Bayreuther Festspiele

Bayreuther Festspiele

 

Das kulturelle Zentrum Bayreuths sind die seit 1876 alljährlich im Sommer stattfindenden Wagner-Festspiele. Wer »seinen« Wagner dann – je nachdem zwei oder bis zu fünf Stunden – in den engen und harten Theatersitzen durchgehalten hat, kann sich auf eine weitere fränkische Spezialität freuen: auf eines der berühmten fränkischen Biere aus den kleinen Brauereien, meist noch Familienbetrieben, die zurecht den Ruf besitzen, die besten Biere Deutschlands zu sein …

Was Sie schon immer über die die Bayreuther Festspiele wissen wollten

  • 1850 »allerkühnste Ideen«
  • 428.384,09 Mark (ca. 3,29 Millionen Euro) – die Gesamtkosten des Theaterbaus
  • 13. August 1876 Die ersten Festspiele beginnen mit Rheingold
  • 1888 Einbau elektrischer Beleuchtung, die ursprüngliche Gasbeleuchtung wurde damit ersetzt.
  • 730 m²: Größe der Bühne (25m breit x 23m tief)

Entscheidungsjahr 1850

 

Bayreuth und Wagner: das war allenfalls Liebe auf den zweiten Blick. Im Zentrum des Interesses Wagner standen zunächst Zürich und Weimar, später kam München dazu. Zwanzig Jahre später machte ihn jedoch sein Freund Hans Richter auf das leerstehende Markgräfliche Opernhaus der Stadt Bayreuth aufmerksam.Leider erwies sich dieses Haus für die geplanten Ring-Aufführungen als komplett ungeeignet, doch die kleine fränkische Stadt hatte es Wagner sogleich angetan.

 

So abwegig und unrealistisch diese Pläne 1850 noch sein mochten: schon zum damaligen Zeitpunkt war Wagner davon überzeugt, seine Opernideen nicht nur in die Tat umsetzen zu können, sondern dies evtl. auch in einem kompletten Theaterneubau. Am 14. September 1850 schrieb er an seinen Freund, den Maler Ernst Benedikt Kietz :

 

»Ich denke daran, den Siegfried wirklich noch in Musik zu setzen, nur bin ich nicht gesonnen, ihn auf’s geradewohl vom ersten besten Theater aufführen zu lassen: im Gegenteil trage ich mich mit den allerkühnsten Plänen […] Dann würde ich nämlich hier […] nach meinem Plane aus Brettern ein Theater errichten lassen, die geeignetsten Sänger dazu mir kommen und alles Nötige für diesen einen besonderen Fall mir so herstellen lassen, dass ich einer vortrefflichen Aufführung der Oper gewiß sein könnte.« [sic]

Richard und Ludwig - eine Begegnung mit Folgen

 

Wagner wurde 1813 in Leipzig geboren. In Magdeburg, Königsberg und Riga sammelte er seine ersten Theatererfahrungen, in Dresden wurde er 1846 zum königlich sächsischen Hofkapellmeister ernannt.

 

Dort kam er in Kontakt mit revolutionären Strömungen, beschäftigte sich mit anarchistischen Denkansätzen und formulierte in diesem gesellschaftlichen Umfeld Thesen zur Veränderung des Theater- und Kunstbetriebes.

 

Nach seiner aktiven Beteiligung an den Aufständen 1849 in der Stadt wurde er steckbrieflich gesucht und musste über Nacht aus Deutschland fliehen. Im Schweizer Exil entwarf er seine Vision vom »Gesamtkunstwerk der Zukunft« – und skizzierte erstmals seine Festspielidee. Als 1862 der König von Sachsen eine Amnestie erließ, half ihm das allerdings nicht viel und er musste weiter auf der Flucht bleiben: Steuerfahnder und Gläubiger waren nun hinter ihm her. Seine Rettung aus der Fehlkalkulation erfolgte, wenig revolutionär, durch König Ludwig II. Er sollte Wagners künftiger Mäzen werden.

 

Der Bau in Bayreuth

Ludwig II. berief Wagner zu sich nach München und wollte ihm dort ein »Festtheater« errichten, in dem der Ring des Nibelungen aufgeführt werden sollte. Gottfried Semper wurde als Architekt angeworben.

