besonderheit der Queen Mary2 ist der Kennelmaster, der auf Deck 12 arbeitet. Er ist, mit seinem Kennelassistenten für ganz spezielle Passagiere zuständig. Für vierbeinige nämlich.
Nicht auf unserer Reise, aber auf der Transatlantikroute Southampton – New York – Southampton.
Der Kennelmaster kümmert sich dann um die vierbeinigen Lieblinge der Passagiere. Die meisten von ihnen nehmen ihre Tiere mit über den Atlantik, weil sie selbst per Luxusliner umziehen.
Der Kennelmaster nimmt die Tiere am Check-in persönlich in Empfang und bringt sie auf Deck 12 steuerbord, wo sich in einem Raum die Zwinger (eglisch: kennel) befinden.
Falls Herrchen oder Frauchen Sehnsucht nach ihren Lieblingen verspüren, steht dort oben auch ein Aufenthaltsraum zum Schmusen und Streicheln zur Verfügung.
Schwimmwesten für die Vierbeiner gibt es im Notfall auch.
Das Originellste jedoch ist ein knallroter Feuerwehrhydrant aus New York und eine Straßenlaterne aus Liverpool, die an Deck montiert sind, damit der anspruchsvolle Hund stilvoll das Bein heben kann.
Falls ein Hund aus Heimweh nachts viel bellt, wird er zur Rezeption gebracht, die ja 24 Stunden am Tag besetzt ist. Dort wird er dann, fern von den Kabinen, getröstet, damit er die Nachtruhe der Gäste nicht stört.
Zum Abschluss zwei Rekorde von Vierbeinern auf der QM2:
Eine Lady übersiedelte einmal mit sage und schreibe acht Katzen von den Vereinigten Staaten nach Großbritannien.
Und auf einer Cocktail-Party mit dem Kapitän, es werden langjährige Kunden geehrt, passiert Folgendes: Ein sechzehn Jahre alter Passagier bringt es auf 1635 Tage an Bord. Jeder Gast im Raum beginnt zu rechnen und schüttelt ungläubig den. Ein Foto wird an die Wand projiziert: Es handelt sich um einen reinrassigen Yorkshireterrier.
Und noch etwa erinnert an einen Film wie von Walt Disney: Jedesmal, wenn die QM2 nach der Atlantiküberquerung im Zielhafen angekommen ist, führt der Kennelmaster mit seinem Assistenten als allererstes die Hunde in Parade über die Gangway von Bord.
Was für ein Bild!
DORLI LECHNER

Tag 36: 12. Februar

Auf See

In der Straße von Malakka

Wasser grünblau/Fische/Äquator. <br />Mischtechnik auf Keilrahmen von Rose K. Gesing
Wasser grünblau/Fische/Äquator.
Mischtechnik auf Keilrahmen von Rose K. Gesing

Den ganzen Tag über lag die QM2 heute in der Straße von Malakka vor Port Klang vor Anker. Gut zehn Stunden dauerte es, das Riesenschiff von einem längsseits gegangenen Tanker aus mit Treibstoff zu versorgen. Da fragt man sich doch: Was für ein Zeug kommt denn da durch die Schläuche? Und warum brauchen wir so viel? Ein ZEIT-Reisender, der – nomen es omen – viel von Motoren und Treibstoffen versteht, hat einmal recherchiert.

Wie die QM2 (an anderen Tagen) vorankommt

Unser Schiff, die Queen Mary 2, wird elektrisch angetrieben und verfügt dazu über vier separate, elektrische Antriebsgondeln, sogenannten Pods. Jede Gondel hat einen eigenen Elektromotor und eine eigene Schiffsschraube. Die Gondeln sind natürlich sehr groß, jede wiegt 260 Tonnen. Um sich ein Bild von der Größe der Schrauben zu machen, kann man sich als Passagier die Ersatzschraubenblätter auf Deck 7 am Bug ansehen. Die Schrauben haben einen Durchmesser von 6 m und jedes der vier Schraubenblätter wiegt 4,5t.

