DuMont Reiseliteratur

Große Geschichten für Entdecker

Noch immer gilt Kolumbien als absoluter Geheimtipp. Auf unserer unvergleichbaren ZEIT-Reise erleben Sie das Land in Begleitung der ZEIT Online-Redakteurin Alexandra Endres abseits der üblichen Touristenpfade. Für außergewöhnliche Reisen, bedarf es jedoch auch einer außergewöhnlichen Reiseliteratur: Deshalb präsentieren wir Ihnen heute aus dem DuMont Reiseverlag den inspirierenden Reiseroman von Alexandra Endres »Wer singt, erzählt – Wer tanzt, überlebt«. Tauchen Sie ein und erleben Sie mit diesem eizigartigen literarischen Werk ein unvergessliches Lese- und Reiseabenteuer.

Mit den Augen einer Kolumbien-Kennerin hinter die Kulissen eines faszinierenden Landes im Wandel blicken. Spannende Reiseerzählungen sind eine Einladung an ihre Leser, selbst zum Entdecker zu werden, ohne die Koffer oder den Rucksack packen zu müssen. In den literarischen Reiseberichten aus dem DuMont Reiseverlag erzählen hochkarätige Journalisten, renommierte Schriftsteller und wagemutige Reisende aus aller Welt von ihren Erlebnissen und Begegnungen unterwegs. Überraschend, emotional, echt und mitreißend, mal herrlich verrückt, mal berührend aktuell, eröffnet jedes Abenteuer eine eigene Welt.

Einleitung

Ein Land sucht seinen Frieden

Von der Karibikküste über die Anden bis an den Pazifik – die ZEIT ONLINE-Redakteurin Alexandra Endres entdeckt den kulturellen Reichtum und den bunten Alltag Kolumbiens. Auf ihrer Reise lauscht sie den Cantaoras von Cali und den Rappern von Medellín, die Geburten, Tote und das ganze Leben besingen. Sie folgt den Spuren von Gabriel García Márquez in Cartagena und im Dschungel des Chocó. Und immer wieder trifft sie auf Menschen, die sie tief beeindrucken: mutige Frauen, wie die Englischlehrerin Mónica, die im Bürgerkrieg durch eine Schussverletzung ihr Augenlicht verlor, oder die heiligen Männer vom Volk der Arhuaco, die im Gebirge von Santa Marta das Gleichgewicht der Welt bewahren. Ein Reiseabenteuer für jeden, der Kolumbien in seiner ganzen Vielfalt verstehen möchte. Zugleich empfiehlt sich Alexandra Endres mit ihrem ersten Buch als ebenso kundige wie sympathische Reisebegleiterin auf der »ZEIT Reise« durch Kolumbien, die sie im Herbst 2018 leiten wird.

Autorin Alexandra Endres

 

Alexandra Endres ist seit 2006 ­Redakteurin bei ZEIT ­ONLINE. Die studierte Journalistin und Volkswirtin hat diverse Reisen nach Lateinamerika unternommen. In Argentinien erlebte sie 2001 den Zusammenbruch eines Landes, in Mexiko erforschte sie 2004 den Wissenstransfer in der Automobilindustrie, in Kolumbien recherchierte sie u.a. über die Auswirkungen des Bergbaus sowie die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und den Farc-Guerillas. Sie lebt in Hamburg.

Eine Leseprobe

»Wer singt, erzählt – wer tanzt übererlebt«

Eine Reise durch Kolumbien mit ZEIT ONLINE Redakteurin Alexandra Endres

Zum Klang der Vallenatos in Cuatro Vías

Der Bus setzt mich an einer Straßenkreuzung mitten im Nichts ab. Seine Route führt weiter Richtung Osten nach Maicao, der letzten nennenswerten Siedlung vor der Grenze zu Venezuela. Aber da will ich nicht hin; ich will nach Norden, an die Küste, nach Manaure. Draußen ist es heiß, windig und staubig. Am Himmel steht kein Wölkchen. Ich schaue mich um. Grünes wächst hier kaum. Feiner Sand bedeckt den Boden und die paar Bäume, die noch stehen.

