Wiener Staatsoper

Wiener Staatsoper

Die Wiener Staatsoper war nicht nur die Namensgeberin für den mitten in Wien gelegenen Opernring, sondern das erste Ringstraßenbauwerk überhaupt. Verantwortlich für den Plan waren die Architekten August Sicardsburg und Eduard van der Nüll. 1863 legte man mit dem Grundstein des Monumentalgebäudes auch jenen der Prachtstraße, so wie man sie heute noch kennt. Als die Staatsoper dann 1869 fertiggestellt war, hielt sich die Begeisterung der Öffentlichkeit sowie mancher Architekten-Kollegen in Grenzen. Sie sei zu »romantisch« und könne ihre »monumentale Wirkung« nicht entfalten. Im Gegensatz dazu erhielt das Architektenpaar viel Lob für die Innenausstattung der Oper, etwa für die glattpolierte Feststiege und die mit verschiedenen Marmor-Sorten verzierten Räumlichkeiten. Heute ist das »Erste Haus am Ring« eines der bekanntesten Opernhäuser weltweit und nach wie vor eines der schönsten Gebäude Wiens.

Was Sie schon immer über die Wiener Staatsoper wissen wollten

  • Mai 1869 Eröffnung
  • 16 Jahre unter Wilhelm Jahn
  • 567 reine Stehplätze
  • 3 eiserne Vorhänge
  • 1100 Glühbirnen

Opernblüte unter Gustav Mahler

Am 25. Mai 1869 war es endlich soweit: in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth wurde die Wiener Staatsoper mit Mozarts Don Giovanni feierlich eröffnet. Mit der künstlerischen Ausstrahlung unter den ersten Direktoren Franz von Dingelstedt, Johann Herbeck, Franz Jauner und Wilhelm Jahn wuchs auch die Popularität des Bauwerkes.
Einen ersten Höhepunkt erlebte die Wiener Oper unter ihrem Direktor Gustav Mahler, der das veraltete Aufführungssystem von Grund auf erneuerte, Präzision und Ensemblegeist stärkte und auch bedeutende bildende Künstler, darunter Alfred Roller zur Gestaltung einer neuen Bühnenästhetik heranzog. Gustav Mahler leitete das Haus zehn Jahre lang – angesichts der vielen Anfeindungen, darunter auch zahlreichen antisemitisch motivierten – eine geradezu riesige Zeitspanne, liegt die Direktionsphase der zahlreichen Intendanten im Durchschnitt doch eher bei so vier, fünf Jahren. Doch Mahler war bei weitem nicht der längste Intendant dort, auch nicht, wie man vermuten könnte, Ioan Holender, der an der Wiener Staatsoper über acht Jahre in Amt und Würden blieb.

Am längsten übte das Amt Mahlers Vorgänger aus, Wilhelm Jahn. Er leitete die Wiener Staatsoper vom 1. Januar 1881 bis zum 14. Oktober 1897, also über 16 Jahre lang. Vor dem II. Weltkrieg verzeichnete die Wiener Staatsoper insgesamt 2881 Plätze, durch strengere bau- und feuerpolizeiliche Vorschriften bedingt liegt die Anzahl der Plätze nun bei 2284, davon sind immerhin 567 reine Stehplätze – eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass so manches deutsche Theater mit ungefähr dieser Platzanzahl an Sitzplätzen insgesamt aufwarten kann. Der Feuersicherung sind insgesamt drei eiserne Vorhänge zu verdanken: die Hauptkurtine, die die Bühne vom Zuschauerraum trennt, und zwei weitere, die Seiten- und Hinterbühne feuersicher abschließen.
Die Decke zierte in der Mitte einst ein großer Luster. Auch er musste den modernen Sicherheitsbestimmungen weichen: Er wurde durch einen in die Decke eingebauten Beleuchtungskranz aus Kristallglas ersetzt. Dieser etwa 3000 kg schwere Kranz ist mit 1100 Glühbirnen bestückt. Die Konstruktion selbst hat einen Durchmesser von 7 m, ist 5 m hoch und bietet Raum für einen Beleuchterstand und Gänge zur Wartung des Lichtkranzes.

Skandale und Skandälchen

Die Wiener Staatsoper mag so manche große Star-Allüren erlebt haben. Große Aufregung und große Diskussionen gab es jedoch schon, bevor in ihr nur ein einziger Ton gesungen wurde! Die kontroversen Meinungen entzündeten sich nach der Fertigstellung am Gebäude und dem fehlenden Sockel. Am fehlenden Sockel? In der Tat! Es hieß, man sähe das Gebäude ja gar nicht, es könne seine Wirkung nicht entfalten. Schnell hatte die neue Wiener Staatsoper auch ihren Spitznamen weg: »versunkene Kiste«.