Kunst am Schiff? Nein, das sind Reserveblätter für die Schiffspropeller. Sie warten auf Deck 7 auf ihren Einsatz. Foto: Manfred Brusten

Die Antriebsgondeln sind paarweise vorne und hinten am Boden des Schiffs befestigt. Die vorderen sind fix am Schiff und sorgen nur für den Vortrieb des Schiffs, die hinteren sind drehbar, womit das Schiff zusätzlich gesteuert wird. Somit benötigt das Schiff kein Ruder und hat auch keine Antriebswelle. Mit zusätzlichen Bugstrahlrudern, die das Schiff im Hafen quer antrieben können, ist das große Schiff auf kleinstem Raum sehr manövrierfähig und könnte sich sehr präzise um seine eigene Achse drehen. Schlepper sind zum Manövrieren des Schiffs normalerweise nicht erforderlich.
Die nötige elektrische Energie des Schiffes wird durch vier separate Diesel-Motoren und zwei Turbinen erzeugt, die alle einen eigenen Stromgenerator haben. Mit diesen Aggregaten verfügt das Schiff über eine maximale Antriebsleistung von 96 Megawatt. Zum Vergleich: damit könnten theoretisch etwa 120.000 deutsche Haushalte mit Energie versorgt werden. Diese große Leistung ist nur deshalb erforderlich, weil das Schiff mit 30 Knoten sehr schnell fahren könnte. Das entspricht einer Geschwindigkeit von über 55 km/h. So vergleichbar hohe Geschwindigkeiten sind für Überfahrten gedacht und führen zu einem sehr hohen Verbrauch. Das ist wie beim Autofahren, nur halt im Wasser. Aus diesem Grund wird normalerweise viel langsamer gefahren.
Die Diesel-Motoren werden mit Schweröl und die Turbinen mit Marinedieselöl betrieben. Schweröl ist ein Treibstoff, der vor allem preisgünstig ist. Marinedieselöl kann man in etwa mit Heizöl vergleichen. Es ist allgemein „sauberer“ als Schweröl. Bei Höchstgeschwindigkeit würden über 500 Tonnen Treibstoff pro Tag verbraucht werden. Laut Auskunft des Staff Chief Engineer Lyuben Georgien sinkt der Verbrauch auf rund die Hälfte bei einer Geschwindigkeit von rund 20 kts, die normalerweise gefahren werden.
Der Abgasausstoß aus den Motoren besteht aus dem Treibhausgas CO2 und Schadstoffen wie Schwefeldioxid, Stickoxiden, Ruß und Feinstaub. Die Schadstoffe sind insbesondere in der Nähe von Besiedelungen unerwünscht. Dies gilt ganz besonders in Häfen, denn auch hier wird zum Anlegen gefahren und später auch beim Liegen durch die Aggregate Strom erzeugt. Der Anteil des Schwefeldioxids am Gesamtabgas wird zum Beispiel in der Ostsee begrenzt. Auch der Schwefelanteil im Treibstoff selbst, ist in den einzelnen Meeresgebieten unterschiedlich stark reglementiert.
Die QM2 verfügt über ein Abgasreinigungssystem, mit dem während der Fahrt das Abgas mit Wasser gereinigt und Ruß und Schwefeldioxid reduziert wird. Allerdings fließt dieses Reinigungswasser anschließend ins Meer. Das System kann aus diesem Grund in den Häfen nicht eingesetzt werden. Dieser Umstand ist wohl der Grund, warum Mitreisende beim Aufenthalt im Hafen verstärkt Rußpartikel an Bord entdeckt haben.
Das soll beim nächsten Trockendockaufenthalt des Schiffs im November verbessert werden. Es wird ein geschlossenes System eingebaut, bei dem das Reinigungswasser aufgefangen wird. Dies zählt zu den wesentlichen technischen Verbesserungen, die in der nahen Zukunft vorgenommen werden.
KLAUS BENZINGER