Cuatro Vías heißt der Ort, nach den vier Asphaltstraßen, die von hier wegführen. Dafür, dass diese Kreuzung mitten in der Wüste liegt, ist erstaunlich viel los. Einheimische und ein paar junge Leute mit Zelt und Rucksack drängen sich vor Wellblechbuden, in denen Gegrilltes, gekühlte Getränke und sogar Souvenirs feilgeboten werden. Magere Hunde streichen um ihre Beine in der Hoffnung, es möge etwas für sie abfallen. Selbst Benzin ist im Angebot, in säuberlich nebeneinander aufgereihten Kanistern auf wackligen Tischen. Auf jedem Stand liegt ein kleiner Plastiktrichter als Einfüllhilfe parat. So sehen in der Guajira die Tankstellen aus.

Der Treibstoff kommt aus Venezuela, wo er subventioniert wird und deshalb viel billiger zu haben ist als in Kolumbien. Es ist riskant, ihn illegal über die Grenze zu bringen – und genau deshalb ist es ein gutes Geschäft. Auch die Routen der Kokainschmuggler führen durch die Guajira, allerdings fahren sie in die Gegenrichtung, nach Venezuela. Ihre Zeit ist nachts. Nach Einbruch der Dunkelheit ist es nicht ratsam, in dieser Gegend unterwegs zu sein. Wer dann noch draußen ist, ist in der Regel bewaffnet. Und unter Umständen mag er keine Zeugen.
Im Moment aber steht die Sonne hoch. Junge Männer mit Mopeds warten unter einem Baum auf Kundschaft. Ich habe zu viel Gepäck dabei, um mit einem von ihnen weiterzufahren, doch zum Glück gibt es hier auch einen Autotaxidienst. Kaum bin ich aus dem Bus ausgestiegen, kommt der Fahrer eines klapprigen Mazda – Stufenheck, verzogener Kofferraum, kaputter Scheinwerfer, die Farbe ein undefinierbares Grau – auf mich zu. Er rückt mir einen roten Plastikstuhl zurecht, der unter einem krummen Baum mit dünnen, fedrigen Blättern steht. Tapfer behauptet sich das armselige Gewächs gegen die Trockenheit. »Tome asiento«, sagt der Mazdafahrer, »setzen Sie sich«, und packt meinen Rucksack in seinen Wagen. Er wird nach Manaure fahren, aber erst, wenn sein Auto voll ist.
Ich nehme Platz und trinke einen Schluck aus meiner Wasserflasche. Unter dem Baum lässt es sich aushalten, aber lange muss ich nicht warten. Es dauert keine zehn Minuten, da haben sich drei weitere Fahrgäste gefunden: ein Mann, der Ersatzteile für einen liegengebliebenen Lkw an die nächste, kilometerweit entfernte Kreuzung bringt – wo er die hier aufgetan hat, ist mir ein Rätsel. Ein weiterer männlicher Passagier, der unserem Fahrer später in Manaure helfen wird, mein Hotel zu finden. Und eine junge Wayúu, die in der Stadt arbeitet und am Wochenende ihre Familie in Manaure besucht (…)

Die Wayúu

Die Guajira ist das Reich der Wayúu. Es ist das größte indigene Volk Kolumbiens, eine stolze, kriegerische, unzugängliche Gemeinschaft von rund 180.000 Menschen – womöglich viel mehr, denn die aktuellen offiziellen Zahlen sind Jahre alt. In der Guajira stellen sie etwa die Hälfte der Bevölkerung. Vor Jahrhunderten besiedelten die Wayúu, von Venezuela kommend, die trockene Halbinsel. Auch heute noch erstreckt sich ihr Territorium über die Grenze zwischen beiden Staaten. Wayúu können sie ohne weitere Formalitäten überqueren. Sie leben nach ihren eigenen Regeln. Eine der wichtigsten ist: Wer anderen ein Leid zufügt, muss dafür zahlen.

Herinaldy Gómez ist ein kolumbianischer Ethnologe, der sein Leben der Erforschung der indigenen Völker seines Landes gewidmet hat. Vor Jahren habe ich ihn einmal in einem Café in Bogotá getroffen. Ich wollte von ihm mehr darüber erfahren, was die ersten Einwohner Kolumbiens unter Recht und Gerechtigkeit verstehen, und er, ganz Caballero, nahm sich viel Zeit für mich. Das Thema gab genug Gesprächsstoff her, denn Kolumbien ist eines der wenigen Länder der Welt, in denen das Recht der Ureinwohner und das Recht der westlichen Mehrheitsgesellschaft nebeneinander existieren. Weil beides sich manchmal widerspricht, geht das nicht ohne Konflikte ab.