August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll

Dabei sah alles zunächst so rosig aus: Den Bauplatz für das neue Opernhaus am Ring hatte Kaiser Franz Joseph eigenhändig ausgesucht. Auch die Baukosten von sechs Millionen Gulden zahlte er aus seiner Privatschatulle. Auf die beiden Architekten August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll, die in einer öffentlichen Ausschreibung im Jahr 1861 gewählt worden waren, reimte man nun Spottverse:
»Der Sicardsburg und van der Nüll,
Die haben beide keinen Styl!
Griechisch, gotisch, Renaissance,
Das ist denen alles ans!«
Dabei gab es einen nachvollziehbaren Grund für den »fehlenden Sockel«: Durch die Einebnung des Stadtgrabens war das Straßenniveau der Ringstraße nachträglich um einen Meter angehoben worden.

Tödlicher Spott

Als dieser Spott dem Kaiser zu Ohren kam, soll er den Kritikern angeblich Recht gegeben haben. Dieses kaiserliche »Urteil« wurde von den Architekten offenbar auch wie ein Urteil aufgenommen: am 4. April 1868 soll sich der allerdings schwer kranke van der Nüll wegen dieser Kritik erhängt haben.
Nur zwei Monate später starb auch Sicardsburg nach einer schweren Operation, vermeintlich aus Kränkung über den Tod seines Freundes. Kaiser Franz Joseph soll sich den Tod seiner Architekten so zu Herzen genommen haben, dass er seitdem bei der Eröffnung und Besichtigung von Ausstellungen und ähnlichen Veranstaltungen sein Urteil beschränkte auf: »Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.«

 

Skandale der Gegenwart: Dominique Meyer und Franz Welser-Möst

2010 schien die Zusammenarbeit zwischen GMD und Intendant noch gut zu funktionieren, was nach Einschätzung des GMD Franz Welser-Möst so klang: »Man hat die Möglichkeit, ein 5000-seitiges Vertragswerk zu unterzeichnen, in dem jede Kleinigkeit festgelegt ist – dann ist aber eigentlich die Rechtsabteilung die Direktion. Oder man vertraut einander; was ja nicht heißen muss, dass man in jeder Beziehung einer Meinung ist. Ich habe schon im Februar einmal gesagt, dass das ein Prozess ist – ein Sichfinden im Werden. Vieles geht mittlerweile sozusagen zwischen Tür und Angel. Man muss nicht lange diskutieren.« Doch bald schien jede Tür geschlossen zu sein, 2013 munkelte man in Salzburg, der Staatsoperndirektor habe seinem GMD ein Ultimatum gestellt.
Der fühlte sich im Repertoire-Alltag an der Wiener Staatsoper trotz seiner Position als Generalmusikdirektor übergangen, war angeblich in Besetzungsplanungen nicht eingebunden, Vorsingen fanden ohne ihn statt, er hatte sich mit Kompromissen abzufinden, die ohne Gespräche mit ihm eingegangen worden waren. Nicht wirklich überrascht war man deshalb, als man am 5. September 2013 in der »Wiener Zeitung« lesen konnte : »Heute hat der 54-jährige Franz Welser-Möst sehr abrupt die Konsequenzen gezogen und hat sein Wiener Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt« Am nächsten Tag kommentierte Dominique Meyer in glaubwürdigem Wiener Schmäh, äh Fake: »Das ist natürlich ein großer Verlust und auch persönlich tut mir dieser Schritt sehr leid, denn ich schätze Franz Welser-Möst als Künstler und Dirigenten sehr. Meine Sorge und erste Aufgabe ist es nun, so rasch wie möglich adäquaten Ersatz für die Aufführungen zu finden, die er 2014/2015 an der Wiener Staatsoper hätte dirigieren sollen: immerhin 34 Vorstellungen …« Ersatz zu finden, war sicher nicht das wirkliche Problem, inzwischen hat Meyer selbst ein größeres: sein eigener Vertrag wurde nicht verlängert.

 

Fake-Stories

Ab 2020 soll nun Bogdan Roščić die Wiener Staatsoper leiten. Ob dies eine gute Entscheidung war, wird gerade heftig diskutiert, denn Anfang 2017 sah sich der designierte Roščić mit äußerst glaubwürdigen Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Florian Gasser schrieb dazu am 3. April 2017 in der ZEIT online: »Prominente Abschreiber sind gut fürs Geschäft, zumindest für das von Stefan Weber. Seit bekannt wurde, dass Bogdan Roščić […] Teile seiner Dissertation bei einer älteren deutschen Doktorarbeit abgekupfert haben soll, kann sich Weber vor Nachfragen kaum noch retten. Der Salzburger Medienwissenschaftler und Privatdozent der Universität Wien ist Plagiatsjäger, einer der bekanntesten im deutschsprachigen Raum. Die Dissertation von Bogdan Roščić sei besonders dreist, sagt Weber, »so etwas sehe selbst ich nicht alle Tage«.