Treibgut

Wir befinden zwischen Sumatra und Malaysia, auf der Straße von Malakka, einer der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt. Den ganzen Tag über sind alle möglichen Schiffe zu sehen. Stückgutfrachter, Containerschiffe, Tanker, Trawler, Passagierschiffe und Fischerboote, eben alles was die maritime Welt so zu bieten hat. Dazwischen schwimmen den ganzen Tag aber auch Dinge vorbei, die vermutlich gar nicht ins Wasser sollten. Treibgut.
Holzkisten, Styroporteile, Blech- und Kunstoffboxen, Kanister und wasserfest verpackte Ballen treiben gemächlich an uns vorbei. Plötzlich sieht es aus, als käme eine riesige Haifischflosse auf unser Schiff zu geschwommen. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Flosse als ein Stück abgerissene Holzplanke, die an einem schwimmenden Stück Blech hängt und die senkrecht aus dem Wasser ragt. Sturmschaden?
Hoffentlich ist das dazugehörige Schiff samt Besatzung heil im Hafen angekommen.
Mir fallen sofort lauter Geschichten zu den Rumtreibern ein: Wer sie wohl verloren hat, wie sie ins Wasser geraten sind, wie und wo sie jemand finden wird und was sich daraus alles ergeben könnte … lauter Stoff für neues Seemannsgarn…
Es gibt immer Neues zu entdecken auf dieser Reise, auch wenn wir vom nächsten Landgang noch weit entfernt sind.
ANGELA COUSIN

Tag 37: 13. Februar

Auf See

Über den Äquator, unverhofft

Seeleute, die erstmals den Äquator überqueren, werden äquatorgetauft. Und müssen dabei einen Fisch küssen. Auch Passagiere konnten sich für die Prozedur melden. Die meisten allerdings sahen lieber zu ...
Seeleute, die erstmals den Äquator überqueren, werden äquatorgetauft. Und müssen dabei einen Fisch küssen. Auch Passagiere konnten sich für die Prozedur melden. Die meisten allerdings sahen lieber zu ...
Am Vormittag ist Singapur am Horizont zu erkennen. Hier, im starken Teleobjektiv von Gustav Kuhweide: Das Bankenviertel und davor ein Schiff der Reederei Hamburg Süd. Was uns daran erinnert, dass im Hamburger Reisebüro Hamburg Süd gerade intensiv an der Umbuchung unserer Rückflüge gearbeitet wird.
Etwas weiter östlich: Das Hotel Marina Bay Sands mit seinen drei markanten Türmen. Das wäre unsere Anlegestelle gewesen …
12 Uhr mittag: Es dauert noch bis zum Äquator. Aber am Pooldeck steigt schon einmal die Party zur Äquatortaufe. Kapitän Hashmi trägt eine historische Uniform

Unschuldig?
Wir überqueren heute den Äquator. Ein unerwartetes Highlight unserer ansonsten so durcheinander geratenen Reise.
Alle Gäste und Crew-Mitglieder, die zum ersten Mal mit dem Schiff über diese Linie fahren, dürfen sich nach alter Seemannstradition taufen lassen.
Wer nicht ewig Pollywog, also Kaulquappe bleiben, sondern ein Shellback, also echter Seebär werden will, muss dieses Spektakel einmal mitmachen.
Also dann, auf mit Mut…
Die meisten Täuflinge, auch ich, erscheinen vorsichtshalber in Badeklamotten, nicht nur weil es Mittags um zwölf ziemlich heiß ist am Pool.
Unter der Aufsicht des Kapitäns und seiner Offiziere erteilt das oberste Seegericht die Genehmigung zur Überquerung des Äquators.
Allerdings nicht einfach so, nur wer vollkommen unschuldig ist, käme ungeschoren davon… und wer ist das schon?
Das strenge Gericht um König Neptun nebst holder Gattin sorgt jedenfalls dafür, dass jeder erstmal eine kräftige Abreibung bekommt.
„Are they guilty? Yes they are!“
Für das „Taufwasser“ hat die Küche mit offenbar großem Genuss alles an Saucen und Gewürzen zusammen gemischt, was irgendwie auffindbar war.
In mehreren Plastikbehältern schwimmt ein undefinierbarer roter, grüner und gelber Brei.
Mit Hilfe von Wischbesen werden damit immer zwanzig Kaulquappen gleichzeitig eingeseift.
Einige trifft es ziemlich hart, andere kommen glimpflicher davon, ob das wirklich etwas mit Unschuld zu tun hat?
Danach müssen jedenfalls alle zur Reinigung in den Pool springen. Für die ersten zwanzig vielleicht noch ein Vergnügen, für den Rest, na ja…
Für die frisch gebackenen Seebären ist das Ritual damit zum Glück erfolgreich beendet, die Crew braucht noch gut drei Stunden, um die Spuren dieser außergewöhnlichen Taufzeremonie wieder zu beseitigen.
ANGELA COUSIN