Für die indigenen Führer ist es eine Frage der Autonomie, auf ihrem Territorium nach eigenen Vorstellungen Recht sprechen zu können. Der Staat muss ihnen diesen Freiraum zugestehen, denn er hat die entsprechenden internationalen Verträge unterzeichnet. Oft funktioniert das gut, und es entlastet die kolumbianische Justiz, zum Beispiel, wenn kleinere Vergehen innerhalb der Gemeinschaft geahndet werden. Solange die Strafen nicht durch das westliche Recht verboten sind, hat niemand etwas dagegen.
Es kann aber auch Probleme aufwerfen. Zum Beispiel, wenn eine nomadische Gemeinschaft von alters her missgebildete Kinder am Weg zurücklässt – vermutlich, weil bei ihrer traditionellen Lebensweise die Möglichkeiten ohnehin nicht ausreichen, um sie am Leben zu erhalten; heutzutage vielleicht auch in der Hoffnung, jemand möge die Kleinen finden und sich ihrer annehmen.
Darf der Staat das hinnehmen? Muss er ermitteln, die Oberhäupter der Gemeinschaft gar verhaften? Selbst wenn er dadurch den Zusammenhalt der Gruppe und damit womöglich sogar das Überleben der anderen Mitglieder gefährdet? Soll er das Gespräch suchen, verhandeln, Wege finden, die Kinder zu retten, ohne die Erwachsenen zu bestrafen?
Anders gefragt: Wessen Weltsicht zählt mehr – die der Weißen, die seit Jahrhunderten dominiert, oder die der Ureinwohner, deren Überleben durch die Regeln der Weißen und die bestehenden Machtverhältnisse seit Jahrhunderten bedroht ist?
Keine leichten Fragen. Der Kaffee mit Herinaldy ist schon eine Weile her, aber etwas ist mir in Erinnerung geblieben: Er hat das Selbstbestimmungsrecht der Ureinwohner vehement verteidigt. Ihre Lebensweise sei durch den westlichen Lebenswandel, durch ökonomische Interessen, durch die Investoren, die an das Öl, die Kohle oder andere Naturschätze des Landes wollten, so sehr unter Druck geraten, dass kein Außenstehender den Ureinwohnern Vorschriften zu machen habe. Das war sein zentrales Argument.

Danach schickte Herinaldy mir einen Auszug aus einem seiner Bücher. Der Text beschäftigt sich mit der Justiz der Wayúu und mit einer für sie zentralen Figur, dem puchipúu oder palabrero. Der Palabrero heißt so, weil er das Wort – la palabra – zwischen zwei Clans hin und her trägt, die sich im Streit befinden. Macht er seine Arbeit gut, erhält das den Frieden zwischen den Familien.
Wer anderen schadet, muss den Verlust wieder ausgleichen. Das ist das Prinzip, auf dem die Arbeit eines Palabrero basiert. Es gilt bei Hochzeiten, weil dann ein Brautpreis zwischen zwei Clans ausgehandelt werden muss – schließlich verlieren die Eltern ihre Tochter, die anderenfalls in der eigenen Familie mitarbeiten würde. Es gilt, wenn der Kohlezug, der die Landschaft der Guajira auf einer Strecke von 150 Kilometern durchschneidet, eine Ziege überfährt. Das passiert oft, denn der Zug fährt in der Regel mehrmals am Tag, und der Bahndamm ist nicht gesichert. Und ob der Lokführer unachtsam war, ob er noch versucht hat zu bremsen oder die Besitzer der Ziege besser auf das Tier hätten aufpassen müssen, ist aus Sicht der Wayúu für den Schadensersatzanspruch völlig unerheblich (der örtliche Kohlekonzern sieht das naturgemäß völlig anders).