 

Diese Pläne verliefen jedoch im Sand, auch deshalb, weil Wagner die Kontrolle über das Projekt behalten und einen zweckmäßigen, einem Amphitheater ähnlichen Bau errichten wollte. Nach der Entscheidung für Bayreuth dauerte es vier Jahre, bis der Bau vollendet war. Was in heutigen »BER-Zeiten« atemberaubend schnell klingt, wuchs sich dennoch beinahe zum Desaster aus. Mehrfach drohte der Bau zu scheitern, Handwerker konnten nicht mehr bezahlt werden, das Interesse potentieller Festspielgäste blieb hinter den Erwartungen zurück. Ludwig II. ließ Geldanfragen Wagners lange Zeit unbeantwortet, schließlich gewährte er 1874 einen Kredit, nach heutigem Maßstab über etwa 1,7 Millionen Euro, der übrigens bis 1906 von der Familie Wagner vollständig zurückgezahlt wurde.

 

Vergötterung

Wie kam es nun, dass der König »seinen« Lieblings-Komponisten so lange hängen ließ, bis er ihm mit einem Kredit aushalf? Ludwig II. war schon früh mit dem Werk von Richard Wagner in Berührung gekommen. Seitdem liebte er alles, was von Wagner kam, abgöttisch, ja mehr noch: er vergötterte auch Wagner selbst. Als der nur 1,66 Meter große Wagner am 4. Mai 1864 erstmals vor den 25 Zentimeter größeren Ludwig trat, war er von dessen Erscheinung tief beeindruckt.

 

»Er ist leider so schön und geistvoll, seelenvoll und herrlich, daß ich fürchte, sein Leben müsse wie ein flüchtiger Göttertraum in dieser gemeinen Welt zerrinnen. Er liebt mich mit der Innigkeit und Glut der ersten Liebe: er kennt und weiß alles von mir, und versteht mich wie meine Seele. […] Ich soll mein unumschränkter Herr sein, nicht Kapellmeister, nichts als ich und sein Freund«, schrieb Wagner am gleichen Tag noch an die Romanschriftstellerin Eliza Wille. Ludwig II. bat Wagner darum, die Nibelungen zu vollenden, er wolle für alle Kosten aufkommen: »Seien Sie überzeugt, ich will Alles thun, was irgend in meinen Kräften steht, um Sie für vergangene Leiden zu entschädigen.« (Ludwig II. an Wagner, 5. Mai 1864) [sic]
Am Starnberger See, in der Nähe von Schloss Berg, mietete er für Wagner vorübergehend – bis zu dessen ja ursprünglich geplanter Umsiedlung nach München – ein Landhaus, in dem Wagner arbeiten konnte, ganz in der Nähe von Schloss Berg.

 

Sieht man von Geldgeschenken des Königs ab, die zusammen etwa 20 000 Gulden ausmachten, erhielt Wagner ein jährliches Gehalt von 4000 Gulden, das Ludwig II. privat bezahlte. Im Dezember 1864 wurde das Gehalt sogar auf 5.000 Gulden angehoben. Ein Ministerrat erhielt da weniger! Kein Wunder, dass die Staatsräte diese Beziehung argwöhnisch beobachteten. Wagner war nicht nur ein finanzieller Nimmersatt, schon allein seine revolutionäre Vergangenheit war ein Dorn im Auge so manchen Staatsrats. Sein Einfluss auf den König war für sie offenbar besonders beängstigend.

 

Im Lauf des Jahres 1865 schlug die Stimmung um. Es kam zu einer für den König peinlichen öffentlichen Diskussion. Verschiedene Faktoren, aber auch Wagners Verhalten selbst brachten das berühmte Fass zum Überlaufen. Zunächst weckte der verschwenderische Lebensstil Wagners Unmut in der Bevölkerung. Auch wenn Ludwig II. den Künstler aus seiner Privatschatulle unterstützte, waren es die anmaßenden Summen, die den Zorn der Menschen erregten. Auch dafür, dass sich der König immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzog, wurde unterschwellig Wagner verantwortlich gemacht. Hinzu kamen Wagners mehr als überheblichen Auftritte bei den Vorbereitungen zur Aufführung von Tristan und Isolde.

 

Um das Orchester erweitern zu können, ließ Bülow einige Sitzreihen aus dem Theater entfernen. Nicht nur, dass Wagner den Dirigenten persönlich nach München bestellt hatte, er ließ sich außerdem abschätzig über das Münchner Publikum aus, was sich schnell herumsprach: »Ach, das ist ja einerlei«, soll er gesagt haben, »ob ein paar Dutzend Schweinehunde mehr oder weniger ins Parkett gehen.« Eine Schatzanweisung über 40.000 Gulden an Wagner, dessen Aufenthalt in Schloss Hohenschwangau Ende 1865 und letztlich Wagners Versuche, sich in die Landespolitik einzumischen, ließen »den Fall Wagner« zu einer Machtprobe zwischen Regierung, Kabinett und König werden. Die Regierung stellte Ludwig II. ein Ultimatum: entweder Wagner oder Bayern.