Die ZEIT-Reisenden treffen sich um 17 Uhr auf Deck 8 zum Äquatorschluck und haben viele Fragen an den Reiseleiter …
… aber nicht immer weiß er die Antwort.
(Später soll ein Lied über die Matrosen und ihre Lieblingsspirituose erklungen sein.)

Kurz nach acht dann der große Moment: Noch sind wir auf der Nordhalbkugel …
… und Sekunden später haben wir den Äquator ein paar Meter hinter uns

Fotos: Gustav Kuhweide und Manfred Brusten
Screenshots: WL

Tag 38: 14. Februar

Auf See

Verliebt an Bord

Heute ist Valentinstag. Und die Köche, vor allem die Patissiers, überbieten sich mit romantischen Kunstwerken aus viel Zucker
Heute ist Valentinstag. Und die Köche, vor allem die Patissiers, überbieten sich mit romantischen Kunstwerken aus viel Zucker
Tag 39: 15. Februar

Auf See

Zwischen Sumatra und Java

Tag 40: 16. Februar

Auf See

Kurs Fremantle

Noch 1000 Seemeilen bis Fremantle, das sind rund 1850 km. Dafür haben wir jetzt noch 48 Stunden Zeit. Bei einer konstanten Geschwindigkeit von 21 Knoten sollte sich das ausgehen
Noch 1000 Seemeilen bis Fremantle, das sind rund 1850 km. Dafür haben wir jetzt noch 48 Stunden Zeit. Bei einer konstanten Geschwindigkeit von 21 Knoten sollte sich das ausgehen

QM2 – trotz Alter und Behinderung

Wer für sechs Wochen auf Kreuzfahrt geht, wird damit rechnen müssen, größtenteils auf (gleichaltrige) Ruheständler zu treffen. Für beruflich Aktive sind sechs Wochen Auszeit selten zu machen, Familienurlaube scheiden aus, weil Kinder in dieser Zeit zur Schule gehen müssen. Außerdem sind die meisten Reisenden hier noch viel länger unterwegs; die Weltumkrei-sung von New York und wieder zurück dauert über drei Monate. Also dominiert an Bord die Generation 65plus und die geht bis hoch in die Achtziger.

Was vor diesem Hintergrund dennoch überrascht, ist der große Anteil von Personen mit Handicaps – vor allem solchen mit Gehbehinderung. Viele benötigen einen oder zwei Stöcke und kommen auch mit diesen nur langsam voran. Sie fallen auf, weil sie mit raumgreifendem Stockeinsatz unterwegs sind und fast die gesamte Breite der Gänge benötigen, die auf dem Schiff eher knapp ausfallen. Die nächste Stufe sind Personen mit Rollatoren. Hier imponiert die Vielzahl der Modelle, die mitunter ein sehr modernes Design aufweisen, fast als wolle man sie, wie moderne Kinderwagen, auch zum Joggen nutzen. Noch stärker beeinträchtigte Personen fahren im Rollstuhl; diese sind zumeist elektrisch betrieben; auch hier natürlich ganz unterschiedliche Bauarten. In allen Fällen kann man beobachten, dass sich diese Menschen sehr selbstbewusst an Bord bewegen. Von uns, die wir es können, wird erwartet, dass wir zur Seite ausweichen. Auch das Gedränge, das etwa nach dem Besuch von Veranstaltungen zwangsläufig entsteht, wenn der Saal sich leert, wird von diesen Personen keineswegs gemieden. Mir imponiert, wenn die elektrischen Rollstühle schwungvoll in die Aufzüge gelenkt werden, die sie dann im Rückwärtsgang wieder verlassen, wobei ein Warnsignal ertönt, wie wir es von Lastwagen beim Rückwärtsrangieren kennen.