Das Prinzip der Entschädigung gilt auch, wenn ein Wayúu einem anderen etwas stiehlt. Dann muss sein Clan sogar das Doppelte zurückgeben. Ein weiterer wichtiger Grundsatz: Es ist immer der ganze Clan, der verantwortlich für Regelverstöße ist, nie nur der Einzelne. Denn der Einzelne handelt nie im luftleeren Raum, sondern immer eingebunden in das soziale Netzwerk seines Clans.
Selbst Morde werden durch Kompensationszahlungen gesühnt: in Form von Ziegen, Schmuckstücken, Geld. Die Art und Menge richte sich nach dem geschädigten Clan, schreibt Herinaldy, und das Ritual bis zur endgültigen Einigung könne bis zu fünfzehn Jahre dauern. Ob der Tod absichtlich herbeigeführt wurde, sei nicht wichtig. »Das Wichtige ist: Jemand hat ihn verursacht und muss zahlen.« Die erste Rate ist für das vergossene Blut, die zweite für das Leid, das der Tote ertragen musste, die dritte für den Tod an sich, die vierte für das Leid der Angehörigen – und als Zeichen für den Willen zum Frieden. »Wenn die letzte Rate nicht gezahlt wird, erklärt die geschädigte Familie der anderen den Krieg.«
Um das zu vermeiden, pendelt der Palabrero ständig zwischen den Clans und überbringt die Botschaften der Oberhäupter. Diese beschwören ständig die Kriegsgefahr, um Racheakte zu verhindern und letztlich den Frieden zu erreichen. Ist die letzte Rate bezahlt, ist die Einheit besiegelt. Jetzt können die Angehörigen der beiden Clans wieder unbefangen miteinander verkehren.

Während des ganzen Prozesses dürfen ausschließlich die Männer – mit Ausnahme des Übeltäters – öffentlich ihre Meinung äußern. Die Frauen hören zu. Doch bleibt die letzte Rate aus, sind sie es, die über Krieg oder Frieden entscheiden.
Der Verursacher des ganzen Übels aber wird von seinem Clan ins Gebet genommen. Er wird »beraten«, schreibt Herinaldy, und Rat zu geben sei nur denen erlaubt, die schon einmal selbst ähnliche Fehltritte begangen haben. Sie verstehen den Täter am besten, und sie können als Vorbild dienen. Am Ende sind im Idealfall alle versöhnt, und der Übeltäter ist wieder gut in seinen Clan integriert.
Das alles basiert auf mündlicher Überlieferung. Herinaldy zitiert die Wayúu: »Die westliche Justiz ist schriftlich, weil sie gegen den Rat ist und die Strafe über die Übereinkunft und das Vergeben stellt. Für uns ist die Justiz nicht schriftlich, denn sie ist keine Strafe.«

Wasser und Kohle

Die Lebensweise der Wayúu scheint perfekt an die kargen Verhältnisse angepasst. Traditionell leben sie in Rancherías, kleinen, weit auseinanderliegenden Siedlungen. Finden sie an einem Ort kein Wasser mehr, kein Gras oder keine Arbeit, ziehen sie weiter. Ihre Hütten sind aus Kakteen, Ästen und Lehm gebaut, die Viehpferche mit Kakteen und Ästen umzäunt. Sie halten Kleinvieh, vor allem Ziegen, jagen und fischen. Die Tiere sind ihr wichtigster Besitz.
Im Moment aber ist Wasser besonders schwer zu finden, und die Wayúu leiden unter der erbarmungslosen Trockenheit. In den vergangenen Monaten hat es viel weniger geregnet als sonst. Es gibt kein Trinkwasser. Kinder sterben – offenbar wegen des Wassermangels. Weil sie verlangen, dass der Staat etwas dagegen tut, stehen die Wayúu gerade im Zentrum einer heftigen politischen Kontroverse. In Manaure will ich Javier Rojas Uriana treffen, einen Wayúu, der um Wasser für sein Volk kämpft.

Wir fahren los. Im Auto ist es heiß, und es herrscht erschöpftes Schweigen. Die Sonne steht noch hoch am Himmel. So bald wird die Temperatur nicht sinken. Vielleicht um uns – und sich – abzulenken, stellt der Fahrer das Radio an. Es erklingen Vallenatos, die Musik der Karibikküste, gespielt mit einem Akkordeon (europäisch), einer Trommel (afrikanisch) und der Guacharaca (indigen), einem geriffelten Stock, über den man mit einer Reibgabel schrappt, um den Rhythmus der Trommel zu begleiten. Ursprünglich besangen fahrende Sänger im Vallenato die Liebe, den Tod, den ständigen Mangel an Geld, das ganze Leben. Er vereint Bestandteile aus vielen Völkern in sich, genau wie Kolumbien, vielleicht ist er deshalb so populär im ganzen Land. In jedem Bus, in jedem Sammeltaxi, in das ich auf meiner Reise steige, werde ich ihn noch hören.