Ansonsten sieht man, dass Personen mit Beeinträchtigungen oft die Unterstützung von Familienangehörigen haben, aber sich auch auf die Hilfe des Servicepersonals an Bord verlassen. Diese füllen zum Beispiel am Büffet den Teller, wenn beide Hände gebraucht werden, um sich auf den Stöcken abzustützen. Sie sind behilflich, wenn bei den Ausflügen die Busse bestiegen werden müssen. Für die Personen mit Rollator oder Rollstuhl gibt es dazu spezielle Fahrzeuge. Überhaupt entdeckt man an Bord Hilfsmittel für Personen mit Handicaps, die man eher aus Reha-Einrichtungen kennt, wie eine Hebeeinrichtung, um Personen in den Swimmingpool abzusenken.

Reflektiert man dieses vermehrte Aufkommen behinderter Personen, gehen einem allerhand Gedanken durch den Kopf. Vielleicht bemerkt man, dass man sich in altersgemischten Gemeinschaften wohler fühlt. Da man selbst nicht jünger wird, zeigen einem die vielen genannten Beispiele aber auch, dass man von langen Seereisen nicht ausgeschlossen bleibt, wenn die Mobilität einmal nachlässt; und das ist doch tröstlich.

Warum die Situation hier auf dem Schiff aber so anders ist, als wir sie zuhause erleben, wo im öffentlichen Raum (gleich ob U-Bahn, Supermarkt, Museum oder Theater) Personen mit Handicap immer nur vereinzelt auftreten, erfuhr ich eher zufällig. Am Nebentisch beim Abendessen sitzt eine Gruppe von taubstummen Personen, die sich angeregt in Gebärdensprache unterhalten. Das geht zwangsläufig etwas turbulenter zu als bei uns. Von zwei Gebärdendolmetschern erhielten wir eine Einladung zu einer Informationsveranstaltung über diese Sprache. Wir waren beeindruckt von der Geschwindigkeit der Übermittlung, aber auch, wie Finger, Hände und Arme eingesetzt werden und zum Beispiel auch mit Mundbewegungen Gefühle ausgedrückt werden. Die Virtuosität dieser Sprachkompetenz, die für jede Sprache individuell und nicht etwa international ist, fasziniert.

Und wir erfuhren, dass auf dem Schiff insgesamt vier Gebärdendolmetscher dabei sind, die kontinuierlich über den Tag hinweg zur Verfügung stehen und die vom Reiseveranstalter bestellt und bezahlt werden. Hintergrund dafür ist ein US-amerikanisches Gesetz (americans with disabilities act), das verlangt, alle Benachteiligungen für behinderte Personen im öffentlichen Raum auszugleichen, wenn diese ihnen den Zugang zu Leistungen versperrt.

Ich konnte nicht in Erfahrung bringen, ob es an Bord noch weitere Personen gibt, die eigens für behinderte Personen abgestellt sind, vermute aber eher, dass die gesamte Schiffbesatzung auf deren Unterstützung trainiert ist. Und natürlich gibt es auch Limitationen für diesen Personenkreis. Wir erfuhren etwa, das das sogenannte Tendern, also das Anlandbringen in den Rettungsbooten, wenn eine Anlegestelle nicht zur Verfügung steht, nur solchen Personen möglich ist, die eine Schwelle von 45 Zentimetern eigenständig überbrücken können. Aber offensichtlich bewirkt die Gesetzeslage, dass eine weitere Etappe in Richtung Inklusion gelingen kann, wenn gesetzliche Ansprüche formuliert sind. Dann ändern sich unsere Gewohnheiten im Umgang und das Selbstbewusstsein der Betroffenen steigt. Da können wir von den USA noch etwas lernen. Das Gesetz gibt es schon seit 1990 und es wurde in 2010 hinsichtlich der Definition von Behinderungen noch einmal präzisiert.
PAUL SOEMER

Tag 41: 17. Februar

Auf See

Die unnütze Schleife

"Nutzlose Schleife" heißt die westlichste Stelle Australiens bei Seeleuten. Und eine nutzlose Schleife fährt gerade die QM2: Nachdem sie uns in Perth abgesetzt hat, wird sie an der Westküste Australiens wieder nach Norden fahren und wird den Kontinent dann im Uhrzeigersinn umrunden. (Statt, von Honkong und Indonesien kommend, wie ursprünglich geplant, in einem eleganten Bogen nur den Osten und Süden des Känguru-Kontinents zu tangieren

Auch an diesem letzten Seetag noch ein Vortrag zu einem (für die Seefahrt und alle Matrosen) wichtigen Thema.

ZEIT-Autor Wolfgang Lechner auf der Bühne des Royal Court Theatre. Foto: Gustav Kuhweide
Tag 42: 18 Februar

Good Morning, Fremantle!

Statt: Ni hao, Hongkong!

Am letzten Morgen der Reise haben wir die Mündung des Swan River erreicht und fahren in den Hafen von Fremantle

Für die Sehleute von Fremantle ist die QM2 eine große Attraktion. Schon am Nachmittag wird sie an Bord der Swan-River-Ausflugsdampfer erwähnt
Und am Abend, als viele Gäste schon auf dem Weg nach Hause sind, muss der Kapitän sein Schiff drehen, damit es günstiger im Wind liegt und morgen schnurstracks und vorwärts den Hafen verlassen und wieder Richtung Norden dampfen kann

Fotos: Dorli Lechner, Friedrich W. Zimmermann und WL


Für die meisten von uns ZEIT-Reisenden geht damit eine bemerkenswerte Kreuzfahrt zu Ende:
42 Tage waren wir unterwegs seit Hamburg, 40 Tage seit Southampton. 25.000 km haben wir zurückgelegt – auf dem Wasser; die Bus- und Bahnfahrten auf den Ausflügen sind da noch gar nicht mitgerechnet.
8 Länder haben wir besucht zwischen Deutschland und Australien, 2 weitere Länder haben wir ganz aus der Nähe gesehen, ohne dass wir sie betreten konnten, 4 Länder haben wir weiträumig umfahren.
Gelandet sind wir schließlich nicht auf 22 Grad nördlicher Breite, sondern auf 32 Grad Süd. Auf dem vierten Kontinent dieser Reise.
90 Zeitreisende waren wir zu Anfang, 9 haben uns vor einer Woche in Port Klang verlassen, weil sie nicht bis Australien fahren wollten oder konnten. 15 werden weiterfahren mit der QM2, rund um Australien bis Sydney die meisten, einer ums Kap der Guten Hoffnung und bis nach Southampton. Für 66 ZEIT-Reisende aber heißt es hier in Fremantle Abschied nehmen von der QM2 und ihrer wunderbaren Besatzung.
Auf Wiedersehen!
Die ersten Pläne werden geschmiedet…

Der Reiseleiter

Dr. Wolfgang Lechner

 

Blog_Neuentdecker_Lechner_Resisebegleitung

wurde 1953 in Schwaz, Österreich, geboren. Von einer Wiener Großmutter und einer Tiroler Mutter lernte er das Kochen, studierte Literaturwissenschaft und wurde dann doch Journalist. Er war Redakteur bei der Zeitschrift »Eltern« in München und Chefredakteur der Jugendzeitschrift »Junge Zeit« in Augsburg. Im aufregenden Jahr 1989 kam er nach Hamburg und zur ZEIT. In der Redaktion des ZEITmagazins war er viele Jahre lang für die Kolumne von Wolfram Siebeck zuständig, gründete das Ressort »Die ZEIT der Leser« und arbeitete als Chef vom Dienst für das Blatt. Als Autor zahlloser Berichte und als Experte für Wein- und Genussthemen befasst er sich vor allem mit den schönen Seiten des Lebens. Er hat schon viele ZEIT-Reisen nach Spanien, Österreich, Italien, nach Norwegen, in die Türkei und in die Karibik begleitet.