Hier in der Guajira gibt der Vallenato den Takt vor, in dem wir langsam durch die staubige Einöde schaukeln. Bis Manaure sind es knapp sechzig Kilometer, aber wir werden lange dafür brauchen, denn der Mazda kommt nur noch langsam voran.
Zum Glück habe ich einen Platz am Fenster und damit freien Blick nach draußen. Besonders abwechslungsreich ist das allerdings nicht. Wir fahren durch eine ockerbraune Landschaft aus Steinen, Sand, staubigen Bäumen und Kakteen. Je weiter wir nach Norden kommen, desto spärlicher wird die Vegetation. Viele Bäume sind vor Trockenheit ganz grau, manche sind schon umgekippt. Sie sehen aus, als seien sie aus Papier. Magere Ziegen knabbern an dem tristen Gestrüpp. Durch die offenen Fenster bläst heißer Wind ins Auto, der uns langsam röstet. Vorsichtshalber gehe ich sparsam mit meinem Wasser um.

Immer wieder ziehen schicke Geländewagen an uns vorbei. In einem solchen Jeep – schnell, bequem und klimatisiert – bin ich vor drei Jahren schon einmal dieselbe Straße entlanggefahren, als ich die Tagebaue von El Cerrejón besucht habe, einem Zusammenschluss der internationalen Bergbaukonzerne XStrata, BHP Billiton und Anglo American. Das Unternehmen fördert in der Guajira etwa 40 Prozent der kompletten kolumbianischen Steinkohleproduktion. Insgesamt hat Cerrejón eine Konzession für 69.000 Hektar und beutet etwa ein Fünftel davon in mehreren Tagebauen aus. Das gesamte Areal ist umzäunt und wird von bewaffneten Wachtposten gesichert. An ihnen kommt man nur mit den richtigen Papieren vorbei.
Die Gruben von El Cerrejón sind der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Gegend. Vom Karibikhafen Puerto Bolívar ganz im Norden der Guajira wird die Steinkohle in alle Welt verschifft. Etwa zwei Drittel sind für den europäischen Markt bestimmt, ein Teil davon für Deutschland. Nachdem ich zum ersten Mal über die schädlichen Folgen des Kohleabbaus berichtet hatte, gab das Unternehmen alles, um mich davon zu überzeugen, dass seine Aktivitäten den Menschen hier zum Vorteil gereichen.
Zwei Tage lang zeigte mir eine Sprecherin die Tagebaue, den Hafen, ein umgesiedeltes Dorf und soziale Projekte des Konzerns. Über eine Stiftung finanziert Cerrejón landwirtschaftliche Vorhaben, schafft Vermarktungswege für die traditionellen Handarbeiten der Wayúu-Frauen, baut Grundschulen, kauft Computer, fördert Sportunterricht und unterstützt Berufsschulen. Ich traf begeisterte Mitarbeiter, sah blitzblanke Schulen und blühende Gärten. Nur einmal sagte eine Frau am Rande zu mir: »Cerrejón müsste viel mehr tun.« Zu viele Wayúu-Kinder hätten immer noch keine Chance auf eine vernünftige Schulbildung. Aus ihrer Sicht sei es die Aufgabe des Konzerns, das zu ändern, so groß ist die Macht von Cerrejón in der Guajira. Das Unternehmen aber sagt, man könne nicht den Staat ersetzen.

Die Cerrejón-Sprecherin gewährte mir damals keine Atempause. Sie war sehr höflich und freundlich zu mir, aber sie mochte mich ganz offensichtlich nicht. Doch alle anderen Kolumbianer, die ich traf, begegneten mir so herzlich und offen, dass ich unbedingt wiederkommen wollte.

Bildergalerie

Kolumbien in Bildern

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Besucher des Marktes von Popayán
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Titelbild »Wer singt, erzählt – wer tanz übererlebt«

 

Alexandra Endres
Wer singt, erzählt – wer tanzt, überlebt.
Eine Reise durch Kolumbien.

DuMont Reiseverlag, 2017
281 Seiten; 14,99 Euro

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Erkundungen in Bogotá und Cartagena

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    Kolumbien

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