Der Referent (Hamburg bis Haifa)

Dr. Jochen Bittner

wollte immer Journalist werden, studierte aber neben der freien Schreiberei – u. a. für die “Kieler Nachrichten”, die “FAZ” und die “Welt” – erst einmal Jura und Philosophie. Nach einer Promotion über die IRA in Belfast kam er 2001 zur Politischen Redaktion der ZEIT. Von 2007 bis 2011 Europa-Korrespondent in Brüssel. War verantwortlich für die Meinungsseiten der Politik und leitet heute das neugegründete ZEIT-Ressort „Streit“.
Das treibt mich an
Hinter die Wahrnehmung zu gelangen, zu dem, was man Wahrheit nennen könnte. Wissend, dass es sie nicht gibt. Aber den Anspruch braucht es.
Da komme ich her
Aus dem Lokaljournalismus. Da lernt man unmittelbar, was Texte anrichten können. Und bewirken.
Dieses Ereignis hat mich journalistisch geprägt
Ich hoffe, dass mich keine Ereignisse prägen, sondern Haltungen und Überzeugungen. Woher man die gewinnt? Das moralische Gesetz in uns und der bestirnte Himmel über uns …
Diesem Thema widme ich die meiste Zeit
Die meiste Zeit widme ich Themen, die ich zu keiner Zeit vorhersehen kann.
Das mache ich jenseits von meiner Arbeit
Wasser. Wind. Schleswig-Holstein. Dorf. Garten. Holz.

Die Referentin (Akaba bis Dubai)

Prof. Dr. Gisela Dachs

wuchs in der Oberpfalz auf. Sie studierte an der Sorbonne in Paris Literaturwissenschaften und Philosophie. Von 1987 bis 1989 war sie Auslandsredakteurin der französischen Tageszeitung Libération. Bereits 1990 holte sie die ZEIT ins politische Ressort nach Hamburg. 1994 ging sie als Nahost-Korrespondentin für die ZEIT nach Jerusalem. Von 1996 bis 2002 arbeitete Gisela Dachs auch für den Zürcher Tages-Anzeiger, seit 2014 ist sie außerdem Korrespondentin der NZZ am Sonntag. Zudem ist sie regelmäßige Autorin für das jüdische Monatsmagazin Aufbau, die schweizerische jüdische Wochenzeitung tachles und Kolumnistin beim Magazin Wina.
1993 moderierte sie für den TV-Sender arte das deutsch-französische Polit-Talkformat Transit. Sie ist eine gefragte Interviewpartnerin zum Thema Nahost und Deutschland im Deutschlandfunk, Hessischen Rundfunk, Schweizer Radio (SRF) und i24news sowie Referentin für die Bundeszentrale für politische Bildung, verschiedene deutsche politische Stiftungen und das Goethe-Institut. Von 2009 bis 2011 unterrichtete sie als Lehrbeauftragte im Fachbereich Journalismus an der Sammy Ofer School of Communications des Interdisciplinary Center Herzliya in Herzlia. Sie promovierte 2016 zum Thema „Einwandereridentitäten und Nachrichtenkonsum“ im Fachbereich Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität von Tel Aviv. Seit Oktober 2016 gehört Gisela Dachs dem „European Forum“ und dem „DAAD Center for German Studies“ der Hebräischen Universität in Jerusalem an und hat inzwischen eine Professur inne.
Darüber hinaus ist Gisela Dachs Buchautorin, Publizistin sowie seit 2001 Herausgeberin des Jüdischen Almanachs im Auftrag der Leo Baeck Institute. Sie lebt in Tel Aviv.

Der Referent (Dubai bis Singapur)

Ulrich Ladurner

arbeitet seit 1999 als Auslandsredakteur der ZEIT und war viele Jahre an den Krisenherden der Welt unterwegs. Seit Herbst 2016 ist er ZEIT-Europakorrespondent in Brüssel. Seiner Heimat Südtirol ist er verbunden, unterwegs
war er in der ganzen Welt. Seine Berichte, Reportagen und Bücher wurden vielfach ausgezeichnet.

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